Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 9. Juni 2000
Aktenzeichen: 6 U 45/00

(OLG Köln: Urteil v. 09.06.2000, Az.: 6 U 45/00)

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das am 01.03.2000 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln -84 O 7/00- wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des antragstellenden Vereins hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die im Beschlussweg zunächst erlassene einstweilige Verfügung unter gleichzeitiger Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden Antrags aufgehoben. Denn die streitbefangene Werbeanzeige der Antragsgegnerin, mit der diese ein unter der Bezeichnung "Free & Easy Cristmas-Set" angebotenes, aus einem Mobiltelefon sowie einer sog. Pre-Paid-Card bestehendes Angebot zum Preis von 249,00 DM bewirbt, hält den hiergegen vom Antragsteller vorgebrachten wettbewerblichen Beanstandungen stand.

I. Soweit der Antragsteller die streitbefangene Werbung unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch nach Maßgabe von § 1 UWG für unzulässig hält, weil der darin angegebene Preis den Anforderungen des § 1 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 der PAngVO nicht standhalte, vermag er damit nicht durchzudringen.

Die in der Werbung enthaltene Nennung des Preises in Höhe von 249,00 DM stellt vielmehr eine den Geboten der Preisklarheit und Preiswahrheit genügende Angabe des Endpreises dar (§ 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Altern. -, Abs. 6 PAngVO).

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Altern. - PAngVO ist u.a. derjenige zur Angabe des Endpreises, nämlich des einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlenden Preises verpflichtet, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Endverbrauchern u.a. in Zeitungen unter Angabe von Preisen wirbt. Werden dabei mehrere zu einer Einheit zusammengefasste Waren und/oder Leistungen als eine neue selbständige Verkaufseinheit beworben, bedarf diese neue Verkaufseinheit der Angabe eines einheitlichen Endpreises (vgl. BGH GRUR 1994, 222/223 -"Flaschenpfand"-; Köhler/Piper, UWG, Rdn. 27 zu § 1 PAngVO). Ob eine solche, aus der Kombination mehrerer einzelner Waren und/oder Leistungen entstandene neue Verkaufseinheit vorliegt, richtet sich nach der Auffassung des Verkehrs, der sich in erster Linie - nach dem Erscheinungsbild von Angebot und Werbung - daran orientiert, ob die Ware oder Leistung nur als Einheit erworben werden kann (BGH a.a.O., -"Flaschenpfand"-). So liegt der Fall hier: Die Antragsgegnerin hat in der Werbung zwei an sich auch als solche und einzeln erhältliche Leistungen bzw. Waren, nämlich ein Mobiltelefon sowie eine "Pre-Paid-Card" zu einem Angebot gekoppelt, das in dieser Zusammenstellung zum Preis von 249,00 DM erworben werden kann. Schon nach der auffällig hervorgehobenen Titelzeile der Werbung, in der das Angebot gerade als "Set" bezeichnet ist, wird deutlich, dass sich der blickfangmäßig genannte Preis von 249,00 DM nur auf das "Handy" in Verbindung mit der "Pre-Paid-Card" bezieht, so dass aus der Sicht des angesprochenen Verkehr der Eindruck einer zum angegebenen Preis nur als Einheit erhältlichen Kombination entsteht. Der von der Beklagten für diese Verkaufseinheit genannte Betrag versteht sich unmissverständlich auch als Endpreis im Sinne der eingangs erwähnten Definition, wobei daneben sogar die in ihn eingestellten Preisbestandteile, nämlich die auf die Pre-Paid-Card mit 25,00 DM Startguthaben, sowie das Mobiltelefon jeweils entfallenden Preisanteile unschwer festzustellen sind.

2. Soweit der Antragsteller demgegenüber unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Handy für 0,00 DM" (WRP 1999, 90 ff = NJW 1999, 214 ff) einwendet, der für das "Free & Easy Christmas-Set" genannte Preis umfasse nicht sämtliche Preisbestandteile und stelle daher nicht den nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 PAngVO aber anzugebenden Endpreis dar, weil in der Werbung nicht zugleich auch die bei Nutzung der Pre-Paid-Card zu entrichtenden Tarife, welche die Höhe der konkret zu entrichtenden Gesprächsgebühren maßgeblich bestimmen, nicht genannt sind, führt das zu keiner abweichenden Würdigung.

Allerdings trifft es zu, dass der Bundesgerichtshof in der erwähnten sowie in weiteren Entscheidungen (BGH WRP 1999, 94/95 -"Handy-Endpreis"-; BGH WRP 1999, 509/511 -"Kaufpreis je nur 1.- DM"-; BGH WRP 1999, 512/515 -"Aktivierungskosten"-) ausgeführt hat, dass bei der Werbung für den mit dem Abschluss eines Netzkartenvertrages gekoppelten Erwerb eines Mobiltelefons die für den Verbraucher mit dem Abschluss des Netzkartenvertrages verbundenen Kosten hinreichend deutlich zu machen sind, wenn ein aus dem Preis des Mobiltelefons sowie den Kosten des Netzkartenvertrages zusammengerechneter Endpreis wegen der Variabilität der von der Zeit- und Verbrauchsabhängigkeit der nach dem Netzkartenvertrag zu entrichtenden Entgelte nicht gebildet werden kann. Die den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet waren, dass die werblich angekündigte unentgeltliche bzw. außerordentlich preisgünstige Abgabe eines Mobiltelefons nur bei Abschluss eines Netzkartenvertrages möglich war, unterscheiden sich jedoch maßgeblich von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt. Denn vorliegend steht der Betrag, der für den Erwerb der Pre-Paid-Card, die den Netzzugang sowie das Telefonieren ermöglicht, mithin die insoweit vom Endverbraucher insoweit zu entrichtende Gegenleistung fest. Sie kann daher - anders als dies in den dargestellten, vom Bundesgerichtshof beurteilten Sachverhalten der Fall war - als Preisbestandteil in den für das komplette Angebot zu bildenden Endpreis eingerechnet werden. Vor diesem Hintergrund ist die vom antragstellenden Verein angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht einschlägig und lässt sich daraus eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, in ihrer Werbung die Tarife und Telefongebühren des die Karte herausgebenden Mobilfunkdienstleisters zu nennen, im Streitfall nicht herleiten.

3. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weiter aber auch nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 2 PAngVO. Nach dieser Bestimmung sind - soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht - bei Einzelangeboten mit den Preisen auch die Verkaufs- oder Leistungseinheiten und die Gütebezeichnungen anzugeben, auf die sich die Preise beziehen (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Übersicht PAngVO Rdn. 3; Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 30 zu § 1 PAngVO). Ob die von der Antragstellerin erwartete Angabe der Tarifstruktur und Telefongebühren des Mobilfunkdienstleisters, über den das mit der Pre-Paid-Card verbundene Startguthaben genutzt werden kann, überhaupt als Verkaufs- und Leistungseinheit i.S. dieser Bestimmung zu verstehen ist, kann offenbleiben. Denn weder dem Vortrag des Antragstellers noch dem Sachverhalt im übrigen lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass nach der allgemeinen Verkehrsauffassung die Nennung dieser Angaben bei der Werbung für ein Angebot der hier in Frage stehenden Art erwartet wird. Im Gegenteil steht zu vermuten, dass der Verkehr bei einem bloßen "Startguthaben" davon ausgeht, nur einige wenige Telefonate führen zu können, um die erste Bekanntschaft mit dem neu erworbenen Gerät machen zu können, und es ihm insoweit auf die Kenntnis der Tarifstruktur und damit der exakten Werthaltigkeit des Guthabens nicht ankommt. Überdies würde es eher überraschen, wenn sich bei dem angebotenen Set als einem sehr jungen Marktobjekt bereits eine "allgemeine Verkehrsauffassung" im Hinblick auf die erwartete Angabe von Verkaufs- oder Leistungseinheiten gebildet hätte.

4. § 1 Abs. 2 PAngVO lässt sich eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, in der Werbung auch die Telefongebühren sowie die Tarifstruktur des Mobilfunkdienstleisters, auf den sich die einen Guthabensbetrag von 25,00 DM aufweisende Pre-Paid-Card bezieht, aufzuführen, ebenfalls nicht entnehmen, da der antragstellende Verein weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat, dass die Angabe dieser Verrechnungseinheiten der "Üblichkeit" entspricht. Nur in diesem Fall sind aber nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 PAngVO "Stundensätze, Kilometersätze und andere Verrechnungseinheiten" neben den Preisen anzugeben.

5. Auch aus sonstigen Gesichtspunkten folgt aus der PAngVO die Verpflichtung zur Angabe der Telefongebühren und Tarifstruktur neben den in der Werbung genannten Preisen nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem mit der PAngVO verfolgten Normzweck , die Position des Verbrauchers durch Gewährleitung eines optimalen Preisvergleichs zu stärken und zugleich eine entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren der marktwirtschaftlichen Ordnung zu schaffen (vgl. BGH GRUR 1997, 767/769 -

"Brillenpreise II"-; Köhler/Piper, a.a.O., PAngVO Einf. Rdn. 6; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Übersicht PAngVO Rdn. 1). Das danach mit der PAngVO verfolgte Ziel, dem Endverbraucher durch Angabe von den Geboten der Preisklarheit und Preiswahrheit genügenden Endpreisen einen Preisvergleich zu gestatten und es ihm zu ermöglichen, sich über das auf dem Markt befindliche Waren- und Leistungsangebot zu informieren, gebietet es indessen nicht, ebenfalls die Angabe über die Tarifstruktur und die Telefongebühren des Mobilfunkdienstleisters in die streitbefangene Werbung aufzunehmen. Dabei ist es zwar richtig, dass diese Angabe dem angesprochenen Verkehr eine Vorstellung über den Wert der Pre-Paid-Card vermittelt, weil sich daraus entnehmen lässt, wie oft diese wie lange für welche Gespräche genutzt werden kann. Derartige Informationen über den Wert eines beworbenen Angebots sind indessen nach der PAngVO nicht geschuldet, die dem Verbraucher lediglich eine Möglichkeit zum Preisvergleich verschaffen soll und will. Andernfalls wären nach der PAngVO zu jeder Preisangabe für jegliches in Betracht zu ziehende Waren- und/oder Leistungsangebot und in jeder Preiswerbung zusätzlich qualitative Gesichtspunkte zu nennen, die dem Verkehr eine Vorstellung über die Brauchbarkeit, Lebensdauer und sonstige Güte des Angebotes gestatten, was dem Verbraucher wiederum nur dann eine optimale Vergleichsmöglichkeit gestatten

würde, wenn für die qualitative Einordnung des Produkts durch alle Anbieter und Werbenden einheitliche Kriterien verwendet würden. Eine derartige Ausweitung der Pflicht zur Preisangabe überfordert aber die aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit und des Verbraucherschutzes erlassene PAngVO, die dem Verbraucher anhand des Vergleichs der Endpreise eine schnelle und zuverlässige Information über das auf dem Markt befindliche Angebot ermöglichen will.

6. Da der Werbung der dort genannte Endpreis für das aus dem Mobiltelefon und der Pre-Paid-Card bestehende "Free & Easy Christmas-Set" auch eindeutig und unmissverständlich zu entnehmen ist, sind schließlich auch die in § 1 Abs. 6 PAngVO ausdrücklich genannten Gebote der Preisklarheit und Preiswahrheit gewahrt.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang vorbringt, den von der Werbung angesprochenen Endverbrauchern bleibe verborgen, dass er nach Verbrauch des auf der Pre-Paid-Card gespeicherten Guthaben nicht völlig frei in seiner Entscheidung sei, wie er mit dem Mobiltelefon weiter verfahre, und dass ganz erhebliche Kosten auf ihn zukommen würden, vermag das keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dass der Verkehr insoweit getäuscht wird, weil er tatsächlich in seiner Entscheidung über die weitere Nutzung des Mobiltelefons beschränkt werde und erhebliche Kosten, mit denen er nicht rechnet, auf ihn zukommen, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Der angesprochene Verkehr kann der Werbung vielmehr eindeutig entnehmen, dass er nach Verbrauch des auf der Pre-Paid-Card gespeicherten Guthabens eine Regelung über die weitere aktive Nutzung des Mobiltelefon zu treffen hat, indem entweder eine neue Pre-Paid-Card des nämlichen oder eines anderen Anbieters erworben oder aber ein Kartenvertrag abgeschlossen wird. Dass insoweit keine oder nur geringere Kosten bei Wahrnehmung des in

der streitbefangenen Preiswerbung angekündigten Angebots entstehen, lässt sich weder der Art, wie die Beklagte den Endpreis angegeben hat, noch dem sonstigen Inhalt der Werbeanzeige entnehmen.

II. Aus dem letztgenannten Grund scheitert schließlich auch der vom Antragsteller erhobene Vorwurf der Täuschung eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen Werbeadressaten im Sinne des Irreführungstatbestandes des § 3 UWG, so dass auch hieraus der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht hergeleitet werden kann.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 09.06.2000
Az: 6 U 45/00


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