Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 85/03

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2004, Az.: 25 W (pat) 85/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Entscheidung des Bundespatentgerichts betrifft einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke. Die Markenstelle hatte den Widerspruch abgelehnt, woraufhin die Widersprechende Beschwerde beim Bundespatentgericht eingelegt hat. Die Beschwerde wurde jedoch vom Gericht zurückgewiesen.

Es geht um die Marken "OMEGAMIN" und "Omegaven". Die Marke "OMEGAMIN" wurde für diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke eingetragen, während die Marke "Omegaven" für pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Infusions- und Injektionslösungen, geschützt ist.

Das Gericht stellt fest, dass die sich gegenüberstehenden Waren ähnlich sind, da sie von denselben pharmazeutischen Herstellungsbetrieben stammen, dieselben Vertriebswege haben und bei der Anwendung aufeinandertreffen. Es wird jedoch betont, dass sich die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere Fachpersonal und geschulte Laien, aufgrund der speziellen Art der Produkte mit hoher Aufmerksamkeit und Sorgfalt mit den Bezeichnungen befassen.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Marken trotz des gemeinsamen Bestandteils "Omega" in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht ausreichend unterschiedlich sind. Es wird darauf hingewiesen, dass der Anfangsbestandteil "Omega" auf Omega-Fettsäuren hinweist, was in Verbindung mit den gekennzeichneten Waren einen beschreibenden Hinweis darstellt. Die Buchstabenkombinationen in den Marken sind ebenfalls deutlich verschieden, was eine Verwechslungsgefahr verhindert.

Zusätzlich wird festgestellt, dass die Marken auch gedanklich nicht miteinander in Verbindung gebracht werden können. Der gemeinsame Bestandteil "Omega" ist nicht stark genug, um allein auf den gleichen Anbieter hinzuweisen, da auch andere Unternehmen diesen Bestandteil verwenden, um auf Omega-Fettsäuren in ihren Produkten hinzuweisen.

Das Bundespatentgericht weist die Beschwerde daher zurück und ordnet keine Kostenauferlegung an.

Insgesamt entscheidet das Gericht, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken besteht und der Widerspruch daher abgelehnt wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.11.2004, Az: 25 W (pat) 85/03


Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 16. Juni 1995 angemeldete Bezeichnung OMEGAMIN ist am 3. April 1996 unter der Nummer 395 24 967 in das Markenregister eingetragen worden und nunmehr noch für die Waren "Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, nämlich vollständig bilanzierte Sondennahrungen" geschützt. Dagegen hat die Inhaberin der am 29. März 1995 angemeldeten und für die Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Infusions- und Injektionslösungen sowie Zusätze für Infusionslösungen" geschützten Marke Nr 395 14 770 Omegaven Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 15. Januar 2003 durch einen Prüfer des höheren Dienstes den Widerspruch zurückgewiesen.

Ausgehend von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke werde das jüngere Zeichen den eher durchschnittlichen Anforderungen an den Markenabstand noch hinreichend gerecht. Die Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Waren liege im mittleren Bereich. Zwar könne zwischen pharmazeutischen und diätetischen Erzeugnissen regelmäßig engste Ähnlichkeit angenommen werden, jedoch sei kollisionsmindernd zu berücksichtigen, dass vorrangig Fachkreise angesprochen würden, welche eine gesteigerte Aufmerksamkeit walten ließen. Die klangliche Übereinstimmung im Anfangsbestandteil "Omega-" falle nicht so stark ins Gewicht, weil das vorrangig angesprochene Fachpublikum einen gewissen beschreibenden Anklang an naheliegende Inhaltsstoffe bzw an das Anwendungsgebiet (sog "Omega-3-Fettsäuren") erkennen werde. Die Verkehrskreise seien gehalten, die weiteren Markenbestandteile aufmerksamer zu betrachten, so dass die Unterschiede in den Wortenden nicht überhört werden könnten. Im schriftbildlichen Vergleich hebe sich das jüngere Zeichen ebenfalls noch ausreichend von der Widerspruchsmarke ab. Es gäbe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Marken begrifflich verwechselt oder gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Weder in der angegriffenen noch in der angreifenden Marke wirke "Omega" wie die eigentliche Kennzeichnung.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben und beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle vom 15. Januar 2003 aufzuheben und die Marke 395 24 967 zu löschen.

Die sich gegenüberstehenden Erzeugnisse Sondennahrung und Infusions- und Injektionslösungen kämen sich außerordentlich nahe. Sie stammten von denselben pharmazeutischen Herstellungsbetrieben, hätten dieselben Vertriebswege, träfen auch bei der Anwendung aufeinander und würden durch Manipulation mit mechanischen Mitteln in den Körper gebracht. Auch Fachkreise könnten nicht vor der Verwechslung der Bezeichnungen durch Verhören bewahrt werden. Die Vergleichsmarken würden akustisch durch den Bestandteil "Omega" geprägt. Die Endungen träten zurück und ähnelten sich zudem. Bei einer mündlichen Übermittlung sei eine Verwechslungsgefahr nicht von der Hand zu weisen. In Eile gegebene Anweisungen oder telefonische Anforderungen würden die Verwechslungsgefahr noch weiter steigern. Außerdem sei auch eine schriftbildliche Verwechselbarkeit gegeben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezieht sich insoweit auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und hat sich zur Sache nicht weiter geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke "OMEGAMIN" und der Widerspruchsmarke "Omegaven" besteht ausgehend von einem noch durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit und erheblicher Warenähnlichkeit nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Bei den sich gegenüber stehenden Waren handelt es sich um relativ spezielle Produkte, die sich vorwiegend an den Fachverkehr wenden. Soweit Laien ohne Einschaltung eines Arztes als Abnehmer in Frage kommen, handelt es sich um Personen, die bei diesen Waren eine besonders hohe Aufmerksamkeit walten lassen. Über die bei Produkten im medizinischen Bereich ohnehin übliche gesteigerte Aufmerksamkeit hinaus ist vorliegend von einer besonderen Sorgfalt auszugehen, da die Anwendung vollständig bilanzierter Sondennahrung ebenso wie die von Infusions- und Injektionslösungen eine gewisse Schulung erfordern und Art und Umfang des Einbringens der Produkte in den Körper auch Laien zur Vorsicht mahnen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher wegen der Art der Produkte unter keinen denkbaren Erwerbsumständen leichtfertig mit den Bezeichnungen umgehen.

Unter Berücksichtigung der Sorgfalt und Kenntnisse der angesprochenen Verkehrskreise weisen die Vergleichsmarken trotz der am Wortanfang durch den Bestandteil "Omega" bestehenden Gemeinsamkeiten in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht insgesamt einen noch ausreichenden Abstand auf. Bei den hier einschlägigen Verkehrskreisen, nämlich Fachpersonal und in Art und Anwendung der Produkte geschulte Laien, ist der bei den vorliegenden Waren beschreibende Hinweis des gemeinsamen Anfangsbestandteils "Omega" auf "Omega Fettsäuren" geläufig. Sie messen deshalb der Übereinstimmung im Anfangsbestandteil in kennzeichenrechtlicher Hinsicht kein starkes Gewicht bei. So gehören Omega-3 Fettsäuren und Omega-6 Fettsäuren zu den für Menschen essentiellen Nährstoffen, wobei insbesondere die Versorgung mit Omega-3 Fettsäuren auch in der Werbung propagiert wird und es viele Anbieter entsprechender Produkte wie zB Kapseln oder Cremes mit Omega Fettsäuren als Inhaltsstoffe gibt. So werden im Internet ua Abtei Omega-3 Lachsöl Kapseln, Schaebens Omega-3 Lachsöl 650 und Altapharma Lachsöl Omega-3 oder von der Baiersdorf AG eine Eucerin Th 20% Omega Fettsäuren Fettsalbe, die in hochkonzentrierter Form Omega-6 Fettsäuren enthält, angeboten. In Verbindung mit den hier zu beurteilenden Waren sieht der Verkehr in dem Anfangsbestandteil ein Hinweis, dass die Waren die Versorgung mit Omega-Fettsäuren verbessern können. Der Verkehr wird daher auf die weiteren Bestandteile besonders achten und sie nicht als bloße Endungen, sondern als für die Identifizierung und Kennzeichnung der Produkte wesentliche Bestandteile ansehen. Im Gesamteindruck, auf den es maßgeblich ankommt, gehen die Unterschiede zwischen "MIN" und "ven" daher nicht unter, da sowohl der Anlaut als auch der Vokal der letzten Silbe unterschiedlich klingen. Auch wenn die klangschwachen Konsonanten "m" und "v" und die hellklingenden Vokale "i" und "e" noch gewisse Berührungspunkte haben, sind die Unterschiede in der Kombination so erheblich, dass eine Verwechslungsgefahr verhindert wird. Hinzu kommt, dass bei der Widerspruchsmarke die letzte Silbe eine begriffliche Andeutung an "Vene" aufweist, die in Verbindung mit den damit gekennzeichneten Waren, die intravenös verabreicht werden können, nahe liegt, und die Unterschiede daher noch leichter erkannt und behalten werden. Selbst die Silbe "MIN" der angegriffenen Marke wird von einem Teil des Verkehrs mit einer begrifflichen Andeutung wie "Vitamin" oder "Mineralstoff" in Verbindung gebracht, so dass um so weniger mit Verwechslungen zu rechnen ist.

In schriftbildlicher Hinsicht reichen die Unterschiede ebenfalls aus. Auch insoweit wird der Verkehr aus den genannten Gründen nicht nur auf den Anfangsbestandteil, sondern zusätzlich auf die weiteren Buchstaben der Marke achten. Dabei fallen insbesondere die figürlichen Unterschiede zwischen den Buchstaben "M" und "V" auf, die in keiner Schreibweise zu übersehen sind. Hinzu kommen noch die Unterschiede zwischen "i" und "e", die jedenfalls bei einer Wiedergabe in Druckschrift deutlich erkennbar sind. Bezüglich handschriftlicher Wiedergabe ist zu berücksichtigen, dass diese auch im Arzneimittelbereich immer mehr zurückgedrängt wird und daher nur eine untergeordnete Rolle spielt. Selbst bei handschriftlicher Wiedergabe verhindert die auffällig unterschiedliche Buchstabenkombination "mi" in der angegriffenen Marke gegenüber "ve" in der Widerspruchsmarke, dass die Zeichen schriftbildlich in noch beachtlichem Umfang verwechselt werden können.

Es besteht gleichfalls nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die Zeichen weisen zwar den identischen Bestandteil "Omega" auf, jedoch ist dieser nicht geeignet, als Stammbestandteil einer Serienmarke der Widersprechenden zu wirken. Wegen des deutlich beschreibenden Begriffsanklangs ist dieser Bestandteil nicht so stark, dass der Verkehr annehmen könnte, allein auf Grund der Übereinstimmung in diesem Bestandteil wiesen die Zeichen auf den gleichen Anbieter hin. Diese Annahme besteht um so weniger, als auch andere Firmen den Bestandteil "Omega" auf Verpackungen deutlich sichtbar mitverwenden, wenn sie auf Omega Fettsäuren hinweisen, die zB in einer Creme oder einer Kapsel enthalten sind. Insoweit wird lediglich ergänzend auf die oben genannten Beispiele Bezug genommen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Kliems Sredl Bayer Na






BPatG:
Beschluss v. 23.11.2004
Az: 25 W (pat) 85/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8ab5c29774d1/BPatG_Beschluss_vom_23-November-2004_Az_25-W-pat-85-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share