Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 18. März 2008
Aktenzeichen: L 1 B 21/07 AL

(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 18.03.2008, Az.: L 1 B 21/07 AL)

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers werden der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 03.07.2007 und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.05.2007 geändert. Die Beklagte hat dem Kläger und Beschwerdeführer weitere 35,- Euro nebst 19 % Umsatzsteuer zu erstatten. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger stritt mit der Beklagten über die Rückforderung von Arbeitslosengeld. In der Sitzung vom 18.04.2007 verglichen sich die Beteiligten dahin, dass die Beklagte die Erstattungsforderung reduzierte und die Kosten des Verfahrens "gegeneinander aufgehoben" wurden.

Den Antrag der Bevollmächtigten des Klägers auf Festsetzung der Gebühren und Auslagen vom 24.04.2007 in Höhe von 805,04 Euro reduzierte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Detmold am 31.05.2007 auf 763,38 Euro, weil die Beratungshilfegebühr, die im Verwaltungsverfahren entstanden war, zur Hälfte (35,- Euro) angerechnet wurde.

Die Erinnerung der Bevollmächtigten des Klägers vom 06.06.2007 wies das Sozialgericht Detmold mit Beschluss vom 03.07.2007 zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.

Hiergegen hat die Bevollmächtigte des Klägers am 23.07.2007 Beschwerde eingelegt und trägt vor, eine Anrechnung könne nur stattfinden, wenn die Tätigkeit außerhalb eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens entstanden sei. Im vorliegenden Fall sei dies aber anders. Hier habe die Beratungshilfe ein behördliches Verfahren zum Gegenstand gehabt. Da der Klage ein Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei, das sie über die Beratungshilfe abgerechnet habe, scheide die Anrechnung der Gebühr zur Hälfte aus.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin bezieht sich auf die den angefochtenen Beschluss tragenden Gründe und hält die Beschwerde für unbegründet.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Detmold hat in dem angefochtenen Beschluss über die Erinnerung und in dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu Unrecht die Hälfte der Gebühren der Beratungshilfe auf die an den Kläger zu erstattenden Kosten angerechnet.

Die durchgeführte Anrechnung ist ohne Rechtsgrund erfolgt.

Zwar bestimmt VV 2503 des RVG-Vergütungsverzeichnisses (bis zum 30.06.2006: VV 2603; davor § 132 Abs. 2 Satz 2 BRAGO), dass "auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren diese Gebühr zur Hälfte" anzurechnen ist. Mit der Gebühr ist die Gebühr für Beratungshilfe gemeint.

In den Gesetzesmaterialien hierzu ist ausgeführt, dass auch die für die Beratungshilfe gezahlte Gebühr auf die Gebühren des Rechtsanwalts für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren angerechnet werden soll (BT-Drucksache 8/3311 S. 16). Dieser Satz wird aber in den Gesetzesmaterialien eingeleitet mit "Wie allgemein nach § 118 Abs. 2 BRAGO". Nach dem seinerzeit geltenden § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO ist die in § 118 Abs. 1 Nr. 5 BRAGO bestimmte Geschäftsgebühr jedoch nur dann auf die entsprechenden Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren anzurechnen, wenn sie außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entsteht. Durch die Bezugnahme auf § 118 Abs. 2 BRAGO bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die nach dem seinerzeitigen § 132 Abs. 2 Satz 2 BRAGO in Betracht kommende hälftige Anrechnung der Gebühren der Beratungshilfe für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren nur in Betracht kommt, wenn die Beratungshilfe außerhalb eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens erfolgt ist. Eine Anrechnung ist deswegen von der Rechtsprechung abgelehnt worden (vgl. SG Hannover, Beschluss vom 03.04.1998, NdsRhfl 1999, 48; VG Oldenburg, Beschluss vom 30.01.1990, 5 A 447/88; VG Stuttgart, Beschluss vom 12.03.2002, A 5 K 11182/98 m.w.N.).

Das, was für die seinerzeitige Anrechnungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Satz 2 BRAGO galt, hat auch für die nunmehrige inhaltsgleiche Vorschrift im VV 2503 des RVG-Vergütungsverzeichnisses Bedeutung. Die Beschränkung der Anrechnung der Beratungshilfe auf Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens macht auch schon dadurch Sinn, weil die Verfahrensgebühr nach VV 3102 f. RVG VV - wie die Bevollmächtigte des Klägers und Beschwerdeführers zu Recht ausgeführt hat - ohnehin schon geringer ist, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 193 SGG zu tragen.






LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 18.03.2008
Az: L 1 B 21/07 AL


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