Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 7. April 2006
Aktenzeichen: 16 O 17/06

(LG Bielefeld: Urteil v. 07.04.2006, Az.: 16 O 17/06)

Tenor

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.113,94 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2006 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe auf Grund unlauteren Wettbewerbs in Anspruch. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Feststellung der Unwirksamkeit einer Unterlassungserklärung.

Dem Begehren der Parteien liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Die Beklagte handelt bundesweit mit Möbeln.

Auf Grund einer entsprechenden Abmahnung des Klägers verpflichtete sich die Beklagte in einer Unterlassungserklärung vom 09.03.1987, es zu unterlassen, mit Preisen für Schlafzimmermöbel zu werben, "sofern der Preis nur das Bettgestell ohne Lattenroste, Matratzen und/oder Bettzeug beinhaltet". Wegen der Einzelheiten der Unterlassungserklärung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

In der "Braunschweiger Zeitung" vom 01.12.2005 bewirbt die Beklagte mit einem ganzseitigen Inserat Schlafzimmermöbel mit einem "Dankeschön-Preis". In einer Anzeige vom 27.12.2005 in der "Braunschweiger Zeitung" bewirbt die Beklagte unter der Überschrift "Wir brauchen Platz!" wiederum Schlafzimmermöbel. Wegen der Einzelheiten dieser Anzeigen wird auf die Anlagen K 4 und K 5 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.12.2005 und 02.01.2006 (Anlagen K 6 und K 7) forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 auf.

Der Kläger ist der Auffassung, mit den Anzeigen in der "Braunschweiger Zeitung" vom 01.12.2005 und vom 27.12.2005 habe die Beklagte zweimal gegen die Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 verstoßen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.215,18 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2006 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und erhebt Widerklage mit dem Antrag,

festzustellen, daß der Kläger und Widerbeklagte aus der Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 keine Rechte geltend machen kann.

Sie ist der Auffassung, nicht mit ihren Anzeigen wettbewerbswidrig gehandelt zu haben. Die beanstandeten Anzeigen seien in Anbetracht des veränderten Verbraucherleitbildes nicht als wettbewerbswidrig einzustufen. Der Hinweis im Fließtext darauf, daß in den beworbenen Preisen Lattenroste, Matratzen und/oder Bettzeug nicht beinhaltet seien, sei ausreichend.

Sie ist deshalb überdies der Auffassung, der Kläger könne aus der Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 keine Rechte mehr herleiten. Die damalige Unterlassungserklärung finde in der heutigen Rechtsprechung keine Stütze mehr. Sie sei danach nicht mehr wirksam.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, das Unterlassungsversprechen vom 09.03.1987 bestehe weiterhin und sei weiterhin wirksam.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet, die Widerklage hat hingegen keinen Erfolg.

Die Beklagte ist verpflichtet, beide geltend gemachten Vertragsstrafen in Höhe von insgesamt 5.113,94 € an den Kläger zu zahlen. Mit den Werbeanzeigen in der "Braunschweiger Zeitung" vom 01.12.2005 und vom 29.12.2005 hat die Beklagte gegen die Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 verstoßen. Sowohl mit der Geburtstagsanzeige "40 Jahre - Wir sagen Danke!" als auch mit der Anzeige "Wir brauchen Platz!" bewirbt die Beklagte Schlafzimmermöbel und damit auch Betten mit einer blickfangmäßig herausgestellten Preisangabe, wobei der Preis unstreitig wohl das Bettgestell, nicht aber Lattenroste, Matratzen und/oder Bettzeug beinhaltet. Das aber ist nach der Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 der Beklagten verwehrt. Richtig ist zwar, daß die Beklagte im Fließtext in den einzelnen Anzeigeteilen darauf hinweist, daß vom Preis nicht der Rahmen und die Auflagen umfaßt werden. Dieser Hinweis ist jedoch nicht ausreichend. Vielmehr ist erforderlich, daß auch nach dem geänderten Verbraucherleitbild, wonach auf die Erwartungen eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, über den Umstand aufgeklärt werden muß, daß der blickfangmäßig herausgestellte Preis nicht Rahmen und Auflagen enthält. Dies kann irrtumsausschließend nur durch einen unmißverständlichen Hinweis geschehen. Ein solcher liegt jedoch nur dann vor, wenn er auch am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (vgl. dazu BGH WRP 2003, 379, 380 m.w.N.). Diese Verbindung zum beworbenen Preis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn die Aufklärung erst an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung geschieht. Das ist vorliegend der Fall. Der Preis, den die Beklagte für ihre Schlafzimmermöbel blickfangmäßig herausgestellt hat, enthält selbst keinen aufklärenden Hinweis auf die Beschränkung des Preises. Dieser Hinweis erfolgt erst im vom Preis deutlich abgerückten Fließtext, der noch dazu schwer lesbar ist und erheblich hinter der hervorgehobenen Preisangabe zurücktritt. Nach alledem bewertet die Kammer den Hinweis als nicht ausreichend. Damit verstößt die Beklagte gegen den Inhalt der Unterlassungserklärung vom 09.03.1987. Diese Unterlassungserklärung ist auch durchaus als wirksam anzusehen. Auch nach dem geänderten Verbraucherleitbild ist es untersagt, Preise für Betten zu bewerben, sofern dieser Preis Lattenroste, Matratzen und/oder Bettzeug nicht beinhaltet. Inwieweit dieser beworbene Preis als irreführend zu bewerten ist, ist Bewertungsfrage. Vom Preis abgesetzte Einschränkungen sind nicht geeignet, eine irreführende Werbung im Sinne des § 5 II Ziffer 2 UWG zu verneinen. Anders ist es jedoch nach der oben zitierten Rechtsprechung, wenn die Aufklärung bezüglich des Preises durch einen klaren und unmißverständlichen Hinweis erfolgt, der an dem Blickfang im Zusammenhang mit dem Preis teilhat. Das aber ist - wie oben ausgeführt - vorliegend nicht der Fall. Danach ist die Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 auch unter dem Gesichtspunkt des veränderten Verbraucherleitbildes als wirksames Unterlassungsversprechen gültig. Die Beklagte hat gegen diese Erklärung verstoßen. Dieser Verstoß ist auch in zweifacher Weise erfolgt. Beide Anzeigen in der "Braunschweiger Zeitung" betreffen einen anderen Werbeinhalt und stellen sich danach nicht als fortgesetzter Verstoß, sondern als zwei selbständige Verstöße dar. Nach alledem ist die versprochene Vertragsstrafe zweimal mit je DM 5.001,-- verwirkt. Der Klägerin steht danach ein Anspruch in Höhe von 10.002,-- DM = 5.113,94 € zu. Die von dem Kläger im Antrag genannte Forderung in Höhe von 5.215,18 € basiert auf einer unzutreffend angenommenen Vertragsstrafenhöhe von je 5.100,-- DM. Der über den Betrag von 5.113,94 € hinausgehende Anspruch ist danach unbegründet. Mit der Zahlung dieses Betrages befindet sich die Beklagte auf Grund des vorprozessualen Mahnschreibens vom 16.01.2005 jedenfalls seit dem 24.01.2005 in Verzug. Die Höhe des Verzugszinses folgt aus § 288 II BGB. Nach dem im Vorangegangenen Ausgeführten ist die Widerklage ohne Erfolg. Grundsätzlich kann der Kläger aus der Unterlassungserklärung vom 09.03.1987 Rechte geltend machen. Ob die Vertragsstrafe im Einzelfall verwirkt ist, ergibt sich aus dem beanstandeten Verstoß, im vorliegenden Fall aus der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte in der Werbung irrtumsausschließend darüber aufgeklärt hat, daß der beworbene Möbelpreis nicht Lattenrost und Auflagen pp. umfaßt. Die Widerklage hat danach keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO,






LG Bielefeld:
Urteil v. 07.04.2006
Az: 16 O 17/06


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