Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 18. Oktober 2012
Aktenzeichen: 5 U 162/09

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 18.10.2012, Az.: 5 U 162/09)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9. Oktober 2010 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61.604,99 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Januar 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 97 % und der Beklagte zu 3 %. Die Kosten der Streithilfe tragen trägt der Beklagte zu 3 %; und der Streithelfer zu 97 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages, dem sie Fehler bei der Abwehr von Rückübertragungs- und Herausgabeansprüchen betreffend die Grundstücke Gemarkung €, Flur 51, Flurstücke 177 bis 180, vorwirft.

Die auf besonderen Grundbuchblättern (Flurstücke 177, 178) oder unter einer eigenen Nummer gebuchten Katasterparzellen (Flurstücke 179, 180) standen bis 1989 im Eigentum der Erbengemeinschaft A€ geb. Ru€/Ru€. Mit Beschluss des Rates des Kreises € aus Juli 1989 wurde der Erbengemeinschaft das Eigentumsrecht gemäß § 12 des Baulandgesetzes der DDR entzogen. Mit Feststellungsbescheid aus Dezember 1989 wurde der Erbengemeinschaft eine Entschädigung von 19.638,00 M-DDR zugesprochen. Im selben Jahr wurden die Grundstücke in Volkseigentum gebucht. Seit 1991 war die Stadt € als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Im selben Jahr gründete die Stadt € die Klägerin, deren alleinige Gesellschafterin sie ist. 1992 übertrug die Stadt ihr kommunales Wohnungsvermögen auf die Klägerin, die, nachdem im August des Jahres eine Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt worden war, im September des Jahres als Eigentümerin auch der streitbefangenen Grundstücke ins Grundbuch eingetragen wurde. Im Sommer 1992 schlossen die M€ GmbH, die Stadt € und die Klägerin einen mehrseitigen Vertrag, mit dem diese in die Rechte und Pflichten der Stadt aus einem Bauvertrag mit der GmbH betreffend die Errichtung eines Ärztehauses auf den Grundstücken eintrat. Für das Ende 1992 fertig gestellte Ärztehaus wendete die Klägerin umgerechnet gut 1,3 Mio € auf.

Mit Bescheid vom Januar 1993 wies der Landrat des Kreises € € ARoV € einen Rückübertragungsantrag der Miterben aus September 1990 zurück. An dem Verwaltungsverfahren waren ausweislich des Bescheids Stadt und Klägerin beteiligt. Im Jahre 1994 wurden die Grundstücke im Rahmen eines Investitionsvorrangverfahrens geteilt und die durch Teilung entstandenen Katasterparzellen 177/1, 178/2, und 179/2 und 180/2-4 von der Klägerin an den Miterben Ru€ veräußert, dem der Kaufpreis von umgerechnet 95.910,65 € bis zum rechtskräftigen Abschluss des Restitutionsverfahrens zinslos gestundet wurde. Mit Widerspruchsbescheid aus Oktober 1996 gab das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen € LARoV € dem Rückübertragungsantrag mit der Begründung statt, dass die Miterben für die Enteignung nur eine diskriminierend geringe Entschädigung erhalten hätten. Der Widerspruchbescheid ist der Klägerin, die an dem Widerspruchsverfahren nicht formell beteiligt wurde, nicht zugestellt worden. Im Februar 1997 erhob die Stadt € Klage gegen den Widerspruchsbescheid vor dem Verwaltungsgericht Potsdam. Mit Schreiben vom 24. März 1997 an den Notar € in € bekundete die Klägerin, die an dem Verwaltungsgerichtsverfahren nicht formell beteiligt wurde, bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage €abwartend€ zu verbleiben. Im März und Dezember 1999 gab das Verwaltungsgericht der Stadt auf, entsprechende Planungs- und Baudurchführungsunterlagen zum Beleg eines komplexen Wohnungsbaus beizubringen. Nachdem die Stadt € diese Unterlagen nicht beibrachte, beschloss das Verwaltungsgericht Potsdam im April 2000, dass die Klage mangels Betreibung des Verfahrens als zurückgenommen gilt.

Mit anwaltlichem Schreiben aus Juli 2000 verlangte der Miterbe Ru€ von der Klägerin die Freigabe einer Sicherheit für den Kaufpreis der Investitionsvorrangflächen und mit weiterem anwaltlichem Schreiben aus Februar 2001 die Herausgabe durch die Klägerin vereinnahmter Mieten. Im März 2001 wurden die Miterben auf Ersuchen des AROV wieder als Eigentümer der im Eigentum der Klägerin verbliebenen Grundstücke eingetragen. Seit September 2002 sind die Grundstücke aufgrund Erbteilsübertragungsvertrages aus dem Jahre 1994 zu Alleineigentum des Miterben Ru€ (im Folgenden: der Berechtigte) gebucht.

Am 15. Mai 2001 übersandte die Klägerin dem Beklagen eine vom Vortag datierende Prozessvollmacht, in der der Berechtigte und die Grundstücke postalisch benannt waren. Daraufhin forderte der Beklagte unter dem 22. Mai 2001 zunächst entsprechende Grundbuchauszüge €zur Geltendmachung des Grundbuchberichtigungsanspruchs€ an. In den Jahren 2003 bis 2006 betrieb der Beklagte für die Klägerin ein Verfahren nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz bis zum Bundesverfassungsgericht, das Kosten von insgesamt 38.223,70 € verursachte. 2004 versuchte der Beklagte im Klagewege die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung des Berechtigten im Grundbuch durchzusetzen, wodurch Kosten von insgesamt 23.381,29 € entstanden.

Zudem vertrat der Beklagte die Klägerin in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten, die der Berechtigte gegen diese anstrengte:

- Im Mai 2004 erhob der Berechtigte Stufenklage auf Auskunft über und Herausgabe der von der Klägerin vereinnahmten Mieten von Juli 1994 bis Anfang Oktober 1996, der auf der Auskunftsstufe stattgegeben und wodurch die Klägerin mit Kosten von insgesamt 6.477,75 € belastet wurde. Die Klage hat der Berechtigte aufgrund eines später mit der Klägerin geschlossenen Vergleichs zurückgenommen, in dem diese auf Geltendmachung ihres prozessualen Kostenerstattungsanspruchs verzichtete.

- Im August 2004 klagte der Berechtigte auf Freigabe hinterlegter Mieten betreffend den Zeitraum November 2003 bis August 2004. Der Klage wurde im zweiten Rechtszug stattgegeben und die Klägerin mit Kosten von insgesamt 8.279,35 € belastet.

- Im Dezember 2005 verklagte der Berechtigte die Klägerin auf Herausgabe der von dieser von Oktober 1996 bis April 2004 vereinnahmten Mieten von insgesamt 618.771,30 € nebst Zinsen, der im ersten Rechtszug stattgegeben wurde und wodurch die Klägerin mit Kosten von insgesamt 20.234,60 € belastet wurde. Die durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegte Berufung wurde aufgrund des Vergleichs zurückgenommen, wodurch dieser weitere Kosten von insgesamt 9.990,98 € entstanden.

Gegenüber diesen Klagen wandte der Beklagte im Wesentlichen ein, dass der Widerspruchsbescheid nicht zu Lasten der Klägerin wirke; Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Ansprüche des Berechtigten erhob er nicht, etwaige Gegenansprüche der Klägerin machte er nicht geltend. Im Jahr 2005 beriet der Beklagte die Klägerin zudem hinsichtlich eines möglichen Verkaufs des Ärztehauses und in einer gesellschaftsrechtlichen Angelegenheit, was diese jenem mit 11.603,25 € und 563,06 € vergütete.

Daneben hat der Berechtigte verschiedene Mieter des Ärztehauses unmittelbar gerichtlich auf Mietzahlung in Anspruch genommen, deren Prozesskosten von 3.809,75 € und 1.340,63 € von der Klägerin übernommen wurden.

Im Oktober 2006 entzog die Klägerin dem Beklagten das Mandat und beauftragte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Rechte. Diese fochten den Widerspruchsbescheid namens der Klägerin Anfang November 2006 durch Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam an. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich. In dem Vergleich vom 10. September 2007 verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von 990.000,00 € an den Berechtigten, trat mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten jeweils zur Hälfte an den Berechtigten €an Erfüllungs statt€ ab, zu deren Geltendmachung sie der Berechtigte ermächtigte und sich die Klägerin einschließlich der bei ihr verbliebenen hälftigen Schadensersatzansprüche verpflichtete, und verpflichtete sich die Klägerin, €die Hälfte des Betrags, den sie aufgrund dieser Schadensersatzansprüche erhält€, an den Berechtigten zu zahlen. Im Gegenzug erkannten LARoV und Berechtigter an, dass die Grundstücke, soweit nicht im Zuge des Investitionsvorrangverfahrens an den Berechtigten veräußert, im Eigentum der Klägerin stehen, indem das Amt den Widerspruchsbescheid insoweit aufhob und der Berechtigte seinen Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid insoweit zurücknahm. Die an den Berechtigten veräußerten Teilflächen sollten bei diesem verbleiben. Weiter einigten sich Klägerin und Berechtigter darüber, dass die Mieten der Klägerin zustehen; die noch hinterlegten Mieten gab der Berechtigte frei. Ferner verpflichteten sich Klägerin und Berechtigter, in den noch anhängigen Rechtstreiten die Klagen und Rechtsmittel unter jeweiligem Verzicht auf Kostenanträge zurückzunehmen; der Berechtigte verzichtete auf seine Rechte aus dem nach Berufungsrücknahme rechtskräftigen Urteil betreffend die Herausgabe von 618.771,30 €. Schließlich übernahm die Klägerin die Gerichtskosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die Kosten des Vergleichs. Dem Vergleich legte die Klägerin einen Wert der Grundstücke in unbebautem Zustand von 142.197,00 € und einen Ertragswert des Ärztehauses von 550.000,00 € zugrunde. Die bei der Klägerin verbliebenen Verfahrens- und Vergleichskosten belaufen sich auf insgesamt 11.680,96 €. Zwei im Jahre 2006 von dem Berechtigten erhobene Klagen auf Freigabe hinterlegter Mieten und Feststellung seines Eigentums endeten durch Klagerücknahme, wodurch die Klägerin aufgrund des Verzichts auf ihren prozessualen Kostenerstattungsanspruch mit weiteren Kosten von 5.913,80 € und 3.822,88 € belastet wurde.

Die Klägerin legt dem Beklagten zur Last, das Eigentum an den Grundstücken dadurch verloren zu haben, dass dieser den Widerspruchsbescheid nicht zeitnah vor dem Verwaltungsgericht angefochten habe, im Falle der Nichtanfechtbarkeit des Bescheids ihre Alleingesellschafterin nicht in unverjährter Zeit für die in der Restitution liegenden Rechtsmängel haftbar gemacht zu haben und hilfsweise ungeeignete Rechtsbehelfe erhoben, dagegen beachtliche Einwendungen und Gegenrechte gegen die Herausgabeansprüche des Berechtigten nicht eingeredet zu haben. Die Klägerin hat ihren durch die beiden erstbeklagten Pflichtverletzungen entstandenen Schaden nach Klageerweiterung im ersten Rechtszug mit insgesamt 1.904.134,43 € beziffert. Dieser Bezifferung hat sie den gesamten € einschließlich des an den Berechtigten im Vergleich teilzedierten Teils € ihres Erachtens gegebenen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zugrunde gelegt und der Gesamtforderung den von ihr zum Nominalwert bewerteten zedierten Teilanspruch zugesetzt (1.309.616,32 + [1.309.616,32 : 2 =] 654.808,16). Da dieser Schaden (1.964.424,48 €) den mit 1.904.134,43 € zu beziffernden Schaden, den sie ohne Abschluss des Vergleichs erlitten hätte, übersteige, beschränke sich der Schadensersatzanspruch auf 1.904.134,43 €. Entsprechend sei der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu beziffern, der sich einschließlich des teilzedierten Teils auf 521.508,67 € und deshalb zuzüglich dieses Teils (521.508,67 + [521.508,67 : 2 =] 260.754,34 =) 782.263,01 € belaufe (zur Schadensberechnung im Einzelnen S. 14 ff. des Schriftsatzes vom 20. Januar 2009, 162 ff. GA).

Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass der beklagte Schaden dadurch verursacht worden sei, dass der Beklagte den Widerspruchsbescheid nicht angefochten habe, der die Klägerin schon deshalb rechtswidrig in ihren Rechten verletzt habe, weil diese das Eigentum aufgrund der erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung restitutionsfest erworben habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 21. Oktober 2009 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 10. November 2009 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21. Januar 2010 am 6. Januar 2010 begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.

Der Beklagte rügt zunächst die Zulässigkeit der Klage. Weder sei das Verhältnis der verschiedenen Klagegründe hinreichend bestimmt noch seien die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft bezüglich des an den Berechtigten abgetretenen Teils der Schadensersatzforderung ersichtlich. In der Sache behauptet der Beklagte, dass er mit der Klägerin bei Mandatsbeendigung überein gekommen sei, dass etwaige Schadensersatzansprüche gegen ihn nicht bestünden und nicht geltend gemacht würden. Ferner meint der Beklagte, dass der Anwaltsvertrag keine Pflicht zur Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid begründet habe. Davon abgesehen habe sich die Klägerin bewusst gegen die Erhebung einer solchen Klage entschieden, nachdem die Stadt € mit einer nämlichen Klage gescheitert sei. Im Übrigen wäre die Klägerin gesellschaftsvertraglich verpflichtet gewesen, hierzu das Einverständnis ihrer Alleingesellschafterin und ihres Aufsichtsrats einzuholen, das angesichts des Ausgangs des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Jahre 2000 nicht erteilt worden wäre. Weiterhin hätte eine solche Klage schon wegen stillschweigenden Verzichts auf das und Verwirkung des Anfechtungsrechts keinen Erfolg gehabt. Jedenfalls in der Sache wäre eine Anfechtungsklage abgewiesen worden, da die Voraussetzungen für eine Enteignung nach § 12 Baulandgesetz aller vier Grundstücke nur vorgeschoben gewesen seien, zumal kein Wohnkomplex, sondern ein Ärztehaus geplant und errichtet worden sei. Zudem sei die Erbengemeinschaft für den Eigentumsverlust diskriminierend gering entschädigt worden. Auf die erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie die Grundstücke nicht durch Verkehrsgeschäft erworben habe. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin aufgrund des Vergleichs mehr erhalten (Grundstücke, Ärztehaus und Mieteinnahmen), als sie an den Berechtigten gezahlt habe. Weiterhin hätte die Klägerin die Stadt € schon deshalb nicht wegen Rechtsmängeln haftbar gemacht, weil sie jener gehört habe. Soweit die Klägerin dem Beklagten hilfsweise Fehler bei der Rechtsverfolgung vorwerfe, seien diese Maßnahmen im Hinblick auf den von dieser beabsichtigten Vergleich taktisch motiviert gewesen. Endlich erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 5. Januar 2010 (398 GA), 7. November 2011 (724 GA) und 29. Dezember 2011 (788 GA) verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin, der keine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt worden ist, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 1.939.019,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.309.616,32 € seit dem 18. Januar 2008, aus weiteren 594.518,11 € seit dem 16. Juni 2009 sowie aus weiteren 34.884,97 € seit dem 18. November 2011 zu zahlen

und hilfsweise € für den Fall der Teilunschlüssigkeit der Leistungsklage mangels Bezifferbarkeit des Werts der an den Berechtigten im Vergleich teilzedierten Teils der Schadensersatzforderung € festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als weiteren Schaden die Hälfte des Betrages zu bezahlen, den die Klägerin von ihm aufgrund dieses Urteils erhält.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil zunächst unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens (im Einzelnen Schriftsatz vom 17. März 2010, 489 GA). Auf Hinweisbeschluss des Senats vom 7. Juli 2011 (548 GA) hat sie die Klage im Wege der Anschlussberufung erweitert. Dazu trägt die Klägerin vor: Der im Wege der Anschlussberufung klageerweiternd geltend gemachte Betrag von 34.884,97 € sei aufgrund eines Übertragungs- bzw. Berechnungsfehlers nicht in der ursprünglichen Klageforderung enthalten gewesen. Die nunmehr verlangten 1.939.019,40 € machten € wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2012 klargestellt hat € ihren Gesamtschaden aus. Bezüglich des an den Berechtigten abgetretenen Teils der Schadensersatzforderung ergebe sich ihr rechtsschutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung des fremden Rechts im eigenen Namen daraus, dass sie sich in dem Vergleich gegenüber dem Berechtigten zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Forderung verpflichtet habe. Für den Fall, dass der Senat die Zulässigkeit der Prozessstandschaft gleichwohl verneine, habe sie sich den abgetretenen Teil der Klageforderung rückabtreten lassen, worauf die Klage hilfsweise gestützt werde. Weiterhin hält die Klägerin daran fest, dass der ihr selbst infolge der Zession an den Berechtigten entstandene Schaden dem Nominalwert des zedierten Teilanspruchs entspreche. Für den Fall, dass der Senat nicht folge, werde der Feststellungsantrag zur Entscheidung gestellt. Im Übrigen ergänzt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen zum ersten (Nichtanfechtung des Widerspruchsbescheids) und dem dritten Klagegrund (Fehler bei der Rechtsverteidigung gegenüber den Herausgabeansprüchen des Berechtigten). Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 8. November 2011 (728 GA) Bezug genommen.

Der Beklagte rügt die Zulässigkeit von Anschlussberufung und Klageerweiterung und beantragt,

die Anschlussberufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise durch Abweisung der erweiterten Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Der Streithelfer der Klägerin, ihr damaliger Geschäftsführer, hat im ersten Rechtszug wie sie beantragt und sich im zweiten Rechtszug nicht beteiligt.

II.

A.

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Der Klägerin ist keine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt worden, weil der Beklagte die Berufungsbegründung selbst zugestellt hat. Anschlussberufung konnte daher zulässig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingelegt werden (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO; BGH NJW 2009, 515, juris Rdnr. 7). Die Rüge der Zulässigkeit der Anschlussberufung, die der Beklagte unter Hinweis auf die Schließung der mündlichen Verhandlung gemäß § 136 Abs. 4 ZPO erhebt, geht fehl, weil Verhandlung im Sinne dieser Vorschrift den einzelnen Verhandlungstermin, nicht die ggf. aus mehreren Terminen gebildete einheitliche mündliche Verhandlung meint (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2005, § 136 Rdnr. 11). In der Sache hat nur das Rechtsmittel des Beklagten (teilweise) Erfolg.

B.

I. Die Klage ist auch i. d. F. der Klageerweiterung zulässig.

Zur Begründung der Klageerweiterung werden neue Tatsachen nicht vorgetragen (§ 533 Nr. 2 ZPO). Sachdienlichkeit der Klageerweiterung (§ 533 Nr. 1 ZPO) ist zu bejahen, weil der bisherige Streitstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und ihre Zulassung die endgültige Beilegung des Streits fördert und einen neuen Prozess vermeidet, nachdem die Klägerin im Verhandlungstermin vom 16. August 2012 klargestellt hat, mit der erweiterten Klage den gesamten von ihr beklagten Schaden geltend zu machen. Damit sind zugleich die unter dem Gesichtspunkt einer nicht gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Teilklage geäußerten Zulässigkeitsbedenken des Senats (Beschluss vom 7. Juli 2011) hinfällig.

Der Streitgegenstand ist auch im Hinblick auf die verschiedenen Klagegründe hinreichend bestimmt. In der Konsequenz des zweigliedrigen Streitgegenstandbegriffs, wonach der Streitgegenstand sowohl durch den Antrag als auch den zu seiner Begründung angeführten Lebenssachverhalt bestimmt wird, liegt es zwar, in der alternativen Begründung eines Klageantrags eine unzulässige alternative Klagehäufung zu sehen (so u. a. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 260 Rdnr. 5). Auch nach dieser Auffassung ist die Klage indessen hinreichend bestimmt. Denn ausweislich der Berufungserwiderung (dort S. 27, 515 GA) soll die Klage €vorsorglich€ auf die unterlassene Geltendmachung der Rechtsmängelhaftung gegenüber der Stadt € gestützt werden. Die Alternativbegründungen stehen damit zulässigerweise im Eventualverhältnis. Über diese zweite Begründung der Klage soll nur befunden werden, wenn die Nichtanfechtung des die Rückübertragung verfügenden Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 1996 das Klagebegehren nicht trägt. Bereits im ersten Rechtszug hat die Klägerin ihre Klage weiter hilfsweise darauf gestützt, dass der Beklagte ungeeignete Rechtsbehelfe erhoben und beachtliche Einwendungen und Gegenrechte gegen die Herausgabeansprüche des Berechtigten nicht eingeredet habe.

Schließlich kann die Klägerin den an den Berechtigten zedierten Teil ihrer Schadensersatzforderung im Wege gewillkürter Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend machen, zu dessen Geltendmachung dieser jene in dem Vergleich ermächtigte und sich jene gegenüber diesem verpflichtete. Zu Unrecht leugnet der Beklagte ein rechtliches Eigeninteresse der Klägerin an der Prozessstandschaft mit der Begründung, dass die Abtretung €erfüllungshalber€ erfolgt sei (richtig und gemeint ist wohl: €an Erfüllungs statt€, da bei einer Abtretung €erfüllungshalber€ das rechtliche Eigeninteresse der Klägerin unzweifelhaft vorläge, § 364 Abs. 2 BGB). Dem hält die Klägerin entgegen, dass die Abtretung €an Erfüllungs statt€ erfolgt sei, was zwar dem Vergleichstext entspricht, aber eben für sich (§ 364 Abs. 1 BGB) gerade kein Eigeninteresse an der Rechtsverfolgung zu begründen vermag. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ihr rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse auch nicht allein damit begründen, dass sie sich bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Geltendmachung des zedierten Forderungsteils dem Berechtigten gegenüber schadensersatzpflichtig machen würde, da eine solche Schadensersatzpflicht grundsätzlich die Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder jedenfalls die verschuldete Unkenntnis ihrer Unzulässigkeit (§ 311a Abs. 2 Satz 2 BGB) voraussetzt. Indessen ergibt sich ein rechtliches Eigeninteresse der Klägerin an der Geltendmachung des dem Berechtigten gehörenden Anspruchsteils daraus, dass die Entscheidung über das fremde Recht insoweit Einfluss auf die eigene Rechtslage hat (vgl. zu diesem Kriterium BGH NJW 2009, 1213, juris Rdnr. 21 m. w. Nachw.), als der Berechtigte in diesem Punkt mangels einer solchen Entscheidung eine ergänzende Auslegung des Vergleichs verlangen könnte, weil beide Seiten ersichtlich von der Zulässigkeit der Prozessstandschaft ausgegangen sind. Davon abgesehen umfasst die mit dem Vergleich gegenüber dem Berechtigten begründete Auskehrverpflichtung unterschiedslos eigenes wie fremdes Forderungsrecht. Infolgedessen hängt die Höhe dessen, was die Klägerin von dem behalten darf, das sie aufgrund dieses Urteils erstreitet, notwendig an der Höhe der auf eigene und fremde Forderung gestützten Klage. Der Beklagte wird durch die Prozessführung der Klägerin hinsichtlich der abgetretenen Teilforderung auch nicht unbillig benachteiligt. Die Frage, ob die Klägerin die an den Berechtigten abgetretene Teilforderung in eigenem Namen liquidieren und zugleich als eigenen Schaden geltend machen kann, betrifft nicht die Prozessführung, sondern die Schadenskausalität.

II. Die Klage ist nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Der Beklagte ist der Klägerin nicht aufgrund der Nichtanfechtung des die Rückgabe der Grundstücke verfügenden Widerspruchsbescheids schadensersatzpflichtig, selbst wenn dessen Anfechtung erfolgversprechend gewesen wäre und der Beklagte deswegen zu ihr hätte raten müssen (unten a, b). Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass die Klägerin einem solchen Rat des Beklagten gefolgt wäre (unten c).

a) Die Klägerin hat dem Beklagten dadurch ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages (§ 675 Abs. 1 BGB) unterbreitet, dass sie diesem mit Schreiben vom 15. Mai 2001 eine Prozessvollmacht übersandte, die den Streitgegenstand wenigstens schlagwortartig durch Bezeichnung der gegnerischen Partei und die postalische Benennung der Liegenschaften umriss. Der Beklagte hat dieses Angebot dadurch angenommen (§ 151 BGB), dass er mit Schreiben vom 22. Mai 2001 entsprechende Grundbuchauszüge anforderte. Bereits aus diesem Schreiben wird deutlich, wie der Beklagte seinen Auftrag verstanden hat (§ 133 BGB): Er sollte nach seinen eigenen Worten einen Grundbuchberichtigungsanspruch und damit das Eigentum der Klägerin an den auf die Erbengemeinschaft umgetragenen Grundstücken geltend machen. Dieses Verständnis des Beklagten vom Inhalt seines Auftrags wird durch seine nachfolgenden Tätigkeiten belegt. In den von ihm für die Klägerin geführten Aktiv- und Passivprozessen machte er durchweg geltend, dass die Klägerin das Eigentum an den Grundstücken nicht durch den die Rückübertragung verfügenden Widerspruchsbescheid des LARoV vom 4. Oktober 1996 verloren habe (z. B. Urteil des 11. Zivilsenat des BbgOLG v. 6. September 2005 € 11 U 25/05, Anlage K 62). Zum Erhalt bzw. zur Wiedererlangung des Grundeigentums der Klägerin hat der Beklagte deshalb bis zum Bundesverfassungsgericht €durchgeklagt€.

b) Zur Bewahrung bzw. zur Wiedererlangung des Eigentums der Klägerin an den rückübertragenen Grundstücken war der Beklagte nicht (nur) gehalten, sich zivilrechtlich, und wegen der Tatbestandswirkung des Widerspruchsbescheids letztlich ohne Erfolgsaussicht, gegen den Eigentumsverlust zu wehren, sondern (auch) dessen maßgebliche Bedingung in Gestalt des Widerspruchbescheids anzugreifen, falls dessen Anfechtung erfolgversprechend gewesen wäre. Denn die in dem Widerspruchsbescheid enthaltene Rückübertragungsverfügung gestaltete die Privatrechtslage mit Unanfechtbarkeit unmittelbar um (§§ 18a, 34 Abs. 1 Nr. 1 VermG; BGHZ 132, 306, juris Rdnr. 10 ff.). Diese Tatbestandswirkung setzt nicht voraus, dass der Rückübertragungsbescheid allen Adressaten oder Betroffenen gegenüber wirksam geworden ist. Bei der Tatbestandswirkung geht es nicht um eine Bindung kraft Beteiligung am Verwaltungsverfahren, sondern darum, dass ein Bescheid als staatlicher Hoheitsakt mit dem von ihm in Anspruch genommenen Inhalt von allen rechtsanwendenden Stellen (Behörden und Gerichte, letztere soweit sie nicht zur Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen den Bescheid berufen sind) zu beachten und eigenen Entscheidungen zugrunde zu legen ist. Hierfür genügt es, dass der Bescheid überhaupt existent geworden, also den Innenbereich der Verwaltung verlassen hat. Dies ist der Fall, wenn er einem von mehreren Adressaten oder Betroffenen bekannt gegeben worden ist. Mit diesem Zeitpunkt tritt die Selbstbindung der Behörde an den erlassenen Bescheid ein. Ihr Gegenstück ist die Tatbestandswirkung für Entscheidungen, die andere Behörden und die Gerichte zu treffen haben (zum Ganzen BGH NJW 1998, 3055, juris Rdnr. 15 ff.).

Soweit der Beklagte unter Zeugenbeweisantritt des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Klägerin vorträgt, dass er in mehreren Aufsichtsratssitzungen auf die Möglichkeit einer €verwaltungsgerichtlichen Klage wegen Nichtbeteiligung im Widerspruchs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren€ hingewiesen habe, ist dieses Vorbringen (208 ff., 411 GA) nicht hinreichend substantiiert (so auch schon - einen Senatshinweis insoweit erübrigend - die Klägerin S. 8 der Berufungserwiderung, 496 GA). Nachdem die Klägerin die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen mit Beteiligung des Beklagten beigebracht hat, hätte diesem zudem die Benennung der Sitzungen oblegen, in denen er die Klägerin über die Anfechtungsmöglichkeit belehrt haben will. Zugunsten der Klägerin ist mithin davon auszugehen, dass der Beklagte ihr nicht zu einer Anfechtung des Widerspruchsbescheids geraten hat.

c) Obwohl die Klägerin dem Rat des Beklagten, wie die Vielzahl der von diesem betriebenen Verfahren und eingelegten Rechtsmittel und -behelfe, darunter unzulässige Nichtzulassungsbeschwerden und eine Verfassungsbeschwerde, belegt, durchweg gefolgt ist, um den Verlust des Eigentums an den Grundstücken abzuwenden, ist nicht i. S. v. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin auch einer Empfehlung zur Anfechtung des Widerspruchbescheids Folge geleistet hätte. Da sich die haftungsbegründende Kausalität bei Vertragsverletzungen ohne Verletzung eines absoluten Rechtsguts in der Pflichtverletzung erschöpft (so für den Anwaltsvertrag ausdrücklich Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftung, 3. Aufl. 2009, § 25 Rn. 20), zählt die Frage, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung des Rechtsanwalts verhalten hätte, zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat. Demnach reicht für die richterliche Überzeugungsbildung eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit. Das wirkt sich auch auf die Darlegungslast des Geschädigten aus. Es genügt, dass er Tatsachen vorträgt und ggf. unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten. An die Darlegung eines hypothetischen Geschehens dürfen dabei keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (BGH NJW-RR 2006, 923, juris Rdnr. 25 m. w. Nachw.).

Hiernach bietet die Rechtsverfolgung und -erteidigung der Klägerin gegenüber dem Berechtigten zwar für sich betrachtet einen ausreichenden greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass jene auch einem Rat des Beklagten zur Anfechtung des Widerspruchbescheids gefolgt wäre. Die dem beratungskonformen prozessualen Vorverhalten der Klägerin zukommende starke Indizwirkung wird aber durch das jedenfalls nicht minder gewichtige Indiz aufgewogen, dass ihre Alleingesellschafterin, die Stadt €, das von ihr gegen den Widerspruchsbescheid angestrengte Klageverfahren nicht weiter betrieb, so dass das Verwaltungsgericht Potsdam im April 2000 beschloss, dass die Klage mangels Betreibung des Verfahrens als zurückgenommen gilt. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, als ihre Alleingesellschafterin sowohl in ihrer Eigenschaft als von der Enteignung begünstigte Gebietskörperschaft als auch in zeitlicher Hinsicht über genauere, belastbarere und besser belegbare Kenntnisse des Enteignungsgeschehens verfügen musste als die Klägerin, die diese Kenntnisse nur insoweit haben konnte, als sie ihr durch jene vermittelt wurden. Das betrifft insbesondere die vom Verwaltungsgericht verlangten Planungs- und Baudurchführungsunterlagen zum Beleg der Voraussetzungen eines komplexen Wohnungsbaus, die aus der Zeit vor Gründung der Klägerin stammen. So erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb die Stadt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht wenigstens diejenigen, von ihr selbst stammenden Urkunden vorgelegt hat, die die Klägerin hier zum Beleg einer zulässigen Enteignung gemäß § 12 BaulandG-DDR beigebracht hat (Begründung für die Inanspruchnahme der Grundstücke aus Mai 1989, Anlage K 109, 770 GA; Antrag auf Entscheidung nach dem Baulandgesetz aus April 1989, Anlage K 110, 771 GA). Gerade wenn € wie die Klägerin meint € die Voraussetzungen für €die fingierte Rücknahme der Klage € offensichtlich überhaupt nicht gegeben€ waren (747 GA), wäre umso erklärungsbedürftiger, weshalb die Stadt € es dabei hat bewenden lassen. Bei dieser Sachlage erscheint es zumindest fernliegend, wenn nicht nahezu widersprüchlich, dass der von der Gesellschafterversammlung, also der Stadt €, beherrschte Aussichtsrat (§ 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 23. März 1991, Anlage K 10) der Erhebung einer gleichlautenden Anfechtungsklage durch die Klägerin zugestimmt hätte, wie es nach § 9 Abs. 2 Buchst. c) des Gesellschaftsvertrages erforderlich gewesen wäre. Jedenfalls im Hinblick auf die vor dem Verwaltungsgericht Potsdam streitigen Punkte (Restitutionstatbestand nach § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG, Ausschluss der Rückübertragung nach § 5 Abs. 1 Buchst. c VermG) lässt sich somit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür feststellen, dass die Klägerin eine Anfechtungsklage erhoben hätte, mit der ihre Alleingesellschafterin zuvor scheiterte. Näher liegt vielmehr, dass die Klägerin, worauf auch ihre mit Schreiben vom 24. März 1997 (254 GA) bekundete Absicht hindeutet, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts abwartend zu verbleiben, es insoweit (Restitutionstatbestand, Ausschluss der Rückübertragung) bei dem Ausgang dieses Rechtsstreits bewenden gelassen hätte.

Eine andere Beurteilung wäre allerdings veranlasst, wenn die Klägerin den Widerspruchsbescheid unbeschadet der im Verwaltungsgerichtsprozess ihrer Alleingesellschafterin verhandelten Punkte mit Erfolg hätte anfechten können. Eine solche Anfechtungsmöglichkeit hat das Landgericht aufgrund der erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung bejaht.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar erlischt der Restitutionsanspruch, wenn über das Eigentum an dem restitutionsbefangenen Vermögensgegenstand wirksam verfügt worden ist, da die Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG aus Gründen der Investitionsförderung und der Sicherheit des Grundstücksverkehrs nicht als gesetzliches Verbot, sondern lediglich als schuldrechtliche Verpflichtung im Innenverhältnis zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten ausgestaltet ist (BVerwG ZOV 1997, 433, juris Rdnr. 8 f. unter Verweis auf BT-Drucks. 11/7831, S. 5). Dementsprechend stehen die Rücknahme, der Widerruf oder die sonstige Aufhebung einer nach § 2 GVO erforderlichen Genehmigung der Wirksamkeit des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts nicht entgegen, wenn in dessen Vollzug die Grundstücksumschreibung erfolgt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 GVO); in diesen Fällen ist der Erwerber (lediglich) schuldrechtlich verpflichtet, dem Verfügungsberechtigten das Grundstück zurückzuübereignen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GVO). Da der schuldrechtlichen Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG eine quasi-dingliche Wirkung erst aufgrund des Genehmigungsvorbehalts in §§ 1, 2 GVO zukommt, hängt die Wirksamkeit der Verfügung entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht von den weiteren Voraussetzungen des § 892 BGB ab. Dem Berechtigten stand gegen die Klägerin jedoch ein auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zu. Dieser Anspruch hätte einer auf die erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung gestützten Anfechtung der Rückübertragungsverfügung durch die Klägerin nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen entgegen gehalten werden können (§ 242 BGB; dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est). Denn die Klägerin hatte über ihre Organe, neben der Gesellschafterversammlung in Sonderheit den Vorsitzenden ihres Aufsichtsrats, d. h. den Bürgermeister der Stadt € (§§ 5, 8 Abs. 1 und 4 des Gesellschaftsvertrages, Anlage K 10) Kenntnis von der Anmeldebelastung der Grundstücke. Daraus lässt sich auf kollusives Zusammenwirken zwischen der Verfügungsberechtigten und der Klägerin zum Nachteil des Berechtigten schließen (vgl. OLG Dresden VIZ 2003, 429, juris Rdnr. 18 m. w. Nachw.). Ein gemäß § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtendes kollusives Zusammenwirken liegt bereits dann vor, wenn dem Verfügungsberechtigten und dessen Vertragspartner bei Vornahme des dinglichen Rechtsgeschäfts die Restitutionsanmeldung bekannt war; weitere Umstände für eine Sittenwidrigkeit müssen nicht vorliegen (OLG Dresden a. a. O., juris Rdnr. 19). Ob die Stadt € und die Klägerin beabsichtigten, die anmeldebelasteten Grundstücke €nicht mit ihrer gesamten Fläche, sondern nur mit einer geringeren Teilfläche zu übertragen€, ist unerheblich (so Klägerin 744 GA). Denn offenbar ist die Grundstücksverkehrsgenehmigung für die Gesamtgrundstücke beantragt worden; davon muss jedenfalls mangels Antragsvorlage durch die Klägerin ausgegangen werden. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass die Verfügungsberechtigte, wie die Klägerin behauptet, €seinerzeit davon ausgegangen (sei), dass nur die Teilflächen € von dem vermögensrechtlichen Anspruch betroffen seien€. Davon abgesehen würde auch die Übertragung der bekanntermaßen anmeldebelasteten €Teilflächen€, bei denen es sich zudem nicht um Grundstücke im Rechtssinne handelte, die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens tragen. Dieser Bewertung steht ferner nicht entgegen, dass eine Grundstücksverkehrsgenehmigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO auch bezüglich anmeldebelasteter Grundstücke erteilt werden kann, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 17. August 1992 auf dieser Grundlage erteilt wurde. Damit kann auch in der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung kein greifbarer Anhaltspunkt dafür gesehen werden, dass die Klägerin den Widerspruchsbescheid angefochten hätte.

Es kann auf sich beruhen, ob der Klägerin eine Anscheinsvermutung beratungsgerechten Verhaltens zugute kommt oder ob ein typischer Lebensverhalt, der diese Vermutung rechtfertigt, in Anbetracht der vorbezeichneten Umstände verneint werden muss. Jedenfalls wäre die Vermutung aufgrund dieser Umstände erschüttert, da sich aus ihnen € wie gezeigt € die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass die Klägerin einem Rat des Beklagten zur Erhebung einer Anfechtungsklage nicht gefolgt wäre.

d) Infolgedessen kann unentschieden bleiben, ob die Klägerin den Widerspruchsbescheid noch (Verwirkungseinrede) mangels Vorliegen eines Restitutionstatbestandes oder eines Ausschlusses der Rückübertragung mit Erfolg hätte anfechten können.

2. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte ihr nicht zugeraten hat, ihre Alleingesellschafterin für Rechtsmängel haftbar zu machen. Insoweit fehlt es bereits an der Verletzung einer Pflicht aus dem Anwaltsvertrag. Die Stadt € hat zwar in Ziff. VI. 2. des Einbringungsvertrags vom 25. März 1992 die Haftung für den Übergang des Eigentums an den Grundstücken auf die Klägerin übernommen (180 GA). Sowohl das Beauftragungsschreiben vom 15. Mai 2001 als auch die dem Beklagten erteilte Prozessvollmacht beziehen sich jedoch ausschließlich auf die Erbengemeinschaft.

Hängt die Frage, ob der Anwalt ihm obliegende Pflichten verletzt hat, davon ab, welchen Umfang das ihm erteilte Mandat hatte, ist der Mandant deshalb auch für den erteilten Auftrag beweispflichtig. Dabei stellt das eingeschränkte Mandat keine Ausnahme zum Regelfall des unbeschränkten Mandats dar. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass der Mandant regelmäßig ein umfassendes, nach Grund und Höhe unbeschränktes Mandat erteilt. Wegen zweifelhafter Erfolgsaussichten, aus Kostengründen oder aber deshalb, weil nur einzelne Teile eines komplexen Sachverhalts überhaupt streitig sind, ist es ebenso wahrscheinlich, dass der Mandant den Anwalt von vornherein nur wegen einzelner Ansprüche, eines der in Betracht kommenden Anspruchsgegner oder eines Teils des für gerechtfertigt gehaltenen Anspruchs beauftragt (BGH NJW 2006, 3496, juris Rdnr. 7 m. w. Nachw.).

Nichts anderes gilt, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen einer Gesellschaft gegen ihren Alleingesellschafter in Frage steht. Hier mag es aus Gründen wirtschaftlicher Identität angezeigt sein, von einer Rechtsverfolgung gegenüber dem Alleingesellschafter abzusehen. Dies umso mehr, wenn dem von der Gesellschafterversammlung beherrschten Aufsichtsrat der Gesellschaft vorbehalten war, über die Einleitung und Durchführung dieser Rechtsstreitigkeit zu beschließen (§ 9 Abs. 2 c des Gesellschaftsvertrages vom 23. März 1991, Anlage K 10). Vor diesem Hintergrund hätte es der Klägerin oblegen, konkrete Umstände vorzutragen, die den Schluss darauf zulassen, dass eine Beauftragung des Beklagten durch die Klägerin auch im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen gegenüber ihrer Alleingesellschafterin gewollt war (§ 133 BGB). Jedenfalls durfte der Beklagte in Ermangelung anderweitiger Umstände aus einem nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gemäß § 157 BGB verobjektivierten Empfängerhorizont davon ausgehen, dass ihm mit dem Beauftragungsschreiben und der Erteilung einer Prozessvollmacht, in denen die Erbengemeinschaft genannt ist, die der Klägerin das Eigentum an den Grundstücken streitig machte, nicht die Geltendmachung der Rechtsmängelhaftung der Stadt € angetragen wurde.

3. Die Klägerin kann gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch daraus herleiten, dass dieser beachtliche Einwendungen und Gegenrechte gegen die Herausgabeansprüche des Berechtigten nicht eingeredet hat. Soweit die Klägerin dem Beklagten zu Recht Fehler bei der Rechtsverteidigung zur Last legt (unten a), hat sie keine dauerhafte Vermögenseinbuße erlitten. Aufgrund des mit dem Berechtigten abgeschlossenen Vergleichs steht die Klägerin nämlich besser, als wenn sie die Herausgabeansprüche des Berechtigten befriedigt und den ihr entstandenen Schaden bei dem Beklagten, soweit dieser sich ihr gegenüber haftbar gemacht hat, liquidiert hätte (unten b).

a) Der Beklagte hat es zunächst nicht pflichtwidrig unterlassen, die Passivlegitimation der Klägerin zu rügen, soweit der Berechtigte auf Herausgabe der bis zur Bestandskraft des Widerspruchbescheids gezogenen Nutzungen klagte. Der Herausgabeanspruch findet seine Grundlage in § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG. Anspruchsverpflichtet ist der Verfügungsberechtigte. Dies war die Klägerin. Die Klägerin war nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 3 Satz 1, Alt. 3 VermG Verfügungsberechtigte, weil sie Eigentümerin der Grundstücke war (vgl. BGH ZOV 2010, 19, juris Rdnr. 4); § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG erschöpft sich in der Regelung der Fälligkeit. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Begrifflichkeit des § 7 Abs. 2 GVO mit der Abgrenzung von Verfügungsberechtigtem und Erwerber des Grundstücks für das VermG nicht maßgeblich. Es besteht auch kein Regelungsbedarf praeter legem, den Begriff des Verfügungsberechtigten i. S. d. VermG teleologisch auf den des § 7 Abs. 2 GVO zu reduzieren. Die Klägerin übersieht, dass sich der Berechtigte schon deshalb nicht an die i. S. v. § 7 Abs. 2 GVO verfügungsberechtigte Stadt € halten konnte, weil dieser nach Eigentumsübergang auf die Klägerin keine Entgelte nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG zustanden.

Dagegen hätte der Beklagte, da der Herausgabeanspruch nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG, wie sich aus dem impliziten Verweis (€Dies gilt nicht €€) auf Satz 1 ergibt, auf die €gezogenen Nutzungen€ beschränkt ist, einwenden müssen, dass die vereinnahmten Ist-Mieten um 9.020,04 € hinter den herausverlangten Soll-Mieten zurückblieben. Sofern dem Beklagten diese Information nicht unaufgefordert von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden sein sollte, hätte er sie erfragen müssen. Weiterhin hat der Beklagte pflichtwidrig unterlassen, mit den in § 7 Abs. 7 Satz 4 VermG genannten Kosten aufzurechnen, die die Klägerin mit 76.625,59 € beziffert hat. Nachdem die Klägerin diese Kosten durch Beibringung entsprechender Kostenaufstellungen (Anlagen K 56-58) detailliert und substantiiert hat, konnte der Beklagte die Kosten nicht mehr erheblich (§ 138 Abs. 2 ZPO) pauschal bestreiten. Sofern dem Beklagten diese Informationen nicht unaufgefordert von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden sein sollten, hätte er sie wiederum erfragen müssen.

Die Voraussetzungen für einen vermögensrechtlichen Verwendungsersatzanspruch gegen den Berechtigten lassen sich dem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, welche Rechtspflicht die Klägerin mit dem Eintritt in den zwischen der Stadt € und der M€ GmbH geschlossenen Bauvertrag erfüllt haben will. Der nach Stellung des Rückübertragungsantrags vom 11. September 1990 erfolgte Vertragseintritt mag Rechtspflichten der Klägerin begründet haben, erfolgte aber nicht zur Erfüllung von Rechtspflichten i. S. v. § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a), Satz 4 VermG (so aber Klägerin 755 GA). Ob die spezielleren Vorschriften des VermG andere Anspruchsgrundlagen für die Erstattung von Aufwendungen verdrängen, ist höchstrichterlich, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden (vgl. BGH ZOV 2003, 324, juris Rdnr. 14). Die Anwendbarkeit sonstiger Anspruchsgrundlagen zugunsten der Klägerin unterstellt, sprechen die Wertung des § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 GVO und die das Bereicherungsrecht beherrschenden Billigkeitsgesichtspunkte einerseits dafür, dass der Berechtigte mit dem Ärztehaus etwas auf deren Kosten i. S. v. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erlangt hat, während sich die Klägerin andererseits entgegenhalten lassen muss, dass sie aufgrund der Umstände ihres Zusammenwirkens mit der Stadt € (oben 1 c) nicht besser stehen kann als diese, der der Rechtsgedanke des § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 GVO nicht zugute käme. Letztlich kann auch der Senat die Frage der Anwendbarkeit sonstiger Anspruchsgrundlagen für Verwendungsersatz und der Erfüllung ihrer Voraussetzungen im Streitfall dahinstehen lassen, weil der Klägerin auch unter Zubilligung eines Verwendungsersatzspruchs in Höhe der geltend gemachten 550.000,00 €, den der Beklagte in diesem Falle wegen des Aufrechnungsverbots in § 7 Abs. 7 Satz 4 VermG in unverjährter Zeit (wider-)klageweise hätte geltend machen müssen, kein bleibender Schaden entstanden wäre.

b) Auf Grundlage der von der Klägerin bei ihrer Schadensberechnung mitgeteilten Wertansätze (Schriftsätze v. 8. November 2011, S. 32 ff., 759 ff. GA, und 20. Januar 2009, S. 17 ff., 165 ff. GA) erleidet sie keinen Schaden, weil sie an den Berechtigten aufgrund des Vergleichs weniger geleistet hat, als sie an ihn von Rechts wegen hätte leisten müssen, wenn dem Beklagten die ihm von der Klägerin zur Last gelegten Fehler bei der Rechtsverteidigung nicht unterlaufen wären. Im Rahmen des gebotenen und von der Klägerin im gedanklichen Ausgangspunkt auch selbst vorgenommenen Gesamtvermögensvergleichs sind zunächst die in der folgenden Tabelle genannten Vermögenswerte gegenüberzustellen:

Wert der Leistungen der Klägerin nach dem VergleichWert der Ansprüche des Berechtigten zum Zeitpunkt des VergleichsschlussesWert der Einreden der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer möglichen Geltendmachung durch den BeklagtenWert der Ansprüche des Berechtigten bei Geltendmachung der Einreden der Klägerin durch den Beklagten990.000 € Zahlung142.197 € Grundstücke in unbebautem Zustand- 142.197 € Grundstücke in unbebautem Zustand 550.000 € Ertragswert Ärztehaus550.000 € Ertragswert Ärztehaus0 € 78.383,67 € an den Berechtigten herausgegebene Mieten (str.)940.778,11 € herauszugebende Mieten:a) 7/94-9/96: o. A.b) 10/96-8/04:aa) 618.771,30 €bb) (36.478,13 + 528,69 =) 37.006,81 €c) 9/04-8/07: 285.000 € (Prot. v. 16.08.12)a) 9.029,04 € Mietausfallb) 76.625,59 € Kosten gemäß § 7 Abs. 7 Satz 4 VermG855.123,48 €11.680,96 € Kosten des Vergleichs (einschl. des verwaltungsgerichtl. Verfahrens) 1.080.064,63 € 997.320,48 €Danach verbliebe der Klägerin infolge des Vergleichsabschlusses zwar zunächst ein Negativsaldo von (1.080.064,63 € 997.320,48 =) 82.744,15 €, wenn wegen § 389 BGB zu ihren Gunsten € und entgegen ihrer eigenen Berechnung € die bereits für den Berechtigten titulierten Zinsen von 108.578,84 € außer Ansatz gelassen werden. Bei dieser Schadensberechnung ist jedoch noch unberücksichtigt, dass für den Zeitraum Juli 1994 bis September 1996 keine Herausgabeansprüche des Berechtigten beziffert worden sind. Den Wert dieser Ansprüche kann der Senat anhand der von der Klägerin vorgetragenen Daten, aus denen sich eine Durchschnittsmonatsmiete von umgerechnet ([618.771,30 + 37.006,81 =] 655.778,11 : 95 [Monate] =) 6.903,03 € ergibt, für die in Rede stehenden 27 Monate auf reichlich 180.000,00 € schätzen (§ 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Klägerin steht mithin durch den Vergleichsabschluss um etwa 100.000,00 € besser, als sie nach Klaglosstellung des Berechtigten und ihrer Klaglosstellung durch den Beklagten stünde. Soweit die Klägerin die Herausgabeklagen durch die in Tabellenspalte 3 bezeichneten Einreden hätte zu Fall bringen können, erhöht sich deren Wert zwar noch um die anteiligen Prozesskosten, die sie, bereinigt um die Kosten der Aktivprozesse (61.604,99 €), mit gut 52.000,00 € beziffert. Der sich im Verhältnis der herauszugebenden Mieten von rund (941.000 + 180.000 =) 1.121.000,00 € zu dem Wert der Einreden gemäß Spalte 3 von rund (550.000 + 9.000 + 77.000 =) 636.000 € anzusetzende Kostenanteil von knapp 6/10 würde etwa 32.000,00 € ausmachen und die durch den Vergleich bewirkte Besserstellung der Klägerin in dieser Höhe verringern. Andererseits wäre wenigstens in dem nämlichen Verhältnis der Wert der Ansprüche des Berechtigten um die Zinsen erhöht (§ 389 BGB), unter Zugrundelegung nur der titulierten Zinsen mithin um (4/10 x 108.578,84 =) gut 43.000,00 €. Dabei bliebe zugunsten der Klägerin zudem § 7 Abs. 7 Satz 4 VermG außer Betracht, wonach mit dem Verwendungsersatzanspruch nicht hätte aufgerechnet werden können, weswegen die Zinsansprüche des Berechtigten tatsächlich höher waren. Schließlich ergibt sich ein Schaden der Klägerin auch nicht daraus, dass sie in dem Vergleich zusätzlich ihre Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zur Hälfte an den Berechtigten abgetreten hat. Da der Klägerin infolge der dem Beklagten vorzuwerfenden Säumnisse bei der Rechtsverteidigung gegenüber den Herausgabeansprüchen des Berechtigten kein Schaden verbleibt, geht die Abtretung insoweit ins Leere und führt nicht zu einer Vermögenseinbuße der Klägerin. Soweit der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen auf Sachenrechtsbereinigung und Grundbuchberichtigung zusteht (unten 4.), ist die Hälfte des Werts dieses Anspruchs zwar dem Wert des aufgrund des Vergleichs durch die Klägerin Geleisteten hinzuzusetzen. Da der Wert dieses Anspruchs höchstens in der Hälfte des Nennwerts der Forderung (61.604,99 €) bestehen kann, verbleibt der Klägerin indes auch insoweit kein Schaden.

4. a) Begründet ist die Klage allerdings insoweit, als der Beklagte zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin durch die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen auf Sachenrechtsbereinigung und Grundbuchberichtigung entstanden sind. Mit diesen Rechtsverfolgungsmaßnahmen konnte der Beklagte den Eigentumsverlust der Klägerin nicht abwenden, wie zwischen den Parteien auch unstreitig ist. Der Beklagte hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin die Führung dieser Prozesse trotz Belehrung über ihre Aussichtslosigkeit wollte. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verfahren die Verhandlungsposition der Klägerin im Hinblick auf den schließlich geschlossenen Vergleich gestärkt hätten. Der Schaden besteht in den nutzlos aufgewendeten Prozesskosten von (38.223,70 + 23.381,29 =) 61.604,99 €.

Bei den Kosten der von dem Beklagten namens der Klägerin angestrengten Aktivprozesse handelt es sich um Schäden, die auf selbständigen Pflichtverletzungen beruhen und deren Eintritt, im Unterschied zu den Kosten der Passivprozesse, nicht von den vergleichsgegenständlichen Herausgabeansprüchen des Berechtigten abhing. Diese Kosten werden von dem Vergleich nur insoweit berührt, als auch sie von der Teilabtretung an den Berechtigten und der diesem gegenüber übernommenen Auszahlungsverpflichtung erfasst sind. Ausschließlich in dieser Hinsicht, als zur Abwehr der Ansprüche des Berechtigten geleisteter €Zessionsschaden€, sind sie in die durch den Vergleich bedingte Schadensentwicklung eingebunden. Einen Anspruch auf Ersatz eines weiteren Schadens in Höhe von (61.604,99 : 2 =) 30.802,50 € kann die Klägerin daraus freilich schon deshalb nicht herleiten, weil sie sich in dem Vergleich gegenüber dem Berechtigten lediglich zur Zahlung der €Hälfte des Betrags, den sie aufgrund dieser Schadensersatzansprüche erhält€ verpflichtete. Der Wert einer Forderung wird indessen maßgeblich durch ihre Einbringlichkeit bestimmt und kann deshalb nicht kurzerhand mit ihrem Nennwert gleichgesetzt werden. Die infolgedessen zur Entscheidung aufgerufene Feststellungsklage ist freilich aus demselben Grunde unbegründet, aus dem es zusätzlich, abgesehen von der nicht schlüssigen Bezifferung des €Zessionsschadens€, auch die Leistungsklage wäre: Auch bei Ansatz dieses Schadens zum Nennwert (30.802,50 €) stünde die Klägerin durch den Vergleichsabschluss noch besser, als sie nach Klaglosstellung des Berechtigten und ihrer Klaglosstellung durch den Beklagten stünde (oben 3 b).

b) Die Voraussetzungen eines Erlasses gemäß § 397 Abs. 2 BGB lassen sich dem Vorbringen des Beklagten nicht entnehmen. Zu Unrecht rügt die Berufung daher, dass das Landgericht den für einen Forderungsverzicht angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben hat. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben. Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH NJW 2002, 1044, juris Rdnr. 25). Die Prüfung eines Erlassvertrages setzt danach zumindest voraus, dass die vermeintliche Verzichtserklärung im Wortlaut mitgeteilt wird. Ferner hätten die Begleitumstände mitgeteilt werden müssen, die die Einordnung der vermeintlichen Verzichtserklärung des damaligen Geschäftsführers der Klägerin erlaubt hätten. Beides ist trotz ausdrücklichen Hinweises des Senats nicht geschehen.

Der Beklagte ist nicht wegen der im zweiten Rechtszug erhobenen Verjährungseinrede, die als solche nicht vom Novenausschluss nach § 531 Abs. 2 ZPO umfasst ist (BGH NJW 2008, 3435, juris Rdnr. 9 ff.), berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Zwar entsteht ein Prozesskostenschaden € entgegen der Auffassung der Klägerin € grundsätzlich bereits mit Einreichung der aussichtslosen Klage oder des sonst kostenverursachenden Rechtsbehelfs (BGH NJW 1995, 2039, juris Rdnr. 34). Bei (zumindest teilweiser) Anspruchsentstehung vor dem 15. Dezember 2004 (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) traf den Beklagten jedoch die zu § 51b BRAO entwickelte Sekundärhaftung, die nach dieser Vorschrift entweder mit Verjährung des Primärschadensersatzanspruchs oder, bei Mandatsbeendigung vor Eintritt der Verjährung des Primärschadensersatzanspruchs, mit Mandatsbeendigung und mithin in beiden Fällen hier nicht vor dem Jahre 2006 begann, so dass dreijährige Verjährung des § 51b BRAO bei Klageerhebung am 2. Januar 2008 noch nicht vollendet war (Art. 229 § 12 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Dieser Haftung entgeht der Beklagte nicht dadurch, dass die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten im Oktober 2006 mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hat, weil weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass diese in unverjährter Zeit des Primäranspruchs mit der Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den Beklagten beauftragt worden sind oder die Klägerin über diese Ansprüche beraten haben (vgl. BGH NJW 1988, 265, juris Rdnr. 12 m. w. Nachw.). Unter der Annahme einer (zumindest teilweisen) Schadensentstehung nach dem 14. Dezember 2004 richtet sich die Verjährung nach geltendem Recht (Art. 229 § 12 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) und wäre ebenfalls nicht vollendet, weil die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht vor Mandatierung der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegeben sein konnten, so dass die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen war.

c) Der Zinsausspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 1 (i. V. m. § 74 Abs. 1), § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit die Rechtssache klärungsbedürftige Rechtsfragen aufwirft, wurzeln diese in einem atypischen Sachverhalt (Restitution trotz nicht aufgehobener Grundstücksverkehrsgenehmigung) und betreffen auslaufendes (Vermögens-) Recht.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts mit Beschluss vom 16. August 2012 beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 18.10.2012
Az: 5 U 162/09


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29.03.2024 - 10:01 Uhr

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