Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. März 2005
Aktenzeichen: 7 W (pat) 352/02

(BPatG: Beschluss v. 02.03.2005, Az.: 7 W (pat) 352/02)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das Patent 39 37 463, dessen Erteilung am 8. Mai 2002 veröffentlicht worden ist, sind am 1. August 2002 zwei Einsprüche erhoben worden. Beide Einsprüche sind mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, daß der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei.

Zum Stand der Technik haben beide Einsprechende sowohl Druckschriften genannt, nämlich ua die US-Patentschrift 3 939 908 und einen Bericht "Wasser/Luft-Kühler aus Aluminium für schwere Lastkraftwagen" aus ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 89 (1987) 12 (Teile und Zubehör für Nutzfahrzeuge auf der 52. IAA), als auch offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht. Insbesondere hat die Einsprechende I vorgetragen, ein Wärmeaustauscher des Typs DAF 393 433 sei bereits vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents, dem 14. November 1988, als Kühler in Lastkraftwagen des Typs DAF 95 eingesetzt und damit offenkundig vorbenutzt worden. Sie hat mit dem Einspruchsschriftsatz Photos eines solchen Kühlers vorgelegt und Beweis für dessen Vorbenutzung angeboten. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens hat sie weiter geltend gemacht, ein Kühler dieses Typs sei auf ihrem Stand auf der 52. Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main vom 11. bis 20. September 1987 ausgestellt worden. Hierzu und zur Lieferung solcher Kühler mit der DAF-Nr 393 433 bereits vor 1987 und auch in den Folgejahren an den NKW-Hersteller DAF hat sie eine eidesstattliche Versicherung des Herrn J... vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat einen von der Einsprechenden I mitgebrachten Kühler mit der DAF-Nr 393 433 in Augenschein genommen, bei dem es sich nach dem Vorbringen der Einsprechenden I um einen aus einem am 1. Juni 1988 zugelassenen DAF-LKW ausgebauten Originalkühler handelt, von dem auch die mit dem Einspruchsschriftsatz vorgelegten Fotos stammen. Durch die Vernehmung des Zeugen J... hat der Senat Beweis erhoben über die von der Einsprechenden I behauptete Lieferung von Kühlern mit der DAF-Nr 393 433 von 1987 an und über die Ausstellung eines Kühlers dieses Typs auf der 52. IAA in Frankfurt a./M. vom 11. bis 20. September 1987.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 8 vorgelegt.

Die Einsprechenden haben beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten mit den am 2. März 2005 überreichten Patentansprüchen 1 bis 8, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Patentanspruch 1 lautet:

"Wärmeaustauscher, insb. Kraftfahrzeugkühler, bestehend aus einem Bündel von Rohren mit Rippen, wenigstens einer Seitenwand, die an der Seitenfläche des Rohrbündels angeordnet ist und wenigstens einer Rohrplatte, die durch die Seitenwand gehalten wird, wobei die Seitenwand mit Befestigungsmitteln versehen ist, die durch die Rohrplatte hindurchtreten und in den Innenraum des Sammelkastens münden; und wobei die Seitenwand nahe dem Befestigungselement einen bogenförmigen Teil aufweist."

Laut Beschreibung (Abs [0012]) soll die Aufgabe gelöst werden, Nachteile des Standes der Technik zu beseitigen, indem eine sichere Verbindung zwischen der Seitenwand und der Rohrplatte bei einfacher Ausführung vorgeschlagen wird, während gleichzeitig die Herstellung der Verbindung Wasserkasten/Sammler auf gewünschter Weise und der Verbindung Platte/Sammler/Rohre auf wirkungsvolle Weise möglich ist.

Die Ansprüche 2 bis 8 vom 2. März 2005 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen der Wärmeaustauscher nach Anspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Über den Einspruch ist gemäß § 147 Absatz 3 Ziffer 1 Patentgesetz durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2.

Die fristund formgerecht erhobenen Einsprüche sind zulässig.

3.

Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt keine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar, denn er beruht zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Vernehmung des Zeugen J... und die Inaugenscheinnahme des von der Einsprechenden I mitgebrachten Kühlers mit der DAF-Nr 393 433 hat ergeben, daß solche Kühler vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents ausgestellt und benutzt worden sind. Für Einzelheiten der Aussage des Zeugen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Der Senat ist von der Glaubwürdigkeit des Zeugen überzeugt. Dadurch, daß der in Rede stehende Kühler seinerzeit eine Neuentwicklung darstellte, sind dem Zeugen Einzelheiten gut erinnerlich. Die Ausstellung des Kühlers auf der 52. IAA wird auch durch die ATZ (Automobiltechnische Zeitschrift), aaO, bestätigt. Auch die Aussage des Zeugen, daß er mit fachkundigen Ausstellungsbesuchern Konstruktionsdetails des Kühlers ohne Geheimhaltungsvorbehalt besprochen habe, ist glaubwürdig. Schließlich wurde der ausgestellte Kühler bereits in großen Stückzahlen vertrieben und konnte somit, wie es in der Branche üblich ist, ohnehin von Mitbewerbern genau untersucht werden.

Der offenkundig vorbenutzte Kühler weist, wie die Inaugenscheinnahme des von der Einsprechenden mitgebrachten Kühlers bestätigt hat, folgende Merkmale auf: Er besteht aus einem Bündel von Rohren mit Rippen, Seitenwänden, die an den Seitenflächen des Rohrbündels angeordnet sind, und Rohrplatten und Sammelkästen; die Seitenwände sind mit Laschen versehen, die durch entsprechende Öffnungen in der Nähe der Seitenkante einer Rohrplatte hindurchtreten und in den Innenraum des Sammelkastens ragen.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 allenfalls dadurch von dem vorbenutzten Kühler, daß die (jede) Seitenwand nahe dem Befestigungselement einen bogenförmigen Teil aufweist. Bei dem vorbenutzten Kühler verlaufen die Seitenwände nahe den Befestigungselementen schräg nach innen, dh zum Rohrbündel hin. Ein solcher schräger Verlauf erhöht offensichtlich die Längselastizität der Seitenwände und ist daher geeignet, Spannungen durch unterschiedliche Erwärmungen der Kühlerrohre und der Seitenwände auszugleichen, wozu auch der bogenförmige Teil des streitpatentgemäßen Wärmeaustauschers dienen soll. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob der streitpatentgemäße Wärmeaustauscher aufgrund dieses Merkmal gegenüber dem vorbenutzten Kühler neu ist, denn er beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dem Fachmann, als welcher hier ein Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der Konstruktion von Wärmeaustauschern anzusehen ist, sind gewellte Elemente (Balge) zum Ausgleich von unterschiedlichen Wärmeausdehnungen bei Wärmeaustauschern nämlich bekannt, vgl zB US-PS 3 939 908 (Sp 3 Z 10 bis 23). Solche Elemente bei Wärmeaustauschern nach Bedarf entsprechend einzusetzen, liegt daher für den Fachmann nahe.

Daß die Patentansprüche 2 bis 8 etwas Patentfähiges enthielten, konnte der Senat nicht erkennen und ist auch von der Patentinhaberin nicht geltend gemacht worden.

Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.

Tödte Eberhard Dr. Pösentrup Frühaufbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 02.03.2005
Az: 7 W (pat) 352/02


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