Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 29. Oktober 2009
Aktenzeichen: 4 U 112/09

(OLG Hamm: Urteil v. 29.10.2009, Az.: 4 U 112/09)

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 22. April 2009 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien verlegen Publikationen, die polizeirelevante Themen behandeln und durch Inserate finanziert werden.

Am 5. Dezember 2008 rief Herr G als selbständiger Handelsvertreter der Antragsgegnerin Herrn B unter einem Telefonanschluss der O GmbH ohne dessen Einverständnis an. Er bot die Veröffentlichung eines Inserates an. Ferner schickte er Herrn B anschließend ein Fax und ein Schreiben mit dem Briefkopf des Landesbezirks M und zusammen mit einem Anschreiben des Landesbezirks noch einige Aufkleber der H zu.

Wegen dieses Verhaltens hat die Antragstellerin fünf Verbotsanträge gestellt. Nach einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin haben die Parteien die Anträge zu 1. und 2. in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Antragstellerin hat den Verbotsantrag zu Ziffer 3. zurückgenommen, so dass es nur noch um die Anträge zu 4. und 5. geht.

Dazu hat die Antragstellerin behauptet, beim Telefonat vom 5. Dezember 2008 habe Herr G zu den Aufklebern der H Folgendes erklärt: Wenn Herr B falsch parke oder in eine Polizeikontrolle komme und die Polizeibeamten den Aufkleber sähen, würde er keinen Strafzettel bekommen. Er würde auch bei Verkehrskontrollen nicht behelligt. Sollte dies im Einzelfall nicht klappen, könne sich Herr B mit ihm in Verbindung setzen. Er würde die Sache dann mit den Kollegen von der Polizei regeln.

Zur Glaubhaftmachung hat sich die Antragstellerin auf die eidesstattlichen Versicherungen des Herrn B und des Herrn L bezogen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln aufzugeben, es zu unterlassen,

4.

dem Angerufenen im Zusammenhang mit der Inseratswerbung durch Mitarbeiter und/oder Beauftragte die Zusendung von Aufklebern der H in der Erscheinungsform der Anlage 2 als Teil der Gegenleistung zu versprechen mit dem Hinweis, dass der Angerufene davon ausgehen kann, bei Parkverstößen oder Polizeikontrollen wegen dieses Aufklebers nicht von der Polizei behelligt zu werden;

5.

durch Anzeigenwerber oder sonstige Beauftragte gegenüber dem Angerufenen behaupten zu lassen, dass für den Fall, dass der Angerufene trotz Verwendung des Aufklebers in der Erscheinungsform der Anlage 2 polizeilich in Anspruch genommen werden sollte, er den Anrufer oder die H oder den VERLAG E2 GmbH Anzeigenverwaltung nur anzurufen brauche, damit die Angelegenheit dann von dort mit den "Kollegen" für den Anrufer geregelt werde.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die verbliebenen Verbotsanträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, bei dem Telefonat vom 5. Dezember 2008 habe sich Herr B von sich aus an Aufklebern der H interessiert gezeigt. Herr B habe selbst gemeint, die Aufkleber könnten ihm bei Polizeikontrollen helfen. Zur Glaubhaftmachung hat sich die Antragsgegnerin auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn G bezogen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 22. April 2009 die verbliebenen Verbotsanträge zu 4. und 5. als unbegründet zurückgewiesen. Es hat gemeint, die Antragstellerin habe den von ihr behaupteten Gesprächsverlauf nicht glaubhaft machen können.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 130 ff der Akten verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr verbliebenes Verbotsbegehren zu Ziffer 4. und 5. weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages greift die Antragstellerin vor allem die Beweiswürdigung des Landgerichts an.

Die Antragstellerin beantragt, wie folgt zu erkennen:

Das Urteil des Landgerichtes Bochum vom 22.04.2009 wird abgeändert und nach den Schlussanträgen der Verfügungsklägerin erkannt, nämlich

der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin, aufgegeben, es zu unterlassen,

1.

Angerufenen Personen im Zusammenhang mit einer Inseratswerbung durch Mitarbeiter und / oder Beauftragte die Zusendung von Aufklebern der H in der Erscheinungsform der Anlage 2 als Teil der Gegenleistung zu versprechen mit dem Hinweis, dass der Angerufene davon ausgehen kann, bei Parkverstößen oder Polizeikontrollen wegen dieses Aufklebers nicht von der Polizei behelligt zu werden;

2.

Durch Anzeigenwerber oder sonstige Beauftragte gegenüber dem Angerufenen behaupten zu lassen, dass für den Fall, dass der Angerufene trotz Verwendung des Aufklebers in der Erscheinungsform der Anlage 2 polizeilich in Anspruch genommen werden sollte, er den Anrufer oder die H oder den VERLAG E2 GMBH Anzeigenverwaltung nur anzurufen brauche, damit die Angelegenheit dann von dort mit den "Kollegen" für den Anrufer geregelt werde.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2009 hat die Antragstellerin, per Fax eingegangen am 7. Juli 2009, beantragt, wegen erheblicher Arbeits- und Terminsauslastung sowie vordringlicher Bearbeitung von Fristensachen zu beschließen:

Die Berufungsbegründungsfrist der Klägerin und Berufungsklägerin wird gem. § 520 Abs. 2 S. 2 + 3 ZPO erstmalig um 1 Monat bis zum 14.08.2009 verlängert.

Diesem Verlängerungsantrag hat der Vorsitzende des Senates durch Verfügung vom 8. Juli 2009 stattgegeben.

Am 13. August 2009 ist die Berufungsbegründung vom selben Tage per Fax bei Gericht eingegangen. Daraufhin ist unter dem Datum des 17. August 2009 Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den 8. Oktober 2009 bestimmt worden. Gleichzeitig ist die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass die Vermutung der Dringlichkeit durch den Antrag, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, widerlegt sein dürfte, und zwar unter Hinweis auf die Fundstelle bei Rezer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig UWG § 12 Rz. 329 und auf die Fundstelle bei Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG § 12 Rz. 3.16. Damit fehle es am Verfügungsgrund. Insoweit werde angefragt, ob das Rechtsmittel durchgeführt werden solle. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19. August 2009, per Fax am selben Tage bei Gericht eingegangen, beantragt, den Verhandlungstermin von Donnerstag, den 8. Oktober 2009 12.30 Uhr aufzuheben, da der Prozessvertreter der Antragstellerin an der Terminswahrnehmung durch einen bereits früher anberaumten Termin vor dem Landgericht Rostock, dort am 8. Oktober 2009 um 14.00 Uhr, verhindert sei. Die Ladung des Landgerichts Rostock datiere vom 10. August 2009 und sei am 12. August 2009 beim Prozessvertreter der Antragstellerin eingegangen, terminlich daher vorrangig. Mit Schriftsatz vom 19. August 2009, eingegangen bei Gericht am 20. August 2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin ebenfalls um Terminsverlegung gebeten, da er als sachbearbeitender Anwalt am Terminstag bereits zwei seit längerer Zeit anberaumte Termine vor dem Landgericht Düsseldorf wahrzunehmen habe, von denen ein Termin bereits einmal verlegt worden sei.

Durch Verfügung vom 20. August 2009 hat der Senatsvorsitzende daraufhin den Senatstermin vom 8. Oktober 2009 wegen Verhinderung der Prozessbevollmächtigten der Parteien auf Donnerstag, den 29. Oktober 2009 12.30 Uhr verlegt.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Antragstellerin ist unbegründet.

Es geht nur noch um die Anträge zu 4. und 5., durch die der Antragsgegnerin verboten werden soll, Aufkleber der Polizei als Gegenleistung für Inserate zu versprechen, die bei Polizeikontrollen Vergünstigungen bewirken sollen, sowie wie im Falle des Nichterfolges der Aufkleber Hilfe zu versprechen.

Diese Staffelung der beiden Anträge ist insoweit unglücklich, als der Antrag zu 4. zwar selbständig gestellt werden kann, der Antrag zu 5. aber für sich allein keinen Sinn macht, weil er zunächst ein Versprechen nach Ziffer 4. voraussetzt.

Letztlich kann die zweckgerechte Antragsfassung hier aber dahingestellt bleiben. Denn das Verbotsbegehren der Antragstellerin hat schon deshalb keinen Erfolg, weil es am Verfügungsgrund fehlt, das noch im Streit befindliche Verbotsbegehren mithin bereits als unzulässig abzuweisen ist.

Zwar ist die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG hier noch nicht aufgrund langen Zuwartens der Antragstellerin widerlegt, obwohl zwischen der Tat vom 5. Dezember 2008, nämlich dem Anruf des Herrn G bei Herrn B, und dem Eingang der Verbotsanträge bei Gericht am 2. April 2009 nahezu vier Monate liegen. Die Antragstellerin hat sich aber insoweit unwiderlegt dahingehend eingelassen, dass sie erst durch eine anderweitige Abmahnung der Antragsgegnerin vom 19. März 2009 vom hier in Rede stehenden Vorfall Kenntnis erlangt habe. Mithin ist die vom Senat regelmäßig beachtete sog. "Monatsfrist" hier noch nicht verstrichen gewesen, die sich nach der Zeitspanne zwischen der Kenntnis des Gläubigers vom beanstandeten Vorfall und dem Nachsuchen nach gerichtlichem Schutz bemisst.

Die zu vermutende Dringlichkeit des Verbotsbegehrens hat die Antragstellerin hier aber im Laufe der Berufungsinstanz durch ihr prozessuales Verhalten widerlegt, indem sie zum einen trotz fehlender Absicherung durch eine Beschlussverfügung die Berufungsbegründungsfrist sich hat verlängern lassen, sowie zusätzlich noch um Terminsverlegung gebeten hat (Bernecke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen Rz. 87 ff; Ahrens Der Wettbewerbsprozess Kap. 45 Rz. 49 ff jeweils m.w.N.). Gerade weil der fragliche Vorfall erst so spät zur Kenntnis der Antragstellerin gelangt ist, müsste es ihr nun mit der Verfügung besonders dringlich sein, wo die Antragsgegnerin ihr beanstandetes Tun nun schon so lange unbehelligt hätte fortsetzen können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Ziff. 10 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 29.10.2009
Az: 4 U 112/09


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