Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 132/02

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2004, Az.: 25 W (pat) 132/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die angegriffene Bezeichnung Amadinist am 6. Juli 1998 unter der Nummer 390 18 598 für "Arzneimittel, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für Kinder und Kranke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel" in das Markenregister eingetragen worden.

Die Inhaberin der älteren, seit dem 12. Juli 1996 eingetragenen Marke 395 47 592 Amdinhat hiergegen Widerspruch eingelegt. Die ältere Marke ist für "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke/Gesundheitspflege; diätetische Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineral stoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Aroma- und Geschmacksstoffen, Süßstoff entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, Aroma- und Geschmacksstoffen, Süßstoff, soweit in Klasse 30 enthalten" eingetragen.

Das Widerspruchsverfahren ist am 14. September 1999 abgeschlossen worden.

Die Markenstelle hat mit Beschluß vom 14. September 2000 dem Widerspruch stattgegeben, die Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Bei teilweise möglicher Warenidentität bis teilweise entfernter Warenähnlichkeit und bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke müssten an den markenrechtlichen Abstand der Marken im Bereich identischer Waren strenge, mit abnehmender Warenähnlichkeit entsprechend geringere Anforderungen gestellt werden. Diese seien gleichermaßen in klanglicher Hinsicht nicht erfüllt. Trotz unterschiedlicher Silbenzahl und des zusätzlichen Vokals "a" in der angegriffenen Marke bestehe hochgradige klangliche Übereinstimmung, zumal die Betonung jeweils auf der Endung "-din" liege.

Die hiergegen von der Inhaberin der angegriffenen Marke eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluß der Erinnerungsprüferin vom 5. März 2002 zurückgewiesen. Bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie wegen der Registerlage und den zu beachtenden Verkehrskreisen seien nicht übermäßig strenge Anforderungen zu stellen. Dennoch seien Verwechslungen der Marken trotz der Sorgfalt beim Erwerb der Waren nicht auszuschließen. Die zusätzliche Silbe in der angegriffenen Marke falle im Hinblick auf die Stellung in der Wortmitte nicht deutlich genug auf, um dem Markenwort ein eigenständiges klangliches Gepräge zu geben. Die Wörter seien auch nicht so kurz, dass die minimale Abweichung auf jeden Fall bemerkt würde.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt die Inhaberin der angegriffenen Marke, die Beschlüsse der Markenstelle vom 14. September 2000 und vom 5. März 2002 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 395 47 592 zurückzuweisen.

Nachdem auch Endverbraucher zu den hier maßgeblichen Verkehrskreisen gehörten, die den beanspruchten bzw geschützten Waren eine gesteigerte Aufmerksamkeit zukommen ließen, wirke sich dies ebenso kollisionsmindernd aus wie die zusätzliche 3. Silbe in der angegriffenen Marke, die zu einer anderen Betonung und zu einem anderen Klangbild führe. Da die Produkte der Widersprechenden weder in der Gelben noch in der Roten Liste aufgeführt seien, werde vorsorglich die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach weisen die Marke erhebliche Gemeinsamkeiten auf, so dass Verwechslungsgefahr bestehe. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sie sich der Argumentation der Markenstelle an. Zusätzlich bestehe die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, da sich in diesem Zusammenhang die Übereinstimmungen stärker auswirkten als die Abweichungen der Markenwörter. Im übrigen sei § 26 Abs 5 MarkenG zu beachten; die Benutzungsschonfrist laufe erst am 14. September 2004 ab.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist zurückzuweisen.

Die Markenstelle hat nach Auffassung des Senats die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken zutreffend beurteilt und die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht angeordnet, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin kann demgegenüber keinen Erfolg haben.

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke aus. Anhaltspunkte, die in eine andere Richtung weisen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nachdem die Nichtbenutzungseinrede wegen der zu beachtenden Benutzungsschonfrist nicht wirksam erhoben werden konnte, ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Da die Präparate weder der angegriffenen Marke noch der Widerspruchsmarke rezeptpflichtig sind, was sich verwechslungsmindernd auswirken könnte (vgl BPatGE 44, 33 - Orbicin/ORBENIN), sind allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen. Dabei ist jedoch nicht nur auf einen sich nur flüchtig mit dem Produkt befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder der Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942 - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd / Loints) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, mit gesteigerter Aufmerksamkeit begegnet (vgl BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal / Indohexal).

Die sich hier gegenüberstehenden Produkte können im Bereich von Arzneimitteln, pharmazeutischen Erzeugnissen, Präparaten für die Gesundheitspflege sowie diätetischen Erzeugnissen identisch, im übrigen ähnlich sein. Selbst wenn aber für die nur ähnlichen Waren ein höchstens mittlerer Abstand zugrunde gelegt würde, reichen die Unterschiede der Markenwörter nicht aus, um Verwechslungen im Verkehr entgegen zu wirken.

Zwar ist bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich auf den Gesamteindruck der Marken abzustellen (vgl BGH MarkenR 2002, 49 - ASTRA / ESTRA-PUREN). Da Übereinstimmungen das Erinnerungsvermögen des durchschnittlichen Verbrauchers jedoch stärker als Abweichungen beeinflussen, müssen diese eine nachhaltige Wirkung auf den Gesamtklang eines Markenwortes ausüben können, um den Eindruck gleicher Marken auszuräumen (vgl hierzu BGH GRUR 1999, 587 - Cefallone; GRUR 2003, 1047 - Kellogg's / Kelly's).

Maßgeblich wird der Gesamteindruck beider Marken hier von den Übereinstimmungen in der Lautfolge "Amdin" geprägt, die sich auf den Sprechrhythmus und auf die Betonung auswirken. Auch wenn es für Phantasiewörter wie den vorliegenden Marken keine festen Betonungsregeln gibt (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9, Rdnr 197 mwN), ist damit zu rechnen, dass bei einer ungezwungenen Aussprache sowohl die angegriffene als auch die Widerspruchsmarke häufig auf der jeweils letzten Silbe betont werden. Daraus folgt ein relativer Gleichklang der Wörter, der lediglich durch das zusätzliche "a" in der Wortmitte der angegriffenen Marke verändert wird. Da dieser Vokal hier in der unbetonten Mitte des Markenwortes platziert ist, so dass ihm eine eher untergeordnete Bedeutung zukommt, kann er den Eindruck einer klanglichen Übereinstimmung nicht so prägnant beeinflussen, dass ein Verhören mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist.

Zudem handelt es sich nicht um sog Kurzwörter, bei denen gemessen an der Wortlänge Abweichungen deutlicher zu Tage treten können als bei längeren, eher unübersichtlichen Wörtern, so dass zwar im Einzelfall der Unterschied in nur einem Laut bzw Buchstaben Verwechslungen auszuschließen vermag. Zwei- bzw dreisilbige Wörter mit 5 oder mehr Buchstaben stellen allerdings keine Kurzwörter mehr dar, so dass dieser Grundsatz auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden kann (vgl Ströbele/Hacker, aaO, § 9, Rdnr 193). Abgesehen davon wäre aber auch im Falle von Kürzwörtern grundsätzlich der jeweilige Gesamteindruck Maßstab für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr.

In gleicher Weise sind Verwechslungen auch in schriftbildlicher Hinsicht zu befürchten, da der Unterschied in nur einem mittleren von 5 bzw 6 Buchstaben das Schriftbild nicht nachhaltig genug beeinflussen kann. Die Veränderung bleibt, gleichgültig ob in handschriftlicher oder gedruckter Form, relativ unbedeutend im Vergleich zu den übrigen, auch in der Reihenfolge übereinstimmenden Buchstaben.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

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BPatG:
Beschluss v. 25.03.2004
Az: 25 W (pat) 132/02


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