Landgericht Köln:
Urteil vom 17. August 2006
Aktenzeichen: 29 O 284/05

(LG Köln: Urteil v. 17.08.2006, Az.: 29 O 284/05)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 23.08.2005 sowie 21.02.2006 gefasste Beschluss zur Bestellung des Herrn Rechtsanwalt Q zum Geschäftsführer der GbR Gewerbezentrum Z-Straße 175 rechtswidrig und damit unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 43 %, die Beklagten zu 57 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin und die Beklagten sind Gesellschafterinnen der

GbR Gewerbezentrum Z-Str. 174 (nachfolgend "Grundstücksgesellschaft" genannt). Diese ging aus einer Erbengemeinschaft nach dem am 15.11.1972 verstorbenen X hervor. Dieser gründete vor dem 2. Weltkrieg die Firma "Kölner Ofenrohrfabrik". Im Jahre 1950 erwarb er das Grundstück Z-Str. 175 mit einer Gesamtgröße von 24.238 qm. Die nicht für seinen Betrieb genutzten Flächen bebaute er mit Mietobjekten und vermietete sie an Dritte.

Herr Wilhelm X verstarb am 15.11.1972. Er hinterließ drei Töchter aus erster Ehe, nämlich die Klägerin, die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2), sowie eine Tochter aus zweiter Ehe, die Beklagte zu 3). Alle vier Töchter beerbten ihn zu gleichen Teilen.

Das Nachlassvermögen umfasste unter anderem eine Verzinkerei in Bremen, die Kölner Ofenrohrfabrik und das teils betrieblich genutzte Grundstück Z-Str. 175. Im Rahmen der Erbteilung einigten sich die Erben darauf, den Betrieben neue Gesellschafterverträge zu geben und die Verwaltung nach Familienstämmen aufzuteilen. Die Klägerin (Familienstamm L2) sollte dabei die Grundstücksgesellschaft leiten. Für die Grundstücksgesellschaft schlossen die Parteien im Jahre 1973 einen Gesellschaftsvertrag.

Dieser bestimmte unter anderem in § 4 Abs. 1, dass ein geschäftsführender Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft führen sollte; in § 4 Abs. 2, dass der geschäftsführende Gesellschafter für drei Jahre gewählt wurde und gemäß § 4 Abs. 6 sollte die Klägerin die Geschäfte der Gesellschaft bis Ende 1977 führen. Die Erben setzten die Regelungen dieses Gesellschaftsvertrages nachfolgend nicht um. So fand die vorgesehene Wahl des geschäftsführenden Gesellschafters nicht statt. Vielmehr übte die Klägerin ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der Grundstücksgesellschaft ohne die vereinbarte Neuwahl bis zu ihrer schweren Erkrankung zum Jahre 1980 aus. Anschließend übertrugen die Erben abweichend von § 4 des Gesellschaftsvertrages einem Fremdgeschäftsführer, dem damaligen Geschäftsführer der Kölner Ofenrohrfabrik, Herrn S2 die Geschäfte. Herr S2 führte die Geschäfte bis 1990. Danach wurde die Grundstücksverwaltung der Fa. H2 & G übertragen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Mitarbeiter der Fa. H2 & G, Herr U, zum Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Z-Straße 175 bestellt worden ist oder ob er als Hausverwalter für die Gesellschaft tätig war.

Im Zusammenhang mit dem Konkurs der Kölner Ofenrohrfabrik 1992 baten die Gesellschafterinnen Rechtsanwalt Dr. L2 - Sohn der Klägerin - als Mitglied der Familie und Vertreter des Familienstammes L2, die Geschäfte der Grundstücksgesellschaft gemeinsam mit dem Hausverwalter Herrn U zu führen. Herr Dr. L2 übte bereits seit dem Jahre 1992 die Gesellschafterrechte für seine erkrankte Mutter aus, die ihm zusammen mit seinem Bruder ihren Geschellschaftsanteil unter Vorbehaltsnießbrauch mit Übertragungsvertrag vom 21.11.1994 übertrug. Der Miteigentumsanteil der Klägerin wurde am 10.03.2003 im Wege der Grundbuchberichtigung auf Herrn Dr. L2 allein umgeschrieben. Am 12.08.1993 bestellten die Gesellschafterinnen Herrn Dr. L2 zum geschäftsführenden Gesellschafter.

Am 06.06.1995 schlossen die Gesellschafterinnen einen neuen Gesellschaftsvertrag. Die Geschäfte der Gesellschaft konnten gem. § 4 Abs. 1 nun auch durch einen Nichtgesellschafter geführt werden. Herr Dr. L2 setzte seine Tätigkeit als Geschäfsführer der Gesellschaft fort. Am 06.06.1995 erteilten die Gesellschafterinnen Dr. L2 eine notarielle Generalvollmacht (Bl.95 GA).

Erstmals kam es zu Streitigkeiten im Gesellschafterkreis im Jahre 2001. Die Beklagte zu 3) beauftragte die Wirtschaftsprüfer V pp., Leipzig, eine Buchführung (nach den Grundsätzen der Unterschlagungsprüfung) durchzuführen. Die Prüfung der Wirtschaftsprüfer V pp. ergab, dass sämtliche Bücher und Schriften einwandfrei und ordnungsgemäß geführt worden waren und die Geschäfte zu keinerlei Beanstandungen Anlass gaben. Weitere Streitigkeiten folgten. Durch Schreiben vom 01.07.2005 (Bl.128GA) teilte der Bevollmächtigte der Beklagten zu 3), Rechtsanwalt X3, Herrn Dr. L2 ohne Angabe eines Grundes mit, dass die Gesellschafter ihn abberufen wollten.

Mit Schreiben vom 19.07.2005 berief Rechtsanwalt O aus der Sozietät Rechtsanwälte T pp. (jetzt M/Q namens und in Vollmacht der Beklagten zu 3) eine Gesellschafterversammlung auf den 16.08.2005 ein. Auf der Tagesordnung stand unter Ziff. 1) die Beschlussfassung über die Abberufung von Herrn Rechtsanwalt Dr. L2 als geschäftsführender Bevollmächtigter der Grundstücksgesellschaft und der Widerruf der Vollmacht vom 06.06.1995. Unter dem Tagesordnungspunkt 2) wurde die Beschlussfassung über die Kündigung der Honorarabrede zwischen der Grundstücksgesellschaft und Herrn Rechtsanwalt Dr. L2 angekündigt. Ziff. 3) der Tagesordnung beinhaltete die Beschlussfassung über die Wahl von Herrn Rechtsanwalt Q zum Bevollmächtigten der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175. Ziff. 4) der Tagesordnung beinhaltete die Beschlussfassung über die Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages des Gewerbezentrums zum nächstmöglichen Termin, spätestens zum 31.12.2005.

Herr Dr. L2 lud seinerseits mit Schreiben vom 22.07.2005 zu einer neuen Gesellschafterversammlung auf den 23.08.2005 ein. Mit Schreiben vom 28.07.2005 teilten die Rechtsanwälte T pp. Herrn Dr. L2 mit, dass es bei der Gesellschafterversammlung am 16.08.2005 bleibe.

Herr Dr. L2 sah keine Grundlage mehr für eine Weiterführung der Geschäftsführung und legte deshalb mit Schreiben vom 15.08.2005 seinerseits die Geschäftsführung aus wichtigem Grund nieder, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass er bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers kommissarisch die Geschäfte weiterführe.

Herr Dr. L2 beauftragte Rechtsanwalt C2, für ihn die Gesellschafterversammlung vom 23.08.2005 wahrzunehmen, zu der er eingeladen hatte. Zu diesem Termin erschien Herr Rechtsanwalt S für die Beklagten und teilte mit, dass am 16.08.2005 eine Gesellschafterversammlung stattgefunden habe und dort zu sämtlichen Tagesordnungspunkten Beschlüsse gefasst worden seien. Eine Kopie des Protokolls liege den Gesellschaftern noch nicht vor, werde jedoch nachgereicht. Sämtliche Beschlüsse seien im Sinne der Anträge gefasst worden.

In der Gesellschafterversammlung vom 23.8.2005 wurde über den Tagesordnungspunkt 1) im Hinblick auf die Niederlegung der Geschäftsführung nicht abgestimmt. Über den Tagesordnungspunkt 3) - Wahl Rechtsanwalt Q zum Geschäftsführer - wurde abgestimmt; Herr Rechtsanwalt S in Vertretung für die Beklagten stimmte für den Antrag, für Herrn Dr. L2 stimmte sein Vertreter Rechtsanwalt C2 gegen den Antrag. Laut Protokoll wurde festgestellt, dass 75 % der vertretenen Anteile für den Antrag sind und 25 % gegen den Antrag. Dasselbe Abstimmungsergebnis erfolgte bezüglich des Tagesordnungspunktes 4) - Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages - . Nach dem vorgelegten Protokoll der Gesellschafterversammlung erfolgte keine Beschlussfassung dazu, die Hausverwaltung T2 als neue Hausverwaltung zu bestellen.

Herr Rechtsanwalt S, der von Herrn N bevollmächtigt war, legte in der Versammlung keine Vollmacht der Gesellschafterin N2 für ihren Sohn vor. Herr S teilte mit, dass eine solche Urkunde aktuell nicht vorläge, sie aber nachgereicht werden könne. Er erklärte, dass N2 ihren Sohn bevollmächtigt habe, sie bei allen Gesellschafterversammlungen der GbR zu vertreten und diese Vollmacht die Berechtigung enthalte, Untervollmachten zu erteilen. Mit Schriftsatz vom 27.01.2006 reichten die Beklagten die Vollmacht vom 17.8.2005 (Bl.203 GA) zu den Akten.

Am 21.02.2006 fand eine weitere Gesellschafterversammlung statt, zu der Rechtsanwalt Q mit Schreiben vom 20.1.2006( Bl.269 GA) in seiner Funktion als geschäftsführender Bevollmächtigter und Vertreter der Gesellschafterinnen X, A und N, eingeladen hatte. In dieser Versammlung bestellten die Beklagten mit ihrem Stimmanteil von insgesamt 75 % Herrn Rechtsanwalt Q erneut zum Bevollmächtigten der Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages. Die Beklagte zu 1) war dabei persönlich anwesend, die Beklagte zu 2) war durch ihren Sohn, die Beklagte zu 3) durch Rechtsanwalt O vertreten.

Herr Dr. L2 trat unter dem 12.09.2005 seinen Anteil an der Grundstücksgesellschaft zurück an die Klägerin ab. Die Abtretung zeigte er mit Schreiben vom 12.09.2005 unter Vorlage der Abtretungserklärung den Beklagten an.

Rechtsanwalt Q hatte die Beklagte zu 3) in dem Verfahren Landgericht Köln - 28 O 680/03 - gegen die GbR und die übrigen Gesellschafterinnen vertreten, in dem die Beklagte zu 3) die Unwirksamkeit zweier Gesellschafterbeschlüsse geltend gemacht hatte. Unter dem 7.5.2005 erteilt die Beklagte zu 3) der Kanzlei Rechtsanwälte T pp, der auch Rechtsanwalt Q angehört, eine Vollmacht (Bl. 301 GA) zur außergerichtlichen Vertretung insbesondere in Angelegenheiten der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175.

Der Bevollmächtigte Q und der Hausverwalter T2 haben ihre Tätigkeiten bereits seit Monaten aufgenommen und vertreten die Gesellschaft im Außenverhältnis.

Die Klägerin meint, die Bestellung von Rechtsanwalt Q sei unwirksam, da die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers neben dem Geschäftsführer, Herrn U, den Regelungen des Gesellschaftsvertrages widerspreche, wonach gem. § 4 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag die Geschäfte der Gesellschaft nur durch einen Bevollmächtigten zu führen seien. Die Bestellung von Herrn Dr. L2 neben Herrn U zum Bevollmächtigten sei allein aufgrund der damaligen Sondersituation, Konkurs der Kölner Ofenrohrfabrik und den sich daraus für die Grundstückgesellschaft ergebenden Konsequenzen, erfolgt.

Die Bestellung des Bevollmächtigten Q verstoße zudem gegen Treu und Glauben, denn Rechtsanwalt Q sei aus objektiven Gründen ungeeignet, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Aufgrund der räumlichen Entfernung zu Köln könne er die Aufgaben des Geschäftsführers einer in Köln ansässigen Grundstücksgesellschaft nicht erfüllen. Auch eine Überwachung der eingesetzten Hausverwaltung sei von Leipzig aus nicht möglich. Der Klägerin sei auch nicht zuzumuten, Rechtsanwalt Q ihre Vermögensinteressen anzuvertrauen, da dieser die Beklagte zu 3) bereits seit Jahren gerichtlich und außergerichtlich als Mitglied der Kanzlei T pp. vertrete und in diesem Zusammenhang auch an der geplanten Abberufung von Rechtsanwalt Dr. L2 als Bevollmächtigtem mitgewirkt habe.

Die Bestellung des Herrn Rechtsanwalt Q zum Geschäftsführer der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 174 verstoße zudem gegen §§ 43a Abs. 4, 45 BRAO i.V.m. § 134 BGB.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Kündigung des Hausverwaltungsvertrages mit der Fa. H2 & G widerspreche der Verwaltungsabrede aus dem Jahre 1993. Für die Kündigung sei eine satzungsändernde Mehrheit erforderlich. Zudem sei der Beschluss ohne sachliche Begründung gefasst worden. Die Kündigung des Vertrages mit der renomierten Hausverwaltungsfirma sei wirtschaftlich unsinnig und verletze sie in ihren Minderheitsrechten.

Die Beschlüsse aus der Gesellschafterversammlung vom 23.8.2005 seien auch deswegen unwirksam, weil die Gesellschafterversammlung vom 23.08.2005 nicht ordnungsgemäß abgelaufen sei; Herr Rechtsanwalt S sei nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen.

Die Unwirksamkeit der Bestellung des Hausverwalters T2 durch den Bevollmächtigten Q folge daraus, dass der Herr Q nicht berechtigt gewesen sei, seine Aufgaben weitgehend auf einen Dritten zu übertragen. Die Übertragung wesentlicher Bereiche seines Aufgabenbereichs auf die Hausverwaltung T2 sei als Substitution im Sinne § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB anzusehen. Eine Substitutionsbefugnis sei im Gesellschaftsvertrag aber nicht vorgesehen, ein entsprechender satzungsändernder Beschluss, der eine 90 % Stimmenmehrheit erfordern würde, läge nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 16. bzw. 23.08.2005 gefasste Beschluss zur Bestellung des Herrn Rechtsanwalt Q zum Geschäftsführer der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175 rechtswidrig und damit unwirksam ist;

2. festzustellen, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 16. bzw. 23.08.2005 gefasste Beschluss über die Kündigung des Grundstückverwaltungsvertrages mit der Firma H2 & G rechtswidrig und damit unwirksam ist;

3. festzustellen, dass die Bestellung des Herrn Rechtsanwalt Q zum Bevollmächtigten der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175 durch Gesellschafterbeschluss vom 21.02.2006 unwirksam ist sowie

4. festzustellen, dass die Bestellung des Herrn T2 zum Hausverwalter der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175 durch Herrn Rechtsanwalt Q unwirksam ist.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, Herr U von der Fa. H2 & G sei als Haus- und Grundstücksverwalter tätig geworden und nicht als Bevollmächtigter der Gesellschaft. Sie sind der Ansicht, dass Rechtsanwalt Q für die Tätigkeit als Bevollmächtiger der GbR geeignet sei, die Hausverwaltung sei auch in den vergangenen 13 Jahren durch einen Grundstücksverwalter übernommen worden. Rechtsanwalt Q habe sich auch der Klägerin bzw. ihrem Sohn gegenüber nicht unredlich verhalten. Die Beklagte zu 3) habe die Kanzlei T pp (jetzt M/Q seinerzeit damit beauftragt, die Geschäftsführung durch Herrn Dr. L2 zu überprüfen, da seitens der Beklagten zu 3) Bedenken hinsichtlich der Führung der Geschäfte durch Dr. L2 aufgekommen seien.

Ein Verstoß gegen die Grundsätze der §§ 43a, 45,46 BRAO liege nicht vor, da Rechtsanwalt Q die Beklagte zu 3) nur in einer Angelegenheit - Verfahren vor dem LG Köln wegen der Unwirksamkeit zweier Gesellschafterbeschlüsse - vertreten habe; dieser Streit sei aber beendet. Zudem stelle die Tätigkeit von Rechtsanwalt Q für die GbR keinen Beruf dar, da die Tätigkeit nicht der Schaffung einer Lebensgrundlage diene. Darüber hinaus führe ein möglicher Verstoß seitens Rechtsanwalts Q bei der Annahme der Bestellung nicht zur Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses.

Sie vertreten weiter die Auffassung, dass die Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages mit der Fa. H2 & G mit Stimmenmehrheit habe beschlossen werden können.

Die Bestellung der Hausverwaltung T2 zur neuen Hausverwalterin sei in der Versammlung vom 23.8.2005 mit der notwendigen Stimmenmehrheit formal wirksam erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Beschlüsse vom 16.8., 23.8.2005 und 21.2.2006 über die Bestellung des Rechtsanwalt Q zum geschäftsführenden Bevollmächtigten der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175

Die Bestellung des Herrn Rechtsanwalt Q zum Geschäftsführer der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175 mit Beschluss sowohl vom 23.08.2005 als auch vom 21.02.2006 ist unwirksam.

Die Wahl von Rechtsanwalt Q zum Bevollmächtigten stellt einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt unter anderem bei Missbrauch des Stimmrechts vor. Ein Missbrauch des Stimmrechts ist gegeben, wenn ein Gesellschafter für die Berufung eines Geschäftsführers stimmt, in dessen Person wichtige Gründe gegen eine solche Berufung liegen (vgl. Staudinger-Looschelders/Olzen, BGB, § 242 Rn. 970).

Hier liegt ein solcher wichtiger Grund vor, denn mit der Übernahme der Tätigkeit als geschäftsführender Bevollmächtigter der GbR verletzt Rechtsanwalt Q seine anwaltlichen Berufungspflichten. Es liegt ein Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. § 45 Abs. 2 Ziff. 2 BRAO vor.

§ 45 Abs. 2 BRAO greift die in Abs. 1 normierten Pflichten, das Mandat nicht zu übernehmen auf und schreibt dem Rechtsanwalt vor, die Angelegenheiten, in denen er als Anwalt mandatiert war, nicht in anderer Eigenschaft zu betreiben. Adressat der Bestimmung ist der Rechtsanwalt, der gegen eine anwaltliche Berufspflicht verstößt, wenn er dem Verbot zuwiderhandelt. § 45 Abs. 2 Nr. 1 und 2 kehren somit die anwaltlichen Tätigkeitsverbote des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und 4 in die Gegenrichtung um.

Hier liegt ein Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 45 Abs. 2 Ziff. 2 BRAO vor, denn Herr Q hat bereits einen Gesellschafter - die Beklagte zu 3) - gegenüber der Gesellschaft und anderen Gesellschaftern in dem Verfahren - 28 O 680/03 LG Köln - gerichtlich vertreten. Darüber hinaus hat er die Beklagte zu 3) außergerichtlich im Zusammenhang mit der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführertätigkeit des früheren Gesellschafters Dr. L2 beraten und vertreten. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vom 8.6.2006 überreichten Kopie einer Vollmachtsurkunde vom 5.7.2005 hat die Beklagte zu 3) der Sozietät Rechtsanwälte T pp (jetzt Rechtsanwälte M/Q, der Rechtsanwalt Q als Sozius angehört, zudem eine Vollmacht zu ihrer außergerichlichen Vertretung insbesondere in Angelegenheiten der GbR Gewerbezentrum Z-Str. 175 erteilt. In seiner Funktion als Vertreter der Gesellschafterinnen X, A und N hat Rechtsanwalt Q mit Schreiben vom 20.1.2006 (Bl. 296 GA) auch die Gesellschafterversammlung vom 21.2.2006 einberufen.

Dabei handelt es sich auch um dieselbe Rechtssache. Da das Vertretungsverbot Interessenkollisionen verhindern soll, ist dieser Begriff ebenso zu bestimmen wie bei § 43a BRAO (Henssler/Prütting-Eylmann, 2. Auflage 2004, § 45 BRAO Rn. 14). Überschneidet sich der Sachverhalt, mit dem der Anwalt befasst war oder ist, mit dem daraus resultierenden materiellen Rechtsverhältnis auch nur teilweise mit dem Tatsachenkomplex, der Gegenstand der Beratung oder Vertretung eines anderen Klienten sein soll, handelt es sich um denselben Sachverhalt (vgl. Henssler/Prütting-Eylmann, 2. Auflage 2004, § 43a BRAO, Rn. 139). Die Wahrung der Interessen der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern und umgekehrt betrifft denselben Sachverhalt, nämlich das Gesellschaftsverhältnis. Die Sachverhalte überschneiden sich zumindest teilweise. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, dass die gerichtliche Vertretung der Beklagten zu 3) in dem Verfahren gegen die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafterinnen bereits abgeschlossen ist, denn das Tätigkeitsverbot gilt auch nach Ende der Anwaltstätigkeit (vgl. vgl. Henssler/Prütting-Eylmann, 2. Auflage 2004, § 45 BRAO, Rn. 43).

Die Tätigkeit von Rechtsanwalt Q als Bevollmächtigter der Grundstücksgesellschaft erfolgt auch berufsmäßig. Unter Beruf ist jede auf Dauer berechnete und nicht nur vorübergehende, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung zu verstehen (BVerfGE 7, 377, 379). Auf die Art der Betätigung kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob sie selbständig oder unselbständig ausgeübt wird. Ihre tatsächliche Dauer ist nicht entscheidend; es reicht aus, wenn sie auf Dauer angelegt und in dieser Absicht ausgeübt wird. Sie braucht, insbesondere als Zeitberuf, nicht als alleinige Lebensgrundlage zu dienen, muss aber ihrer Art nach dazu geeignet sein (Henssler/Prütting-Eylmann, 1997, § 45 Rn. 27). Damit scheiden alle privaten oder nur gelegentlich ausgeübten Tätigkeiten aus. Gegen Entgelt übernommene Vermögens- und Hausverwaltungen gehören grundsätzlich nicht zur anwaltlichen Berufstätigkeit (BGHZ 46, 268, 271). Zum Zweitberuf werden sie, wenn sie nicht nur gelegentlich oder vorübergehend, sondern auf Dauer in einem nicht völlig unbeträchtlichen Umfang übernommen werden (Henssler/Prütting-Eylmann, § 45 Rn. 28). Im Zweitberuf ist auch der Geschäftsführer eines Vereins tätig, ebenso der Geschäftsführer einer GmbH oder das Vorstandsmitglied einer AG (Feuerich/Braun, BRAO Kommentar, 5. Auflage 2000, § 45 Rn. 28).

Herr Rechtsanwalt Q hat die Geschäftsführung der Grundstücksgesellschaft für eine unbestimmte Dauer übernommen. Seine Aufgabe umfasst die Verwaltung des Grundstücks Z-Str. 175. Zu diesen Aufgaben zählen unter anderem die Vermietung freier bzw. Neuvermietung frei werdender Flächen, die Einziehung der Mieten auf einem Verwaltungskonto und Beitreibung der Mieten bei Säumigkeit, Abrechnung der Nebenkosten und Einziehung der Nebenkosten auf einem Verwalterkonto, Erstellung und Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen, regelmäßige Überwachung des baulichen Zustandes der Gebäude sowie Erteilung der Aufträge bei Instandhaltungen und Reparaturen sowie die Prüfung und Abwicklung etwaiger Versicherungsfälle. Der Umfang seiner Tätigkeit entspricht keinem völlig unbeträchtlichen Umfang. Herr Q hat sich durch die Annahme der Geschäftsführerposition also zu einer berufsmäßigen Tätigkeit verpflichtet, die gegen § 45 Abs. 2 Ziff. 2 BRAO verstößt.

2. Beschlüsse vom 16.8. und vom 23.8.2005 über die Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages mit der Firma H2 & G

Es kann dahinstehen, ob in der Gesellschafterversammlung vom 16.8.2005 (ein Protokoll dazu liegt nicht vor) ein Beschluss zur Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages mit der Firma H2 & G gefasst worden ist, jedenfalls ist der weitere, inhaltsgleiche Beschluss in der Gesellschafterversammlung vom 23.8.2005 wirksam.

Formelle Mängel liegen nicht vor. Herr Rechtsanwalt S, als Vertreter der Gesellschafterinnen X2, A und N war wirksam bevollmächtigt. Zwar konnte er in der Versammlung vom 23.08.2005 keine schriftliche Bevollmächtigung des Herrn N2 durch seine Mutter vorlegen. Daraus ergibt sich jedoch nicht die Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse. Vielmehr stand der Beschluss unter dem Vorbehalt des nachträglichen Nachweises einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung. Diese Vollmacht haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 27.01.2006 nachgereicht. Die Vollmacht datiert auf den 17.08.2005. Damit wird der Vorbehalt des nachträglichen Nachweises einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung von Herrn Rechtsanwalt S hinfällig.

Der Einwand der Klägerin, für die Kündigung sei aufgrund des Beschlusses vom 12.08.1993 eine satzungsändernde Mehrheitsentscheidung erforderlich, greift nicht. Zwar ist gemäß § 7 Abs. 3 des Gesellschaftervertrages erforderlich, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrages einer Mehrheit von 90 % aller Stimmen erfordern.

Mit Beschluss vom 12.08.1993 ist Herr Rechtsanwalt Dr. L2 berechtigt worden, alle notwendigen und/oder nützlichen rechtsgeschäftlichen, rechtsgeschäftähnlichen oder sonstigen Handlungen und Erklärungen gegenüber Dritten bindend für die Gesellschafter bzw. für die Gesellschaft abzugeben. Daraus folgt aber nicht, dass nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit die Kündigung eines Grundstücksverwaltungsvertrages der satzungsändernden Mehrheit aller Gesellschafter bedarf. Die Beauftragung der Firma H2 & G ist nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrages geworden.

Auch materiellrechtlich ergeben sich keine Bedenken gegen den Beschluss über die Kündigung des Grundstückverwaltungsvertrages mit der Firma H2 & G.

Das Argument der Klägerin, ein Beschluss, der ohne jede sachliche Begründung gefasst werde, verletze ihre Minderheitsrechte, kann die Unwirksamkeit des Beschlusses nicht begründen. Als inhaltliche Mängel eines Gesellschafterbeschlusses kommen vor allem Verstöße gegen den Gesellschaftsvertrag wie Treuepflichtverstöße, Sittenwidrigkeit und Dissens in Betracht. Der Beschluss ist dann nichtig (Beck´sches Handbuch der Personengesellschaften - Stengel, 2. Auflage 2002, § 3 Rn. 264). Allein die Tatsache, dass der Klägerin die Gründe der weiteren Gesellschafter für die Kündigung des Grundstücksverwaltungsvertrages mit der Firma H2 & G nicht bekannt waren, reicht für die Annahme einer Sittenwidrigkeit bzw. eines Treuepflichtverstoßes nicht aus. Gemäß § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages stehen den Gesellschaftern die in § 166 Abs. 1 HGB genannten Informationsrechte zu. Nach § 166 HGB hat ein Kommanditist ein Auskunftsrecht grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Abs. 3. Auch aus Abs. 2 ergibt sich, dass ein Kommanditist kein allgemeines Auskunftsrecht haben soll. Jedoch hat jeder Kommanditist einen Anspruch auf Erteilung der für die Ausübung seiner Rechte in der KG erforderlichen Informationen (MüKo HGB - Grunewald, 2002, § 166 HGB, Rn. 12). Die Informationen können aus verschiedenen Quellen stammen. Zu ihnen zählen alle denkbaren Schriftstücke (Beck´sches Handbuch der Personengesellschaften - W. Müller, § 4 Rn. 94). Wird dem Informationsbedürfnis durch eine Einsichtnahme der Schriftstücke nicht genüge getan, steht dem Gesellschafter ein Auskunftsrecht zu (Beck´sches Handbuch der Personengesellschaften - W. Müller, § 4 Rn. 96). Dieses besteht bei Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit der Schriftstücke (BGH BB 1984, 1271, 1271). Erwägungen, die andere Gesellschafter zu der Zustimmung oder Ablehnung eines Beschlusses leiten, gehören danach nicht zu den Auskunftsrechten eines Gesellschafters.

Auch die Tatsache, dass die Klägerin die Kündigung für gänzlich unangebracht undwirtschaftlich sinnlos hält, begründet nicht die Nichtigkeit des mit Mehrheit abgegebenen Gesellschafterbeschlusses. Dass die Übertragung der Hausverwaltung auf eine andere Firma zu Nachteilen für die Grundstücksgesellschaft führt ist nicht ersichtlich. Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Freiheit ist daher den Gesellschaftern auch das Recht zuzubilligen, langjährige, eingespielte Geschäftsbeziehungen zu beenden, ohne dass es darauf ankommt, dass für die Kündigung ein weiterer sachlicher Grund - als der Wunsch nach einem Wechsel - vorhanden ist.

3. Bestellung des Herrn T2 zum Hausverwalter der Grundstücksgesellschaft durch den Bevollmächtigten Q

Bezüglich der Feststellung der Wirksamkeit der Bestellung des Herrn T2 zum Hausverwalter der Grundstücksgesellschaft ist die Feststellungsklage zulässig. Die Beklagten zu 1) bis 3) sind richtiger Klagegegner. Herr T2 ist zwar keine Partei des vorliegenden Rechtsstreits und dessen Bestellung stellt keinen Gesellschafterbeschluss dar, denn ein solcher Beschluss ist entgegen der Darlegungen der Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 23.8.2005 ausweislich des vorgelegten Protokolls nicht gefasst worden. Um die Zulässigkeit der Feststellungsklage zu begründen muss das streitige Rechtsverhältnis aber nicht notwendig zwischen den Parteien des Rechtsstreits vorliegen. Auch die im Verhältnis zu einem Dritten bestehende rechtliche Beziehung kann Gegenstand der Feststellungsklage sein, wenn der Bestand dieses Rechtsverhältnisses die zwischen den streitenden Parteien gegebenen Rechtsbeziehungen berührt (BGH NJW 1996, 2029). Die Bestellung des Herrn T2 zum Hausverwalter berührt die streitigen gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Parteien.

Die Bestellung des Hausverwalters T2 ist durch den Bevollmächtigten der Grundstücksgesellschaft wirksam erfolgt.

Nach § 713 BGB findet das Auftragsrecht vorliegend zwar subsidiär entsprechende Anwendung. Der Grundsatz der Unübertragbarkeit der Geschäftsführerstellung gemäß den §§ 713, 664 BGB ist vorliegend jedoch nicht berührt. Es liegt kein Fall einer verbotenen Substitution vor.

Für die Annahme einer Substitution ist zwar die Vollübertragung der Geschäftsführung nicht notwendig (BGH NJW 1993, 1704f.). Wesentliches Kriterium für die Annahme einer Substitution ist in erster Linie die Selbständigkeit des Dritten bei der Auftragsdurchführung (MünKo-Seiler, 4. Auflage 2005, § 664 BGB, Rn. 4). Der Substitut steht zum Beauftragten nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis, sondern ist vielmehr dem unmittelbaren Einfluss - und Kontrollbereich des Beauftragten entzogen (MüKo-Seiler, aaO). Dass Herr T2 dem unmittelbaren Einfluss- und Kontrollbereich des Beauftragten Q entzogen ist, ergibt sich nicht bereits daraus, dass Herr T2 in Köln tätig ist und Herr Q in Leipzig wohnt und dort kanzleipflichtig ist. Der Bevollmächtigte Q ist damit nicht bereits aus faktischen Gründen verhindert, die Geschäftsführungsaufgaben vor Ort selbst auszuüben. Bei Herrn T2 handelt es sich zwar um einen gewerbsmäßigen Hausverwalter, der einen selbständigen Betrieb mit allen rechtlichen und steuerrechtlichen Konsequenzen unterhält. Aufgrund moderner Kommunikationsmittel kann Herr T2 jedoch jederzeit von Herrn Q kontrolliert werden und die beiden können in ständigem Kontakt miteinander stehen. Sie können Entscheidungen abstimmen und Herr T2 trägt die Verantwortung nicht voll. Herr T2 ist daher nicht als Substitut sondern vielmehr als Gehilfe zu qualifizieren.

Die Bestellung durch den Bevollmächtigten Q ist auch wirksam erfolgt. Der Bevollmächtigte Q konnte im Außenverhältnis wirksam für die Grundstücksgesellschaft handeln. Die Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses für den Bevollmächtigten, die die Kammer nach den obigen Ausführungen für gegeben hält, wirkt nicht rückwirkend.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2006 gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Streitwert: 70.000,00 €






LG Köln:
Urteil v. 17.08.2006
Az: 29 O 284/05


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