Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. November 2008
Aktenzeichen: 21 W (pat) 42/06

(BPatG: Beschluss v. 25.11.2008, Az.: 21 W (pat) 42/06)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 11. April 2006 aufgehoben und das Patent erteilt.

BPatG 152 Bezeichnung: Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens Anmeldetag: 4. Mai 2004 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag, eingegangen am 22. September 2006, Beschreibung Seiten 1 und 8 bis 13, eingegangen am 4. Mai 2004, Beschreibung Seiten 2 bis 7 und 7a, eingegangen am 24. Februar 2005 und 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4, eingegangen am 4. Mai 2004.

Gründe

I Die Patentanmeldung wurde am 4. Mai 2004 unter der Bezeichnung "Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 1. Dezember 2005.

Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat mit Beschluss vom 11. April 2006 die Anmeldung zurückgewiesen, da die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptund Hilfsantrag gegenüber dem durch die Druckschrift D1 US 2004/0019275 A1 verkörperten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verfolgt ihre Patentanmeldung auf der Grundlage der am 22. September 2006 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag und 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag I weiter.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

1. Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens eines Patienten mit Hilfe eines Computertomographie-Gerätes (1), wobei:

1.1 zur Abtastung des schlagenden Herzens mindestens ein Fokus mit gegenüberliegendem Detektor, vorzugsweise einem Mehrzeilendetektor, um den Patienten (7) bewegt wird, 1.2 Detektorausgangsdaten des Detektors (3), welche die Schwächung der von dem mindestens einen Fokus ausgehenden Strahlen repräsentieren, zusammen mit mittelbaren oder unmittelbaren räumlichen Orientierungsdaten der Strahlen und, 1.3 EKG-Signale des schlagenden Herzens aufgenommen und gegebenenfalls zeitlich korreliert gespeichert werden, und weiterhin 1.4 zur Rekonstruktion der tomographischen Aufnahmen des Herzens nur Detektordaten verwendet werden, die aus einem ausgewählten Zyklusbereich des Herzzyklus stammen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 für mindestens einen Herzzyklus eine automatische und je Zyklus individuelle Auswahl des Zyklusbereichs, aus welchem die Daten zur Rekonstruktion stammen, durch Mustererkennung stattfindet, indem 1.6. vor der Durchführung der automatischen Auswahl des Zyklusbereiches, aus dem Detektordaten zur Rekonstruktion benutzt werden, ein typischer Signalverlauf (24) des aktuellen EKG (22) in diesem oder einem angrenzenden Bereich bestimmt wird und anschließend eine automatische Wiedererkennung dieses typischen Signalverlaufs (23), an dem sich die Bestimmung des gewünschten Bereiches zur Rekonstruktion orientiert, in mindestens einem Herzzyklus stattfindet.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 11. April 2006 aufzuheben und das Patent mit den mit Schriftsatz vom 22. September 2006 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hauptantrag zu erteilen, hilfsweise das Patent mit den mit Schriftsatz vom 22. September 2006 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag I zu erteilen.

Wegen der abhängigen Unteransprüche, der Ansprüche nach Hilfsantrag I und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet, denn das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Unteransprüche betreffen Ausgestaltungen des Gegenstands nach dem Anspruch 1, die übrigen Unterlagen erfüllen ebenfalls die an sie zu stellenden Anforderungen.

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens, bei dem mittels eines EKG-Signals die Daten zur Erstellung der CT-Schnittbilder auf bestimmte Zeitintervalle des Herzzyklus beschränkt werden, um Artefakte durch die Bewegung des Herzens zu vermeiden. Gemäß der Beschreibungseinleitung orientieren sich bekannte Verfahren am R-Zacken des EKG«s und definieren absolut oder prozentual dazu ein Zeitintervall, wobei das Problem der bekannten EKG-Triggerung darin liegt, dass nicht der tatsächliche Bewegungsbeginn der betrachteten Herzregion bestimmt wird. Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens zu finden, welches die jeweils betrachtete Herzphase besser definiert (siehe Offenlegungsschrift, Absatz [0005]).

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1, das gegenüber dem Stand der Technik neu ist und sich für den Fachmann, einem auf dem Gebiet der Computertomographie tätigen Dipl.-Physiker mit entsprechender Berufserfahrung in Medizintechnik auch in naheliegender Weise ergibt.

Die neuen Ansprüche sind zulässig, da sie aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen gebildet wurden.

Aus der Druckschrift D1 (siehe insbesondere die Fig. 1 bis 5 mit zugehöriger Beschreibung) ist unstreitig ein Verfahren zur Erstellung von tomographischen Aufnahmen eines schlagenden Herzens eines Patienten mit Hilfe eines Computertomographie-Gerätes gemäß den Merkmalsgruppen 1.1 bis 1.4 bekannt.

Die Druckschrift D1 beschreibt, dass beim bekannten Stand der Technik bestimmte Zeitintervalle relativ zum R-Zacken des EKG-Signals zur Datenauswertung benutzt werden und dadurch Änderungen in der Herzfrequenz oder Abnormalitäten im Herzzyklus nicht berücksichtigt werden (siehe Absatz [0048]). Die Druckschrift D1 schlägt daher vor, die Herzfrequenz und relevante statistische Daten zu verwenden, um jedes Zeitintervall unabhängig auswählen zu können (siehe Absatz [0050] und Anspruch 5). Die statistischen Daten können von Veröffentlichungen stammen und Informationen über den zeitlichen Signalverkauf eines Herzzyklus in Abhängigkeit von der Herzfrequenz, dem Geschlecht, Alter oder anderer Daten der Patienten enthalten (siehe Absatz [0049] und Anspruch 7). Gemäß Fig. 6 ist z. B. dargestellt, wie sich das als besonders vorteilhaft angesehene T-P-Intervall 78 (siehe Fig. 5), welches beim Herzzyklus zwischen der T-und P-Welle liegt und in dem das Herz keiner größeren Kontraktion unterworfen ist (siehe Absatz [0046]), in Bezug auf den Zeitpunkt der R-Zacke als Funktion der Herzfrequenz verändert.

Die Druckschrift D1 schlägt somit vor, ein geeignetes Zeitintervall zur Datenverarbeitung nicht absolut oder prozentual in Bezug auf den Zeitpunkt der R-Zacke zu bestimmen, sondern dieses Intervall in Bezug auf den Zeitpunkt der R-Zacke unter Berücksichtigung der Herzfrequenz festzulegen. Die Veränderungen des Herzzyklus mit der Herzfrequenz sollen dabei aus statistischen Daten gewonnen werden, wobei neben der Herzfrequenz auch weitere Patientencharakteristika wie z. B. Alter und Geschlecht berücksichtigt werden können.

Das beanspruchte Verfahren bestimmt dagegen die individuellen Zeitintervalle in einem Herzzyklus durch den Vergleich eines typischen Signalverlaufs des aktuellen EKG«s des Patienten mit dem Signalverlauf des betrachteten Herzzyklus, wobei dieser Vergleich durch Mustererkennung erfolgt. Demnach wird ein Zeitbezugspunkt in einem Herzzyklus insbesondere durch den Vergleich eines bekannten Zackens oder einer Welle im Signalverlauf des aktuellen EKG«s mit dem Signalverlauf dieses Herzzyklus durch Mustererkennung ermittelt.

Unter Mustererkennung versteht der Fachmann die Fähigkeit eines Systems, einen bestimmten Signalverlauf (ein Muster) in einem anderen Signal durch Regelmäßigkeiten, Ähnlichkeiten oder Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Für das Lernen und Erkennen komplexer Muster werden z. B. künstliche neuronale Netze eingesetzt.

Durch die von der Herzfrequenz abhängige Auswahl der Zeitintervalle gemäß der Druckschrift D1 ist eine Mustererkennung gemäß den Merkmalsgruppen 1.5 und 1.6 nicht vorweggenommen oder dem Fachmann nahe gelegt.

Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Bernhart Pü






BPatG:
Beschluss v. 25.11.2008
Az: 21 W (pat) 42/06


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