Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 22/03

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2004, Az.: 30 W (pat) 22/03)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. September 2000 und vom 15. November 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die angemeldete Marke TwinEyesollte ursprünglich für verschiedene Waren der Klasse 9, ua auch optische Geräte betreffend in das Markenregister eingetragen werden. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin das Warenverzeichnis auf die Waren

"elektrische und elektronische Geräte, insbesondere zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere zur visuell verbesserten Wiedergabe, Darstellung und Wahrnehmung von Bildern, visualisierten Daten und Informationen, auch bezüglich dreidimensionaler Darstellungen (3-D-Darstellungen), ausgenommen Photoapparate und Kameras"

beschränkt.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung durch Beschluß des Erstprüfers und durch einen weiteren Beschluß auch die Dagegen eingelegte Erinnerung zurückgewiesen. Begründend ist im wesentlichen dargelegt, daß das Zeichen beschreibend auf ein Ausstattungsmerkmal bei den beanspruchten Waren darauf hinweise, nämlich, daß sie mit einem Doppelauge, also beispielsweise mit zwei Aufnahmelinsen ausgestattet seien.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Für die nach Beschränkung des Warenverzeichnisses verbleibenden Waren fehle ein beschreibender Bezug, da sich der Begriff "Eye" allenfalls in Zusammenhang mit einer Optik verwenden lasse. Optische Geräte seien jedoch nicht mehr Gegenstand der Anmeldung.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und nach Einschränkung des Warenverzeichnisses auch begründet. Es läßt sich nicht hinreichend sicher feststellen, daß für die jetzt noch anmeldegegenständlichen Waren das angemeldete Zeichen gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1, Nr 2 oder Nr 4 in Verbindung mit § 37 Absatz 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist.

1. Hinreichende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) kann dem Zeichen nicht abgesprochen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt Wortmarken Unterscheidungskraft, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 780 mwNachw). Das ist hier nicht der Fall. Das angemeldete Zeichen wird zwar zumindest von maßgeblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs ohne weiteres im Sinn von Doppel-Zwillingsauge verstanden. Der Begriff Auge wird jedoch, soweit ersichtlich, im Bereich der Technik derzeit lediglich im Zusammenhang mit optischen Geräten verwendet. Insbesondere spricht man von ein- bzw zweiäugigen Spiegelreflexkameras und gebraucht den Begriff Fischauge bzw Fisheye für extreme Weitwinkelobjektive. Optische Geräte sind jedoch nicht mehr Gegenstand der Anmeldung. Insoweit kann auch nicht festgestellt werden, daß für die verbleibenden Waren das Zeichen als Bestimmungsangabe in Betracht zu ziehen wäre. Eine Bestimmungsangabe setzt zum einen in der Regel voraus, daß der Begriff, auf den durch die Angabe hingewiesen wird, selbst eine Ware darstellt und nicht - wie hier - lediglich ein bestimmtes Ausstattungsmerkmal einer Ware umschreibt. Jedenfalls aber läßt sich hier nicht feststellen, daß im Zusammenhang mit den verbleibenden elektrischen und elektronischen Geräten durch das Zeichen unmittelbar, dh, ohne analysierende Betrachtungsweise darauf hingewiesen werden kann, daß diese Geräte besonders dazu bestimmt sein könnten, für eine mit einem Doppelauge versehene Kamera bestimmt zu sein.

Das angemeldete Zeichen ist auch nicht als ohne weiteres in den deutschen Sprachgebrauch übernommener Begriff zu werten, der stets nur in seinem Wortsinn gebraucht werde und nicht auch als Kennzeichenmittel verstanden werden kann.

2. Wie bereits dargelegt, fehlt dem Zeichen die unmittelbare Eignung, beschreibend für die noch angemeldeten Waren eingesetzt zu werden. Es besteht daher kein Freihaltebedürfnis im Sinn von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG.

3. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß das Zeichen in jedem denkbaren Fall ihrer anmeldungsgemäßen Verwendung eine unrichtige Angabe darstellen müsse und deshalb ersichtlich täuschend im Sinn von § 8 Absatz 2 Nr 4 MarkenG sei. In welchem Umfang die Kennzeichnung der verbleibenden Waren mit der Marke möglicherweise bei bestimmten Verbrauchern die Fehlvorstellung ausschließen kann, es handele sich dabei um Geräte, die zumindest eine einer mit Doppelauge beschriebene optische Funktion gleichwertig ersetzen könne, kann im Eintragungsverfahren nicht abschließend beurteilt werden. Insoweit ist zumindest die (auch nur theoretische) Möglichkeit einer rechtmäßigen Markenbenutzung nicht ausgeschlossen (Ströbele/Hacker aaO, § 8 Rdn 554).

Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.06.2004
Az: 30 W (pat) 22/03


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