Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2000
Aktenzeichen: 14 W (pat) 55/99

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2000, Az.: 14 W (pat) 55/99)

Tenor

1. Der Beschluß der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. August 1999 wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 25. August 1999 hat die Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 34 17 606 mit der Bezeichnung

"Pharmazeutische Zubereitung von Ranitidin"

widerrufen.

Dem Beschluß liegen die erteilten Ansprüche 1 bis 5 sowie die Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag zugrunde. Die erteilten Ansprüche 1 bis 5 lauten:

1. Pharmazeutische Zubereitung in Form einer wäßrigen Zubereitung von Ranitidin und/oder einem oder mehrerer seiner physiologisch annehmbaren Salze, dadurch gekennzeichnet, daß die Zubereitung einen pH-Wert innerhalb des Bereichs von 6,5 bis 7,5, insbesondere von 6,8 bis 7,1, besitzt.

2. Pharmazeutische Zubereitung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert mittels geeigneter Puffersalze, insbesondere Kaliumdihydrogenorthophosphat und Dinatriumhydrogenorthophosphat oder Zitronensäure und Dinatriumhydrogenorthophosphat, eingestellt worden ist.

3. Pharmazeutische Zubereitung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie in einer für die Injektion geeigneten Form vorliegt und 10 bis 100 mg/ml Ranitidin, ausgedrückt als freie Base, enthält.

4. Pharmazeutische Zubereitung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie in einer für die kontinuierliche Infusion geeigneten Form vorliegt und 0,1 bis 2,0 mg/ml Ranitidin, ausgedrückt als freie Base, enthält.

5. Pharmazeutische Zubereitung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie in einer für die orale Verabreichung geeigneten Form vorliegt und 20 bis 400 mg Ranitidin, ausgedrückt als freie Base, pro 10-ml-Dosis enthält.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 15. April 1997 lautet:

Pharmazeutische Zubereitung in Form einer wäßrigen Zubereitung von Ranitidin und/oder einem oder mehrerer seiner physiologisch annehmbaren Salze, dadurch gekennzeichnet, daß die Zubereitung einen pH-Wert im Bereich von 6,5 bis 7,1 besitzt.

Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, der Gegenstand sowohl des patentierten Anspruchs 1 sowie des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag vom 15. April 1997 sei gegenüber

(1) J. M. Padfield et al., "Pharmaceutical development of Zantac Tablets and Injection", The Chemical Use of Ranitidine, Oxford (1982), 18 (217) bis 22 (221)

nicht neu.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie trägt im wesentlichen vor, daß keine der in Entgegenhaltung (1) offenbarten ZantacR-Injektionslösungen einen pH-Wert aufweise, der im beanspruchten Bereich läge. Die Patentinhaberin legt zum Beweis die Aufzeichnungen von pH-Messungen vor, die von den an den experimentellen Arbeiten zu Entgegenhaltung (1) beteiligten Personen stammen würden. Diesen Ergebnissen könne klar entnommen werden, daß durch (1) keine wäßrige Zubereitung von Ranitidin mit einem pH-Wert im beanspruchten Bereich offenbart werde. Eine theoretische Berechnung des pH-Wertes sei für die vorliegenden realen Systeme unmöglich. Die experimentelle pH-Messung widerlege jedoch die Behauptungen der Einsprechenden. Anspruch 1 sei somit gegenüber (1) neu und beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung 41 vom 25. August 1999 und Aufrechterhaltung des Patents.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Schriftsätzlich ist die Einsprechende dem Vorbringen der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren nicht mehr entgegengetreten.

Im Einspruchsverfahren hat die Einsprechende neben dem oben genannten Dokument (1) noch auf folgende Druckschriften hingewiesen:

(2) M. Hohnjec et al., Physical and spectroscopic data of ranitidine, Acta Pharm. Jugosl. 31 (1981) 131 bis 142,

(3) W. N. Jenner et al., The development of a radioimmunoassay for ranitidine in biological fluids, Life Sciences 28 (1981), 1323 bis 1329,

(4) GB 2 007 503 A,

(5) E. Schröder, C. Rufer und R. Schmiechen, "Pharmazeutische Chemie", Georg Thieme Verlag Stuttgart (1982), 59,

(6) "Rote Liste 1983", Editio Cantor, Aulendorf/Württ. (1983), Präparat Nr 59 154 "Zantic R Injektionslösung",

(7) GB 1 565 966,

(8) L. Lachman, H. A. Lieberman und J. L. Kanig, "The Theory and Practice of Industrial Pharmacy", 2nd Edition, Verlag Lea & Febiger, Philadelphia (1976), 590,

(9) W. Pschyrembel, "Klinisches Wörterbuch", 254. Aufl, Verlag Walter de Gruyter, Berlin, (1982), 91, 1330,

(10) A. Sander, H. E. Köbner und H.-O. Scholl, "Arzneimittelrecht", 9. Lieferung, Januar 1983, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Erl § 2 AMG-C, 5, Die Einsprechende hat im Einspruchsverfahren vorgetragen, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sowohl nach Hauptantrag als auch nach Hilfsantrag gegenüber jeder der Entgegenhaltungen (1) bis (3) nicht mehr neu sei. Sinngemäß macht die Einsprechende noch geltend, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag, wenn die Neuheit gegeben wäre, im Hinblick auf den nachgewiesenen Stand der Technik gemäß Entgegenhaltung (1) bis (10) jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen würde.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (§ 73 PatG); sie ist auch begründet.

1. Gegen die formale Zulässigkeit der erteilten Ansprüche 1 bis 5 bestehen keine Bedenken.

Der erteilte Anspruch 1 leitet sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 her. Die Gegenstände der erteilten Ansprüche 2 bis 5 sind den ursprünglichen Ansprüchen 4, 5 und 7 bis 10 zu entnehmen.

2. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist neu.

Die Patentinhaberin legt die Ergebnisse von pH-Messungen vor, die von den an den experimentellen Arbeiten zu Entgegenhaltung (1) beteiligten Personen stammen. Diesen Ergebnissen kann klar entnommen werden, daß durch (1) keine wäßrige Zubereitung von Ranitidin mit einem pH-Wert im beanspruchten Bereich offenbart wird. Auf der Grundlage dieser experimentellen Daten ist die theoretische Argumentation der Patentabteilung bezüglich der in (1) offenbarten wäßrigen Zubereitungen von Ranitidin nicht mehr haltbar, nämlich daß die durch 10 mg Ranitidin-HCl in 100 ml wäßriger NaCl gemäß (1) hervorgerufene Wasserstoffionenkonzentration leicht abgeschätzt werden könne, wobei sich ein GesamtpH-Wert knapp unter 7,0 ergeben würde. Der Beweis des Gegenteils wurde von der Einsprechenden nicht erbracht. Dem Senat liegen auch keine Informationen vor, die zu Zweifeln an dem Vorbringen der Patentinhaberin Anlaß geben könnten. Daher sind die pharmazeutischen Zubereitungen gemäß dem erteilten Anspruch 1 gegenüber Entgegenhaltung (1) neu.

In der Entgegenhaltung (2) werden verschiedene physikalische und spektroskopische Daten von Ranitidin angegeben. Es wird ein Schema zur Identifizierung, Bestimmung und für die Qualitätskontrolle von Ranitidinhydrochlorid beschrieben. Die Einsprechende verweist hier insbesondere auf die Erläuterungen zur Figur 7 auf Seite 140. Hier wird offenbart, daß Ranitidin von einer Sephadex G-25 Säule mit einem Phosphatpuffer von pH 7,4 eluiert werden kann. Mit dieser Untersuchung wird die Bindung von Ranitidin an humanes Serumalbumin (HSA) untersucht.

Die Druckschrift (3) betrifft die Entwicklung eines Radioimmunoassays (RIA) zur Detektion von Ranitidin in biologischen Flüssigkeiten. Der zitierte Abschnitt auf Seite 1325 ab Zeile 30 von unten lehrt die Zubereitung von Ranitidin-Lösungen zu Analysezwecken. Diese Lösungen werden auf pH 7,4 eingestellt.

Die Einsprechende ist der Auffassung, daß diese beiden Fundstellen die Neuheit des Patentgegenstandes in Frage stellen würden.

Der erteilte Patentanspruch 1 ist auf eine pharmazeutische Zubereitung gerichtet. Mit dieser Formulierung des Anspruchs macht die Patentinhaberin deutlich, daß die Zubereitung zur Anwendung in einem der in § 5 Abs 2 PatG genannten Verfahren bestimmt ist. Dieser Sachverhalt wird auch durch den Gesamtzusammenhang der Patentschrift belegt. Bei der Neuheitsprüfung ist also die gesetzliche Fiktion des § 3 Abs 3 PatG zu berücksichtigen. Die in (2) oder (3) beschriebenen Ranitidinlösungen werden aber zweifelsfrei nicht zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers eingesetzt. Die analytischen Verfahren gemäß (2) oder (3) dienen auch nicht zur Erkennung und systematischen Benennung einer Krankheit. Sie sind daher nicht als Diagnostizierverfahren im Sinne von § 5 Abs 2 PatG zu werten. Aus (2) oder (3) sind zwar wäßrige Zubereitungen von Ranitidin mit einem pH-Wert von 7,4 bekannt. Die Anwendung dieser Lösungen in einem der in § 5 Abs 2 PatG genannten Verfahren gehört aber nicht zum Stand der Technik. Somit greift hier die gesetzliche Fiktion des § 3 Abs 3 PatG.

An dieser Beurteilung des Offenbarungsgehaltes der Entgegenhaltungen (2) und (3) kann auch der Hinweis der Einsprechenden auf die Druckschriften (9) und (10) nichts ändern. In diesen Dokumenten werden die Begriffe "Arzneiform", "Zubereitung" und "Zubereitungen aus Stoffen" näher definiert. Diese Definitionen können im vorliegenden Zusammenhang aber dahingestellt bleiben, da sich die gesetzliche Regelung des § 3 Abs 3 PatG nicht an diesen Begriffen orientiert. Die gesetzliche Neuheitsfiktion des § 3 Abs 3 PatG greift vielmehr immer dann, wenn Stoffe oder Stoffgemische in einem Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers oder in Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, eingesetzt werden. Die patentgemäßen pharmazeutischen Zubereitungen von Ranitidin werden aber zweifelsfrei für die Verwendung in einem der in § 5 Abs 2 PatG genannten Verfahren bereitgestellt. Wie oben bereits dargelegt, gilt dies nicht für die analytischen Lösungen nach Entgegenhaltung (2) oder (3).

Die von der Einsprechenden hier zitierten Beschlüsse "Imidazoline" (BGH GRUR 1972, 541), "Fluoran" (BGH GRUR 1988, 447) sowie das Urteil " -Aminobenzylpenicillin" (BGH GRUR 1978, 696) sind in diesem Zusammenhang nicht einschlägig. Diese Druckschriften betreffen den absoluten Stoffschutz. Mit den erteilten Ansprüchen wird aber gerade kein absoluter Stoffschutz sondern ein Erzeugnisschutz für Arzneimittel gemäß § 3 Abs 3 PatG (1981) begehrt. Auf diese gesetzliche Ausnahmeregelung nehmen die genannten Beschlüsse bzw das Urteil keinen Bezug.

Die pharmazeutische Zubereitung nach dem erteilten Anspruch 1 ist daher im Hinblick auf die Entgegenhaltungen (2) und (3) neu.

Die Patentanmeldung (4) betrifft Infusionslösungen, die L-Valin enthalten. Ranitidin wird in dieser Druckschrift nicht erwähnt.

In Druckschrift (5) wird dargelegt, daß die Arzneimittelstabilität durch den Zusatz von Puffersubstanzen zur Einstellung eines optimalen pH-Wertes verbessert werden kann. Wäßrige Zubereitungen von Ranitidin werden hier nicht genannt.

Injektionslösungen, die Ranitidin-HCl enthalten, sind aus "Rote Liste 1983" (Entgegenhaltung (6)) oder aus Entgegenhaltung (7), Seite 22 bekannt. In diesen Dokumenten findet sich aber weder ein Hinweis auf eine besondere Stabilität der Lösungen bei pH-Werten zwischen 6,5 und 7,5 noch werden hier überhaupt für die Injektionslösungen pH-Werte im beanspruchten Bereich erwähnt.

Die Übersetzung der Einsprechenden für die relevante Fundstelle in Dokument (8) lautet: "In den meisten Fällen ist die biologische Wirksamkeit des Wirkstoffes bei oder nahe dem pH der biologischen Flüssigkeit maximal und nicht beim StabilisierungspH des injizierten Produktes". Dieser Hinweis ist äußerst allgemein. Wäßrige pharmazeutische Zubereitungen, die Ranitidin enthalten, werden hier nicht beschrieben.

Der Gegenstand des erteilten Hauptanspruchs ist somit neu, da in keiner der bisher im Verfahren befindlichen Druckschriften eine pharmazeutische Zubereitung in Form einer wäßrigen Zubereitung von Ranitidin und/oder einem oder mehreren seiner physiologisch annehmbaren Salze beschrieben wird, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die Zubereitung einen pH-Wert innerhalb des Bereiches von 6,5 bis 7,5, insbesondere von 6,8 bis 7,1, besitzt.

3. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Streitpatent liegt sinngemäß die Aufgabe zu Grunde, die Lagerbeständigkeit von Ranitidin und/oder eines oder mehrere seiner physiologisch annehmbaren Salze enthaltenden Zubereitungen auf Wassergrundlage wesentlich zu verlängern (Streitpatentschrift S 2 Z 31 bis 34). Gelöst wird diese Aufgabe gemäß dem Kennzeichen des gültigen Hauptanspruchs dadurch, daß die wäßrige Zubereitung einen pH-Wert innerhalb des Bereichs von 6,5 bis 7,5, insbesondere von 6,8 bis 7,1, besitzt.

Wäßrige Arzneimittelzubereitungen, die Ranitidin-HCl enthalten, waren am Anmeldetag bekannt (s zB (1) oder (6)). Die Zantac-Injektionslösung gemäß (1) ist eine einfache wäßrige Lösung von Ranitidinhydrochlorid bei seinem natürlichen pH-Wert. Der natürliche pH-Wert einer Ranitidinhydrochlorid-Lösung liegt bei etwa 5,5 (Streitpatentschrift S 2 Z 14). Diese Lösung galt bis zum Anmeldetag als besonders stabil ((1), S 18 (217) Z 17 bis 19 sowie S 20 (219) Z 1 und 2). Die Injektionslösung nach Druckschrift (7), Seite 22, Zeilen 40 bis 54 wird auf einen pH-Wert von 5,0 eingestellt.

Von den im Verfahren befindlichen Druckschriften geben alleine die Entgegenhaltungen (4), (5) und (8) Hinweise, die von der technischen Lehre, für wäßrige pharmazeutische Zubereitungen von Ranitidinhydrochlorid einen pH-Wert von etwa 5,5 zu wählen, wegführen könnten.

Die Entgegenhaltung (4) betrifft Infusionslösungen, die L-Valin enthalten. Diese Infusionslösung ist auf einen physiologisch akzeptablen pH-Wert eingestellt. Dieser Wert wird in der Beschreibung allgemein mit 7,0 bis 7,5, vorzugsweise mit 7,4, angegeben. Da Ranitidin mit L-Valin keinerlei Ähnlichkeit hat und in Lösung sicherlich ganz andere Stabilitätseigenschaften aufweist, kann diese Druckschrift keine Anregung geben, den aus (1) bekannten und dort als besonders stabil bezeichneten pH-Wert für Injektionslösungen, die Ranitidin und/oder eines oder mehrerer seiner physiologisch annehmbaren Salze enthalten, zu verlassen. Eine allgemein gültige Lehre, wie der pH-Wert von wäßrigen Injektionslösungen eingestellt werden muß, damit diese Lösungen besonders stabil sind, findet sich in (4) nicht.

Auch der allgemeine Hinweis in (5), daß die Stabilität von Arzneimitteln durch Zusatz von Puffersubstanzen zur Einstellung eines optimalen pH-Wertes verbessert werden kann, darf nicht als Anregung interpretiert werden, den in (1) als für wäßrige Ranitidinhydrochlorid-Lösungen stabil bezeichneten pH-Wert von 5,5 zu verlassen und statt dessen den pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 einzustellen.

Entgegenhaltung (8) behauptet, daß in den meisten Fällen die biologische Wirksamkeit bei oder nahe dem pH der biologischen Flüssigkeit maximal ist und nicht beim StabilisierungspH des injizierten Produkts. Auch dieser allgemeine Satz kann dem Fachmann im vorliegenden Fall keinen entscheidenden Hinweis zur Lösung der gestellten Aufgabe liefern. Da die beanspruchten wäßrigen Lösungen sowohl in einer für die Injektion oder kontinuierlichen Infusion geeigneten Form als auch in einer für die orale Verabreichung geeigneten Form vorliegen, ist der Begriff "biological fluid pH" im vorliegenden Fall nicht konkret genug. Es ist nämlich nicht festgelegt, ob hier der physiologische pH-Wert des Blutes (etwa 7,4) oder der extrem saure pH-Wert des Magens oder der pH-Wert des Darmtrakts gemeint sein könnte. Auch dieser allgemeine Hinweis kann nicht als Anregung verstanden werden, den in (1) als für wäßrige Ranitidinhydrochlorid-Lösungen stabil bezeichneten pH-Wert von 5,5 zu verlassen und statt dessen den pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 einzustellen. Somit gibt auch (8) keinen Hinweis auf die Lösung der patentgemäßen Aufgabe durch den Gegenstand nach Anspruch 1.

Nach den Angaben der Patentinhaberin werden in (1) Lösungen mit pH-Werten von 5, 6 sowie von 8 hergestellt. Diese Lösungen zeigten aber keine signifikanten Unterschiede in der Lagerungsstabilität. In Entgegenhaltung (1) wird sogar empfohlen, die Lösungen 24 Stunden nach deren Herstellung zu verwerfen. Somit finden sich auch in dieser Druckschrift keine Hinweise auf den patentgemäßen pH-Bereich von 6,5 bis 7,5.

Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist somit nicht nur neu, sondern beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 betreffen besondere Ausführungsformen und sind daher gewährbar. Die gewerbliche Anwendbarkeit ist gegeben und wurde von der Einsprechenden auch nicht bestritten.

Bei dieser klaren Sach- und Rechtslage konnte von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der angefochtene Beschluß war aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten.

Moser Wagner Harrer Feuerlein Wf






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Az: 14 W (pat) 55/99


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