Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 11/00

(BPatG: Beschluss v. 04.07.2001, Az.: 29 W (pat) 11/00)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4. vom 26. Oktober 1999 aufgehoben.

2. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die nachstehend entsprechend der mit der Anmeldung eingereichten Wiedergabe wiedergegebene dreidimensionale Markesiehe Abb. 1 am Endeist für die Waren

"Schreibwaren, nämlich Kugelschreiber"

am 22. Februar 1996 unter der Nummer 395 11 241 in folgender Form Grafik der Marke 39511241.9 in das Markenregister eingetragen worden. Die Markenabteilung 3. 4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Antrag, die Marke wegen des Vorliegens absoluter Schutzhindernisse zu löschen, mit Beschluss vom 26. Oktober 1999 stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil der Eintragung der Marke das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft entgegengestanden habe.

Die eingetragene Form sei zwar markenfähig, denn es handele sich bei dem sechseckigen Schreibkörper ersichtlich nicht um eine zur Erreichung der technischen Wirkung zwingend erforderliche Form. Allerdings könne man daran zweifeln, ob das Zeichen einen über den puren Hinweis auf die Existenz der Ware hinausgehenden "geistigen Überschuss" in der Formgestaltung aufweise, der für die Markenfähigkeit erforderlich sei. Dies alles könne jedoch dahingestellt bleiben, weil der Marke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Formgestaltung sei auf dem Gebiet der Schreibgeräte nicht so originell, dass sie herkunftshinweisend wirke. Auf dem Sektor der Schreibgeräte herrsche zwar eine Formenvielfalt im Detail. In ihren typischen Merkmalen seien sich die Kugelschreiber verschiedener Hersteller aber außerordentlich ähnlich. Es gebe zwei Grundtypen von Kugelschreibern: solche mit einer vom Schaft zu lösenden Verschlusskappe mit Halteclip und solche, bei denen die Mine mittels einer Vorrichtung in den Schaft eingezogen werden könne und bei denen der Halteclip am Schreibkörper selbst angebracht sei. Innerhalb dieser beiden Versionen erwarte der Verkehr vielfältige Variationen. Von einer herkunftsweisenden Wirkung könne nur dann gesprochen werden, wenn eine Form den durch die beiden Grundtypen gegebenen Rahmen durchbreche. Ein Kugelschreiber, der aus durchsichtigem Kunststoff gefertigt sei, einen sechseckigen Schaftquerschnitt aufweise und dessen Form sich an einem Grundtyp orientierte, sei für den Verkehr keine Besonderheit. Die Ausgestaltung des Schriftkörpers und der Verschlusskappe stelle nur eine einfache Kombination einfacher geometrischer Elemente dar, die einen geringen Abstand zu anderen Formen aufweise. Die Unterschiede seien so unbedeutend, dass sie kaum wahrgenommen und jedenfalls nicht als betriebskennzeichnender Hinweis aufgefasst werden. Die Bekanntheit der Kugelschreiber der Markeninhaberin und deren Form sei für die Beurteilung einer entsprechend gestalteten Formmarke irrelevant. Aus diesen Gründen habe der Marke bereits zur Zeit der Eintragung jegliche Unterscheidungskraft gefehlt.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Die dreidimensionale Form sei markenfähig, weil diese verschiedene Gestaltungselemente aufweise, von denen einige - etwa die Form des Abschlusstopfens, die Kappe und die Durchsichtigkeit des Körpers des Kugelschreibers - nicht durch eine technische Funktion bedingt seien. Auch seien andere Formen als die sechseckige Form des Schaftes denkbar, um die Greifbarkeit des Stiftes zu gewährleisten. Der Marke fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft, was zum einen aus der von anderen Kugelschreibern abweichenden Form und zum anderen aus der weltweiten, außerordentlich großen Verbreitung und Beliebtheit des betreffenden Kugelschreibers folge. Ein Freihaltungsbedürfnis scheide aus, weil sich die angemeldete Form markant von anderen Einmalkugelschreibern abhebe und den Mitbewerbern eine Vielzahl von anderen, abweichenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehe. Außerdem sei die Marke nach anfänglicher Beanstandung aufgrund einer Eingabe der Markeninhaberin, die die Bekanntheit der Form der Waren dargelegt habe, als Gemeinschaftsmarke eingetragen worden. Da das europäische und das deutsche Markenrecht harmonisiert seien, widerspreche die Löschung durch ein nationales Patentamt dem Harmonisierungsgedanken.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Sie regt an, im Falle der Zurückweisung der Beschwerde die Rechtsbeschwerde zuzulassen, hilfsweise die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Die Löschungsantragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Form der eingetragenen Marke hebe sich von Kugelschreibern anderer Hersteller nicht so stark ab, dass der Verkehr darin einen Hinweis auf einen bestimmten Herkunftsbetrieb sehe. Die typischen Merkmale der eingetragenen Form seien auch bei den Produkten anderer Hersteller verbreitet und hätten zum Teil außerdem eine ganz bestimmte Funktion.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Amtsakte 395 11 241.9 (S 90/97 Lösch) Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristgemäß und auch im übrigen zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg, nach Auffassung des Senats ist die angegriffene Marke zu Recht eingetragen worden (§§ 50, 54, 8 Abs 2 Nr 2 und 1 MarkenG). Der Marke standen zum Zeitpunkt ihrer Eintragung die Eintragungsversagungsgründe des § 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1 MarkenG nicht entgegen, weil sie nicht ausschließlich aus schutzunfähigen Bestandteilen besteht.

2. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit der Marke ist von der Marke auszugehen wie sie angemeldet und eingetragen worden ist, wobei bei Unklarheiten auf die mit der Anmeldung eingereichte Darstellung zurückzugreifen ist (vgl zum ähnlichen Fall des Schutzgegenstandes einer IR-Marke BPatGE 33,135, 136 ff.; 39, 239, 240; BGH I ZB 40/98 "Uhrvorderseite" Beschluss vom 14. Dezember 2000, nicht veröffentlicht). Der Prüfung ist daher eine dreidimensionale Marke - die Bezeichnung "Bildmarke" im Markenregister beruht auf anfänglichen technischen Unzulänglichkeiten des elektronischen Registers und ist daher für die geschützte Markenform ohne Belang - mit dem eingeprägten Wort "BIC" zugrunde zu legen. Zwar entsteht der Schutz der Marke durch die Eintragung ins öffentliche Markenregister (§ 4 Nr 1 MarkenG) und die eingetragene Marke wird publiziert, damit die Öffentlichkeit über die bestehenden Rechte und deren Schutzgegenstand informiert ist. Die Bestimmung von Inhalt und Umfang des Schutzrechts erfolgt daher grundsätzlich durch das Register (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 3 Rn 11, § 32 Rn 13 mN; vgl zum ähnlichen Fall des Schutzgegenstandes einer IR-Marke BPatGE 33, 135, 136 ff; 39, 239, 240; BGH I ZB 40/98 "Uhrvorderseite" Beschluss vom 14. Dezember 2000, nicht veröffentlicht). Dies schließt nach Auffassung des Senats aber nicht aus, dass zur Konkretisierung ungenauer Abbildungen im Register und in den Veröffentlichungsmedien die mit der Anmeldung eingereichte bildliche Darstellung herangezogen werden muss. Bei dieser Wiedergabe handelt es sich um die vom Anmelder eingereichte und beantragte Marke, von der das Patent- und Markenamt nicht abweichen darf. Die Schutzfähigkeit der Marke wird anhand dieser Darstellung von der Markenstelle auf Schutzversagungsgründe geprüft und die Eintragung dieser konkreten Marke von der Markenstelle beschlossen. Für den Vorrang der mit der Anmeldung eingereichten Darstellung spricht auch die Möglichkeit einer Berichtigung des Registers, wenn dessen Inhalt aufgrund eines offensichtlichen Fehlers von der Anmeldung abweicht (§ 45 Abs 1 MarkenG) etwa, wenn wie hier die angemeldete Abbildung um 90 Grad gedreht eingetragen wird. Auch sind Markenformen wie Hörmarken oder Farbmarken eintragbar, die oft nur annähernd grafisch wiedergeben und publiziert werden können (vgl zu diesem Problem auch BPatG 2000,1044 Geruchsmarke). Ein Zurückgreifen auf nicht eingetragene und publizierte Materialien (klangliche Wiedergabe, Normentabelle für Farben) wird in solchen Fällen zur exakten Bestimmung des tatsächlichen Schutzgegenstands meist erforderlich sein. Die Publikationsfunktion des Registers ist darum insoweit ohnehin begrenzt (vgl zur Problematik der Darstellbarkeit neuer Markenformen Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 3 Rn 12) und spricht nicht zwingend gegen den Vorrang der angemeldeten Darstellung. In der Eigenart der Markenform begründete Schwierigkeiten der graphischen Wiedergabe die - wie hier nicht von § 8 Abs 1 MarkenG erfasst werden - oder eventuelle technische Unzulänglichkeiten, die im Bereich des Deutschen Patent- und Markenamts liegen, und die zu einem Verlust von Einzelheiten der Darstellung, im vorliegenden Fall durch Scannen oder Speicherung führen, können nicht zu Lasten des Anmelders bzw Markeninhabers gehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Anmeldung und die Wiedergabe der Marke den formellen Erfordernissen an Format und Deutlichkeit (§ 32 Abs 2 Nr 2, Abs 3 MarkenG, § 9 Abs 1 bis 3, Abs 4, § 8 Abs 2 bis 4 MarkenV) entsprechen. In diesem Fall muss das Deutsche Patent- und Markenamt die technischen Voraussetzungen schaffen, um die gesetzlichen Vorschriften und seine gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Für eine Auffassung, dass technische Unzulänglichkeiten beim Vorgang der Registrierung und der Publikation zu Lasten des Anmelders gehen, gäbe es keine gesetzliche Grundlage. Auszugehen ist damit vorliegend von der der Anmeldung vom 13. März 1995 auf einem Blatt, das auch das Verzeichnis der Waren enthält, beigefügten Darstellung der angegriffenen Marke eines liegenden Kugelschreibers mit durchsichtigem, eckigem Schaft, in den das Wort "BIC" eingeprägt ist, und dunkler Kappe, die einen Halteclip nicht erkennen lässt. Es kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob diese Abbildung ausreicht, um den Schutzgegenstand ausreichend bestimmt und in allen wesentlichen Merkmalen vollständig darzustellen (§ 32 Abs 2 Nr 2 MarkenG, §§ 9, 8 Abs 2 MarkenV), wozu oft insbesondere bei komplexeren dreidimensionalen Gestaltungen eine Abbildung in jedem Fall nicht ausreichen dürfte (vgl dazu BPatG GRUR 2001, 521 "Penta Kartusche"). Jedenfalls fällt ein solcher Verfahrensfehler nicht unter die Nichtigkeitsgründe des § 50 Abs 1 MarkenG und könnte darum die Löschung der angegriffenen Marke nicht begründen. Allerdings sprechen die regelmäßige Form und das Vorkommen von Kugelschreibern ohne Halteclip dafür, dass die Abbildung bei lebensnaher Betrachtung so zu interpretieren ist, dass die Rückseite entsprechend der Vorderseite gestaltet ist, zumal sich trotz der Transparenz des Schaftes keine Anhaltspunkte für das Gegenteil ergeben. Der Senat geht darum im vorliegenden Verfahren davon aus, dass die geschützte dreidimensionale Form nicht einen Halteclip an der Abdeckkappe des Stiftes umfasst und dass die diesbezüglichen Ausführungen der Verfahrensbeteiligten daher im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich sind.

3. Zu Recht ist die Markenabteilung davon ausgegangen, dass es sich um ein gemäß § 3 MarkenG markenfähiges Zeichen handelt, dh um ein Zeichen, das abstrakt unterscheidungskräftig (§ 3 Abs 1 MarkenG) ist, denn die Marke weist über die technisch bedingten Gattungsmerkmale hinaus eine Reihe von Gestaltungsmerkmalen auf, die weder ausschließlich durch die Art der Ware selbst noch ausschließlich technisch oder wertmäßig bedingt sind (vgl dazu etwa BGH WRP 2001, 261, 262 f m Nachw "Gabelstapler"; BGH GRUR 413, 414 "SWATCH"; BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; BGH GRUR 2001, 418, 419 "Montre"). Dies gilt ua etwa für die auf der Darstellung nicht genau erkennbare Anzahl der Kanten des Schaftes, die Länge des Stiftes oder den Grad der Krümmung der Kontur der Stiftkappe.

4. Der Senat teilt auch die Auffassung der Markenabteilung, dass die Form der angegriffenen dreidimensionalen Marke den Schutz des Gesamtzeichens nicht begründen kann, weil der Form auch bei Anlegung mildester Maßstäbe jegliche Unterscheidungskraft fehlt (so dass es auf die Frage des erforderlichen Maßes an Unterscheidungskraft, die Gegenstand von Vorlagen zum EuGH ist - etwa BGH WRP 2001, 261, 262 f m Nachw "Gabelstapler"-, hier nicht ankommt; vgl BGH GRUR 413, 414 "SWATCH"; BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; BGH GRUR 2001, 418, 419 "Montre"). Entscheidend für die Schutzfähigkeit ist, ob der angesprochene Verkehr - aus welchem Grund auch immer - in der Form einen Herkunftshinweis erblickt. Bei dreidimensionalen Marken sind besondere Eigenart und Originalität nicht zwingende Voraussetzung für das Vorliegen von Unterscheidungskraft (vgl BGH WRP 2001, 261, 264 m Nachw "Gabelstapler"; WRP 2000, 1290, 1292 "Likörflasche"; BGH GRUR 413, 414 "SWATCH"; BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; BGH GRUR 2001, 418, 419 "Montre"). Entscheidend ist ein Vergleich mit den tatsächlich auf dem betreffenden Gebiet vorhandenen Gestaltungsformen, wobei es nicht darauf ankommt, dass die charakteristischen Formmerkmale in ihrer Kombination nachweisbar sind. Es genügt vielmehr, dass diese charakteristischen Elemente auf dem betreffenden Gebiet vorkommen (vgl BGH GRUR 413, 415, 416 "SWATCH"; BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; BGH GRUR 2001, 418, 419 "Montre"; BGH I ZB 40/98 "Uhrvorderseite" Beschluss vom 14. Dezember 2000, nicht veröffentlicht). Dies ist hier der Fall. Wie die bereits im Löschungsverfahren vor der Markenabteilung eingereichten Unterlagen belegen, waren und sind sowohl Kugelschreiber mit transparenten und mehreckigen Schäften als auch mit mehr oder weniger spitz zulaufenden Abdeckkappen und mit abgerundeten Stopfen versehene Einmalkugelschreiber im Handel, die zum Teil auch diese charakteristischen Merkmale der angegriffenen Form in Kombination aufweisen. Weiterhin lässt sich eine große Gestaltungsvielfalt auf diesem Gebiet feststellen. Für die angesprochenen breiten Verkehrskreise vermag darum eine beliebige Kombination solch üblicher Gestaltungselemente einen Herkunftshinweis nicht begründen (vgl dazu BGH GRUR 413, 415, 416 "SWATCH"; BGH GRUR 2001, 416, 417 "OMEGA"; BGH GRUR 2001, 418, 419, 420 "Montre"; BGH I ZB 40/98 "Uhrvorderseite" Beschluss vom 14. Dezember 2000, nicht veröffentlicht). Die Markeninhaberin hat dies auch nicht mehr ernsthaft behauptet, nachdem sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, dass der Halteclip auf der Markenabbildung nicht erkennbar ist. Die Behauptung, die eingetragene Form - mit Halteclip, der nicht Bestandteil der angegriffenen Marke ist - sei durch hohen Umsatz bekannt, reicht nicht aus, um die Schutzfähigkeit zu belegen. Erstens sagen die Umsatzzahlen nichts über die Verwendung als Marke aus, sondern allenfalls über eine Bekanntheit des Produkts. Zweitens kann die Beliebtheit und Verbreitung des Produkts vielerlei Gründe wie technische Details, niedriger Preis, wirtschaftliche Monopolstellung etc haben, die nichts mit der konkreten Form zu tun haben und muß darum auch nicht zwingend darauf hinweisen, dass gerade die Form dem Verkehr als von anderen Kugelschreibern abweichend auffällt. Außerdem ist durch die große Verbreitung der Ware noch nicht belegt, dass der Verkehr in der Form einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller bzw den zutreffenden Hersteller sieht, denn die allgemeine Bekanntheit einer Marke erlaut noch keine Aussage über deren Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller. Auch sind keine konkreten Umsätze für Deutschland vorgetragen.

5. Allerdings enthält die streitgegenständliche Marke - wie auch von der Löschungsantragstellerin nicht in Frage gestellt - auf dem durchsichtigen Schaft reliefartig das Wort "BIC", das den Schutz der Gesamtmarke begründet. Der Senat hat keine Bedenken, dass ein Wort die Schutzfähigkeit einer dreidimensionalen Marke begründen kann. Zwar können dann im Kollisionsfall aus der konkreten körperlichen Form, die das Spezifikum jeder dreidimensionalen Marke ist, isoliert keine Rechte hergeleitet werden (vgl dazu etwa BGH MarkenR 2000, 178 "MAG-LITE"). Nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs 2 MarkenG kommt es für die Beurteilung der Eintragungsfähigkeit aber auf die Betrachtung der Gesamtmarke an, was besonders aus der Formulierung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG "ausschließlich" deutlich wird. Die Schutzfähigkeit einzelner Teile der Marke wird erst im Kollisionsfall geprüft (vgl etwa BGH GRUR 1968, 414, 415 "Fe"; BGH MarkenR 2000, 178 "MAG-LITE"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Rn 159 m N). Es besteht deshalb kein Anlass, bei dreidimensionalen Marken, die nach dem Markengesetz gleichberechtigt neben den übrigen - auch den bisher zulässigen - Markenformen stehen (vgl § 3 Abs 1 MarkenG, Art 2 MarkenRichtl), von dem Grundsatz, dass ein Wort den Schutz einer Kombinationsmarke begründen kann, der etwa für Wort-Bildmarken seit jeher unbestritten gilt, abzuweichen (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rn 39 m N zum Stand der Diskussion). Der nicht unproblematische Effekt, dass damit eine ausdrücklich als dreidimensionale Marke angemeldetes Zeichen eingetragen werden kann, obwohl es in seinen dreidimensionalen "Anteil" gerade nicht schutzfähig ist, muss dabei hingenommen werden (vgl zur deutschen Rspr etwa BPatGE 43, 122 "Taschenlampen"; Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt; BPatG 28 W (pat) 260/96 "Mittelteil eines Endoskops" veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM). Der für sich betrachtet nicht beschreibende und unterscheidungskräftige Wortbestandteil erscheint allerdings auf der nach Auffassung des Senats den Schutzgegenstand bestimmenden mit der Anmeldung eingereichten Markendarstellung auf dem Schaft des Kugelschreibers im Verhältnis zur gesamten Form relativ klein und wegen der in durchsichtigen Kunststoff als Relief integrierten Schrift relativ undeutlich. Er mag bei nicht ganz genauer Betrachtungsweise oder bei ungünstigen Lichtverhältnissen schlecht wahrnehmbar sein. Trotzdem reicht diese Darstellung nach Auffassung des Senats aus, um schutzbegründend zu wirken. Zwar muss die eingereichte Darstellung so beschaffen sein, dass sie die Bestandteile der Marke in allen Einzelheiten auch bei schwarzweißer Wiedergabe in einem Format mit höchstens 9 cm Breite deutlich erkennen lässt (§§ 9 Abs 4, 8 Abs 2 Satz 1 MarkenV), es darf zu der angemeldeten bzw eingetragenen Form nichts hinzugedacht werden und der schutzbegründende Bestandteil muss so unübersehbar hervortreten, dass er noch als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden kann (vgl etwa BPatGE 34, 105, 107 "JOY of LEONARDO"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rn 145). Vorliegend ist auf der eingereichten Darstellung der Schriftzug erkennbar. Darüber hinaus muss nach Auffassung des Senats gerade bei dreidimensionalen Marken berücksichtigt werden, dass diese Markenform in zweidimensionalen graphischer Darstellung zwangsläufig nur annäherungsweise wiedergeben werden kann (vgl zur Problematik der Darstellbarkeit neuer Markenformen Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 3 Rn 12). Auch werden dreidimensionale Formen in der Praxis häufig wesentlich größer verwendet als sie in der mit der Anmeldung eingereichten, im Register enthaltenen oder der veröffentlichten graphischen Wiedergabe erscheinen, was auch relativ kleine Bestandteile deutlicher erkennbar machen kann, besonders, wenn es sich um einen Gegenstand handelt, an dem die eigentliche Betriebskennzeichnung üblicherweise im Verhältnis zur gesamten dreidimensionalen Form relativ klein, aber an typischen Stellen angebracht ist (etwa die Firmenmarke auf Autokarosserien). Aus diesen Gründen ist bei der Prüfung der Schutzfähigkeit einer dreidimensionalen Marke stets auch die verkehrsübliche Verwendung solcher Formen zu berücksichtigen, soweit diese aus der Art der angemeldeten Form bei lebensnaher Betrachtungsweise ersichtlich ist. Nach diesen Gesichtspunkten reicht der Schriftzug im vorliegenden Fall aus, um den Schutz der Gesamtmarke zu begründen. Wie aus der Lebenserfahrung hervorgeht und im vorliegenden Verfahren ausführlich durch Vorlage von Kugelschreibern der Markeninhaberin sowie anderer Hersteller belegt worden ist, werden dreidimensionale Formen wie die eingetragene in Längen von etwa 15 bis 20 Zentimeter benutzt, auf deren Schaft üblicherweise Kennzeichnungen (Wörter, Zahlen und/oder Bilder) angebracht sind, was der Verkehr auch weiß. Diese Elemente sind deutlich zu erkennen und werden von Verkehr auch beachtet, weil sich dort üblicherweise (ua) eine betriebliche Herkunftskennzeichnung befindet. Diese Schriftzüge oder Bilder sind in vergleichbarer Größe angebracht die des Wort "BIC" auf der angegriffenen Marke, so dass in vorliegenden Fall dieser Markenbestandteil für den Verkehr als betriebliche Herkunftskennzeichnung unübersehbar hervortritt.

6. Zu einer Kostenauferlegung nach § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

7. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen, ob und inwieweit ein Schriftzug den Schutz einer dreidimensionalen Marke begründen kann, ob die grafische Wiedergabe im elektronischen Register des Deutschen Patent- und Markenamts für den Schutzgegenstand ausschließlich bestimmend oder einer Interpretation durch die mit der Anmeldung eingereichte detailreichere Darstellung zugänglich ist, wie deutlich der schutzbegründende Bestandteil auf der Darstellung der zu prüfenden dreidimensionalen Marke erscheinen muss und ob bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer dreidimensionalen Marke auch die übliche Art der Verwendung in der Praxis zu berücksichtigen ist, rechtsgrundsätzliche Bedeutung haben und - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich geklärt sind (§ 83 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).

Baumgärtner Pagenberg Guth Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)11-00.3.gif






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Az: 29 W (pat) 11/00


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