Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. November 2000
Aktenzeichen: 9 W (pat) 71/98

(BPatG: Beschluss v. 15.11.2000, Az.: 9 W (pat) 71/98)

Tenor

1. Die Teilungserklärung vom 31. März 2000, beim Bundespatentgericht eingegangen am 3. April 2000, ist hinsichtlich des Stammpatents wirksam.

2. Auf die Beschwerde der Einsprechenden I wird der angefochtene Beschluß aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 21, Beschreibung S 1 bis 15, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, Zeichnungen Figuren 1 bis 5 gemäß erteiltem Patent.

3. Im übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentabteilung 16 des Deutschen Patentamts, jetzt Deutsches Patent- und Markenamt, hat nach Prüfung zweier Einsprüche das am 23. Februar 1994 angemeldete Patent mit der Bezeichnung

"Klimagerät"

mit Beschluß vom 30. Juli 1998 in vollem Umfang aufrechterhalten und den Einspruch der Einsprechenden II als unzulässig verworfen. Sie ist der Auffassung, daß das beanspruchte Klimagerät durch den im Verfahren angeführten Stand der Technik nicht nahegelegt werde. Der Einspruch der Einsprechenden II sei unzulässig, da er nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden sei.

Gegen diesen Beschluß richten sich die Einsprechenden mit ihren Beschwerden.

Durch Erklärung vom 31. März 2000, beim Bundespatentgericht eingegangen am 3. April 2000, hat die Patentinhaberin das Patent geteilt. Danach sollen die Gegenstände des erteilten Anspruchs 2 und der erteilten Ansprüche 3 bis 25, soweit diese direkt oder indirekt auf den erteilten Anspruch 2 rückbezogen sind, abgeteilt werden. Das Stammpatent soll um den abgeteilten Gegenstand vermindert werden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin neue Patentansprüche 1 bis 21 und eine daran angepaßte Beschreibung vorgelegt.

Der danach geltende Patentanspruch 1 lautet - ohne Bezugszahlen - wie folgt:

1. Klimagerät für Personentransportfahrzeuge, insbesondere für Busse, mit einem auf einem Dach des Personentransportfahrzeuges montierten Gehäuse, welches Luft von einem Lufteinlaß über mindestens eine Lufttemperiereinrichtung zu mindestens einem Gebläse führt, das seinerseits die Luft über eine Luftausblasöffnung abgibt, wobei das Klimagerät mindestens einen von der Luftausblasöffnung ausgehend über das Dach und seitlich über eine Längsseitenwand des Gehäuses hinausverlaufenden Ausblaskanal aufweist, welcher in eine seitlich neben der Längsseitenwand liegende seitliche Dachöffnung mündet, dadurch gekennzeichnet, daß der Ausblaskanal auf einer dem Dach abgewandten Seite von einer Kanalabdeckung, die zur Anpassung an eine Wölbung des Daches verstellbar ausgebildet ist, und der Kanalabdeckung gegenüberliegend vom Dach begrenzt ist.

Dem Patentanspruch 1 schließen sich rückbezogene Patentansprüche 2 bis 21 an.

Die Einsprechende I macht u. a. den Widerrufsgrund der mangelnden Neuheit auf Grund einer offenkundigen Vorbenutzung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 PatG) geltend. Hierzu hat sie im Einspruchsschriftsatz vom 15. November 1995 vorgetragen, ein Gegenstand mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 sei von der Klimaanlage "City-Cooler" bekannt, die in wesentlichen Stückzahlen ohne jede Geheimhaltung ab Juli 1993 in einer Vorserie und ab Mitte Oktober 1993 für die Serie an die Firma K... geliefert worden sei. Die Klimaanlage sei überdies ab der Vorserienlieferung zu Wartungszwecken ohne Geheimhaltung in den Bereich von verschiedenen Kundendienstwerkstätten gelangt, die auch Konkurrenzprodukte der Einsprechenden betreut hätten. Mit Hilfe verschiedener Zeichnungen, Pläne und sonstiger, den vorbenutzten Gegenstand betreffender Unterlagen hat die Einsprechende I dessen Merkmale mit den Merkmalen des Streitpatents verglichen und Übereinstimmungen aufgezeigt.

Die Einsprechende II hat sich in ihrer Einspruchsschrift vom 16. November 1995 ebenfalls auf offenkundige Vorbenutzung des Erfindungsgegenstandes berufen und diese aus der Vorführung eines Omnibusses mit der Typenbezeichnung 0 405Nü anläßlich der MERCEDES-BENZ Omnibustage, die vom 21. bis 23. und vom 28. bis 30. Januar 1994 in Frankfurt/Main stattgefunden hätten, hergeleitet. Dieses Ausstellungsfahrzeug sei mit einer Klimaanlage AC131 der Patentinhaberin ausgestattet gewesen, was auch der in Kopie vorgelegten Ausstattungsliste 072.228/00 zu entnehmen sei. Es sei für jeden Fachmann offensichtlich gewesen, daß die ausgestellte Klimaanlage die Merkmale des Patentgegenstandes verwirklicht habe. Ausgestaltung und Montage dieses Geräts seien nämlich deutlich erkennbar und unterschiedlich gegenüber anderen Klimageräten gewesen. Dies betreffe zum einen die große Breite des Geräts, das sich so über das Fahrzeugdach erstreckt habe, daß die in dem Bus geführten Lüftungskanäle überdeckt worden seien. Zum anderen habe das Fehlen einer (bei anderen Klimageräten üblicherweise vorhandenen) Verteileinrichtung für den Ausblasstrom des Klimageräts im Inneren des Busses gezeigt, daß der Ausblasstrom von dem Klimagerät direkt in die Lüftungskanäle habe geführt werden müssen.

Darüber hinaus macht die Einsprechende II den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 4 Satz 1 PatG) geltend. Hierzu hat sie vorgetragen, die beanspruchten Maßnahmen seien lediglich von konstruktiver Art und von rein handwerklicher Natur. Ausgehend von der Aufgabe, bekannte Klimageräte so weiterzuentwickeln, daß sie insbesondere auch bei nachträglicher Montage besonders einfach montierbar sind, sei es für den Fachmann selbstverständlich, die Luftausblasöffnung und den Ausblaskanal so anzuordnen, daß der Ausblaskanal über das Dach und zwangsläufig auch über eine Längsseitenwand des Gehäuses des Klimageräts hinaus verläuft und in eine seitlich neben der Längsseitenwand liegende Dachöffnung mündet. Dies sei schon deshalb naheliegend, weil eine zentral angeordnete, im Innern des Busses befindliche Vorrichtung zur Verteilung des Ausblasstromes die lichte Höhe in genau diesem Bereich deutliche herabsetzen würde, was aus Komfort- und Sicherheitsgründen nicht toleriert werden könne. Außerdem komme die patentgemäße Lösung, mit deren Hilfe aufwendige konstruktive Arbeiten an der Inneneinrichtung vermieden werden könnten, dem Bestreben des Fachmanns entgegen, den konstruktiven Aufwand möglichst gering zu halten.

Im Beschwerdeverfahren haben die Einsprechenden den Standpunkt vertreten, der geltende Patentanspruch 1 sei nicht ausreichend gegenüber dem Stand der Technik nach JP 61-211119 (A) abgegrenzt. Im übrigen beruhe das Klimagerät nach diesem Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik nach JP 61-211119 (A), EP 0 508 446 (A2) und den US-Patentschriften 4 526 091 sowie 2 983 212 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil sich demgegenüber das Beanspruchte in einfachen handwerklichen Maßnahmen erschöpfe. In der Beschreibung sei der Stand der Technik nach JP 61-211119 (A) nicht zutreffend gewürdigt, da dieser auch die dem beanspruchten Klimagerät zugeschriebenen Vorteile aufweise. Außerdem seien die Ausführungen im 2. Absatz der Seite 3 der Beschreibung irreführend, weil die Luftausblasöffnung nach Patentanspruch 1 nicht im Bereich eines Bodens des Gehäuses angeordnet werden könne.

Beide Einsprechenden beantragen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den im Beschlußtenor angegebenen Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten, im übrigen die Beschwerden zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Patentinhaberin ist der Einspruch I unzureichend substantiiert vorgetragen worden und daher unzulässig. So fehlten ausreichende Angaben über das Offenkundigwerden der geltend gemachten Vorbenutzung. Die Klimaanlage "City-Cooler" sei offensichtlich in Zusammenarbeit der Einsprechenden I mit der Firma K... entwickelt worden, was insbesondere aus einem Fax- Schreiben vom 6. August 1993 zu ersehen sei, mit welchem die Firma K... der Einsprechenden I einen Vorschlag für die Anordnung eines Tauwasser-Schlauchs durch die Dachöffnung in den Bereich des längs verlaufenden Luftkanals übermittelt habe. Bei einer solchen gemeinsamen Entwicklungsarbeit sei jedoch davon auszugehen, daß ein gemeinsames Geheimhaltungsinteresse der beteiligten Firmen bestanden habe und darum Kenntnisse über den Aufbau der Klimaanlage frühestens dann einem unbeschränkten Kreis von Sachverständigen zugänglich werden konnten, als die mit der Klimaanlage versehenen Busse der Firma K... an deren Kunden ausgeliefert worden seien. Wann dies der Fall gewesen sei, habe die Einsprechende I in ihrem Einspruchsschriftsatz nicht angegeben. Es könne keineswegs als selbstverständlich angesehen werden, daß der Auslieferungszeitpunkt vor dem Anmeldetag des Streitpatents gelegen habe. Was die Verbringung des vorbenutzten Gegenstandes in Kundendienstwerkstätten anbelange, so seien die diesbezüglichen Angaben so unbestimmt, daß eine Nachprüfbarkeit seitens des Patentamts und der Patentinhaberin nicht gegeben sei.

Auch der Einspruch der Einsprechenden II sei wegen mangelnder Substantiierung unzulässig. Diese habe es nämlich versäumt, innerhalb der Einspruchsfrist den technischen Zusammenhang zwischen dem Patentgegenstand und dem vorbenutzten Klimagerät vollständig aufzuzeigen. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, wodurch das Vorhandensein eines sich über das Dach und seitlich über eine Längseitenwand des Gehäuses hinaus verlaufenden Ausblaskanals bei dem angeblich offenkundig vorbenutzten Klimagerät erkennbar gewesen sei.

Was den geltend gemachten Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit angehe, so habe die Einsprechende II nicht eindeutig erkennen lassen, von welchem nächstliegenden Stand der Technik sie bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgehe. Jedenfalls beziehe sich die Einsprechende II offensichtlich nicht auf die in der Beschreibungseinleitung des angegriffenen Patents genannte Druckschrift DE 33 17 510 A1. Sie gehe nämlich in ihrer Einspruchsschrift von einem Klimagerät aus, welches bereits einen (wenn auch anders als gemäß Anspruch 1 des Streitpatents angeordneten) Ausblaskanal aufweise. Demgegenüber erfolge bei dem Klimagerät entsprechend der erwähnten Druckschrift die Luftzuführung vom Ausgang des jeweiligen Gebläses über eine unter dem Klimagerät liegende Dachöffnung direkt in unterhalb der Karosserie verlaufende Luftkanäle.

Nach Meinung der Patentinhaberin beruht das nunmehr beanspruchte Klimagerät auf einer erfinderischen Tätigkeit, da der Stand der Technik die spezielle Ausbildung des Ausblaskanales nicht nahelege.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist durch die Teilungserklärung der Patentinhaberin wirksam vermindert worden. Die Beschwerde der Einsprechenden I führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents. Im übrigen ist die Beschwerde zurückzuweisen. Die Beschwerde der Einsprechenden II ist insgesamt zurückzuweisen, weil deren Einspruch im angefochtenen Beschluß des Deutschen Patentamts zu Recht als unzulässig verworfen worden ist.

1. Die Teilungserklärung der Patentinhaberin ist im Hinblick auf das hier verfahrensgegenständliche (Stamm-)Patent wirksam.

Die Patentinhaberin hat in der gem. § 60 Abs. 1 Satz 3 iVm § 39 Abs. 1 Satz 2 PatG erforderlichen Schriftform eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß und in welcher Weise sie das Patent teilen wolle. Durch die Erklärung wird das Patent - wie es die BGH-Rechtsprechung verlangt (vgl. BGH GRUR 1996, 747, 749 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem; BlPMZ 1999, 192, 193 - Kupplungsvorrichtung) - in zwei Teile aufgespalten, wobei der eine Teil im Stammpatent verbleibt und der andere Teil nach § 60 Abs. 1 Satz 2 PatG in das Prüfungsverfahren zurückfällt. Das der Teilungserklärung nachfolgende Einspruchsverfahren hat demnach nur noch den erteilten Anspruch 1 sowie die erteilten Ansprüche 3 bis 25, soweit diese auf Anspruch 1 rückbezogen sind, zur Grundlage.

2. Der Einspruch der Einsprechenden II ist unzulässig.

Der Einspruch gegen ein erteiltes Patent ist nur dann zulässig, wenn er innerhalb der Einspruchsfrist schriftlich abgegeben und begründet wird (§ 59 Abs. 1 Sätze 2 und 5 PatG). Nach § 59 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PatG müssen die Tatsachen, die (nach Auffassung des Einsprechenden) das Vorliegen eines der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe rechtfertigen, im einzelnen und so vollständig dargelegt werden, daß der Patentinhaber und das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können (vgl. BGH GRUR 1972, 592 - Sortiergerät).

Soweit die Einsprechende II ihren Einspruch auf den Stand der Technik nach der offenkundigen Vorbenutzung stützt, können ihre Darlegungen nicht als ausreichend angesehen werden, weil sich aus ihnen die Offenbarung eines Gegenstandes mit den Merkmalen des patentierten Erfindungsgegenstandes nicht herleiten läßt. Den diesbezüglichen Ausführungen der Patentabteilung im angefochtenen Beschluß stimmt der Senat zu. Es mag für den fachkundigen Besucher der MERCEDES-BENZ Omnibustage erkennbar gewesen sein, daß sich die in ein dort ausgestelltes Fahrzeug eingebaute Klimaanlage AC131 hinsichtlich ihres äußeren Erscheinungsbildes, insbesondere ihrer Breite, von sonst üblichen Omnibus-Klimageräten unterschieden hat. Auch mag der Fachmann aus dem Fehlen einer Verteileinrichtung für den Ausblasstrom des Klimageräts im Fahrzeuginnern gewisse Rückschlüsse auf das Konstruktionsprinzip des Klimageräts gezogen haben. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß durch diese Präsentation sämtliche erfindungswesentlichen Merkmale so offenbart worden sind, daß die Möglichkeit der Nachbenutzung durch andere Sachverständige bestanden hat (vgl. BPatG BlPMZ 1989, 327, 328). Insbesondere war ohne Öffnung des Gehäuses des Klimageräts nicht zu erkennen, daß der Ausblaskanal des Geräts im Sinne des kennzeichnenden Teils des patentierten Anspruchs 1 ausgebildet war.

Auch im Hinblick auf das zusätzlich geltend gemachte Fehlen der erfinderischen Tätigkeit leidet die Einspruchsbegründung der Einsprechenden II an einem Begründungsmangel, weil insofern keine ausreichenden Tatsachen angegeben worden sind. Dazu wäre es erforderlich gewesen, im einzelnen, d. h. hinlänglich zergliedert, darzulegen, weshalb nach Meinung der Einsprechenden die technische Lehre des Patents über das bloß Handwerkliche nicht hinausgeht (vgl. BPatGE 17, 233, 237). Der nachprüfbare technische Zusammenhang zwischen dem Patentgegenstand und dem "notorischen" Stand der Technik, auf Grund dessen sie zu der behaupteten Schlußfolgerung gekommen ist, hätte im einzelnen dargelegt werden müssen, wobei der allgemeine Hinweis auf das Wissen des Fachmanns zur Kennzeichnung eines bestimmten Standes der Technik nicht genügen konnte (BPatGE 9, 192, 194; Busse aaO § 59 Rz. 94).

Aus dem Einspruchsschriftsatz ist z. B. nicht ersichtlich, wie die Luftausblasöffnung und der Ausblaskanal beim Stand der Technik ausgebildet waren, d. h. wovon die Einsprechende II für ihre Schlußfolgerung, die entsprechenden Merkmale des Patents seien rein handwerklicher Natur, insofern ausgegangen ist. Bei den unter dem Abschnitt "Erfinderische Tätigkeit" des Einspruchsschriftsatzes erwähnten Klimageräten, die aus dem Stand der Technik bekannt sein sollen, kann es sich jedenfalls nicht um die Vorrichtungen gemäß der Druckschrift DE 33 17 510 A1 handeln, die bei der Abfassung des Oberbegriffs des erteilten Patentanspruchs 1 zugrunde gelegt wurden. Im Einspruchsschriftsatz ist nämlich weiter sinngemäß ausgeführt, die beanspruchten Maßnahmen seien allein schon aus dem Grunde naheliegend, weil eine zentral angeordnete, im Innern des Busses befindliche Vorrichtung zur Verteilung des Ausblasstromes nicht toleriert werden könne. Da bei dem Klimagerät nach der DE 33 17 510 A1 die aus den Gebläsen 3 führenden Austrittskanäle 5 so weit seitlich am Bus angeordnet sind, daß die temperierte Luft ohne eine zentral angeordnete, im Innern des Busses befindliche Vorrichtung zur Verteilung des Ausblasstromes auskommt, ist daraus zu schließen, daß die einleitend erwähnten, aus dem Stand der Technik bekannten Klimageräte nicht so ausgebildet sind wie die nach der DE 33 17 510 A1. Wie diese aus dem Stand der Technik bekannten Klimageräte aber vor allem hinsichtlich der Anordnung des Ausblaskanals im einzelnen ausgebildet waren, hat die Einsprechende im Einspruchsschriftsatz nicht dargetan. Somit stellt deren Schlußfolgerung, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, ein reines Werturteil dar, das ohne eigene Ermittlungen der Patentabteilung bzw. des Gerichts nicht auf seine logische Brauchbarkeit oder Richtigkeit überprüft werden kann. Daran ändert auch nichts der Hinweis auf die mit der patentgemäßen Lösung erzielten Vorteile, nämlich die Erhaltung der lichten Höhe im Omnibus sowie die Verringerung des konstruktiven Aufwands. Wenn genaue Angaben zum Stand der Technik fehlen, dann ist auch nicht überprüfbar, ob sich die Lösung im Hinblick auf diese Vorteile iSd § 4 Satz 1 PatG für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hat (vgl. BGH BlPMZ 185, 186 - Alkyldiarylphosphin).

3. Der Einspruch der Einsprechenden I ist zulässig.

Die Einsprechende I hat zur Begründung des Widerrufsgrunds der offenkundigen Vorbenutzung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 PatG) mit Schriftsatz vom 15. November 1995 die merkmalsmäßigen Übereinstimmungen zwischen dem an die Firma K... ausgelieferten Klimagerät "City-Cooler" und dem Patentge genstand im einzelnen dargelegt. Daß durch diese Gegenüberstellung den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung insoweit ausreichend Rechnung getragen worden ist, wird auch von der Patentinhaberin nicht bestritten. Umstritten ist allerdings, ob die Ausführungen im Einspruchsschriftsatz auch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Offenbarung des angeblich vorbenutzten Gegenstandes ausreichend seien. Nach Auffassung des Senats ist dies der Fall. Die Einsprechende I hat u. a. vorgetragen, daß Klimageräte des Typs "City-Cooler" ab Mitte Oktober 1993 für den Einbau in Serienomnibusse der Firma K... dorthin ausgeliefert worden seien. Zwar hat sich die Einsprechende I nicht zu der Frage geäußert, wann die ersten Omnibusse mit dem eingebauten Klimagerät an Kunden der Firma K... geliefert worden seien. Es kann jedoch, insbesondere unter Berücksichtigung der auch schon zur Zeit des Anmeldetages üblichen kurzfristigen Zulieferung von Teilen für die Produktion, davon ausgegangen werden, daß dies innerhalb weniger Wochen, jedenfalls innerhalb der drei Monate bis zum Anmeldetag des Patents der Fall gewesen ist. Überdies wäre es lebensfremd anzunehmen, die Firma K... habe in diesem Zeitraum davon abgesehen, das fragliche Klimagerät als Ausstattungsteil der von ihr zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge etwaigen Interessenten - mit seinen wesentlichen technischen Merkmalen - zu offerieren. Sollte zwischen der Einsprechenden I und der Firma K... im Hinblick auf gemeinsame Entwicklungen tatsächlich (wie von der Patentinhaberin behauptet) eine Geheimhaltungsabrede bestanden haben, so wird sich diese schon aus diesem Grund jedenfalls nicht über den Beginn der Serienlieferung hinaus erstreckt haben. Somit hat die Einsprechende I ihren auf die offenkundige Vorbenutzung gestützten Einspruch in zulässiger Weise erhoben, ohne daß es darauf ankommt, ob ihre Darlegungen darüber hinaus den ebenfalls von ihr geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Offenbarung des Erfindungsgegenstandes zu tragen vermögen (vgl. Busse, Patentgesetz, 5. Aufl. 1999, § 59 Rz. 59).

4. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der Merkmale der erteilten Patentansprüche 1, 5 und 6 dar. Der Schutzbereich des Patents wird dadurch nicht erweitert. Die geltenden Patentansprüche 2 bis 21 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 3, 4 und 7 bis 25. Die erteilten Patentansprüche 1 bis 25 entsprechen den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 1 bis 25. Die Merkmale nach den geltenden Patentansprüchen sind somit sowohl in den ursprünglich eingereichten als auch in den der Patenterteilung zugrunde gelegten Unterlagen als zur Erfindung gehörend herausgestellt.

5. Das Klimagerät nach Patentanspruch 1 ist unbestritten neu und gewerblich anwendbar; es beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus JP 61-211119 (A) ist ein Klimagerät 3 bekannt, das unbestritten die Merkmale nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 aufweist. Über Luftausblasöffnungen von Gebläsen 32 A bis 32 H gelangt die temperierte Luft über Öffnungen in einer Längsseitenwand (innere Wand 62) in einen Ausblaskanal (Verteilerräume 79 A, 79 B). Dieser ist durch eine äußere Seitenwand 61, eine obere Wand 63, eine innere Seitenwand 62 (Längsseitenwand) und eine Bodenplatte begrenzt. An der Bodenplatte sind Anschlußteile 78 A, 78 B vorgesehen, deren Öffnungen 78 a, 78 b mit den Zuluftkanälen 76 A, 76 B des Busses verbunden sind und Kaltluftauslässe 22 A, 22 B bilden. Der Ausblaskanal ist somit im Querschnitt in sich geschlossen allseitig durch Gehäusewände begrenzt. Es ist nicht erwähnt, daß der Ausblaskanal zur Anpassung an eine Wölbung des Daches verstellbar ist.

Wenn sich in der Praxis die Aufgabe stellt, das bekannte Klimagerät nach JP 61-211119 (A) so auszubilden, daß es an unterschiedliche Dachwölbungen angepaßt werden kann, mag der Fachmann, ein im Maschinen- oder Kraftfahrzeugbau ausgebildeter Fachhochschulingenieur mit Erfahrung in der Konstruktion von Klimageräten und deren Anordnung an Personentransportfahrzeugen, zwar auch allgemein verwendbare Klimageräte in Betracht ziehen, die an unterschiedlich ausgebildeten Anschlußstellen anzuordnen sind. Dabei kann er aus EP 0 508 446 A 2 zB die Anregung erhalten, die Bodenplatte mit den Seitenwänden über längenveränderliche Wandabschnitte zu verbinden. Die US-Patentschrift 4 526 091 lehrt diesbezüglich, einen Luftkanal aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Teilen herzustellen, so daß beide Teile gegeneinander verstellbar sind und an unterschiedlich geneigten Dächern angeordnet werden können. Die US-Patentschrift 2 983 212 lehrt ebenfalls, einen Luftkanal aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Teilabschnitten auszubilden, so daß eine Luftausblasöffnung verstellt werden kann.

Die Übertragung derartiger Lehren auf ein Klimagerät nach JP 61-211119 (A) führt allerdings dazu, daß bei dem Ausblaskanal entweder die Bodenplatte mit ihrem Anschlußteil 78 A, 78 B mit den Seitenwänden 61, 62 über längenveränderliche Wandabschnitte verbunden wird, oder daß der Ausblaskanal durch zwei gelenkig miteinander verbundene Teile gebildet wird. In jedem Fall wird dann die Bodenplatte mit ihrem Anschlußteil 78 A, 78 B zur Anpassung an eine Wölbung des Daches verstellbar ausgebildet sein. Die Kanalabdeckung des Ausblaskanales, die auf der dem Dach des Personentransportfahrzeuges abgewandten Seite des Ausblaskanales angeordnet ist, muß dabei zur Anpassung an die Wölbung des Daches nicht verstellt werden.

Damit ist zwar ein einfach montierbares, an verschiedene Dachformen anpaßbares Klimagerät geschaffen, durch das die gestellte Aufgabe an sich gelöst ist. Der unabhängig von anderen Teilen des Personentransportfahrzeuges im Querschnitt in sich geschlossene, allseitig durch eigene Gehäusewände begrenzte Ausblaskanal gewährleistet eine einwandfreie nach außen abgedichtete Führung der temperierten Luft und bei der Montage des Klimagerätes ist nur noch für eine Abdichtung im Übergangsbereich zu den Zuluftkanälen des Personentransportfahrzeuges zu sorgen. Ohne entsprechende Anregung aus dem Stand der Technik liegt es, entgegen der Auffassungen der Einsprechenden, nicht nahe, darüber hinaus von dem durch eigene Wände begrenzten Ausblaskanal mit den damit verbundenen Vorteilen abzugehen und den Ausblaskanal der Kanalabdeckung gegenüberliegend statt von einer Bodenplatte allein vom Dach des Transportfahrzeuges begrenzen zu lassen und die Anpassung an eine Wölbung des Daches durch die verstellbare Kanalabdeckung vorzunehmen.

Um ohne Vorbild im Stand der Technik zu einem solchen Vorschlag und damit zu einem Klimagerät mit allen Merkmalen nach Patentanspruch 1 zu gelangen, bedürfte es somit einer erfinderischen Tätigkeit.

Da die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Entgegenhaltungen und die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen dem Klimagerät nach Patentanspruch 1 nicht näher kommen als der vorstehend abgehandelte Stand der Technik, kann auch daraus nichts hergeleitet werden, was das Beanspruchte ohne erfinderische Tätigkeit nahelegen könnte.

Patentanspruch 1 hat daher Bestand. Mit ihm haben auch die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 21 Bestand, die vorteilhafte, zumindest nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Klimageräts nach Patentanspruch 1 betreffen.

6. Zu den Beanstandungen in der Beschreibungseinleitung.

Es trifft zwar zu, daß die in den Seiten 2 und 3 der Beschreibungseinleitung erörterten Vorteile auch für das bekannte Klimagerät nach JP 61-211119 (A) gelten. Dies ist jedoch unschädlich, da diese Vorteile jedenfalls auch mit dem beanspruchten Klimagerät erzielt werden und der Leser der Patentschrift dies beim Vergleich mit dem Stand der Technik ohne weiteres feststellen kann. Wenn in Seite 3 Absatz 2 heraus gestellt ist, daß es möglich wäre, die Luftausblasöffnung im Bereich des Bodens des Gehäuses anzuordnen, ist dies nicht widersprüchlich zum Patentanspruch 1, wie die Einsprechenden meinen. Im Patentanspruch 1 findet sich nämlich das Merkmal, wonach das Klimagerät einen seitlich über eine Längsseitenwand des Gehäuses hinausverlaufenden Ausblaskanal aufweist. Im Zusammenhang mit diesem Merkmal kann Absatz 2 in Seite 3 nur so verstanden werden, daß die Luftausblasöffnung nicht im Boden selbst, sondern in der Längsseitenwand, dort aber im Bereich oder in der Nähe des Bodens des Gehäuses angeordnet werden könnte.

Die neue Beschreibungseinleitung ist somit ausreichend klar, weshalb kein Widerrufsgrund gemäß § 21 Abs 1 Nr 2 vorliegt.

Winklharrer Bork Bülskämper Rauch Ja/prö






BPatG:
Beschluss v. 15.11.2000
Az: 9 W (pat) 71/98


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