Landgericht Oldenburg:
Beschluss vom 7. Februar 2005
Aktenzeichen: 5 O 284/05

(LG Oldenburg: Beschluss v. 07.02.2005, Az.: 5 O 284/05)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, dass der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung untersagt werden möge, dem Antragsteller im geschäftlichen Verkehr unverlangte E-Mail-Werbung zuzusenden.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt in der bayerischen Landeshauptstadt München. Er ist Inhaber der E-Mail-Adresse gr...@gr...de. Die Antragsgegnerin betreibt in Oldenburg eine professionelle Auftragsvermittlung für Waren und Dienstleistungen aller Art. Sie ist verantwortlich für die Internetseite www.o...de. Am 19.01.2005 verschickte die Antragsgegnerin an die E-Mail-Adresse gr...@gr...de eine E-Mail, in dem sie ihre Dienstleistung anbot. Dabei handelt es sich um eine Auftragsvermittlungsplattform im Internet, die den dort registrierten Nutzern kostenlos die Möglichkeit eröffnet, aus den dort gebündelten Angeboten hinsichtlich zahlreicher Dienstleistungen und Waren, dem Nutzer günstige Angebote zu übermitteln und die Nachfrage des Nutzers nach den jeweils gesuchten Produkten dort einzustellen.

Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin per Fax vom 19.01.2005 zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung bis zum 26.01.2005 mit dem Inhalt auf, bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr an ihn zur Aufnahme eines erstmaligen Kontaktes unaufgefordert Werbeschreiben per E-Mail zu übersenden. Gleichzeitig forderte er die Antragsgegnerin auf, ihm die Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 756,09 € unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.000,00 € zu erstatten. Weiterhin forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung gemäß § 34 BDSG und gemäß § 13a UKlaG auf.

Die Antragsgegnerin bat sich durch den von ihr beauftragten Rechtsanwalt eine Fristverlängerung bis zum 31.01.2005, 18:00 Uhr aus. Eine weitere Reaktion erfolgte indes nicht.

Der Antragsteller ist der Auffassung, es stünde ihm aus §§ 823 Abs. 1 i. V. m. 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung entsprechender Werbe-E-Mails zu. Die unerwünschten E-Mails würden eine nicht zumutbare Belästigung seines Kanzleibetriebes darstellen. Da die Antragsgegnerin die Unterlassungserklärung nicht abgegeben habe bestünde Wiederholungsgefahr. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass der Antragsteller erstmals durch die E-Mail der Antragsgegnerin vom 19.01.2005 Kenntnis von der Verletzungshandlung erlangt habe, was er an Eides statt versichert und daraus, dass das OLG Köln diese in einem gleichgelagerten Fall (6 W 127/04) angenommen habe.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ist nicht begründet, denn jedenfalls der Verfügungsgrund liegt nicht vor.

Zwar mag der Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung der Zusendung nicht verlangter Werbe-E-Mails gegen die Antragsgegnerin aus dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes gemäß §§ 823 Abs. 1 i. V. m. 1004 BGB bestehen.

Der Antragsteller hat nämlich durch den Abdruck aus dem Internet der Domain www.o...de und Vorlage der an seine E-Mail-Adresse gesandten E-Mail vom 19.01.2005 glaubhaft gemacht, dass er per E-Mail eine Werbung der hierfür im Sinne des § 6 MDStV und § 6 TDG verantwortlichen Opti-Soft GmbH erhalten hat, ohne mit ihr in einer Geschäftsverbindung zu stehen und ohne sein Einverständnis zum Empfang von E-Mails seitens der Antragsgegnerin erteilt zu haben.

9Der nur subsidiär anwendbare Tatbestand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist vorliegend anwendbar, da andere Anspruchsgrundlagen nicht einschlägig sind. Ein Wettbewerbsverstoß gem. § 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG liegt nicht vor, denn die Parteien stehen nicht in einem für diesen Sachverhalt relevanten Wettbewerbsverhältnis. Zwischen der Antragsgegnerin als Auftragsvermittlerin für Waren und Dienstleistungen aller Art und dem Antragsteller als Rechtsanwalt besteht keine Wettbewerbssituation. Desweiteren liegt keine Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB vor. Der Empfang von unerwünschten E-mails verursacht hinsichtlich des Herunterladens, Lesens und Löschens einen Zeit- und Kostenaufwand sowie eine Reduzierung der freien Speicherkapazität der Mailbox. Diese Aufwendungen bzw. Beeinträchtigungen sind dem Vermögen zuzurechnen, was als solches nicht dem Eigentumsschutz des § 823 Abs. 1 BGB unterfällt (vgl. LG Berlin, MMR 1999, 43 = NJW-CoR 1999, 52 L = ZUM-RD 1999, 288 [289]).

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist ein sonstiges Recht i.S. des § 823 Abs. 1 BGB. Der Schutzbereich dieses Tatbestandes umfasst neben Unternehmen im engeren Sinne auch die wirtschaftliche Betätigung in freien Berufen, z.B. die Tätigkeit von Rechtsanwälten (vgl. Mertens, in: MünchKomm, 3. Aufl. [1997], § 823 Rdnr. 488). Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und macht eine Beeinträchtigung der Ausübung seines Berufes in seinem Kanzleibetrieb geltend.

11Die Zusendung unerwünschter E-Mails mit werbendem Inhalt kann auch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen. Es ist in der Rechtsprechung nahezu einhellig anerkannt, dass die Zusendung von E-Mail-Nachrichten zu Werbezwecken (die zum Teil auch als "Spamming" bezeichnet wird) ähnlich zu beurteilen ist wie die Versendung von Werbung per Telefax sowie mittels anderer, in ihrer Wirkung vergleichbarer, heute aber nicht mehr gebräuchlicher Kommunikationswege wie Bildschirmtext oder Telex. Unverlangte E-Mail-Werbung stellt damit grundsätzlich einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (LG Berlin, NJW-RR 2004, 1631 [1632]; LG Berlin, NJW-RR 2000, 1229; LG Berlin, NJW 1998, 3208; AG Bochum, NJW-RR 2004, 982; AG Donaueschingen, Urt. vom 6.7.2003, Az: 31 C 210/03; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl. [2004], § 823 Rdnr. 132; Lettl, GRUR 2000, 977 [982]; Leistner/Pohlmann, WRP 2003, 815 [817]; Baumbach/Hefermehl-Köhler, UWG., § 7 Rn. 84; anders, jedoch offenbar nur für rechtsgeschäftlich bindende Angebote, LG Kiel, Urteil vom 20.06.2000, 8 S 263/99 sowie - unter Berufung auf die Richtlinie 97/7/EG - LG Braunschweig, NJW-RR 2000, 924). Der Grund hierfür liegt darin, dass Werbung per E-Mail eine ähnlich belästigende Wirkung hat wie andere Formen unverlangter Werbung. Sowohl der Abruf wie das Löschen von Werbung von den Zentralrechnern, auf denen die E-Mail-Nachrichten gespeichert werden, erfordern Rechner- und Kommunikationsressourcen. Zwar mögen die dafür anfallenden Kosten unter den heute üblichen technischen Bedingungen jedenfalls bei reinen Textnachrichten, wie sie die Antragsgegnerin versandt hat, nahezu vernachlässigbar sein. Jedoch muss außerdem in denjenigen Fällen, in denen die zugesandten Werbe-E-Mails nicht herausgefiltert (Spam-Filter) werden, Arbeitszeit dafür aufgewandt werden, um die unerwünschten Zusendungen auszusortieren, was zu einer Störung des Betriebsablaufes führt (vgl. BGH, NJW 2004, 1655; Baumbach/Hefermehl-Köhler, UWG., § 7 Rn. 85). Zwar ist das Löschen von E-Mails mit werbendem Inhalt durchaus möglich, ohne diese vorher zu öffnen; dies erfordert aber gerade für einen Rechtsanwalt, dass eine sorgfältige Vorprüfung anhand der Absenderangabe und des Betreffs erfolgt, um ein versehentliches Löschen von Nicht-Werbe-E-Mails zu verhindern. Denn das versehentliche Löschen einer wichtigen Nachricht kann für den Rechtsanwalt unter Umständen einen Haftungsfall nach sich ziehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine Werbung mittels E-Mail sehr geringe Kosten beim Werbenden entstehen lassen aber gleichzeitig eine Vielzahl von Personen erreichen kann, was dieses Medium für werbende Zwecke interessant macht (vgl. Leupold, WRP 1998, 270 mwN). Würde man das Versenden von Werbe-E-Mails ohne weiteres als zulässig erachten, würde dies zu einer unübersehbaren Flut von gleichartigen E-Mails führen, da deren Versendung ungleich billiger ist, als das Versenden von Werbung per Post, das Kosten für Druck und Porto mit sich bringt. Insofern gelten hier ähnliche Grundsätze wie bei der Telefax-Werbung (vgl. hierzu: OLG Oldenburg, NJW 1998, 3208), wobei die dadurch verursachten Kosten noch deutlich über denjenigen der E-Mail-Werbung liegen dürften. Zudem besteht die Gefahr, dass der für das E-Mail-Konto des Empfängers zur Verfügung stehende Speicherplatz aufgrund massiver Werbeeingänge erschöpft wird und erwünschte Nachrichten den Empfänger daher nicht mehr erreichen. Diese Gefahren sind deshalb besonders hoch zu bewerten, weil sich E-Mail-Nachrichten im Vergleich zu anderen Werbeformen extrem leicht und kostengünstig an eine nach oben nicht begrenzte Zahl von Empfängern gleichzeitig verschicken lassen, so dass bei einer großzügigen Zulassung von E-Mail-Werbung mit besonders gehäuften Belästigungen zu rechnen wäre. Die Versendung von E-Mail-Werbung stellt inzwischen eine regelrechte Landplage dar (Baumbach/Hefermehl-Köhler, UWG., § 7 Rn. 81). Aus diesem Grund verstößt die Zusendung von Werbung per E-Mail, ohne dass das Einverständnis des Empfängers vorliegt oder zu vermuten ist, grundsätzlich gegen absolute Rechte des Empfängers, so dass dieser entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB Unterlassung verlangen kann. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Empfänger den Zugang von E-Mail-Werbung ausdrücklich verbeten hat. Diese Grundsätze sind auch auf gewerblich genutzte E-Mail-Adressen anzuwenden, da ähnlich wie bei Telefonanschlüssen (vgl. dazu BGHZ 113, 282) der Gewerbetreibende die E-Mail-Adresse im eigenen Interesse, nicht im Interesse eines Werbungtreibenden unterhält. Zwar liegt es nahe, dass ein Gewerbetreibender auch mit E-Mails potentieller Geschäftspartner und anderer Personen rechnet, die zu ihm mit Blick auf seine Geschäftstätigkeit auch in deren eigenem Interesse in Verbindung zu treten wünschen, so dass er damit auch E-Mail-Nachrichten ihm bislang nicht bekannter Dritter aufgeschlossener gegenüberstehen mag als der Inhaber einer privat genutzten E-Mail-Adresse, dem Mitteilungen werbenden Inhalts übermittelt werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass derartige Werbemaßnahmen auch im gewerblichen Bereich zu den dargestellten Beeinträchtigungen und Belästigungen führen können. Auch im gewerblichen Bereich erfordert die Zusendung von E-Mail-Nachrichten werbenden Inhalts daher einen konkreten, aus dem Interessenbereich des Empfängers herzuleitenden Rechtfertigungsgrund. Ein solcher Grund kann regelmäßig nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis mit derartigen E-Mail-Zusendungen erklärt hat oder wenn auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Empfängers daran vom Absender vermutet werden kann.

12Der Eingriff wäre auch als rechtswidrig anzusehen. Bei den offenen Verletzungstatbeständen, zu denen auch der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehört, wird die Rechtswidrigkeit nicht indiziert. Die notwendige Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die Übersendung von unerbetenen Werbe-E-Mails rechtswidrig ist. Das Interesse des Empfängers an der ungestörten Ausübung seines Gewerbebetriebes ist höher zu bewerten als das Interesse des Absenders an dieser für ihn bequemen und kostengünstigen Werbemethode. Gerechtfertigt ist der Versand von werbenden E-Mails allein dann, wenn der Empfänger der Werbung vorher zugestimmt hat oder das Einverständnis vermutet werden kann (BGH, NJW 2004, 1655; LG Berlin, NJW 2002, 2569 [2570]; LG Berlin, MMR 1999, 43; LG Berlin, 2000, 704).

Es kann jedoch dahinstehen, ob sich bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze und des hierzu vorgetragenen Sachverhaltes ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Antragstellers ergibt oder ob ein solcher Anspruch bei einer lediglich einmaligen Zusendung einer E-Mail noch nicht angenommen werden kann.

14Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nämlich bereits deswegen unbegründet, weil sich ein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO jedenfalls bei einmaliger Zusendung einer unverlangten Werbe-E-Mail nicht annehmen lässt (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 26.03.2003 € I-15 W 25/03; OLG Koblenz, MMR 2003, 590). Denn die bloß vereinzelte Zusendung solcher Nachrichten mag zwar belästigend sein, stellt jedoch keine so gravierende Beeinträchtigung dar, dass sie zur effektiven Durchsetzung der Rechte des Empfängers die Zubilligung von Eilrechtsschutz erforderlich machen würde (LG Karlsruhe, MMR 2002, 402). Die Unzumutbarkeit der Belästigung folgt zum einen aus dem Kostenaufwand (Telefonkosten plus ggf. Nutzungsgebühren) und zum anderen aus dem Aufwand an Mühe und Zeit für die Wahrnehmung und Aussonderung unerbetener E-Mail. Dieser Aufwand ist aber noch als zumutbare Belästigung hinzunehmen, wenn E-Mail-Werbung nur vereinzelt versandt wurde (vgl. Baumbach/Hefermehl-Köhler, UWG., § 7 Rn. 85). Besondere Umstände, die ausnahmsweise für eine solche Eilbedürftigkeit sprechen könnten, sind nicht glaubhaft gemacht worden. Der bloße Umstand, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung im nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Zugang der E-mail steht, begründet keine Eilbedürftigkeit.

Soweit das OLG Köln (6 W 127/04) in einem ähnlich gelagerten Fall eine Dringlichkeit bejaht, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Die - dort angenommene € bloße Wiederholungsgefahr und der Verfügungsgrund sind nicht gleichbedeutend. So ist es ohne weiteres möglich, dass trotz Vorliegens der Wiederholungsgefahr gleichwohl ein Verfügungsgrund nicht zu bestehen braucht (MünchKomm-Heinze, ZPO [1992], Bd. 3, § 940 Rn. 11; Stein-Jonas-Grunsky, ZPO., § 940 Rn. 9). Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr geht es vielmehr um die Frage, ob nach materiellem Recht ein Unterlassungsanspruch besteht, der dann durch einstweilige Verfügung realisiert werden soll (Stein-Jonas-Grunsky, ZPO., § 940 Rn. 9). Dies ist eine Frage der Schlüssigkeit des Anspruchs, nicht des Verfügungsgrundes (MünchKomm-Heinze, ZPO [1992], Bd. 3, § 940 Rn. 11). Dem steht das vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 06.02.2005 zitierte Urteil des OLG Düsseldorf (I-15 U 41/04, Urt. v. 22.09.2004) als auch die Entscheidung des OLG München (MMR 2004, 324) nicht entgegen. Diesen beiden Entscheidungen lag nicht ein einstweiliges Verfügungsverfahren sondern ein Verfahren in der Hauptsache zugrunde. Über die Frage der Dringlichkeit, also des Verfügungsgrundes, haben beide Gerichte damit überhaupt nicht entschieden. Jedenfalls das OLG Düsseldorf ist entgegen der Ansicht des Antragstellers auch ausdrücklich nicht der Ansicht, es läge ein Verfügungsgrund bei einmaliger Versendung einer E-Mail-Werbung vor. Derselbe 15. Zivilsenat des OLG Düsseldorf entschied nämlich bereits früher, dass in einem gleichgelagerten Fall der Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Verfügungsgrundes abgelehnt wurde (Beschl. vom 26.03.2003 € I-15 W 25/03). Dem hat sich auch das OLG Koblenz (MMR 2003, 590) angeschlossen mit der Begründung, dass nach erfolgter Kontaktaufnahme keine Übersendung von E-Mails mehr erfolgt sei und es deswegen an der Dringlichkeit fehle.

16Nach dem Wortlaut des § 940 ZPO kommt es für die Anordnung einer einstweiligen (Regelungs-)Verfügung darauf an, dass diese u. a. zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt nötig erscheint, weil ein effektiver Rechtsschutz bei Anstrengung eines Hauptsacheverfahrens nicht gewährleistet wäre. Insoweit vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass angesichts des Bagatellcharakters einer einzelnen unerwünschten Werbe-E-Mail, ein wesentlicher Nachteil entstehen kann, wenn der Antragsteller seinen Anspruch im Wege des allgemeinen Zivilverfahrens verfolgt. Lästig und ärgerlich werden derartige Zusendungen erst durch eine große Anzahl. Wesentliche Nachteile in diesem Sinne könnten nach Auffassung der Kammer allenfalls dann angenommen werden, wenn bei Vorliegen einer evidenten Wiederholungsgefahr mit schwerwiegenden Verstößen der Antragsgegnerin zu rechnen wäre. Dass derartige viele E-Mails von der Antragsgegnerin an die Adresse des Antragstellers gesandt wurde, dass dies zu einer Beeinträchtigung der Speicherkapazität führen würde, ist aber nicht dargelegt.

17Insoweit ist insbesondere bei der Annahme eines Verfügungsanspruches aufgrund unerlaubter Handlung, wie es der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, bei der Beurteilung, ob eine besondere Dringlichkeit vorliegt, Zurückhaltung geboten, wenn die unerlaubte Handlung letztlich nur das Vermögen des Antragstellers betrifft (jew. zum Arrest: OLG Schleswig, MDR 1983, 141; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, 1192; 1999, 1592; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 575; OLG Frankfurt, OLGR 2001, 71). Es wird nicht per se bei Vornahme einer unerlaubten Handlung ein Verfügungsgrund angenommen, wenn die Unterlassung weiterer gleichgelagerter Handlungen zu befürchten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer begründet z. B. auch nicht eine einmalige unerlaubte Handlung durch Verletzung des Körpers einer Person oder eine Beleidigung eine besondere Dringlichkeit, die es gebieten würde, den Rechtsschutz in der Form der Unterlassung im einstweiligen Verfügungsverfahren zu suchen.

19Wie aus § 940 ZPO zu entnehmen ist, muss ein gewisses Gewicht erreicht werden. Dazu stellt sich die weitere Frage, mit welcher Häufigkeit und Intensität mit weiteren Verletzungen zu rechnen ist und welche sonstigen Verteidigungsmittel der Verletzte hat. Bei einer einzelnen Werbe-E-Mail kann er bei vielen Computerprogrammen den Absender auf eine Sperrliste setzen, so dass diese bereits auf dem Server gelöscht wird oder er kann einen Spamfilter einsetzen. Reagiert der Verletzer darauf so, dass er durch die Wahl anderer Absendernamen oder durch technische Manipulationen die Filter zu umgehen versucht und erreichen die Verletzungshandlungen insgesamt ein so großes Gewicht, dass dem Verletzten ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zuzumuten ist, kann dann immer noch ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet werden.

Auch an anderer Stelle hat der Gesetzgeber zu verstehen gegeben, dass eine unerlaubte Handlung nicht per se einen Verfügungsgrund darstellt. So hat er im Gewaltschutzgesetz, einem jüngeren, die Problematik voll erfassenden Gesetz keine Regelung wie den § 12 Abs. 2 UWG geschaffen. Es wird lediglich auf die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung oder Anordnung verwiesen. Gleichzeitig wurde § 940 a ZPO dergestalt geändert, dass eine einstweilige Verfügung bei konkreter Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden darf. Auch wenn dort das Grundrecht der Wohnung betroffen ist, so ist doch auch daraus die Wertung ersichtlich, dass einfache Belästigungen nicht ausreichend sind. Denn auch eine einstweilige Verfügung greift in die Rechte eines Beklagten ein, ohne die rechtliche und tatsächliche Sicherheit eines Zivilprozesses zu erreichen.

Andere Sondergesetze zu unerlaubten Handlungen, wie das Urhebergesetz, enthalten ebenfalls keine Möglichkeit wie § 12 Abs. 2 UWG.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.






LG Oldenburg:
Beschluss v. 07.02.2005
Az: 5 O 284/05


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