Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Februar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 113/00

(BPatG: Beschluss v. 06.02.2001, Az.: 33 W (pat) 113/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") sind gegen die Eintragung der - am 2. Juni 1995 angemeldeten und am 29. Juni 1996 veröffentlichten - Marke 395 23 278 PURELITE für die Waren

"absorbierende chemische Verbindungen zur Entfernung von Schmutzstoffen, Schadstoffen und Verseuchungsstoffen; Filtrierapparate und -geräte, auch als Einheit, für industrielle, gewerbliche und Haushaltszwecke, die auch unerwünschte Gase entfernen oder neutralisieren; Reinigungsapparate und -geräte, auch als Einheit, für industrielle, gewerbliche und Haushaltszwecke, die auch unerwünschte Gase entfernern oder neutralisieren"

auf Grund der für die Waren

"Filter für technische und Haushaltszwecke zur Reinigung von Öl und deren Teile, insbesondere Filterkerzen, Filtrierpapier, Filterschläuche und Filtertöpfe"

am 19. Februar 1960 eingetragenen Marke 733 959 PUROLATOR sowie der am 20. Februar 1987 eingetragenen Marke "PORYLIT" 1 102 747 Widersprüche erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 21. März 2000 den Widerspruch aus der Marke 733 959 wegen fehlender Verwechslungsgefahr gemäß §§ 43 Abs 2 Satz 2, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen sowie wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 102 747 die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke 395 23 278 im Umfang der Waren

"absorbierende chemische Verbindungen zur Entfernung von Schmutzstoffen, Schadstoffen und Verseuchungsstoffen"

angeordnet. In den Gründen ist hinsichtlich der Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke 733 959 "PUROLATOR" ausgeführt worden, zwar sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer erheblichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren "Filter" und "Filtrierapparate" auszugehen, die sich gegenüberstehenden Marken seien aber sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht deutlich unterschiedlich.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat nur die Widersprechende aus der Marke 733 959 Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, es bestehe Verwechslungsgefahr. Die Waren beider Marken seien teilweise identisch und im übrigen ähnlich, so daß niedrige Anforderungen an die Markenähnlichkeit ausreichten. Die beiden Markenwörter wiesen wegen ihrer Gemeinsamkeiten ihrem Gesamteindruck nach schriftbildlich und vor allem auch klanglich eine enge Ähnlichkeit auf. Insbesondere stimmten sie in ihrer Silbenzahl sowie ihrer Betonung auf der jeweils ersten und dritten Silbe überein.

Sie beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle vom 21. März 2000 aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 733 959 zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke "PURELITE" anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, das Patentamt habe den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Eine hohe Ähnlichkeit oder sogar Identität beiderseitiger Waren liege aber nicht vor, vielmehr sei jedenfalls ein gewisser Warenabstand gegeben. Eine Markenähnlichkeit könne nicht angenommen werden. Die den Marken gemeinsame Anfangssilbe "PUR" sei für die hier in Betracht kommenden Waren (Filter bzw Filtergeräte) im Sinne von "rein" oder englisch "pure" glatt beschreibend. Mehr als 50 in den Klassen 11 und 21 eingetragene Marken enthielten den Begriff "Pur". Die Internet-Recherche habe etwa 25.500 Dokumente gefunden, in denen der Begriff "pur" vorkomme. Auch der Begriff "LITE" sei in der angegriffenen Marke ohne weiteres als beschreibende Angabe zu erkennen, da es sich um die bekannte amerikanische Schreibweise des Begriffes "light" im Sinne von "leicht" handele. Schon wegen dieses Sinngehaltes scheide eine Verwechslungsgefahr aus. Klanglich hätten die sich gegenüberstehenden Marken weder eine gleiche Vokalfolge noch eine gleiche Konsonantenfolge. Im übrigen wirke die Widerspruchsmarke "PUROLATOR" mit einer männlichen Endung sprachlich andersartig als die angegriffene Marke "PURELITE" mit einer eher weiblichen Endung.

II Die Beschwerde der Widersprechenden aus der Marke 733 959 ist unbegründet. Die Beschwerde ist allerdings ohnehin bereits gegenstandslos, soweit der Beschluß der Markenstelle des Patentamts vom 21. März 2000 im Umfang der Entscheidung über die Löschung der angegriffenen Marke inzwischen Rechtskraft erlangt hat (vgl dazu Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 66 Rdn 29 aE mwN).

Der Senat hält - im Ergebnis ebenso wie die Markenstelle - eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der jüngeren Marke "PURELITE" und der Widerspruchsmarke "PUROLATOR" nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch aus der Marke 733 959 somit gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 iVm §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr umfaßt alle Umstände des Einzelfalls und würdigt die in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 731, 732 - Canon II; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION; BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHé/TISSERAND).

Der Senat geht hier zu Gunsten der Widersprechenden davon aus, daß die Waren "Filtrierapparate und -geräte ..." der angegriffenen Marke und die Waren "Filter ..." der Widerspruchsmarke identisch sein können, weil nicht nur das Filtermaterial, sondern auch Vorrichtungen und Geräte zum Filtern "Filter" genannt werden (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S 507). Im übrigen sind die weiteren Waren "Reinigungsapparate und -geräte ..." der angegriffenen Marke und die Waren der Widerspruchsmarke jedenfalls ähnlich.

Die ohne weiteres ersichtliche Wortbildung der Widerspruchsmarke "PUROLATOR" spricht an sich eher für eine ursprünglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft sind insbesondere die Eigenschaften zu berücksichtigen, welche die Marke von Hause aus besitzt, einschließlich des Umstandes, ob sie beschreibende Elemente in Bezug auf die Waren aufweist, für die sie eingetragen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 23, 28 - Lloyd). Der Bestandteil "PUR" weist offensichtlich beschreibend im Sinne von "rein" auf die bestimmungsgemäße Wirkung der Filter hin, und bei dem Bestandteil "-ATOR" handelt es sich um eine insbesondere für technische Apparate, Geräte etc typische und allgemein bekannte Endung, die in zahlreichen Begriffen wie beispielsweise "Ventilator", "Transformator", "Generator", "Radiator", "Regulator", "Separator", "Tabulator", "Vibrator", "Pulsator" etc vorkommt. Eine etwaige durch intensive Benutzung gestärkte oder erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird von der Widersprechenden nicht geltendgemacht. Der Senat unterstellt jedoch im vorliegenden Fall wegen der nicht ganz sprachüblich erscheinenden Wortschöpfung eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.

Angesichts der hier angenommenen (teilweisen) Warenidentität sowie unter Berücksichtigung des einer normalen Kennzeichnungskraft entsprechenden Schutzumfanges der Widerspruchsmarke muß an die Prüfung der Verwechslungsgefahr zwar ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl zB BGH aaO - MONOFLAM/POLYFLAM; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND), die angegriffene jüngere Marke "PURELITE" hält aber den demnach zum Ausschluß der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke bei weitem ein.

Die sich gegenüberstehenden Marken "PURELITE" und "PUROLATOR" sind in keiner Weise verwechselbar ähnlich. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Markenähnlichkeit auf den Gesamteindruck der beiden Zeichen abzustellen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 390 Ez 23 - Springende Raubkatze = Sabel/Puma; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 25 - Lloyd). Die beiden Marken stimmen im wesentlichen lediglich in ihrem Anfangsbestandteil "PUR" überein, der jedoch bezüglich der betreffenden Marken als beschreibendes Element nur äußerst kennzeichnungsschwach wirkt. Die übrigen Wortbestandteile "ELITE" und "OLATOR" besitzen im Gesamteindruck der beiden Markenwörter jedoch nicht die geringste Ähnlichkeit. Insbesondere klanglich kommen sich die Marken keineswegs nahe. Bei der jüngeren Marke "PURELITE" sind zwar verschiedene Aussprachevarianten je nach möglicher Auffassung der Wort- oder Silbentrennung "PUR-ELITE", (englisch) "PURE-LITE" oder "PU-RE-LI-TE" in Betracht zu ziehen, aber keine läßt irgendeine beachtliche Ähnlichkeit mit dem Klangbild der Widerspruchsmarke erkennen. Die Ansicht der Widersprechenden, die auf Grund einer bloß analytischen Betrachtungsweise gewisse formale Gemeinsamkeiten hervorhebt, läßt unzulässig den maßgeblichen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken außer Acht, der den angesprochenen Verkehrskreisen nur völlig andersartig erscheinen kann.

III Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Winkler Sekretarukv. Zglinitzki Cl






BPatG:
Beschluss v. 06.02.2001
Az: 33 W (pat) 113/00


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