Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 185/00

(BPatG: Beschluss v. 09.10.2002, Az.: 29 W (pat) 185/00)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Februar 2000 und vom 31. August 1999 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Atlantic Crossing"

soll für die Dienstleistung "Telekommunikation" in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Erstbeschluss vom 31. August 1999 ausgeführt, dass sich das Zeichen als freizuhaltende Angabe erweise, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art und der Beschaffenheit der angemeldeten Ware dienen könne. Die Bestandteile der Marke "Atlantic" und "Crossing" gehörten zu den Trivialwörtern der ersten in Deutschland gelehrten Fremdsprache Englisch, die auf dem vorliegenden Gebiet Fachsprache sei. Die Marke in ihrer Gesamtheit habe die Bedeutung "AtlantikÜberquerung". Damit bringe das sprachüblich gebildete Zeichen eindeutig zum Ausdruck, dass die Anmelderin die Dienstleistung der Telekommunikation über den Atlantik, d. h. nach Amerika, erbringe. Im übrigen werde entgegen der Auffassung der Anmelderin der Begriff "Crossing" nicht nur im Zusammenhang mit dem Transport von Personen, sondern auch als Oberbegriff auf dem Gebiet der Elektronik verwendet. Da der Verkehr in dem angemeldeten Begriff lediglich eine Bestimmungsangabe erblickte, fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde, da sie von der Anmelderin nicht begründet worden war, mit Beschluss vom 22. Februar 2000 aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass die angemeldete Marke über das notwendige Maß an Unterscheidungskraft verfüge. Die deutsche Übersetzung des Begriffs "Crossing" laute "Überquerung", für "seacrossing" "Überfahrt", im übrigen "Übergang, Kreuzung". Alleine die letztgenannte Bedeutung sei als Bestandteil des Trivialwortschatzes allgemein bekannt. Die meisten Deutschen würden die Marke nicht als "Atlantiküberquerung", sondern als "Atlantikkreuzung" verstehen. Auch den Teilen des inländischen Verkehrs, die die Marke korrekt als "Atlantiküberquerung" übersetzen würden, stünden zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten zur Verfügung. Im Hinblick auf neueste Technologien sei die Bedeutung des altmodischen Begriffs erst durch Transferleistungen zu ermitteln. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Bedeutungen eigne sich der Begriff "Atlantic Crossing" nicht als beschreibender Hinweis. Eine Werbung damit, dass auch mit Teilnehmern jenseits des Atlantik telefoniert werden kann, wäre als Herausstellung einer Selbstverständlichkeit wenig wirkungsvoll. Als "sonstiger bedeutsamer Umstand" werde die Marke daher nicht benötigt.

Ihren Antrag auf mündliche Verhandlung hat die Anmelderin im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens zurückgenommen.

Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da der angemeldeten Marke weder das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft noch das des Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG entgegensteht.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der erste Markenbestandteil "Atlantic" ist auch in der hier gewählten englischen Schreibweise ohne weiteres als Hinweis auf den Atlantik verständlich. "Crossing" gehört mit der Bedeutung "Überfahrt" zum englischen Grundwortschatz (Langenscheidt Grundwortschatz Englisch 1999). Daraus folgt, dass die hier angesprochenen breiten Abnehmerkreise die Wortfolge in erster Linie als "Atlantiküberfahrt" und in zweiter Linie gegebenenfalls noch als "Atlantiküberquerung" verstehen. Aufgrund des Zusammenhangs mit dem atlantischen Ozean liegen die weiteren von der Anmelderin genannten theoretisch denkbaren Übersetzungen mit "Atlantikkreuzung" oder "AtlantikÜbergang" fern. Wie die Internetrecherche des Senats ergeben hat, wird "Atlantic Crossing" allgemein der tatsächlichen Bedeutung der Wortfolge entsprechend auch nur mit Schiffs- oder Flugreisen über den Atlantik in Verbindung gebracht. Für die hier beanspruchte Dienstleistung Telekommunikation besitzen "Atlantiküberfahrt" oder "Atlantiküberquerung" keinen im Vordergrund stehenden sachbeschreibenden Inhalt. Dass Telekommunikation weltweit, d. h. auch über den Atlantik erbracht wird, ist - worauf die Anmelderin zu Recht hinweist - eine Selbstverständlichkeit. Anhaltspunkte dafür, dass diese Selbstverständlichkeit oder weitere der Telekommunikation zuzuordnende Dienstleistungen durch "Atlantic Crossing" korrekt bzw. konkret beschrieben würden, sind nicht ersichtlich, insbesondere nicht, dass das "sprachüblich gebildete Zeichen eindeutig zum Ausdruck bringe, dass die Anmelderin die Dienstleistung der Telekommunikation über den Atlantik, d. h. nach Amerika, erbringe". Die einzige Verbindung mit Telekommunikation überhaupt konnte bei der von der Anmelderin stammenden Verwendung der angemeldeten Wortfolge für ihre unterseeischen Transatlantikkabel nachgewiesen werden. Unabhängig davon, dass es sich gerade nicht um eine Überquerung des Atlantik, sondern um ein am Meeresboden verlaufende IP-basiertes Faseroptiknetzwerk handelt, wird ein derartiger Hightech-Bestandteil eines globalen Netzwerks nicht sprachüblich mit "Atlantic Crossing" bezeichnet. Der Verkehr wird das Zeichen allenfalls als verschlüsselten Hinweis auffassen, mit dem über eine blumige Umschreibung erst durch weitere Gedankenschritte der Schluss auf Telekommunikationsverbindungen mit Amerika gezogen werden kann. Der Wortfolge kann daher insgesamt die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

2. Bei dieser Sachlage unterliegt "Atlantic Crossing" auch keinem Freihaltungsbedürfnis. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind nur solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann der Marke keine klare Aussage in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung zugeordnet werden. Die angemeldete Marke erlaubt allenfalls allgemeine, diffuse Assoziationen. Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Wortfolge für Telekommunikation haben könnten, sind somit nicht ersichtlich.

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BPatG:
Beschluss v. 09.10.2002
Az: 29 W (pat) 185/00


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