Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 424/02

(BPatG: Beschluss v. 14.01.2004, Az.: 32 W (pat) 424/02)

Tenor

1. Der Wiedereinsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Rendsburgs Längste Nachtfür die Dienstleistung Musikveranstaltunghat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 26. Juni 2002 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Beschluss wurde dem anwaltlichen Vertreter des Anmelders am 1. Juli 2002 zugestellt. Gegen diesen Beschluss hat er am 26. Juli 2002 Beschwerde eingelegt. In einem Telefongespräch Ende Oktober 2002 ist der Bevollmächtigte des Anmelders darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerdegebühr nicht entrichtet worden ist. Die Beschwerdegebühr wurde daraufhin am 30. Oktober 2002 überwiesen und dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamts am folgenden Tage gutgeschrieben.

Gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr hat der Anmelder am 2. November 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trägt er vor, einer seit Jahren für seinen bevollmächtigten Anwalt tätigen Mitarbeiterin (ein Name ist nicht angegeben) sei ein Versehen unterlaufen. Dieser sei die Anweisung erteilt worden, den Betrag von 200,00 € sofort zu überweisen. Aufgrund eines Parallelverfahrens sei es zu einem Missverständnis gekommen; in jenem weiteren Verfahren seien kurz zuvor ebenfalls 200,00 € eingezahlt worden. Wegen eines entsprechenden Vermerks in der Akte, in der alle Verfahren zusammenlaufen, habe sie angenommen, dass die Gebühr bereits bezahlt sei und dem Bevollmächtigten mitgeteilt, die Gebühr sei auch im streitgegenständlichen Verfahren bezahlt. Der Bevollmächtigte sei davon ausgegangen, dass dies geschehen sei und habe die Akte auf Frist verfügt. Dass tatsächlich nicht überwiesen worden war, habe er nicht feststellen können, weil die Überweisungen im Wege des E-Banking erfolgten und von ihm schriftlich in der Akte verfügte Überweisungen nicht mehr auf ihre Ausführung überprüft würden, wenn die zuständige Mitarbeiterin die Ausführung der Überweisung mündlich bestätigt habe. Sie sei dann angewiesen, die Akte selbst wieder in den Aktenschrank zu hängen, was auch hier geschehen sei. Mithin liege weder ein Anwalts-, noch ein Organisationsverschulden vor.

II.

1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Anmelders war zurückzuweisen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG gewährt, wenn eine dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber einzuhaltende Frist, deren Versäumung nach einer gesetzlichen Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ohne Verschulden versäumt wurde. Der Anmelder hat die Frist nach § 66 Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 6 Abs. 1 PatKostG zur Zahlung der Beschwerdegebühr versäumt. Der angefochtene Beschluss wurde am 1. Juli 2002 zugestellt (§ 94 MarkenG i.V.m. § 5 VwZG). Damit lief die Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr am 1. August 2002 ab. Innerhalb dieser Frist ist die Beschwerdegebühr nicht bezahlt worden. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt (§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i.V.m. § 6 Abs. 2 PatKostG).

Zur Beseitigung dieses Rechtsnachteils hat der Anmelder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Der Antrag ist zulässig. Er wurde innerhalb der Zweimonatsfrist des § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt, da der Bevollmächtigte des Anmelders mangels entgegenstehender Anhaltspunkte erst durch das Telefongespräch gegen Ende Oktober 2002 auf die Versäumung der Zahlungsfrist aufmerksam wurde. Der Antrag enthält auch tatsächliche Angaben, welche die Wiedereinsetzung begründen sollen (§ 91 Abs. 3 MarkenG).

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist jedoch nicht begründet, denn der Tatsachenvortrag ergibt nicht, dass die maßgebliche Frist unverschuldet versäumt wurde (§ 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Ohne Verschulden handelt, wer die übliche Sorgfalt anwendet, deren Beachtung im Einzelfall für ihn zumutbar war. Vorliegend ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Anmelders, dass die Säumnis auf einem ihm zuzurechnenden Verschulden seines anwaltlichen Vertreters beruht (§ 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 81 Abs. 2 ZPO). Der bevollmächtigte Anwalt beruft sich zwar auf ein angebliches Versehen seiner - zuverlässigen - Mitarbeiterin, ohne allerdings diese namentlich zu benennen und ohne den Vortrag durch eine eidesstattliche Erklärung dieser Mitarbeiterin glaubhaft zu machen. Der eigene Vortrag des Bevollmächtigten deutet auf einen Organisationsmangel bei der Abwicklung des Zahlungsvorgangs hin, der dem Anwalt selbst zuzurechnen ist und selbst dann nicht zu seiner Entlastung führen kann, wenn zusätzlich auch noch ein schuldhaftes Fehlverhalten einer Hilfskraft konstatiert werden muss. Es wird nämlich zum einen vorgetragen, dass alle Verfahren (gemeint sind offensichtlich Markenanmeldungsverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt), welche den Anmelder betreffen, in einer Akte ("in der alle Verfahren zusammenlaufen") geführt werden. Notwendig ist aber eine getrennte Aktenführung hinsichtlich jeder Anmeldung (und eines etwaigen späteren Beschwerdeverfahrens), weil angesichts der Gebührenpflichtigkeit der Rechtshandlungen (Anmeldungen, Widersprüche, Beschwerden) eine ordnungsgemäße und fehlerfreie Zuordnung von Zahlungen gewährleistet sein muss. Die Führung mehrerer getrennter Anmeldungs- (und Beschwerde-)Verfahren in einer Akte birgt geradezu die Gefahr, dass Zahlungspflichten übersehen oder tatsächlich erfolgte Zahlungen unrichtig zugeordnet werden. Zum anderen ist gerade bei Überweisungen im Wege des elektronischen Bankverkehrs (E-Banking) eine nachträgliche Kontrolle der Durchführung der Überweisung durch den Anwalt selbst notwendig. Die mündliche Bestätigung der Mitarbeiterin, die Überweisung sei ausgeführt, genügt insoweit nicht. Im vorliegenden Fall liegt somit ein dem bevollmächtigten Anwalt selbst zuzurechnendes Organisationsverschulden vor, welches wiederum den Anmelder trifft. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist von daher zu versagen.

2. Mangels fristgerechter Entrichtung der Beschwerdegebühr gilt die Beschwerde als nicht erhoben (§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs. 2 PatKostG). Der Senat ist kraft Sachzusammenhangs befugt, die entsprechende Feststellung anstelle des Rechtspflegers zu treffen, da er wegen des Wiedereinsetzungsgesuchs ohnehin mit der Sache befasst ist (§§ 6, 8 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 4 RPflG).

Winkler Rauch Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.01.2004
Az: 32 W (pat) 424/02


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