Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2002
Aktenzeichen: 19 W (pat) 32/01

(BPatG: Beschluss v. 23.10.2002, Az.: 19 W (pat) 32/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 M des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Dezember 2000 aufgehoben. Die Sache wird auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten einzigen Patentanspruchs zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe.

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse B 60 M - hat die am 22. Februar 1999 eingereichte Anmeldung durch Beschluss vom 18. Dezember 2000 zurückgewiesen mit der Begründung, die Erfindung sei in den am Anmeldetag eingegangenen Unterlagen nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 1. März 2001. Sie hat in der mündlichen Verhandlung einen neuen, einzigen Patentanspruch eingereicht und stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Dezember 2000 aufzuheben und die Sache auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen (ein neuer Anspruch) zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Der geltende, einzige Patentanspruch lautet:

"Kettenwerks-Oberleitungsanlage, die mindestens eine Überlappung in mehrfeldriger Ausführung der befahrenen und abgehenden Kettenwerke im Nachspannbereich der Anlage enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Überlappung dreifeldrig (F6, F7, F8) und der Fahrdrahthochzug einstufig ausgeführt sind, dass nur am Ende der äußeren Felder (F6 und F8) der Überlappung in der Nähe der Stützpunkte (SP9 und SP12), an denen sich die Nachspanneinrichtungen (NS) befinden, Isolatoren (IS) angeordnet sind."

Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, gegenüber dreifeldrigen und fünffeldrigen Nachspannungen eine Verbesserung zu erzielen, insbesondere mit dem Ziel, den Fahrdrahthochzug abgehender Kettenwerke minimieren und die Gesamtlänge eines Kettenwerks im Nachspannbereich verkleinern zu können (Seite 2, letzter Absatz in Verbindung mit dem vorletzten Absatz der ursprünglichen Beschreibung).

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht die Anmelderin eine Kettenwerks-Oberleitungsanlage mit dreifeldriger Nachspannung und Isolatoren im Übergangsfeld (insgesamt vier Isolatoren) an. Eine druckschriftliche Fundstelle hierfür konnt die Anmelderin nicht angeben. Sie führt aus, dass die Erfindung darauf beruhe, bei einer solchen Nachspannung die beiden mittleren - im Übergangsfeld angeordneten - Isolatoren wegzulassen. Das Weglassen von Isolatoren unter Einhaltung von Isolations-Sicherheitsabständen sei ausführbar. Sie räumt zwar ein, dass die Funktion der in den Figuren 1 bis 4 dargestellten Stromverbinder (SV) und Streckentrenner (ST) nicht eindeutig sei, dies die Offenbarung des Patentanspruchs jedoch nicht beträfe, da diese Teile von ihm nicht umfasst seien. Die Kettenwerks-Oberleitungsanlage nach dem Patentanspruch sei daher so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat mit dem geänderten Patentbegehren insoweit Erfolg, als der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 60 M des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurück zuverweisen war.

1. Zulässigkeit des geltenden Patentanspruchs Der geltende Patentanspruch ist zulässig.

Die gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch vorgenommene Änderung, "dass die Überlappung dreifeldrig und der Fahrdrahthochzug einstufig ausgeführt sind", ist aus der ursprünglichen Beschreibung, Seite 6, Zeile 4 bis 8 zu entnehmen und das Merkmal, "dass nur am Ende der äußeren Felder (F6 und F8) der Überlappung in der Nähe der Stützpunkte (SP9 und SP12), an denen sich Nachspanneinrichtungen (NS) befinden, Isolatoren (IS) angeordnet sind", ist auf Seite 6, Zeile 8 bis 11 beschrieben.

2. Offenbarung der Erfindung Die Erfindung ist in den ursprünglichen Unterlagen ausreichend offenbart, so dass ein Fachmann - hier ein Elektroingenieur mit Kenntnissen auf maschinenbaulichem Gebiet - sie ausführen kann.

Aus der Beschreibung (S 1 Z 16 bis 28 und S 5 Z 5 bis 16 iVm S 2 22-29) entnimmt, der Fachmann dass beim Stand der Technik, bei dreifeldriger und bei fünffeldriger Nachspannung, sowohl im Übergangsfeld bzw in den Übergangsfeldern als auch an den äußeren Stützpunkten in Nähe der Fahrdrahtabspannungen Isolatoren angeordnet sind. Weiterhin ist in der ursprünglichen Beschreibung erläutert, dass von diesen Isolatoren nur die Isolatoren in den Übergangsfeldern entfallen sollen (S 3, Z 11 bis 14). Diese Anweisung ist vom Fachmann nacharbeitbar, da sie eindeutig ist.

Dass er bei dem Weglassen der Isolatoren im Übergangsbereich weiterhin darauf zu achten hat, dass eine ausreichende Isolation zwischen Teilen, die unter Spannung stehen und Teilen, die geerdet sind, gewährleistet ist, stellt für ihn eine Selbstverständlichkeit dar, da er diese Forderungen auch beim Stand der Technik schon einzuhalten hat.

Die Wirkungsweise bzw Funktion der in den ursprünglichen und geltenden Figuren 1 bis 4 dargestellten Stromverbinder (SV) und Streckentrenner (ST) ist zwar unklar. Diese Teile sind im Anspruch jedoch nicht erwähnt und gefährden die Anführbarkeit seines Gegenstandes somit nicht. Der Fachmann stößt sich an ihnen daher nicht.

III.

Da aus der Akte des Deutschen Patent- und Markenamts, nicht ersichtlich ist, dass bereits recherchiert und die Patentfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik geprüft worden ist, hält der Senat es für geboten, die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (PatG 1981 § 79 Abs 3 S 1), damit das Prüfungsverfahren fortgeführt werden kann.

Für den Fall, dass die Prüfungsstelle im weiteren Prüfungsverfahren eine Erteilung in Erwägung ziehen sollte, wären die Zeichnung und die Beschreibung derart zu korrigieren, dass die nicht in Zusammenhang mit dem Anspruch stehenden - in ihrer Funktion bzw. Wirkungsweise unklaren - Teile (Stromverbinder, Streckentrenner) dort nicht mehr dargestellt bzw. erwähnt sind.

Dr. Kellerer Dr. Mayer Knoll Dipl.-Ing. Groß

Pr/Kr






BPatG:
Beschluss v. 23.10.2002
Az: 19 W (pat) 32/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f3fb00f213c0/BPatG_Beschluss_vom_23-Oktober-2002_Az_19-W-pat-32-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share