Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Oktober 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 80/02

(BPatG: Beschluss v. 13.10.2005, Az.: 6 W (pat) 80/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2002 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Gleitstück Anmeldetag: 11. Januar 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 7, eingegangen am 9.7.2003, Beschreibung Seiten 1 bis 3, eingegangen am 9.7.2003, Beschreibung Seiten 3 bis 6 vom Anmeldetag und 1 Blatt Zeichnungen mit Figur 1 und 2 vom Anmeldetag.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2002 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 19. Oktober 2001 zurückgewiesen worden war. In dem Bescheid war ausgeführt worden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patentfähig sei, da er gegenüber dem Stand der Technik nicht neu sei.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

1) DE 196 05 953 A1 2) DE-Buch: Hansjürgen Saechtling, Kunststoff-Taschenbuch, 21. Ausg., Carl Hanser Verlag, München Wien, 1979, S 159, 160 3) DE 197 44 199 A1 Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 5.9.2002, eingegangen am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Schreiben vom 7.7.2003 neue Patentansprüche 1 bis 7 sowie neue Beschreibungsseiten 1 bis 3 vorgelegt und beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 7, gemäß Eingabe vom 7.7.2003, Beschreibung Seiten 1 bis 3, gemäß Eingabe vom 7.7.2003, Beschreibung Seiten 3 bis 6 vom Anmeldetag und Figur 1 und 2 vom Anmeldetag.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Gleitstück (1), insbesondere für Türschließer oder Drehflügelantriebe mit einem Tragkörper (2) und mit Gleitflächen (3, 4) zur Anlage an Gleitschienenflächen (5, 6) einer Gleitschiene (7), wobei zumindestens eine der Gleitflächen (3, 4), vorzugsweise beide Gleitflächen (3, 4), am Tragkörper (2) in Richtung auf die Gleitschienenflächen (5, 6) federnd vorgespannt angeordnet sind, wobei zwischen Tragkörper (2) und Gleitflächen (3, 4) je ein Federelement (8, 9) angeordnet ist und wobei die Gleitflächen (3, 4) auf je einem Anlagestück (10, 11) angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Tragkörper (2) und das bzw. die Anlagestücke (10, 11) einteilig ausgebildet sind und die Lagerung von dem bzw. den Federelementen (8, 9) in Form von Werkstoffzonen mit geringerer Shorehärte als denjenigen des Tragkörpers (2) gebildet ist."

Laut Beschreibung (S 2, Abs 3) soll die Aufgabe gelöst werden, ein Gleitstück der im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Art zu schaffen, das die Verminderung bzw. die Vermeidung des Auftretens von Klackgeräusche ermöglicht.

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 bis 7 sind in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig. Der geltende Patentanspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 3 und 5 und die geltenden Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4 und 6 bis 10.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis 5 dar.

a. Das Gleitstück nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt ein Gleitstück mit sämtlichen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der DE 196 05 953 A1 ist ein Gleitstück zur Verwendung im Zusammenhang mit einer Teleskopsäule bekannt. Dieses Gleitstück weist einen Tragkörper und Gleitflächen zur Anlage an Gleitschienenflächen einer Gleitschiene auf, wobei mindestens eine der Gleitflächen, vorzugsweise beide Gleitflächen, am Tragkörper in Richtung auf die Gleitschienenflächen federnd über ein Federkissen vorgespannt angeordnet sind, wobei zwischen Tragkörper und Gleitflächen je ein Federelement angeordnet ist und wobei die Gleitflächen auf je einem Anlagestück angeordnet sind.

Dieses Gleitstück dient aber weder zur Verwendung bei Türschließern oder bei Drehflügelantrieben noch sind der Tragkörper und die Anlagestücke einteilig ausgebildet. Auch ist die Lagerung von dem bzw. den Federelementen nicht in Form von Werkstoffzonen mit geringerer Shorehärte als denjenigen des Tragkörpers gebildet.

Zu einer derartigen Ausgestaltung wird der Fachmann, ein mit der Konstruktion von Türschließern befasster Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, auch nicht bei Kenntnis des übrigen Standes der Technik angeregt.

Die Literaturstelle "Kunststoff-Taschenbuch" erläutert ganz allgemein Probleme im Zusammenhang mit der Koextrusion, gibt aber weder einen Hinweis darauf, den Tragkörper und die Anlagestücke einteilig auszubilden, noch darauf, die Lagerung von dem bzw. den Federelementen in Form von Werkstoffzonen mit geringerer Shorehärte als denjenigen des Tragkörpers auszubilden.

Die DE 197 44 199 A1 betrifft ebenfalls kein einteiliges Gleitstück und auch nicht die spezielle Art der Lagerung in Form von Werkstoffzonen mit geringerer Shorehärte. Das dort beschriebene Gleitstück lässt sich zwar - wie auch das erfindungsgemäße Gleitstück - geräuschfrei bei wechselnder Belastung bewegen (vgl insbesondere die Zusammenfassung auf der ersten Seite), dort wird dieses Problem aber durch ein Gleitstück mit einer Vielzahl von Einzelteilen gelöst, wobei die Lagerung der Federelemente über ein als separates Einzelteil ausgebildetes dauerelastisches Element erfolgt. Somit vermag auch diese Druckschrift keine Anregung zu der erfindungsgemäßen Ausgestaltung zu geben.

Zusammengefasst ergibt sich, dass der Stand der Technik jeweils für sich allein betrachtet aufgrund anderer konstruktiver Ausgestaltung nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen kann. Aber auch eine Zusammenschau kann nicht zu der im Patentanspruch 1 beanspruchten Lösung führen, da die Entgegenhaltungen dem Fachmann für den grundlegenden Gedanken, nämlich ein einstückig ausgebildetes Gleitstück zu schaffen, bei dem die Lagerung für die Federelemente über Werkstoffzonen mit geringerer Shorehärte gebildet ist, keine Anregungen geben.

Der Patentanspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diesen Patentanspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7, die auf Merkmale zur Weiterbildung des Gleitstücks nach Patentanspruch 1 gerichtet sind.

Lischke Schneider Hildebrandt Müller Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.10.2005
Az: 6 W (pat) 80/02


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