Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 13. März 2002
Aktenzeichen: 2 W 45/02

(OLG Köln: Beschluss v. 13.03.2002, Az.: 2 W 45/02)

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 17., 21. und 23. Februar 2002 gegen den Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 1. Februar 2002 - 10 T 218/01 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.

Gründe

Die Gläubigerin erstrebt die Abgabe der eidesstattlichen Offenba-

rungsversicherung durch den Schuldner. Durch Beschluß vom 29. März 2001 - 284 M 236/01 - hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Köln einem Widerspruch des Schuldner gegen die Verpflichtung zur Abgabe der Offenbarungsversicherung stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht Köln durch Beschluß vom 24. August 2001 - 10 T 92/01 - geändert und den Widerspruch des Schuldners zurückgewiesen. Auf dessen weitere Beschwerde vom 11. September 2001 hat der Senat durch Beschluß vom 2. Oktober 2001 - 2 W 186/01 - den Beschluß des Landgerichts vom 24. August 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 4. April 2001 gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 29. März 2001 an das Landgericht zurückverwiesen.

Durch Beschluß vom 1. Februar 2002 - 10 T 218/01 - hat das Landgericht Köln daraufhin den Beschluß des Amtsgerichts vom 29. März 2001 hinsichtlich der Kassenzeichen VI xx1, VI xx2, VI xx3, VI xx4, VI xx5, VI xx6, VI xx7, VI xx8, VI xx9, VI xx10, VI xx11, VI xx12, VI xx13, VI xx14, VI xx15, VI xx16, VI xx17 und VI xx18 aufgehoben und den Widerspruch des Schuldners gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung insoweit zurückgewiesen. Im übrigen, nämlich hinsichtlich der Kassenzeichen VI xx19, VI xx20, VI xx21, VI xx22, VI xx23, VI xx24 und VI xx25, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 8. Februar 2002 zugestellten Beschluß des Landgerichts vom 1. Februar 2002 hat der Schuldner mit einem an das Landgericht Köln gerichteten und dort am 17. Februar 2002 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage "weitere sofortige Beschwerde" eingelegt. Durch Verfügung vom 18. Februar 2002 hat der Vorsitzende der Beschwerdekammer den Schuldner auf § 26 Nr. 10 EGZPO und darauf hingewiesen, daß hiernach als einziges Rechtsmittel gegen den angefochtenen Beschluß des Landgerichts vom 1. Februar 2002 die Rechtsbeschwerde nach den §§ 574 ff ZPO in Betracht kommt und daß für Entscheidungen über Rechtsbeschwerden nach § 133 GVG der Bundesgerichtshof zuständig ist. Zugleich hat der Vorsitzende der Beschwerdekammer um Mitteilung gebeten, ob die Akte gleichwohl an das Oberlandesgericht abgegeben werden solle. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002 hat der Schuldner daraufhin erklärt, es werde "der Abgabe an das OLG entgegen gesehen". Mit weiteren Schriftsatz vom 23. Februar 2002 hat der Schuldner ausgeführt, seine Beschwerde vom 17. Februar 2002 sei "ersichtlich auch unter dem Gesichtspunkt der ,greifbaren Gesetzwidrigkeit', als sogenannte ,außerordentliche Beschwerde', erhoben worden". Er vertritt die Auffassung, jedenfalls hierfür sei das Oberlandesgericht zuständig. Andernfalls wäre der Bundesgerichtshof zur Entscheidung berufen.

Die weitere Beschwerde, die der Schuldner nach den Erklärungen

seiner Schriftsätze vom 23. Februar und vom 4. März 2002 an das

Oberlandesgericht richtet, ist unzulässig, weil das Oberlandesgericht funktionell nicht zuständig ist. Darauf ist der Schuldner wiederholt, nämlich durch die Verfügung des Vorsitzenden der Beschwerdekammer vom 18. Februar 2002 sowie durch die Verfügung des Vorsitzenden des Senats vom 27. Februar 2002, hingewiesen worden.

Das Verfahren der Zwangsvollstreckung aufgrund von Gerichtskostenrechnungen richtet sich nach den Vorschriften der Justizbeitreibungsordnung und deshalb - infolge der Verweisung in § 6 Abs. 1 JBeitrO - im Wesentlichen nach den Bestimmungen des 8. Buchs der Zivilprozeßordnung. Die Regelungen der Zivilprozeßordnung sind deshalb auch für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung maßgeblich.

Nach der Übergangsregelung des § 26 Nr. 10 EGZPO finden die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften für das Beschwerdeverfahren der Zivilprozeßordnung nur dann Anwendung, wenn die angefochtene Entscheidung vor dem 1. Januar 2002 verkündet oder, falls - wie hier - eine Verkündung nicht stattgefunden hat, der Geschäftsstelle des Gerichts übergeben worden ist. Da der angefochtene Beschluß des Landgerichts nach dem 1. Januar 2002 ergangen ist, finden auf das hier eingelegte Rechtsmittel des Schuldners, worauf er hingewiesen worden ist, die ab dem 1. Januar 2002 geltenden Bestimmungen Anwendung. Einzig in Betracht kommendes ordentliches Rechtsmittel gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist hiernach die Rechtsbeschwerde nach den §§ 574 ff ZPO. Für die Entscheidung über eine Rechtsbeschwerde ist nicht das Oberlandesgericht, sondern nach § 133 GVG der Bundesgerichtshof zuständig.

Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ergibt sich auch nicht unter dem im Schriftsatz des Schuldners vom 23. Februar 2002 angesprochenen Gesichtspunkt der "außerordentlichen Beschwerde" wegen "greifbarer Gesetzwidrigkeit". Fraglich ist schon, ob eine solche außerordentliche Beschwerde seit dem 1. Januar 2002 überhaupt noch als gegeben erachtet werden könnte. Die im Schrifttum (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 567, Rdn. 19) auch für das heute geltende Recht vertretene Auffassung, angesichts des Umfangs, in dem die außerordentliche Beschwerde in die Praxis Eingang gefunden habe, stelle sich die Frage nach ihrem "Ob" nicht mehr, begegnet im Hinblick darauf, daß der Gesetzgeber den Rechtsmittelzug mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 neu geregelt und dabei gestrafft hat, ohne einer Anfechtung einer Entscheidung wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit Raum zu geben, im Hinblick auf die Bindung der Gerichte an die Gesetzgebung (Art. 20 Abs. 3 GG) erheblichen Bedenken. Dem Gesetzgeber war das Thema der Anfechtung einer Entscheidung unter dem Gesichtspunkt ihrer greifbaren Gesetzwidrigkeit bekannt (vgl. auch § 321 a ZPO n.F.). Wenn er gleichwohl die Möglichkeiten der Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen beschränkt und beispielsweise die Möglichkeit der Anfechtung einer Beschwerdeentscheidung eines Landgerichts in einer Zwangsvollstreckungssache nach den §§ 793 Abs. 2, 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. durch eine auf einen schwerwiegenden Verfahrensfehler als neuen selbständigen Beschwerdegrund gestützte weitere Beschwerde aufgehoben hat, ohne hierfür einen Ausgleich zu schaffen, wie es etwa durch eine entsprechende Ergänzung des § 574 ZPO möglich gewesen wäre, sind die Gerichte daran gebunden.

Dies bedarf hier indes keiner Vertiefung. Denn selbst wenn man davon ausgeht, daß eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung auch nach dem heute geltenden Verfahrensrecht zulässig sein kann, wäre jedenfalls das Oberlandesgericht für die Entscheidung über diesen Rechtsbehelf nicht zuständig. Die Befugnis zur Aufhebung einer Entscheidung eines Gerichts wegen ihrer greifbaren Gesetzwidrigkeit kann sich - wenn überhaupt - nur auf die Über- und Unterordnung im Instanzenzug gründen. Es liegt auf der Hand, daß beispielsweise ein Amtsgericht nicht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs deshalb aufheben kann, weil es diese Entscheidung als verfehlt oder greifbar gesetzwidrig ansieht. Das Oberlandesgericht ist dem Landgericht als Beschwerdegericht nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden Zivilprozeßrecht indes nicht mehr im Instanzenzug übergeordnet. Vielmehr führt der Rechtsmittelzug hier jetzt vom Amtsgericht über das Landgericht zum Bundesgerichtshof (§§ 567 Abs. 1, 574 Abs. 1 ZPO, 72, 133 GVG). Eine Entscheidung, die ein Landgericht als Beschwerdegericht getroffen hat, kann auch aus dem Grund, daß sie greifbar gesetzwidrig sei, daher - wenn überhaupt - nur vom Bundesgerichtshof als dem im Instanzenzug nächst höheren Gericht aufgehoben werden, so daß eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in diesem Fall nicht gegeben ist.

Das Rechtsmittel muß daher, da es von dem Schuldner durch seinen Schriftsatz vom 21. Februar 2002 an das - funktionell unzuständige - Oberlandesgericht gerichtet ist und der Schuldner ausweislich seines Schriftsatzes vom 4. März 2002 auch nach wiederholtem Hinweis eine Entscheidung des Oberlandesgerichts erstrebt, als unzulässig verworfen werden. Eine Verweisung nach § 281 ZPO kommt - selbst auf Antrag - nur in Betracht, wenn die Unzuständigkeit auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit auszusprechen wäre, nicht aber nach Rechtsmitteleinlegung bei einem funktionell unzuständigen Gericht (vgl. BGH VersR 1996, 1390 = FamRZ 1996, 1544 = NJW-RR 1997, 55). Auch darauf ist der Schuldner in der Verfügung vom 27. Februar 2002 hingewiesen worden.

Dem Antrag im Schriftsatz des Schuldners vom 4. März 2002, das vorliegende Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einer Zwangsvollstreckungssache eines anderen Gläubigers gegen einen anderen Schuldner auszusetzen, entspricht der Senat nicht. Schon weil an jenem Verfahren auf beiden Seiten allein andere Parteien beteiligt sind als hier, ist die Vorraussetzung des § 148 ZPO nicht erfüllt, daß die Entscheidung der vorliegenden Sache von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängen würde, das den Gegenstand des anderen Verfahrens bildet.

Der Senat ist an dem Erlaß der vorliegenden Entscheidung auch nicht dadurch gehindert, daß der Schuldner - wie schon zuvor - auch in seinem Schriftsatz vom 4. März 2002 ausgeführt hat, eine weitergehende Begründung seines Rechtsmittels bleibe einem künftigen Schriftsatz vorbehalten. Durch einen solchen Vorbehalt allein kann ein Verfahrensbeteiligter die Entscheidung des angerufenen Gerichts nicht nach Belieben hinauszögern. Vielmehr ist das Gericht zur Entscheidung befugt, wenn es dem Beteiligten eine Frist zur angekündigten Ergänzung seines Vorbringens gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 571, Rdn. 15 mit weit. Nachw.). Beides ist hier der Fall. Der Senat hat dem Schuldner durch die genannte Verfügung vom 27. Februar 2002 Frist zur Ergänzung seines Vorbringens bis zum 7. März 2002 gesetzt.

Einen Antrag auf Verlängerung dieser Frist hat der Schuldner nicht gestellt. Insbesondere liegt ein solcher Antrag nicht in der bloßen Ankündigung weiteren Vorbringens nach Fristablauf. Abgesehen hiervon fehlt es jedenfalls an einem - nach § 224 Abs. 2 ZPO indes erforderlichen - erheblichen Grund für eine Verlängerung der gesetzten Frist. Ein solcher Grund ist vielmehr weder dargetan noch sonst ersichtlich. Daß der Schuldner im Hinblick auf die für ihn möglicherweise - aufgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAGO - eintretenden Folgen einer rechtskräftigen Zurückweisung seines Widerspruchs gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung ein Interesse daran haben mag, daß die vorliegende Sache nicht alsbald abgeschlossen wird, gibt keinen Anlaß zu einer Verlängerung der gesetzten Frist. Die von ihm erstrebte Gelegenheit, die Akten einzusehen, ist ihm geboten worden. Der Vorsitzende des Senats hat ihm mit Verfügung vom 27. Februar 2002 mitgeteilt, daß und wo er die Akten einsehen könne. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat RPfleger 1983, 325) und seiner ständigen Praxis ist die den Beteiligten zustehende Akteneinsicht in bestimmten Verfahrensarten auf die Durchsicht der Akten im Gerichtsgebäude begrenzt. Im Streitfall gilt nichts anderes, schon weil es sich bei dem Beschwerdeführer nicht um den - am Verfahren selbst und seinen Folgen - unbeteiligten Bevollmächtigten, sondern um den Schuldner selbst handelt. Daß der Schuldner von der ihm gebotenen und auch angesichts des nicht erheblichen Umfangs der Akten ohne weiteres zumutbaren Möglichkeit, auf der Geschäftsstelle Akteneinsicht zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht hat, stellt ebenfalls keinen erheblichen Grund für eine Verlängerung der gesetzten Frist dar.

Die weitere Beschwerde muß deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die vorliegende Entscheidung gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Beschwerdewert : EUR 1.500,-- (§ 57 Abs. 2 Nr. 4 BRAGO in entsprechen-

der Anwendung






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