Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 9/01

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2001, Az.: 17 W (pat) 9/01)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G07C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Dezember 2000 aufgehoben.

Das nachgesuchte Patent 199 27 123 wird unter der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Messen der Einsatzdauer von Fahrzeugen"

mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 11, Beschreibung Seiten 1 bis 2a sowie 3 und 4, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 15. Juni 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Messen der Betriebsdauer von Fahrzeugen"

eingereicht worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse G07C hat im Prüfungsverfahren die Druckschriften 1) DE 34 41 517 C2 2) DE 198 46 070 A1 3) DE 691 09 488 T2 4) CH 504 737 entgegengehalten und die Anmeldung durch Beschluß vom 14. Dezember 2000 mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Er verfolgt seine Anmeldung auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 bis 11 weiter.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Messen der individuellen Einsatzdauer mehrerer Fahrzeuge, die für jedes Fahrzeug aufweist:

- eine außerhalb des jeweiligen Fahrzeugs angeordnete Zeitnehmereinrichtung,

- eine der Inbetriebnahme des jeweiligen Fahrzeugs dienendes Schloß,

- einen für jedes Fahrzeug unterschiedlichen Schlüssel, mit dem sowohl die Zeitnehmereinrichtung in Lauf setzbar und anhaltbar als auch das Schloß betätigbar sind."

Die beanspruchte Vorrichtung ist nach Ansicht des Anmelders durch den im bisherigen Verfahren herangezogenen Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt und demzufolge patentierbar.

Der Anmelder stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Ansprüche 1 bis 11, Beschreibung Seiten 1 bis 2a, 3 und 4, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.

II.

Die in rechter Frist und Form eingelegte Beschwerde ist zulässig und auch begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

Der Erteilungsantrag ist zulässig. Der geltende Anspruch 1 geht aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 und aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung S. 3, Absätze 6 bis 8 und S. 4 hervor.

Die geltenden Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 sind unverändert geblieben.

Im Anspruch 6 sind der Rückbezug und das kennzeichnende Merkmal in zulässiger Weise präzisiert worden.

Der Anspruch 11 entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 12.

In die Beschreibung wurden in zulässiger Weise Angaben zum Stand der Technik aufgenommen. Die sonstigen Änderungen in der Beschreibung sind nur von redaktioneller Art und somit ebenfalls zulässig.

Der Anspruch 1 bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Messen der individuellen Einsatzdauer mehrerer Fahrzeuge. Diese Messung wird mit einer fahrzeugindividuellen Zeitnehmereinrichtung, die sich außerhalb des jeweiligen Fahrzeugs befindet, durchgeführt. Für die Aktivierung einer solchen Zeitnehmereinrichtung dient ein für jedes Fahrzeug unterschiedlicher, d. h. nur einmal vorhandener Schlüssel, mit dem außerdem das fahrzeugeigene, der Inbetriebnahme dienende Schloß zu betätigen ist.

Die technische Lehre gemäß Anspruch 1 gestattet entsprechend der erfindungsgemäßen Aufgabenstellung eine vereinfachte Abrechnung des Einsatzes der mehreren Fahrzeuge unter Aufrechterhaltung einer hohen Betriebssicherheit.

Sie ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie sich für den Durchschnittsfachmann, einen Techniker mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von technischen Komponenten für den Einsatz in der Betriebsorganisation nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ergibt.

In der Beschreibungseinleitung des vorliegenden Patentes wird die bisherige, Schwierigkeiten mit sich bringende Ausleihorganisation geschildert, die unter Verwendung von Betriebsstundenzählern und Führung von Aufzeichnungen in einer Zentrale bei der Ausleihung von Fahrzeugen eingesetzt wird.

Diese in der Praxis zu beobachtenden Probleme sind Anlaß für den Fachmann, sich nach Verbesserungsmöglichkeiten umzusehen. Der Fachmann wird sich hierbei auch auf Nachbargebieten, bei denen es ebenfalls um den Geräteeinsatz zur Unterstützung der Betriebsorganisation geht, informieren. Hierzu zählt beispielsweise die Spielbetriebsregistrierung in einer Spielautomatenhalle, wie sie in Druckschrift 1 beschrieben ist.

In dieser Druckschrift 1 wird eine Einrichtung zur Leistungsbereitschaltung von münzbetätigten Spielautomaten 26, von denen mehrere jeweils mit einem Schlüsselschalter 33 ausgerüstet sind, in einer Automatenhalle erläutert. Hierfür ist ein hallenindividuelles Schlüsselbrett 1 vorgesehen, das mit beispielsweise 15 Schlüsselschaltern 2 zur Aufnahme von 15 jeweils unterschiedlichen Schlüsseln 3 eingerichtet ist. Mit jedem dieser Schlüssel 3 kann jeder oder (zumindest) ein Teil der in der Halle befindlichen Automaten 26, der mit einem der Schlüsselschalter 33 ausgestattet ist, durch dessen Betätigung spielbereit geschaltet werden. Die Entnahme eines solchen Schlüssels 3 vom Schlüsselbrett 1 führt zunächst zur Zurücksetzung und dann zur Aktivierung eines zu diesem Schlüssel gehörenden und dessen Entnahmezeit registrierenden Einzelzählers 12. Ebenfalls aktiviert wird eine Taxierungsanzeige 8, die den bei abgezogenem Schlüssel 3 sich ergebenden, von der Benutzungszeit abhängigen Preis anzeigt (Anspruch 1; Sp. 2, Z. 52 bis Sp. 3, Z.21 mit Fig.1).

Die von einem Einzelzähler 12 registrierten Entnahmezeiten des betreffenden Schlüssels durch unterschiedliche Benutzer werden mit einem zugehörigen Summenzähler 20 aufgezeichnet. Dessen Zählerstand kann unter Zuhilfenahme eines für die Automatenhalle nur einmal vorhandenen Sonderschlüssels 3', der zu einem ebenfalls nur einmal vorhandenen Sonderschlüsselschalter 24 des Schlüsselbrettes 1 gehört, abgefragt und gegebenenfalls rückgesetzt werden (Sp. 3, Z. 22 - 56).

Zu jedem Spielautomaten 26 gehört ein Zeitsummenzähler Z, der die gesamte Benutzungszeit des Automaten, beispielsweise für statistische Zwecke, aufzeichnet (Sp. 4, Z. 27 - 34; Anspruch 7).

Bei der bekannten Einrichtung ist somit zwar einem Schlüssel 3 jeweils ein Einzelzähler 12 zur Registrierung der Schlüsseleinsatzzeit zugeordnet, es gibt jedoch keine Einszu-Eins-Zuordnung zwischen Schlüssel 3 und dem von diesem jeweils zu aktivierenden Spielautomaten 26. Es sind vielmehr alle oder zumindest ein Teil der mit dem Schlüsselschalter 33 ausgestatteten Spielautomaten mit den jeweiligen Schlüsseln 3 zu bedienen. Diese Zugänglichkeit aller oder zumindest mehrerer Spielautomaten 26 mit Hilfe eines jeweiligen Schlüssels 3 ist auch erklärtes Ziel bei der in Druckschrift 1 beschriebenen Einrichtung zur Leistungsbereitschaltung von münzbetätigten Automaten, denn hierdurch soll dem ungeübten Spieler die Frustration erspart bleiben, die beim Spiel an nur einem Spielautomaten durch entsprechend frühes Spielende auftreten kann (Sp. 2, Z. 8 bis 20). Der Fachmann, der sich von Druckschrift 1 anregen läßt, bei der Gestaltung einer Vorrichtung zum Messen der individuellen Einsatzdauer mehrerer Fahrzeuge für jeden Fahrzeuginbetriebnahme-Schlüssel eine eigene Zeitnehmereinrichtung vorzusehen, enthält jedoch von dieser Druckschrift aus den aufgezeigten Gründen keine weitere Anregung dahingehend, jedem Schlüssel 3 nur einen Spielautomaten zuzuordnen.

Die nach Anspruch 1 getroffene Lösung für eine vereinfachte Abrechnung des Einsatzes mehrerer Fahrzeuge bei hoher Betriebssicherheit ist somit durch Druckschrift 1 weder bekannt noch nahegelegt.

Auch die Druckschriften 2 bis 4 können die Patentierbarkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nicht in Frage stellen.

Druckschrift 2 bezieht sich auf eine in einem Kraftfahrzeug beispielsweise für das Automatikgetriebe zu verwendende Steuerungsvorrichtung, die über einen Schlüsselschalter 103 in Betrieb gesetzt werden kann (Sp.2, Z.7-20; Sp. 5, Z.6-11).

Druckschrift 3 beschreibt eine Diebstahlsicherung für einen Aufliegeranhänger. Dieser Anhänger hat zwei ausfahrbare, mit einem Sicherheitsschloß 1 bzw. 23 ausgestattete Stützbeine 4. Bei den in den Figuren 7 und 8 dargestellten Stützbeinkonstruktionen wird ein Elektromotor 21 für das Anheben/Absenken der Stützbeine verwendet. Es muß zunächst die Schlüsselsicherung 22 mit Hilfe eines Schlüssels entriegelt werden und auf diese Weise der antreibende Elektromotor freigeschaltet werden. Unter Benutzung desselben Schlüssels wird dann über den Schlüsselschalter 23 der eigentliche Hebe/Senkvorgang eingeleitet.

Die Druckschriften 2 und 3 sind somit lediglich ein Beleg für den gängigen Sachverhalt, daß Fahrzeuge mit oder ohne eigenen Antrieb zur Verhinderung ungefugter Inbetriebnahme bzw zur Diebstahlsicherung mit Schlössern ausgestattet sind.

Druckschrift 4 zeigt eine Kontrolleinrichtung zur Überwachung der Anwesenheitszeit von mehreren, zu einem Betrieb gehörenden Personen, die für jede dieser Personen einen zugeordneten Schalter und eine an den Schalter angeschlossene Zeitzähleinrichtung enthält, die von der zu überwachenden Person über den Schalter bei Arbeitsbeginn mit Hilfe einer dieser Person zugeordneten Betätigungseinrichtung einschaltbar und jeweils bei Arbeitsende ausschaltbar ist (Patentanspruch). Der Schalter kann von besagter Person beispielsweise mit einem Sicherheitsschlüssel oder einem codierten Personalausweis betätigt werden (Anspruch 14) und die Zähleinrichtung kann aus einem Impulszähler oder einem Betriebsstundenzähler bestehen (Ansprüche 11, 12). Bei dieser Druckschrift ist das Hauptaugenmerk auf die Verhinderung von falschen Arbeitszeitregistrierungen gerichtet, die durch unterlassene Abschaltungen der Zeitzähleinrichtung bei Arbeitsende verursacht würden (Sp. 1, Z.13-31 und Sp.4, Z.23 bis Sp. 5, Z.31). Eine zusätzliche Verwendung der Schalterbetätigungseinrichtung zur Inbetriebnahme eines Gerätes ist nicht vorgesehen.

Somit vermögen auch die Druckschriften 2, 3 und 4 weder einzeln noch bei verbindender Betrachtungsweise dem Fachmann die Lehre des Anspruchs 1 nahelegende Hinweise zu geben.

Demnach ist der Anspruch 1 gewährbar.

Die Ansprüche 2 bis 11 beinhalten zweckmäßige, nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Erfindung und sind in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

Bertl Dr. Greis Püschel Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 18.10.2001
Az: 17 W (pat) 9/01


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