Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. April 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 146/00

(BPatG: Beschluss v. 17.04.2002, Az.: 29 W (pat) 146/00)

Tenor

1. Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Januar 2000 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer: Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 36 und 39 zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke

"TelCo1"

soll für die Waren- und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 39: Transport- und Lagerwesen;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 3. Januar 2000 gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen, da die angemeldete Marke freihaltebedürftig sei. Der Markenbestandteil "TelCo" sei in der Schreibweise "telco" mit der Bedeutung "telephone company" in drei Abkürzungsverzeichnissen belegt. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, daß der Fachverkehr und interessierte Laien mit dem Begriff "telco" vertraut seien. Der Markenbestandteil "TelCo" werde als nur unwesentlich veränderte Schreibweise der genannten Abkürzung von insgesamt noch beachtlichen Teilen des Verkehrs ohne weiteres als die englischsprachige Abkürzung für den Begriff "Telefongesellschaft" verstanden und demgemäß als beschreibende Sachangabe zur Bezeichnung des Betätigungsfeldes der Gesellschaft aufgefaßt werden. Mit der nachgestellten Ziffer 1 werde die Sachbezeichnung ergänzt bzw im Sinne einer Spitzenstellung der Telefongesellschaft präzisiert. Hierzu hat die Markenstelle auf den Beschluß vom 9. Februar 1996, 32 W (pat) 183/95 - CONCEPT ONE sowie auf die dem angefochtenen Beschluß beigefügten Werbeanzeigen zur Herausstellung der Nummer 1 bzw Nr 1 verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, in der sie vorträgt, daß es sich bei der angemeldeten Marke um eine Wortneuschöpfung handele, die in der deutschen Sprache in der angemeldeten Form völlig unbekannt und lexikalisch nicht nachweisbar sei. Die Kurzbezeichnung "telco" habe weder als solche noch als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Die englischsprachige Abkürzung werde im Inland nicht allgemein verstanden. Auch wenn Englisch eine Welthandelssprache sei, so gehöre das Wort "telco" nicht zum englischen Grundwortschatz und es sei auch nicht in allgemeinen Wörterbüchern aufgeführt. Außerdem komme es bei den beanspruchten Waren- und Dienstleistungen auf den angesprochenen Endverbraucher an, dem Fachbegriffe erfahrungsgemäß nicht geläufig seien. Die einzelnen Markenbestandteile könnten überdies auf verschiedene Begriffe hinweisen: "Tel" als Hinweis auf Telefax, Telegraph und Telekommunikation und "Co" auf "country" bzw auf das Präfix "Mit-, mit-". Selbst wenn der Markenbestandteil "Co" als Kurzbezeichnung für "company" geläufig sei, werde damit keine der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen betreffende Beschaffenheitsaussage vermittelt. Schließlich sei die Ziffer 1 ohne weitere hinzugedachte Zusätze als Teil der Gesamtmarke in ihrem Aussagegehalt nicht eindeutig. Es bestehe kein konkretes Freihaltebedürfnis und die angemeldete Marke sei in ihrer Gesamtheit auch unterscheidungskräftig.

Sie beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Senat hat das Ergebnis der Recherche zum Begriff "Telco" zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II Die Beschwerde hat nur teilweise Erfolg, da der angemeldeten Marke mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl BGH GRUR 2002, 94 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989 - HOUSE OF BLUES; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU).

1.1 Der Markenbestandteil "TelCo" setzt sich aus den einzelnen Wortteilen "Tel" sowie "Co" zusammen, was durch die Großschreibung des jeweils ersten Buchstabens der einzelnen Wortteile deutlich erkennbar ist. Jeder Wortteil stellt eine Abkürzung für ein Einzelwort dar, die in der Kombination den Begriff "telephone company" ergeben. In der Schreibweise "Telco", "telco" bzw "TELCO" ist die Bezeichnung mehrfach lexikalisch als Kurzform für Telephone Company (Telefongesellschaft) belegt (vgl zB COMPUTER Lexikon Fachwörterbuch Deutsch-Englisch Ausgabe 2001, Microsoft Press, S 693; Acronymes, Initialisms & Abbreviations Dictionary, 1992, Seite 3379; E.Kajan Information Technology Encyclopedia and Acronyms, S 520; Peter Wennrich International Dictionary of Abbreviations and Acronyms of Electronics, Electrical Engineering, Computer Technology, and Information Processing-Englisch/Deutsch Bd 2, S 375, Hans Herbert Schulze Computerkürzel, 1998, Seite 393; De Sola, Abbrevations Dictionary 7th Edition, Seite 919; Jacob Vlietstra Dictionary of Acronymes and Technical Abbreviations, 1997, Seite 616 sowie TELCO = Telephone Company in www.acronymfinder.com vom 6.2.2002).

Eine Mehrdeutigkeit der Bezeichnung "TelCo" ergibt sich nach Auffassung des Senats nicht aus den verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten der einzelnen Wortteile. Denn in der Kombination der Kurzbezeichnungen "Tel" und "Co" zu "TelCo" besteht für den Verkehr keine Veranlassung, bei Waren und Dienstleistungen des Telekommunikationsbereichs anstelle der naheliegenden und allein sinngebenden Aussage bei "Co" an das Wort County oder an das Präfix Mit-/mit zu denken, insbesondere wenn dieses nachgestellt ist.

Die Abkürzung "TelCo" kann im Verkehr als Bezeichnung der Art der Telekommunikationsdienstleistungen von Telefongesellschaften im allgemeinen dienen, wie die Ermittlungen des Senats ergeben haben. So wird unter der Überschrift "TELCOS HINKEN HINTERHER" berichtet, daß sich die Kurse europäischer Telecomkonzerne wegen der hohen UMTS-Kosten deutlich schlechter entwickelt hätten als der Gesamtmarkt. Die Telcos werden als wichtige Kunden der Banken bezeichnet und es ist die Rede davon, daß einzige Telcos zu aggressiver Verbuchung übergegangen seien (vgl BÖRSE ONLINE - Das Anlegermagazin Nr 11 v. 7.-14.3.2002, S 36, 38). Der Bericht enthält eine Reihe von Schaubildern, in denen 6 führende europäische Telefongesellschaften aufgelistet sind und nach den unterschiedlichsten Kriterien analysiert werden.

Der Senat geht davon aus, daß die angemeldete Bezeichnung nicht nur für Fachleute Bedeutung hat, sondern sich an breite Kreise des interessierten Publikums richtet. Mit der Einführung der Aktie der Anmelderin als Volksaktie und der täglichen Aufnahme von Aktienkursen in die Telekommunikationsdienstleistungen von Fernsehen, Funk und sonstigen Medien sind sämtliche relevanten Verkehrskreise angesprochen, wenn es um den Marktauftritt und um technische Neuerungen auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie die wirtschaftliche Entwicklung von Telefongesellschaften geht. Insoweit hat sich die Sachlage gegenüber dem Zeitpunkt der Entscheidung des Kammergerichts vom 12. Mai 2000 (5 U 9058/98 in ZUM-RD 1/2001, S 26, 29 - Telekom/telco) geändert.

Der weitere Bestandteil der angemeldeten Bezeichnung, die Ziffer 1, kann - wie auch die Anmelderin vorträgt - zwar ohne zusätzliche Anhaltspunkte nicht als Inanspruchnahme einer Spitzenstellung gewertet werden. Für eine derartige Annahme wären hier weitere Markenelemente erforderlich, wie zB Nummer 1, No. 1, Die Nr 1 in München, die Darstellung der 1 auf einem Siegerpodest, Nummer EINS oder der Angabe World Cup Sieger mit einer Rennflagge uä, wie es bei den von der Markenstelle angegebenen Beispielen der Fall ist (vgl auch BGH, Beschl v. 18. April 2002 - I ZB 23/99 - Zahl "1", Umdr. 9). Gleichwohl ist die Ziffer 1 vorliegend nicht geeignet, in Verbindung mit "TelCo" kennzeichnend zu wirken, sondern der Verkehr wird sie lediglich numerisch als Angabe einer von mehreren Telefongesellschaften auffassen. Die Situation ist ähnlich wie auf dem Gebiet der Sendung und Weitersendung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, bei der der Verkehr allgemein an die beschreibende Verwendung derartiger einstelliger Ordnungszahlen (zur Unterscheidung einzelner Programme eines Senders) gewöhnt ist (BGH aaO iVm BGH GRUR 2000, 608, 610 - ARD-1).

Die angemeldete Marke "TelCo 1" als allgemeine Bezeichnung für eine von mehreren nationalen, europäischen oder internationalen Telfongesellschaften weist unmittelbar auf die Art der Dienstleistungen hin, die eine Telefongesellschaft typischerweise erbringt. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie die Herstellung von Telefonverbindungen und damit die Dienstleistung der Telekommunikation an sich sowie der Betrieb und die Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation an Kunden, da diese Dienstleistungen gewöhnlich im Rahmen des Betriebs eines Telefon- oder Datennetzes von einer Telefongesellschaft erbracht werden. Da der Betrieb eines Telefon- oder Datennetzes üblicherweise computergesteuert abläuft, was spezielle Software und spezielle leistungsfähige, auf schnellen Zugriff und dauerhafte Archivierung ausgerichtete Datenträger bedingt und diese Programme stets dem neuesten Stand der Technik und den Erfordernissen diverser Telekommunikationsstandards angepaßt sein sollen, zählen die Dienstleistung des Erstellens von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Datenbankanwendungen ebenfalls zum Tätigkeitsfeld einer Telefongesellschaft. Auch im Hinblick auf die üblicherweise von Telefongesellschaften angebotenen Telefon- und Adressauskunftsdienste werden Datenbankdienstleistungen erbracht. Ferner gehören heutzutage auch Leasing-Dienste für Telekommunikationsendgeräte als Datenverarbeitungseinrichtungen zum Leistungsspektrum einer Telefongesellschaft. Zum Betrieb des vorstehend angesprochenen Telefon- und Datennetzes zählt auch dessen Projektierung und Planung im Rahmen der üblichen Netzwerkplanung sowie der Einsatz der für die Erbringung der Telefondienste erforderlichen Kernwaren, die im engsten Zusammenhang mit diesen stehen. So werden Telefonapparate zur Übertragung, Anrufbeantworter zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton sowie Faxapparate zur Übertragung von Bildern oder Daten üblicherweise von einer Telefongesellschaft vertrieben und beispielsweise im "Telekom-Laden" der Anmelderin angeboten. Dasselbe gilt auch für Druckereierzeugnisse, beispielsweise in Form von Telefonkarten aus Karton oder Plastik. Der Sachverhalt unterscheidet sich insofern maßgeblich von den Voraussetzungen, die der Entscheidung des BGH (GRUR 1999, 1988 - HOUSE OF BLUES) zugrundelagen, wonach "eine Bezeichnung, die der Beschreibung eines kaufmännischen Betriebes dienen und insofern freizuhalten sein kann, nicht notwenig auch der Bezeichnung der in einem solchen Betrieb veräußerten Waren dienen muß".

2. In bezug auf die Waren und Dienstleistungen "Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate oder -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Versicherungswesen, Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Transport- und Lagerwesen" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke "TelCo1" weder ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG noch das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG feststellen. Die angemeldete Marke stellt insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf hinreichend eng mit den Waren und Dienstleistungen verbundene Merkmale dar (BGH GRUR 2001, 1043 - GUTE ZEITEN - SCHLECHTE ZEITEN; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE). Die angemeldete Marke weist insoweit nicht unmittelbar auf verkehrswesentliche Eigenschaften hin, so daß sie nicht als reine Sachangabe verstanden wird.

Grabrucker Richter Baumgärtner ist im Urlaub und daher verhindert, den Beschluß zu unterzeichnen.

Grabrucker Pagenberg Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.04.2002
Az: 29 W (pat) 146/00


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