Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Mai 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 4/00

(BPatG: Beschluss v. 22.05.2001, Az.: 27 W (pat) 4/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Oktober 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmelderin begehrt die Eintragung der Wort-/Bildmarke IoS für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Die Buchstabenkombination "IoS" stehe für den EDV-Fachbegriff "Input/Output-System" und enthalte daher lediglich einen beschreibenden Hinweis darauf, dass die beanspruchten Waren auf einem solchen System beruhten. Auch dürften Mitbewerber nicht daran gehindert werden, derartige Angaben auf beliebige Art, insbesondere auch in werbemäßiger Form, zu verwenden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach steht "IoS" nicht nur für "Input-/Output-System", sondern hat auch viele weitere geläufige Bedeutungen wie "Internet Operating System", "Interorganizational Information System" usw; es sei aber auch ein eigenständiges Wort wie zur Bezeichnung einer Kykladeninsel. Darüber hinaus habe die Markenstelle aber auch keinen konkreten Bezug zwischen dem Zeichen und den sehr verschiedenen beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42 hergestellt; es sei etwa nicht nachvollziehbar, inwiefern die Wortfolge mit der im angefochtenen Beschluss genannten Bedeutung für "Papier, Pappe (Karton)", aber auch für "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Softwareberatung ..." usw. unmittelbar beschreibend sein solle. Die Waren der Klasse 9 wiesen zwar sicherlich Input und Output auf, hierbei handele es sich jedoch um ein allgemeines Merkmal, das beinahe allen modernen Kommunikationsmitteln zu eigen sei und das als grobe Verallgemeinerung nicht zur Beschreibung dieser Waren geeignet sei. Schließlich sei auch die besondere Schreibweise nicht berücksichtigt, denn in der Bedeutung von "input/outputsystem" müsste die Abkürzung eigentlich "ios" lauten; als Abwandlung einer beschreibenden Angabe müsse die Abkürzung daher schutzfähig sein. Im Ergebnis liege daher weder ein Freihaltungsbedürfnis vor noch stehe der Eintragung eine mangelnde Unterscheidungskraft des Zeichens entgegen.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Eintragung der Marke zu beschließen.

II.

Auf die zulässige (§ 66 MarkenG) und begründete Beschwerde war der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen nämlich keine absoluten Hindernisse entgegen.

Das angemeldete Zeichen ist nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltungsbedürftig. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung nur solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, deren Monopolisierung also einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer freien Verwendbarkeit widerspricht (vgl. Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn. 69), wobei auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zu beachten (vgl. BGH, GRUR 1999, 988 [989] - HOUSE OF BLUES; BGH, GRUR 1999, 1093 [1094] - FOR YOU; BGH, GRUR 2001, 162 [163] - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) und die Frage des Freihaltungsbedürfnisses allein im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowie die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen ist (vgl. BGH GRUR 1990, 517 - SMARTWARE; BGH GRUR 1997, 627 à la carte; Althammer/Ströbele, aaO, Rn. 71 und 92). Diese Voraussetzungen sind bei der angemeldeten Marke nicht erfüllt. Es ist schon nicht ersichtlich, welche beschreibende Bedeutung die Buchstabenfolge für die beanspruchten Waren der Klasse 16 haben sollte. Aber auch für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 kann nicht festgestellt werden, dass das angemeldete Zeichen eine hinreichend bestimmte beschreibende Angabe darstellt, weil es auch im Hinblick auf diese Waren und Dienstleistungen mehrdeutig ist. So steht schon nach dem vom Patentamt zitierten Nachschlagewerk die Abkürzung "IOS" im EDV-Bereich nicht nur für "Input-/Output-System", sondern auch für so unterschiedliche Fachbegriffe wie "inut/output supervisor" (Eingabe/Ausgabe-Steuerprogramm), "interactive operating system" (dialogfähiges Betriebssystem) und "internetworking operating system" (Vernetzung-Betriebssystem, Cisco-Firmenbezeichnung für Netzwerkbetriebssystem) (vgl. Schulze, Computerkürzel, 1998, S. 197). Die Mehrdeutigkeit wird zudem noch durch die ungewöhnliche Schreibweise unterstrichen, bei der ein mittlerer kleiner Buchstabe zwischen zwei Großbuchstaben steht, was bei EDV-Abkürzungen, wie sich nicht zuletzt auch aus der Zitierweise des Kürzels "IOS" im vorgenannten Lexikon ergibt, im allgemeinen unüblich ist. In bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 spricht daher die Mehrdeutigkeit der Buchstabenfolge "IoS" gegen ein Freihaltungsbedürfnis (vgl. BGH GRUR 1997, 468, 469 - NetCom; BPatG GRUR 1999, 330, 331 - CT; BPatGE 38, 182, 183 m.w. Nachw. -MAC).

Mangels beschreibenden Inhalts für einen Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und wegen der bestehenden Mehrdeutigkeit des angemeldeten Zeichens in bezug auf die anderen beanspruchten Waren und Dienstleistungen weist die angemeldete Marke auch ausreichende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) auf, d.h. die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; zuletzt BGH, GRUR 2001, 162 [163] m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Kann einer Marke nämlich wie vorliegend kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, GRUR 1999, 1089 [1091] - YES; BGH, WRP 2000, 298 [299] - Radio von hier; BGH, WRP 2000, 300 [301] - Partner with the best; BGH, GRUR 2001, 162 [163]).

Da auch sonstige Eintragungshindernisse nicht erkennbar sind, war auf die Beschwerde der Anmelderin der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Dr. Schade Albert Schwarz Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.05.2001
Az: 27 W (pat) 4/00


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