Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 20. März 2007
Aktenzeichen: 1 BvR 142/07

(BVerfG: Beschluss v. 20.03.2007, Az.: 1 BvR 142/07)

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind berufsgerichtliche Entscheidungen.

I.

1. Der Beschwerdeführer ist bei einem Versicherungsunternehmen angestellt und leitet dort seit 1996 die H. Schaden- und Rechtsabteilung. Seit 1997 ist er zudem als Rechtsanwalt zugelassen.

Im März 2004 beantragte der Beschwerdeführer bei der Rechtsanwaltskammer, ihm die Führung der Fachanwaltsbezeichnung für Versicherungsrecht zu gestatten. Mit dem Antrag legte er eine Liste von 80 Fällen vor, die er sämtlich im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem Versicherungsunternehmen bearbeitet hatte.

Die Rechtsanwaltskammer lehnte den Antrag ab. Der daraufhin von dem Beschwerdeführer gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde durch den Anwaltsgerichtshof mit Beschluss zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers blieb beim Bundesgerichtshof ebenfalls ohne Erfolg. Die von dem Beschwerdeführer nachgewiesenen Fälle könnten nicht berücksichtigt werden, weil es an der notwendigen persönlichen und weisungsfreien Bearbeitung fehle. Der Beschwerdeführer habe nämlich – wie bereits vom Anwaltsgerichtshof aufgezeigt - mit einer Ausnahme keine eigenen Schriftsätze angefertigt und auch nicht an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen. Seine Tätigkeit habe sich auf die Unterstützung der jeweils von seinem Arbeitgeber mandatierten Rechtsanwälte beschränkt. Ein solches Wirken im Hintergrund möge zwar auch zur anwaltlichen Fallbearbeitung gehören, könne aber die geforderte praktische Erfahrung in der unmittelbaren Wahrnehmung der Interessen des Mandanten gegenüber Kontrahenten, Behörden oder Gerichten nicht vermitteln.

2. Gegen die Entscheidungen des Anwaltsgerichtshofs und des Bundesgerichtshofs richtet sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG rügt.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen halten einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.

1. Das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.

Die Bezeichnung „Fachanwalt“ erweckt bei den Rechtsuchenden die Erwartung besonderer, in einem formalisierten Verfahren nachgewiesener theoretischer und praktischer Kenntnisse. Der Schutz dieser Erwartung vermag die Versagung der Fachanwaltsbezeichnung bei einem Bewerber zu rechtfertigen, der nur wenige Gerichtsverfahren geführt hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 1992 – 1 BvR 957/89 -, NJW 1992, S. 816). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte vorliegend die von dem Beschwerdeführer als Beleg angeführten, aber in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewertet haben, weil bei ihnen die Einreichung von Schriftsätzen und insbesondere die Wahrnehmung von Gerichtsterminen durch beauftragte Rechtsanwälte erfolgte und der Beschwerdeführer lediglich zu deren Unterstützung tätig wurde.

2. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor.

Zwar beanstandet der Beschwerdeführer, ein in der Assekuranz tätiger Syndikusanwalt sei wegen § 46 BRAO daran gehindert, seinen Arbeitgeber auch gerichtlich zu vertreten, während beispielsweise der Verbandssyndikus beim Arbeitgeberverband die Mitglieder vor den Arbeitsgerichten vertreten und hierdurch die für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung erforderlichen Fälle nachweisen könne. Jedoch kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die bloße Tatsache, dass für bestimmte Gruppen von Anwälten der Nachweis praktischer Erfahrungen auf einem Fachgebiet leichter zu erbringen ist als für andere, nicht zu einer Verringerung der Anforderungen an die Qualifikation der Bewerber aus den benachteiligten Gruppen führen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 1992, a.a.O.).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.






BVerfG:
Beschluss v. 20.03.2007
Az: 1 BvR 142/07


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