Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 127/00

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2001, Az.: 32 W (pat) 127/00)

Tenor

Der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 41, vom 11. November 1999 wird im Umfang seiner Versagung aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge West Exciting Musicua für Telekommunikation, einschließlich Online-, On-Demand- und anderen elektronischen Mediendiensten (soweit in Klasse 38 enthalten), Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, insbesondere Film-, Rundfunk- und Fernsehproduktionen, Erziehung und Unterhaltung in Form von elektronischen Informationen und interaktiven Onlinediensten; Betrieb und Vermietung von Studios einschließlich Einrichtungen, Apparaten und Geräten für die Produktion von Musik, Filmen, Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Freizeit- und Vergnügungsveranstaltungen, Theater-, Musik- und Musicaldarbietungen; Dienstleistungen eines Musikverlags; sportliche und kulturelle Aktivitäten, bespielte Bild-, Ton- und Bildtonträger, insbesondere Schallplatten, Compact Discs, Tonbänder, audiovisuelle Kassetten und Filme; Computersoftware, insbesondere für Online-, interaktive, CD-Rom- und Multimedia-Anwendungen;

Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften und Bücher; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate).

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung mit Beschluß vom 11. November 1999 in diesem Umfang zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung von "West Exciting Music" in das Markenregister steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Absatz 2 Nr 1 Markengesetz ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl BGH GRUR 2000, 720, 721 - Unter uns). Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl EuGH, GRUR 1998, 922, 924 Tz.28 - Canon; BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Eine beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen hinweist, ist der Wortfolge "West Exciting Music" nicht zu entnehmen. "West", ein Wort aus der englischen Sprache, hat die Bedeutung von "Westen". "Exciting", ebenfalls ein Wort aus der englischen Sprache, bedeutet "erregend, anregend"; das ebenfalls aus dem Englischen stammende Wort "Music", bedeutet Musik. Insgesamt hat die Wortfolge die Bedeutung von "Anregende Musik aus dem Westen" oder "Anregende Musik des Westens".

Ein als Marke verwendetes Zeichen nimmt der Verkehr jedoch in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so auf, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl mwNachw). Eine beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen hinweist, ist der Wortfolge nicht zu entnehmen. Sie wird nach den Feststellungen des Senats (Internetrecherche vom 16. September 2001 - MetaGer) nicht als unmittelbare Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen und/oder Waren verwandt. Vielmehr sind - wenn überhaupt - mehrere analysierende Zwischenschritte erforderlich, um die Wortfolge mit diesen Waren und Dienstleistungen in Verbindung zu bringen. Liest der angesprochene Verkehr das Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, so ist es somit nicht ausgeschlossen, dass er es als Betriebskennzeichen empfindet. Es weist gerade deshalb, weil der Begriff "Musik aus dem Westen" oder "Musik des Westens" kein feststehender Begriff ist, eine gewisse Mehrdeutig- und Interpretationsbedürftigkeit auf, die der Annahme, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft, entgegensteht (vgl auch BGH GRUR 2001, 162, 163 RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

An dem angemeldeten Zeichen besteht auch kein die Eintragung hinderndes Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 Markengesetz.

Danach sind nur von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (BGH - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION, aaO).

Auch hier kann für die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit nicht festgestellt werden, dass sie Art, Bestimmung oder sonstige Merkmale der beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen bezeichnet. Ein beschreibender Charakter von einzelnen Markenworten reicht für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses des angemeldeten Zeichens in seiner Gesamtheit nicht aus (BGH RATIONAL SOFTWARE CORPORATION aaO).

Konkrete Anhaltspunkte für ein sich in der Zukunft abzeichnendes Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Wortfolge fehlen ebenfalls. Der Senat konnte trotz Internetrecherche keine Tendenz dahingehend feststellen, dass sämtliche Worte in ihrer Gesamtheit zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren und/oder Dienstleistungen Verwendung finden werden.

Klante Engels Sekretaruk






BPatG:
Beschluss v. 19.09.2001
Az: 32 W (pat) 127/00


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