Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2002
Aktenzeichen: 25 W (pat) 2/01

(BPatG: Beschluss v. 10.01.2002, Az.: 25 W (pat) 2/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e:

I.

Die Bezeichnung Classic ist als Marke für

"Beherbergung und Verpflegung von Gästen"

zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 11. September 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Marke genüge nicht den Mindestanforderungen an die Unterscheidungskraft. Begriffe wie "klassisch" oder "Klassiker" würden im Sinne von "eine hohe Kultur verkörpern" oder von "formvollendet" zur unmittelbaren Beschreibung der Art und Qualität von Waren und Dienstleistungen ganz allgemein verwendet und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst. Dies gelte auch für das entsprechende englische Wort "Classic". Erhebliche Teile des Verkehrs würden darin eine beschreibende Angabe sehen, die zB auf die Erstklassigkeit der so gekennzeichneten Dienstleistungen hinweist und auf dessen Qualität aufmerksam macht. Ein Freihaltungsbedürfnis könne unter diesen Umständen dahinstehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. September 2000 aufzuheben.

Der angefochtene Beschluss könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil in Wörterbüchern unter "classic" nur die Übersetzung "klassisch" zu finden sei. Es könne daher nicht angenommen werden, der Begriff "Klassik" werde im Sinne von "eine hohe Kultur verkörpern" oder von "formvollendet" verwendet. Völlig offen bleibe, welchen Begriffsinhalt die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen haben soll. Mangels eines eindeutigen Begriffsinhalts komme eine beschreibende Bedeutung nicht in Betracht, so dass folglich weder ein Freihaltungsbedürfnis bestehe, noch die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Der Begriff "Classic" sei auch schon mehrfach für diverse Waren eingetragen worden.

Der Senat hat der Anmelderin mit Schreiben vom 14. November 2001 PAVIS-Informationen zu "Classic"-Entscheidungen des BPatG und des HABM übersandt und darauf hingewiesen, dass "classic" ausweislich verschiedener Wörterbücher nicht nur "klassisch", sondern auch "erstklassig, ausgezeichnet" usw bedeutet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr, vgl BGH MarkenR 2001, 209, 210 "Test it"; MarkenR 2001, 408, 409 "INDIVIDUELLE " jeweils mwN). Nicht unterscheidungskräftig sind zunächst Bezeichnungen, bei denen es sich um warenbeschreibende Angaben oder gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungskennzeichen verstanden werden (vgl. BGH BlPMZ 2000, 332, 333 "LOGO" mwN). Darunter fallen auch Ausdrücke, die lediglich als werbliche Anpreisung der betreffenden Waren aufgefasst werden, bei denen - ohne eine glatt warenbeschreibende Sachangabe zu sein - ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich - über eine Werbeaussage hinaus - um einen Herkunftshinweis handeln. Diese Voraussetzungen liegen hier auch bei Zugrundelegung geringer Anforderungen an die Unterscheidungskraft vor.

Bei der Entscheidung kann davon ausgegangen werden, dass der englische Begriff "classic" von den insoweit maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen auch wegen der großen klanglichen Nähe zu den jeweiligen deutschen Ausdrücken ohne weiteres in seiner Bedeutung "klassisch, Klassik, Klassiker" verstanden wird. Selbst wenn man der Prüfung der Unterscheidungskraft allein die deutsche Übersetzung "klassisch", wie sie etwa in dem von der Anmelderin zitierten Wörterbuch "PONS COL-LINS" (vgl Ausgabe 1999, Seite 1169) enthalten ist, zugrundelegt, ergibt sich nach Auffassung des Senats in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" durchaus ein naheliegender Aussagegehalt dahingehend, dass diese in einer klassischen, dh, traditionell guten und gleichbleibenden Qualität und typischen Form oder mit einem entsprechenden Standard oder Stil erbracht wird. Ein solches Verständnis wird auch durch die in dem Wörterbuch "PONS COLLINS" (aaO) zu "classic" genannten Beispiele für dieses Wort enthaltene Redewendungen gestützt (zB: "a classic example of sth = ein klassisches Beispiel für etwas", "classic car" = klassischer Wagen"). Entsprechend wird auch im Internet für die "Classic Hotels" mit dem Zusatz "Schöne und individuelle Privathotels mit hohem Qualitätsstandard" geworben. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des angemeldeten Begriffs kann nicht damit begründet werden, dass "classic" auch im Sinne von "klassisch, klassizistisch" und somit als Bezeichnung der Zeit- und Kulturepoche, bzw des Baustils oder der Musikrichtung "Klassik" aufgefasst werden könnte und die "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" somit im Stil oder im Ambiente dieser Epoche erfolgt, da das korrekte englische Adjektiv bzw Substantiv hierfür "classical" bzw "classicism" ist (vgl Wörterbuch "PONS COLLINS", aaO).

Letztlich kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft bereits aufgrund der genannten Bedeutung des Wortes "classic" gegeben ist. Denn entgegen dem Vorbringen der Anmelderin wird "classic" nicht nur mit "klassisch", sondern sogar deutlich überwiegend in Wörterbüchern, Dictionaries etc mit "erstklassig, ausgezeichnet, mustergültig, vollendet" übersetzt (Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Teil I, 2001, Seite 218; Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, Teil I, 1981, Seite 252) bzw umschrieben mit "of the first or highest class or rank", "of induring interest, quality or style" (Webster's Encyclopedic Unabridged Dictionary of the English Language, Seite 273), "Top Quality ...", "Work of the highest Quality ..." (Bloomsbury Reference Book, 1999, Seite 352), "leading, outstanding, firstrate, superior, excellent, ..." (The Oxford Compact Thesaurus, Seite 72) und "judged over a period of time to be of the highest quality" (The concise Oxford Dictionary, 10th Edition, Seite 263). Die genannten Quellen sind der Anmelderin vom Senat auszugsweise mit Schreiben vom 14. November 2001 übersandt worden. Mit diesem Bedeutungsgehalt stellt die angemeldete Bezeichnung aber eine unmittelbar und eindeutig beschreibende Angabe hinsichtlich der Qualität und der Art der beanspruchten Dienstleistungen dar, ohne dass es insoweit gedanklicher Ergänzungen oder Zwischenschritte bedarf oder eine schutzbegründende Interpretationsbedürftigkeit vorliegt. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass für wesentliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise der auf die hier relevante Dienstleistung "Verpflegung und Beherbergung von Gästen" bezogene Begriffsgehalt von "classic" im Sinne von "erstklassig, ausgezeichnet, mustergültig, vollendet" doch so stark im Vordergrund steht, dass die Annahme, es könnte sich - über eine Werbeaussage hinaus - um einen betrieblichen Herkunftshinweis handeln, nicht hinreichend nahegelegt ist.

Die angemeldete Marke stellt nach Auffassung des Senats auch eine beschreibende freizuhaltende Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar, weil sie in der zuletzt genannten Bedeutung geeignet ist, die beanspruchten Dienstleistungen "Verpflegung und Beherbergung von Gästen" ihrer Art und Qualität nach zu beschreiben, wobei die Versagung der Eintragung den Nachweis einer bereits tatsächliche Verwendung als Sachbezeichnung nicht voraussetzt (vgl BGH MarkenR 2001, 408, 410 "INDIVI-DUELLE " mwN).

Die Anmelderin kann sich zur Eintragbarkeit ihrer Anmeldung auch nicht mit Erfolg auf die von ihr genannten Voreintragungen von "classic" berufen. So ist zunächst anerkannt, dass Voreintragungen auch identischer Marken weder unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung noch nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes einen Anspruch auf Eintragung begründen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 85 mwN). Wie der Anmelderin aufgrund der ihr mit Schreiben des Senats vom 14. November 2001 übersandten Unterlagen bekannt ist, stehen den Eintragungen jedoch auch die Schutzfähigkeit der Bezeichnung "classic" mangels Unterscheidungskraft verneinende Entscheidungen sowohl des BPatG (vgl PA-VIS PROMA, Kliems 24 W (pat) 149/96 für "Sprechfunkgeräte") als auch des HABM (Decision of the First Board of Appeal of 18 April 2000 - R 236/1999-1 für Waren der Klasse 9 und 10, vgl PAVIS PROMA, Bender R0236/99-1, siehe Volltext) entgegen. Dabei steht insbesondere die stärkere (negative) Indizwirkung der Zurückweisungsentscheidung der Beschwerdekammer des HABM, in der dem Wort "classic" ebenfalls die vom Senat auch im vorliegenden Fall als maßgeblich angesehene Bedeutung "of the highest class" bzw "something regarded as perfect of its kind ..." beigemessen wurde, der demgegenüber nicht mit Gründen versehenen Eintragung der von der Anmelderin genannten EU - Marke 1334770 "CLASSIC" gegenüber (vgl hierzu auch Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 88 mwN).

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Kliems Engels Brandt Na






BPatG:
Beschluss v. 10.01.2002
Az: 25 W (pat) 2/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fa59c898fabc/BPatG_Beschluss_vom_10-Januar-2002_Az_25-W-pat-2-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share