Landgericht Coburg:
Urteil vom 25. Juni 2009
Aktenzeichen: 1 HKO 18/09, 1 HKO 18/09

(LG Coburg: Urteil v. 25.06.2009, Az.: 1 HKO 18/09, 1 HKO 18/09)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 7.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2009 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 507,50 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist für die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Vertragsstrafe in Anspruch.

Die Beklagte verpflichtete sich gegenüber der Klägerin mit Unterlassungserklärung vom 07.01.2009 es in Zukunft zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) im Zusammenhang mit dem Verkauf von Möbeln und Einrichtungsgegenständen die Gewährung von Preisnachlässen oder Rabatten für eine unbestimmte Zahl von Waren mit der Einschränkung anzukündigen, dass von dieser Verkaufsförderungsmaßnahme "Werbeangebote" ausgenommen sind, ohne anzugeben, was unter solchen "Werbeangeboten" zu verstehen ist,

b) bei aufklärenden Zusätzen unter Verwendung eines Sternchen die Sternchenauflösung in einer 1 mm großen Schrift am Rande der Werbung im Winkel von 90 Grad zur übrigen Schrift der Werbung von unten nach oben laufend zu drucken entsprechend einer der Unterlassungserklärung beigefügten Abbildung.

Zudem verpflichtete sich die Klagepartei die Beklagten wie folgt:

"2. Firma ... verpflichtet sich, an die Firma ... für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen eine der vorgenannten Unterlassungserklärungen eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 7.000,-- zu bezahlen.

Am ... erschien in der "Neuen Presse" Coburg eine Anzeige der Beklagten. Dort kündigte die Beklagte einen "Dankeschön-Verkauf" mit einem "Dankeschön-Rabatt" von 30 % an. Den Dankeschön-Rabatt zeichnete die Beklagte mit Sternchen. Die Sternchenauflösung erschien in einer 1 mm großen Schrift am rechten Rand der Werbung im Winkel von 90 Grad zur übrigen Schrift der Werbung von unten nach oben verlaufend mit

"ausgenommen reduzierte Ware sowie Werbe- und Sonderangebote".

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 13.01.2009 rügte die Klagepartei Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtungen der Beklagten und begehrte die Zahlung einer verwirkten Vertragsstrafe in Höhe von 14.000,-- EUR (Anlage 4).

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 14.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2009 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 755,80 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass am ... mit der verantwortlichen Sachbearbeiterin bei der Neuen Presse ein Telefonat erfolgt sei um die aufgrund der eingegangenen Unterlassungsverpflichtung notwendigen Korrekturen der Werbung zu besprechen. Dabei habe der Geschäftsführer der Beklagten darauf hingewiesen, dass eine Anzeige im Coburger Tageblatt vom ... (Anlage B 1) als Vorlage dienen müsse. Auf einen am ... übersandten Korrekturabzug sei nicht lesbar gewesen, was die Klägerin mit der Abmahnung beanstandet habe, nämlich die zu kleine "Sternchenauflösung" und die Einschränkung "ausgenommen reduzierte Ware sowie Werbe- und Sonderangebote". Demgemäß habe die Beklagte nicht schuldhaft gegen ihre Unterlassungsverpflichtung verstoßen.

Zudem ist die Beklagte der Auffassung, dass von einem Fall der Zuwiderhandlung auszugehen sei, da beide Verstöße durch einen Satz begangen worden seien. Im Übrigen sei ein außerordentliches Mißverhältnis zwischen den Umständen, der Bedeutung des Verstoßes und der Höhe der Vertragsstrafe anzunehmen.

Hinsichtlich des Übrigen Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

I. Hauptforderung

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch aus § 339 BGB i.V.m. dem Vertragsstrafeversprechen vom 07.01.2009 in Höhe von 7.000,-- EUR.

a) Die Beklagte hat den in der Erklärung vom 07.01.2009 enthaltenen Unterlassungsverpflichtungen zu wider gehandelt.

Die gerügte Werbung vom ... bewirbt zum einen den Verkauf von Möbeln u. a. mit einem "Dankeschön-Rabatt" in Höhe von 30 %, wobei von diesem Rabatt "Werbeangebote" ausgenommen sind, ohne anzugeben, was unter solchen "Werbeangeboten" zu verstehen ist.

Zugleich hat die Beklagte einen unter Verwendung eines Sternchens gezeichneten aufklärenden Zusatz verwandt und die Sternchenauflösung am Rand der Werbung im Winkel von 90 Grad zur übrigen Schrift der Werbung gesetzt.

Durch diese am Rand befindliche Sternchenauflösung und durch deren Inhalt hat die Beklagte mithin die Unterlassungsverpflichtungen 1 a) und 1 b) aus der Unterlassungserklärung vom 07.01.2009 verletzt. Dies wird von ihr auch nicht in Abrede gestellt.

b) Es ist auch davon auszugehen, dass die Beklagte den Verstoß gegen die Unterlassungspflichten schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig, begangen hat.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der Sachvortrag der Beklagten dem Grunde nach geeignet ist, ein Verschulden in Abrede zu stellen.

Die für ein fehlendes Verschulden beweisbelastete Beklagte (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG, 27. Auflage, Randziffer 1.152 zu § 12; BGH NJW-RR 2003, 1278; BGH GRUR 2009, 181) hat den insoweit bestrittenen Sachvortrag jedenfalls nicht unter Beweis gestellt.

c) Die Beklagte hat mit der gerügten Werbung jedoch lediglich einen Fall der Zuwiderhandlung begangen, so dass lediglich eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 7.000,-- zu zahlen ist.

Unterlassungsverträge und Unterlassungserklärungen sind nach den auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszulegen.

Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. BHG GRUR 2009, 181 m.w.N.).

Die Parteien haben nicht ausdrücklich geregelt, ob die streitgegenständliche Werbung als ein Fall oder mehrere Fälle der Zuwiderhandlung gelten soll. Bei der hier gegebenen Werbung ist entscheidend, dass durch den an der rechten Seite angebrachten Satz "ausgenommen reduzierte Ware sowie Werbe- und Sonderangebote" beide von der Beklagten eingegangene Unterlassungsverpflichtungen verletzt werden. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist aufgrund des durch eine einheitliche Handlung (ein Satz) begründeten Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung davon auszugehen, dass lediglich ein Fall einer Zuwiderhandlung vorliegt. Dies wird auch der Sanktionsfunktion und der Verhütungsfunktion der vereinbarten Vertragsstrafe gerecht. Es ist nicht ersichtlich, warum durch den Verstoß auf Grund einer Werbeaussage eine Vertragsstrafe in Höhe von 14.000,-- EUR verwirkt sein soll.

Eine derartige Kumulierung wäre von der vorliegenden Vereinbarung nur dann getragen, wenn die Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungserklärungen durch unterschiedliche Werbeaussagen - sei es auch in einer Werbeannonce - begangen worden wären. Bei der hier gebotenen Sachlage ist jedoch von einer Handlung und somit von einem Fall auszugehen.

d) Es besteht keine Veranlassung, die vereinbarte und verwirkte Vertragsstrafe herabzusetzen.

Die Beklagte hat bereits nicht dargetan, warum die Geltendmachung der verwirkten Vertragsstrafe gegen Treu und Glauben verstoßen sollte. Bei der hier gegebenen Bemessung kann von einer "exorbitant hohen Vertragsstrafenforderung" (vgl. Baumbach a.a.O., Randziffer 1.145 zu § 12) keine Rede sein.

II. Nebenforderungen

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

Die Entscheidung zu den vorgerichtlichen Kosten beruht auf §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 286 BGB. Der zuerkannte Betrag setzt sich zusammen aus einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2 3 00 VV RVG nach einem Streitwert von 7.000,-- EUR sowie der Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG.

III. Nebenentscheidungen

Die Entscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 709 ZPO.






LG Coburg:
Urteil v. 25.06.2009
Az: 1 HKO 18/09, 1 HKO 18/09


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