Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 62/04

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2007, Az.: 26 W (pat) 62/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren

"Bettrahmen, Lattenroste, Matratzen, Polster, Kissen, Möbel soweit in Klasse 20 enthalten; Kautschuk, Waren aus Kunststoff soweit in Klasse 17 enthalten; Bettwäsche, Bettdecken, Oberbetten, Matratzenschoner, Textilwaren soweit in Klasse 24 enthalten"

eingetragene Marke 300 35 177 Grafik der Marke 30035177.1 ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Marke 399 62 634 Grafik der Marke 39962634.4 die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 01; 02; 03; 04; 05; 06; 07; 08; 09; 10; 11; 12; 13; 14; 15; 16; 17; 18; 19; 20; 21; 22; 23; 24; 25; 26; 27; 28; 29; 30; 31; 32; 33; 34; 35; 36; 37; 38; 39; 40; 41; 42 eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zu einem außergewöhnlichen Prüfungsmaßstab bestehe kein Anlass, da die Bekanntheit des Namens "QUELLE" nur als Versandfirma, aber nicht für die betreffenden Waren der Klassen 17, 20 und 24 glaubhaft gemacht worden sei und somit von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht ausgegangen werden könne.

Eine isolierte Kollisionsprüfung anhand des Bestandteils "Quell" des jüngeren Zeichens komme nicht in Betracht, da dieser keine derart prägende Bedeutung besitze, dass der andere Bestandteil im Gesamteindruck weitgehend in den Hintergrund treten würde. Die Elemente "Schlaf" und "Quell" wirkten infolge der einheitlichen schriftbildlichen Gestaltung und wegen des fehlenden Zwischenraumes als zusammengehöriges Ganzes. Bei "Schlaf" handle es sich auch nicht um eine glatt warenbeschreibende Angabe. Die Widerspruchsmarke sei darüber hinaus nicht identisch in der angegriffenen Marke enthalten, da dem Wort "Quell" eine eigenständige Bedeutung im Sinn von "Ursprung" zukomme. Deshalb sei eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklicher Verbindung nicht gegeben; die Wortverbindung füge sich auch nicht ohne weiteres in die Reihe der von der Widersprechenden bereits benutzten zusammengesetzten Kennzeichnungen wie "Foto Quelle" oder "Garten Quelle" ein, weil die vorangestellten Bestandteile insoweit auf ein spezielles Waren- bzw. Dienstleistungsangebot hinweisen würden.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie trägt vor, die Berühmtheit der Marke "QUELLE" erstrecke sich nicht nur auf die reine Versandtätigkeit, sondern auch auf die gelieferten Waren. Entsprechend würden auch Filialen und Agenturen betrieben, sogar zwei Kaufhäuser, in dem die Waren vor Ort und nicht nur über den Versandhandel erworben werden könnten. Zudem kenne der Verbraucher die Marke "QUELLE" aus der Fernseh- und Rundfunkwerbung mit bekannten Moderatoren wie z. B. Thomas Gottschalk. Die hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke werde auch nicht durch Drittmarken beeinträchtigt, da die ähnlichen Zeichen auf dem einschlägigen Warengebiet überwiegend für die Widersprechende eingetragen seien. Der Bestandteil "Schlaf-" erscheine für die Waren "Betten, Matratzen und Bettwäsche" als zu vernachlässigender, glatt beschreibender Zusatz, sodass sich der Verkehr an dem Zeichenteil "Quell-" primär orientiere. Die Begriffe "QUELLE" und "Quell" stellten Synonyme dar und seien begrifflich identisch sowie klanglich und schriftbildlich hochgradig ähnlich. Die begriffliche Übereinstimmung verstärke zusätzlich die klanglichen Verwechslungen. Soweit einige Verbraucher die Vergleichszeichen dennoch unmittelbar unterscheiden würden, sähen sie in der angegriffenen Marke aber eine Zeichenabwandlung innerhalb der Zeichenserie der Widersprechenden, zu der eingetragene Marken wie z. B. "KÜCHEN QUELLE", "FOTO QUELLE", "REISE QUEL-LE", "MEDIA QUELLE", "MÖBEL QUELLE", "GARTEN QUELLE", "QUELLE TECHNIK CENTER" etc. gehörten. Die angegriffene Marke sei an dieses Zeichenbildungsprinzip der Widersprechenden angelehnt, weshalb eine mittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen sei.

Die Widersprechende beantragt daher sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet den hohen Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke für die im vorliegenden Verfahren relevanten Waren; außerdem bestehe die Bekanntheit nur für den Versandhandel. Die von der Widersprechenden vorgelegte Umfrage, die aus dem Jahr 1996 stamme, habe zum Entscheidungszeitpunkt nur mehr geringe Relevanz. Hinsichtlich des Vorliegens einer unmittelbaren oder mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr verweist die Inhaberin der angegriffenen Marke im Wesentlichen auf die Ausführungen des Erinnerungsprüfers. Bezüglich der Waren "Matratzen und Rahmen" werde überdies ausweislich des Katalogs der Widersprechenden ein Slogan verwendet, der die Marke "schlaf gut" enthalte.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da eine Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken unter keinem denkbaren Gesichtspunkt besteht.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit der angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken sowie Waren/Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rsp.; vgl. u. a. BGH GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella Mey).

Bei bestehender teilweiser Warenidentität ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus als durchschnittlich zu bewerten. Der Markenstelle ist darin zuzustimmen, dass die überragende Bekanntheit der Marke "QUELLE" den Versandhandel an sich und nicht die hier in Rede stehenden einzelnen Waren betrifft.

Grundsätzlich beschränkt sich der erweiterte Schutzumfang einer Marke auf die (eingetragenen) Waren/Dienstleistungen, für die durch eine entsprechende Benutzung eine gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist. Dementsprechend ist die Kennzeichnungskraft einer Marke (und deren Steigerung) stets bezogen auf die einzelnen Waren/DL festzustellen, die in ihrem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis aufgeführt sind (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).

Ausweislich einer Recherche des Senats auf der Homepage der Widersprechenden unter www.quelle.de ist festzustellen, dass auf dem vorliegend relevanten Warensektor, insbesondere im Bereich Matratzen und Bettwäsche, aber auch bei Möbeln, die Marke "QUELLE" für diese Waren nicht als solche verwendet wird, sondern dass die entsprechenden Artikel mit zum Teil hausinternen Zweitmarken gekennzeichnet sind wie z. B. "Webschatz" (für Bettwäsche) und "schlafgut" (Wort-Bild-Marke) für Matratzen. Diese Marken sind auch auf der Ware angebracht. Darüber hinaus vertreibt die Widersprechende z. B. auch Bettwäsche anderer Hersteller. Eine überragende Verkehrsbekanntheit der Marke "QUELLE" für die vorliegend relevanten Waren lässt sich daraus aber nicht ableiten. Dass die Widersprechende u. a. mit dem Slogan "QUELLE ist die Nummer 1 in Heimtextilien bei Deutschlands Versendern" (vgl. ebenfalls den Internet-Auftritt) wirbt, spricht nur dafür, dass sie zwar sehr viele Kunden mit Heimtextilien (hausinterner Marken wie "Webschatz" oder "schlaf gut" sowie anderer Hersteller) beliefert, aber gerade nicht, dass mit der Marke "QUELLE" gekennzeichnete Produkte führend sind. Die in der "OTTO"-Entscheidung des BGH (vgl. GRUR 2005, 1047) bezogen auf eine rechtserhaltende Benutzung getroffene Aussage, die Verwendung der Marken "OTTO" und "OTTO VERSAND" auf den Deckblättern der Kataloge genüge nicht als Benutzungsnachweis, da die Kataloge eine Vielzahl von Markenwaren enthielten und der Verkehr keinen Anlass habe, die Unternehmensbezeichnung als eine produktbezogene Bezeichnung zu verstehen (was im Übrigen auch für die Benutzung der Marke auf den Versandtaschen gelte), lässt sich auf die vorliegende Beurteilung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft übertragen, sodass auch hierfür auf die Verbindung einer Ware mit der Marke abzustellen ist. Demnach ist hinsichtlich der Waren der Widerspruchsmarke nicht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen; auf die Problematik der Aktualität des von der Widersprechenden vorgelegten Gutachtens zum Bekanntheitsgrad der Marke "QUELLE" als solche kommt es daher nicht mehr an.

Den zu fordernden Abstand, der aufgrund der bestehenden Warenidentität nicht zu gering bemessen werden darf, halten die Vergleichsmarken ein.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken ist die registrierte Form zugrunde zu legen. Insoweit weist die angegriffene Marke mit dem Bestandteil "Schlaf-" ein zusätzliches Element auf, das in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet.

Zwar ist davon auszugehen, dass bei mehrteiligen Marken der Gesamteindruck auch durch einen einzelnen Bestandteil geprägt sein kann, sofern diesem innerhalb der Gesamtmarke eine selbständig kennzeichnende Funktion zukommt (vgl. BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE).

Durch die bloße Zusammenschreibung von Wörtern in Normalschrift entsteht jedoch keine (mehrteilige) Kombinationsmarke, was zur Folge hat, dass eine solche einteilige Marke grundsätzlich nur in ihrer Gesamtheit zu würdigen ist. Dies gilt auch für Wörter mit groß geschriebenen Mittelbuchstaben (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 218; BGH GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus). Es ist demzufolge bedenklich, bei einer solchen einteiligen Marke auf Bestandteile abzustellen, die eine unmittelbare Verwechslungsgefahr begründen können und damit die bewusst hoch angesetzten Anforderungen an eine mittelbare Verwechslungsgefahr zu umgehen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., BPatG GRUR 2002, 438, 440 - WISCHMAX/MAX). Eine Herauslösung des Einzelelements "-Quell" in der angegriffenen Marke aufgrund von Prägegesichtspunkten, die nur bei mehrgliedrigen Marken Anwendung finden, ist daher vorliegend nicht angezeigt.

Dies gilt umso mehr, als - wie auch die Markenstelle angenommen hat - nicht nur die optische Ausgestaltung sondern auch der aufeinander bezogene Bedeutungsgehalt der beiden Wortelemente (Schlafquell = Quelle bzw. Ursprung des Schlafes) die Annahme eines Gesamtbegriffs nahelegt, dessen Einheitlichkeit der isolierten Herauslösung eines einzelnen Bestandteils entgegensteht. Zwar erscheint die Anfangssilbe "Schlaf-" im Hinblick auf die Waren, die sich auf Betten bzw. Produkte rund um den Schlaf beziehen, beschreibend im Sinn von "für den (guten) Schlaf" bzw. "schlaffördernd" (auf die Waren "Kautschuk, Waren aus Kunststoff soweit in Klasse 17 enthalten" trifft dies ohnehin nicht zu); dennoch wird der Verkehr aufgrund der erkennbaren Gesamtbegrifflichkeit keine Veranlassung haben, nur den Zeichenteil "Quell" zu benennen und der Widerspruchsmarke isoliert gegenüberzustellen. Der Grundsatz, dass die Hinzufügung eines beschreibenden Elements zu einem mit der älteren Marke übereinstimmenden Bestandteil die Annahme einer Verwechslungsgefahr in keinem Fall verhindern kann (vgl. EuG GRUR Int. 2005, 497, 498 - NEGRA MODELO), kommt damit vorliegend nicht zum Tragen.

Demnach sind sämtliche Formen der unmittelbaren Verwechslungsgefahr - auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr - abzulehnen, zumal es noch zu berücksichtigen gilt, dass die Begriffe "Quell" und "QUELLE" leicht verschiedene Sinngehalte haben: Während "Quelle" die Bedeutungen "Ursprung eines Baches; etwas, wodurch etwas entsteht; überlieferter Text; Personengruppe, die Informationen verbreitet" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl., S. 1264 li. Spalte und mittlere Spalte) zukommen, stellt "Quell" ein Synonym für den "Ursprung von etwas, was als Wert empfunden wird" dar (vgl. Duden, a. a. O., S. 1264 li. Spalte).

Auch eine assoziative mittelbare Verwechslungsgefahr liegt nicht vor.

Auch wenn von einer Zeichenserie der Widersprechenden mit dem - hinweiskräftigen - Stammbestandteil "QUELLE" auszugehen ist erscheint bereits, ob der Stammbestandteil "QUELLE" in der jüngeren Marke tatsächlich wesensgleich enthalten ist oder ob die Wesensgleichheit, die eher strengen Voraussetzungen unterliegt, aufgrund des "e" am Wortende der Widerspruchsmarke - das im Übrigen auch einen abweichenden Sinngehalt bedingt - zu verneinen ist.

Jedenfalls steht der Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr zum einen entgegen, dass die angegriffene Marke eine gesamtbegriffliche Einheit darstellt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 334). Zum anderen spricht auch die Art der Zeichenbildung gegen eine mittelbare (auch mittelbar begriffliche) Verwechslungsgefahr, da die Zeichen der Widersprechenden neben dem Bestandteil "QUELLE" stets ganz konkrete Warenbenennungen enthalten (Garten, Foto, Möbel, Küchen, Reise etc.), während die angegriffene Marke eine indirekte, eher diffuse Bestimmungsangabe aufweist und deshalb nicht der Zeichenserie der Widersprechenden entspricht.

III Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.






BPatG:
Beschluss v. 26.02.2007
Az: 26 W (pat) 62/04


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