Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2011
Aktenzeichen: 24 W (pat) 41/10

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2011, Az.: 24 W (pat) 41/10)

Tenor

BPatG 152 Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 23. Juli 2008 als Wortmarke angemeldete Bezeichnung OFFICELED ist für die Waren

"11: Lampen und Leuchten (Beleuchtung)"

bestimmt.

Seitens der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung mit Bescheid vom 9. September 2008 gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG beanstandet worden. Es handele sich um die Zusammenziehung englischsprachiger Begriffe (OFFICE = Büro; LED als Abkürzung für "light emitting diode" = Leuchtdiode) und besitze in der Bedeutung "Büro-LED" unmittelbar warenbeschreibenden Charakter, was sich beachtlichen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erschließe.

In einem ersten Beschluss vom 10. März 2009, der sich auf beide genannten Schutzversagungsgründe stützt, ist die Anmeldung zurückgewiesen worden. Dem Beschluss war ein Internetausdruck zum Begriff "JUWELLED" beigefügt.

Die Anmelderin hat Erinnerung eingelegt und zur Begründung u. a. vorgetragen, dass für Leuchtmittel als solche kein Schutz begehrt werde. Das angemeldete Wort gebe es nicht, ebenso wenig wie "Büroglühbirne". Es gebe auch keine speziellen LED's für den vorzugsweisen Einsatz im Büro. Die genannte Marke "JUWELLED" sei eine für sie, die Anmelderin, unter der Nr. 30 2008 072 813 eingetragene deutsche Marke. Das angemeldete Zeichenwort stelle nach dem ersten Eindruck eine Phantasiebezeichnung dar, die zwanglos so ausgesprochen werden könne, dass der hintere Wortteil "LED" nicht in seiner Bedeutung erkannt werde. Die Unterscheidungskraft werde nicht dadurch zerstört, dass auf den zweiten Blick die Zusammensetzung aus zwei -mehr oder weniger beschreibenden -Bestandteilen gesehen werden könne.

Die Erinnerung ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 15. Oktober 2009 -Beamter des höheren Dienstes -zurückgewiesen worden, wobei dieser den Schwerpunkt der Argumentation auf die fehlende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gelegt hat. Dem Markenwort komme, nicht nur bezüglich der einzelnen Bestandteile sondern auch in der zusammengeschriebenen Form ein im Vordergrund stehender beschreibender Aussagegehalt zu (LED für das OFFICE). Die Zusammenschreibung sei nicht ungewöhnlich oder sprachunüblich (unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 681 -BIOMILD; GRUR 2008, 608 -EUROHYPO). Es sei für den Verkehr vorstellbar, dass auch andere Unternehmen LED-Leuchten für das Office unter dieser Bezeichnung vertreiben könnten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patentund Markenamts vom 10. März 2009 und vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke anzuordnen.

Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen gegenüber der Markenstelle vertritt sie die Auffassung, die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig. Um zu einer beschreibenden Sachangabe zu gelangen, müsse der angesprochene Interessent -bei dem es sich um einen "Normalverbraucher", nicht aber um einen Fachmann, handele -mehrere Gedankenschritte vollziehen: Er müsse zunächst die beiden sinntragenden Teile erkennen. Damit sei aber nicht ohne weiteres zu rechnen, weil "OFFICE" ein vollständiges Wort verkörpere, "LED" dagegen eine Abkürzung, die nur bei einer Aussprache mit den Einzelbuchstaben als solche erkannt werde. Nach erfolgreicher Zerlegung, Zuordnung der richtigen Bedeutung und Wiederzusammenfügung der Bestandteile ergebe sich kein sinnvoller Gesamtbegriff ("Büro-LED"). Soweit der Interessent dem Begriff "OFFICELED" einen Sinngehalt zuweisen möchte, könnte er möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, dass hiermit eine "Bürolampe, deren Leuchtmittel eine LED ist" gemeint sei. Derartige Gedankenschritte seien äußerst fraglich. Die seitens der Markenstelle angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs seien nicht vergleichbar.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, zumindest das erforderliche (Mindest-)Maß an Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift hat nach ständiger Rechtsprechung zur Voraussetzung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Nr. 66, 67 -EUROHYPO; GRUR 2006, 229, Nr. 27 -BioID; GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 -Maglite; GRUR 2004, 674, Nr. 34 -Postkantoor; BGH GRUR 2010, 935, Nr. 8 -Die Vision; GRUR 2009, 952, Nr. 9 -DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Nr. 18 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Waren abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 -SAT2).

Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst solchen Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel in Bezug auf die betriebliche Herkunft versteht (BGH GRUR 2001, 1051 -marktfrisch; GRUR 2005, 417 -BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die betreffenden Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2009, 411, Nr. 9 -STREETBALL; GRUR 2006, 850, Nr. 19 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 1998, 465, 468 -BONUS). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Waren in engem sachlichen Zusammenhang mit Produkten oder Dienstleistungsangeboten stehen, für welche die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, Nr. 20 -My World). Die Eignung, Waren ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2010, 935, Nr. 11 -Die Vision; GRUR 2006, 850, Nr. 19 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1042 -REICH UND SCHOEN).

Die Prüfung, ob die erforderliche Unterscheidungskraft vorhanden ist, muss nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eingehend und umfassend sein, um einerseits ungerechtfertigte Markeneintragungen, andererseits unsubstantiierte Zurückweisungen zu verhindern (vgl. GRUR 2003, 604, Nr. 59 -Libertel; GRUR 2004, 674, Nr. 123 -Postkantoor; GRUR 2004, 1027, Nr. 45 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; MarkenR 2010, 378, Nr. 45, 46 -Buchstabe alpha).

Das angemeldete Markenwort setzt sich aus den beiden Bestandteilen "OFFICE" (englisch für "Büro") und "LED", dessen Bedeutung als Abkürzung die Markenstelle zutreffend aufgezeigt hat und der in dieser Form auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen ist, zusammen. Dies werden auch deutsche Durchschnittsverbraucher, gerade im Blick auf die konkret beanspruchten Waren, ohne sonderliche Mühe erkennen. Für einen englischen Muttersprachler mag die Zusammenziehung -jedenfalls auf den ersten Blick -eher ungewöhnlich erscheinen, für deutsche Verbraucher gilt diese Überlegung aber nicht, weil im Deutschen die Zusammenschreibung von Wörtern, auch solchen fremdsprachlicher Herkunft, sprachüblich ist (vgl. z. B. BPatG, Beschluss vom 15.06.2010, 24 W (pat) 96/08 -printadvice).

Ob die angemeldete Bezeichnung, bei der es sich (mutmaßlich) um eine Wortneubildung handelt, für "11: Lampen und Leuchten (Beleuchtung)" glatt beschreibend ist (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), kann dahinstehen, weil jedenfalls ein enger beschreibender Bezug -was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie oben dargelegt, für die Verneinung von Unterscheidungskraft ausreicht -zwischen Leuchtmittel (LED) und Lampe besteht (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 19.01.2010, 24 W (pat) 79/08 -CHIP control). Die Anmelderin räumt selbst ein, dass der Sinngehalt "Bürolampe, deren Leuchtmittel ein LED ist" (objektiv) vorhanden ist. Dieser wird von einem entscheidungserheblichen Teil des deutschen Publikums auch erkannt werden. Diese Beurteilung gilt insbesondere in Anbetracht des maßgeblichen Verbraucherleitbilds des Europäischen Gerichtshofs, wonach stets auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rdn. 73).

Es mag durchaus naheliegen, dass die Endsilbe "LED" der angemeldeten Bezeichnung -wie die Anmelderin geltend macht -in der vorliegenden Kombination teilweise auch als Silbe, also nicht mit den Einzelbuchstaben, wiedergegeben wird. Aber abgesehen davon, dass ein -in jedem Fall rechtserheblicher -Teil des Verkehrs die allgemein geläufige Aussprache mit den Einzelbuchstaben bevorzugen wird, ist bei der Beurteilung der (absoluten) Schutzfähigkeit eines Markenworts ohnehin in erster Linie auf das optische Erscheinungsbild -d. h. die Frage, wie es gelesen, nicht, wie es gesprochen wird -abzustellen (vgl. auch EuGH GRUR 2004, 674, Nr. 99 -Postkantoor). Der Umstand, dass bei einer von zwei möglichen Ausspracheformen der enge beschreibende Bezug zu den beanspruchten Waren (möglicherweise) nicht auf Anhieb erkannt wird, führt somit im vorliegenden Fall nicht zur Bejahung eines Mindestmaßes an betriebskennzeichnender Hinweiskraft.

Nach allem ist der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg zu versagen.

Werner Richter Paetzold ist wegen Viereck Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Wernerbr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2011
Az: 24 W (pat) 41/10


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