Landessozialgericht der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil vom 1. Dezember 2011
Aktenzeichen: L 3 U 7/10

(LSG der Länder Berlin und Brandenburg: Urteil v. 01.12.2011, Az.: L 3 U 7/10)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger als Eigentümer des 0,5327 Hektar großen, im Liegenschaftskataster am 17. Juli 2006 als Flurstück 146, Flur 16, Gemarkung K, Dstr., Gemeinde N (Landkreis H), eingetragenen Grundstücks die Löschung bzw. Anonymisierung seiner Daten nach § 84 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verlangen kann.

Das vorbezeichnete Grundstück hatte der Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Januar 2005 von der Bodenverwertungs- und €verwaltungs GmbH (BVVG GmbH) erworben. Im Liegenschaftskataster der Gemeinde N ist als Nutzung des Flurstücks €Landwirtschaftsfläche Grünland€ eingetragen.

Mit Wirkung ab dem 01. Juli 2006 hatte der Kläger das Flurstück an Frau A W verpachtet, die die Beklagte mit Schreiben vom 04. Juli 2006 darüber informierte, sie habe von dem Kläger eine neue Weide gepachtet. Die Beklagte fragte daraufhin bei dem Kläger nach, ob er das Flurstück vor dem 01. Juli 2006 selbst bewirtschaftet habe und erteilte den Hinweis, dass diese Information für land- und/oder fortwirtschaftliche Unternehmen zur Prüfung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für gemäß § 22 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu erbringende Sozialleistungen benötigt werde und die Datenübermittlungsbefugnis gegeben sei. Dieser teilte zunächst telefonisch mit, dass er noch Eigentümer von Forstflächen sei. Mit Schreiben vom 12. Juli 2006 gab er dann an, dass er die besagte Fläche zuvor nicht bewirtschaftet habe und es sich um eine Brachfläche handele. Er besitze bzw. nutze keine land- und/oder fortwirtschaftlichen Flächen.

Nach Einholung von Auskünften vom Grundbuchamt beim Amtsgericht (AG) N und vom Liegenschaftskataster beim Landkreis H stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2006 fest, dass auf Grund der Auskunft, die landwirtschaftliche Fläche sei bis zum 30. Juni 2006 nicht bewirtschaftet worden, für die Geschäftsjahre 2001 bis 2005 keine Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung erhoben würden, aber auch kein Versicherungsschutz bestanden habe. Verwiesen werde auf die gesetzliche Auskunftspflicht (§§ 183 Abs. 6, 198 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]), wonach der Unternehmer bzw. Eigentümer Auskunft über die Unternehmensverhältnisse und alle Änderungen zu geben habe.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch trug der Kläger vor, die Beklagte sei unzuständig. Es handele sich um keine landwirtschaftliche Fläche, sondern um eine Brachfläche im Ortskern, die dort eine zu schließende Baulücke darstelle. Er sei nicht Mitglied bei der Beklagten und seine personenbezogenen Daten müssten deshalb gelöscht werden.

Am 11. Januar 2007 erteilte die Beklagte einen weiteren Bescheid, mit dem sie den Antrag auf Löschung der personenbezogenen Daten des Klägers ablehnte. Die Voraussetzungen eines Löschungsanspruches nach § 84 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erfüllt. Der Kläger sei Eigentümer eines landwirtschaftlichen nutzbaren Grundstücks. Er habe dieses zwar derzeit verpachtet und betreibe deshalb kein landwirtschaftliches Unternehmen, sei aber nach § 198 SGB VII auch als Eigentümer verpflichtet, Auskunft über die Größe und Lage des Grundstücke sowie Namen und Anschrift der das Grundstück bewirtschaftenden Unternehmer zu geben. Diese Auskunftspflicht bestehe, solange der Kläger Eigentümer des Grundstücks sei und solange sich dessen Nutzungsart nicht geändert habe, wie z. B. durch eine Umwidmung in Bauland. Eine Löschung der Daten sei deshalb nicht möglich.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger ebenfalls geltend, dass es sich bei dem Grundstück nicht um eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft handele.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2007 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 28. November 2006 und 11. Januar 2007 jeweils als unbegründet zurück. Nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sei sie als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Unternehmen der Landwirtschaft zuständig. Hierunter fielen alle Unternehmen der Bodenbewirtschaftung, was wirtschaftliche Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer meine, welche der Besitzer (Eigentümer, Nutznießer, Pächter) von Grundstücken zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen für eigene Rechnung aufwende. Bei dem streitgegenständlichen Grundstück handele es sich um eine landwirtschaftliche Fläche. Der Kläger habe das Grundstück selbst nie bewirtschaftet und bis zur Verpachtung ab dem 01. Juli 2006 brach liegen lassen, weshalb kein Versicherungsschutz zu gewähren gewesen sei und der auf die Rechtslage hinweisende Bescheid vom 28. November 2006 zu Recht ergangen sei.

Allerdings könne der Kläger nicht die Löschung seiner Daten nach § 84 Abs. 2 SGB X verlangen. Die Beklagte sei zur Erfüllung ihrer in § 199 SGB VII näher beschriebenen Aufgaben u. a. darauf angewiesen, dass die Eigentümer von landwirtschaftlichen Fläche, die ihnen gemäß § 198 SGB VII auferlegten Auskunftspflichten betreffend das Grundstück, Namen und Anschriften der das Grundstück bewirtschaftenden Unternehmen erfüllen würden, und seien deshalb zur Erhebung und Speicherung der Daten befugt (§§ 199 SGB VII, §§ 67 Abs. 1 S. 1, § 67 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a SGB X). Dass die gegenwärtige Bewirtschafterin der Fläche der Beklagten bekannt sei, ändere daran nichts. Nutzungsverhältnisse könnten sich ändern, z. B. durch Kündigung des Pachtvertrages.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger vorgetragen, es handele sich um keine landwirtschaftliche Fläche, gegenteilige Katasterangaben seien unzutreffend. Er habe die Absicht gehabt, dass streitgegenständliche Grundstück, das er von der BVVG als Brachfläche und nicht als landwirtschaftliche Fläche erworben habe, zu bebauen bzw. an die Pächterin W zu verkaufen. Das Grundstück sei zuvor Teil des Flurstücks 63/3 gewesen, welches im Kataster zu einem großen Teil als Hoffläche bezeichnet gewesen sei. Es befänden sich noch Fundamentreste eines früher begonnenen Schwarzbaues im Boden. Die Pächterin W habe auch kein landwirtschaftliches Unternehmen auf dem Grundstück betrieben, sondern dieses nur zwischenzeitlich als Pferdekoppel für ihre Pferdepension genutzt. Später habe die Pächterin das Grundstück selbst erwerben und bebauen wollen. Da sie diese ursprüngliche Absicht nicht mehr weiterverfolge, habe er den Pachtvertrag zum 31. Dezember 2007 gekündigt, seit diesem Zeitpunkt werde die Brachfläche nicht mehr als Pferdeweide genutzt. Seit dem 01. Januar 2008 habe er die Fläche als Stellfläche verpachtet. Spätestens jetzt liege keine landwirtschaftliche Nutzung mehr vor und seien seine Daten von der Beklagten zu löschen. Seine dauerhafte Registrierung als Eigentümer der Fläche werde von den Aufgaben der Beklagten nicht gedeckt. Der Kläger hat den Pachtvertrag vom 27. Mai 2008 in Kopie zur Akte gereicht, wonach das streitgegenständliche Grundstück ab dem 01. Januar 2008 zur Nutzung als Stellplatz an Frau J K verpachtet, eine landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen (siehe § 5 Abs. 4 des Vertrages) und der Pachtvertrag jährlich kündbar ist.

Das SG hat schriftliche Auskünfte von Frau A W vom 11. Juni 2007 und vom Amt für Landwirtschaft beim Landkreis H vom 29. Juni 2007 eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Mit Gerichtsbescheid vom 03. Dezember 2009, dem Kläger zugestellt am 08. Dezember 2009, hat das SG die Klage abgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 28. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 sei bereits unzulässig, da der Kläger durch den Bescheid in keiner Weise beschwert sei. Die Aussage des Bescheides vom 28. November 2006 erschöpfe sich darin, dass vom Kläger für die Zeit bis zur Verpachtung des streitgegenständlichen Grundstücks ab dem 01. Juli 2006 keine Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung erhoben würden, weil kein landwirtschaftliches Unternehmen betrieben worden sei. Wenn hierin überhaupt ein Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X gesehen werden könne, also eine hoheitliche Regelung eines Einzelfalles, dann nur im Sinne der Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, nämlich des Nichtbetreibens eines landwirtschaftlichen Unternehmens durch den Kläger bis zum 30. Juni 2006. Dies genau behaupte auch der Kläger, weshalb es an einer Beschwer im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fehle. Der Bescheid vom 28. November 2006 enthalte auch keine Regelung des Inhalts, dass der Kläger ab dem 01. Juli 2006 ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe und/oder die Beklagte ihre Zuständigkeit als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für das im Eigentum des Klägers stehende Grundstück feststelle. Die Ausführungen zu den normierten Auskunftspflichten von Unternehmern landwirtschaftlicher Betriebe bzw. Eigentümern landwirtschaftlich bewirtschafteter Grundstücke (§§ 183 Abs. 6, 198 SGB VII) seien lediglich ein allgemeiner Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen ohne eigenen Regelungsinhalt i. S. v. § 31 SGB X. Ein konkretes Auskunftsbegehren gegenüber dem Kläger, welches als eine nach § 54 Abs. 1 SGG anfechtbare Regelung i. S. v. § 31 SGB X verstanden werden könne, werde von der Beklagten nicht geltend gemacht, es werde noch nicht einmal eine Auskunftspflicht des Klägers als Eigentümer des Grundstückes im Allgemeinen behauptet.

Unbegründet sei die Klage, soweit der Kläger sich gegen den Bescheid vom 11. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 wende. Die Entscheidung der Beklagten, die von ihr zur Person des Klägers als Eigentümer des Flurstückes gespeicherten Daten nicht zu löschen, sei rechtmäßig. Ein Anspruch auf Löschung der Daten oder auch auf die hilfsweise geltend gemachte Anonymisierung hätte der Kläger nach § 84 Abs. 2 SGB X nur, wenn ihre Erhebung und/oder Speicherung durch die Beklagte unzulässig wäre. Dies sei nicht der Fall. Die Berechtigung der Beklagten, Name und Anschrift des Klägers sowie seine Eigenschaft als Eigentümer des Grundstücks zu erheben und zu speichern, obwohl er kein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe, ergebe sich aus den allgemeinen Regelungen zur Erhebung und Speicherung von Sozialdaten in den §§ 67 a Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 2 a, 67 c Abs. 1 SGB X i. V. m. den speziellen Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung in § 199 Abs. 1 SGB VII, insbesondere § 199 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 und 3 SGB VII und der in § 198 SGB VII normierten Auskunftspflicht des Klägers als Grundstückseigentümer. Es werde insoweit auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG).

Auf den Vortrag des Klägers, es handele sich bei dem Grundstück gar nicht um eine landwirtschaftlich genutzte/bewirtschaftete Fläche, komme es nicht entscheidend an. Die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten für landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen sei eine Aufgabe, die die Erhebung und Speicherung von Sozialdaten nach § 199 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB VII nicht erst dann erfordere, wenn bereits feststehe, dass eine Fläche tatsächlich landwirtschaftlich genutzt/bewirtschaftet werde, sondern bereits dann, wenn sie möglicher Weise landwirtschaftlich genutzt werden könnte. Dies sei bei dem Grundstück, welches im amtlichen Liegenschaftskataster als Landwirtschaftsfläche bzw. Gründland registriert und jedenfalls von Juli 2006 bis Ende 2007 als Weidefläche für Pferde genutzt worden sei und auf dem Pferde nach Auskunft der Pächterin W auch bereits früher geweidet hätten, unzweifelhaft bei Erhebung der Sozialdaten im Jahr 2006 der Fall gewesen und auch weiterhin der Fall. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn eine landwirtschaftliche Nutzung aus Rechtsgründen dauerhaft ausgeschlossen wäre, z. B. durch die Meldung als landwirtschaftliche Stilllegungsfläche, was jedoch gemäß Auskunft des zuständigen Landwirtschaftsamtes vom 29. Juni 2007 nicht der Fall sei.

Soweit der Kläger schließlich vortrage, er habe das Grundstück mittlerweile als Stellfläche verpachtet und beabsichtige, es irgendwann zu bebauen, gebe es jedenfalls bisher keine Anhaltspunkte dafür, das bauliche oder sonstige Veränderungen vorgenommen worden seien, die einer (erneuten) landwirtschaftlichen Nutzung zwingend entgegenstünden.

Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch auf diesbezüglichen Hinweis der Beklagten keinen Antrag auf Sperrung der gespeicherten Daten (§§ 84 Abs. 3 Nr. 1 SGB X i. V. m. § 110 c Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV] und der Verwaltungsvereinbarung über die Aufbewahrung, Rückgabe und Vernichtung von Unterlagen in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 01. Juni 2007) geltend gemacht habe. Nach den genannten Vorschriften bestehe für die Dauer von 10 Jahren kein Löschungsanspruch des Klägers, sondern lediglich ein Anspruch auf Sperrung der gespeicherten Daten.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, ihm sei nicht verständlich, weshalb die Klage gegen den Bescheid vom 28. November 2006 unzulässig sein solle. Die Beklagte habe ihr Schriftstück als solches nach § 31 SGB X bezeichnet und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, trage dann aber vor, es handele sich nicht um eine Einzelfallregelung nach § 31 SGB X.

Die streitgegenständliche Liegenschaft sei Teil einer bebauten Immobilie, die früher in Rechtsträgerschaft der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) N gestanden und dem Eigentum der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) zugeordnet worden sei. Nach Teilung der ursprünglichen Liegenschaft habe er das vorbezeichnete Grundstück mit Fundamentresten, die ein Pflügen ausschließen würden, erworben. Die Liegenschaft stelle eine innerdörfliche Brache im Ortsteil K der Stadt N mit zwei Zufahrten von der R Straße dar, die auch seit dem 03. Dezember 2009 mit einer Hausnummer belegt und mit allen Versorgungsleitungen ausgestattet sei und ausweislich des bei den Akten des Landkreises H befindlichen Nutzungsvertrages nicht landwirtschaftlich genutzt werde.

Bei der Liegenschaft habe es sich ursprünglich um den Betriebssitz seines fortwirtschaftlichen Unternehmens gehandelt. Per 01. Januar 2010 habe er seinen forstwirtschaftlichen Betrieb nach Nordrhein-Westfalen verlegt, und die Verlegung des Betriebssitzes angezeigt. Gleichwohl wolle die Beklagte die Mitgliedschaft nicht beenden.

Streitig sei, ob das einmalige Laufenlassen eines Pferdes durch eine Vorpächterin vor Jahren die Zweckbestimmung als €landwirtschaftliche Liegenschaft€ bestimme, so dass die Beklagte Daten über die Liegenschaft speichern dürfe. Landwirtschaftliche Prämienrechte oder andere Subventionen hätten weder er noch die langjährige Pächterin in Anspruch genommen. Nach den Katasterangaben des Landkreises handele es sich um €Landwirtschaftsfläche, Grünland€. Er habe sich vorsorglich gegen eine derartige Klassifizierung der Liegenschaft ausgesprochen und um Feststellung der tatsächlichen Nutzungsart €Erholungsfläche€ gebeten, wobei ihm wegen fehlender Ortsnähe nicht die aktuellen Nutzungen der Pächterin im Winter bekannt seien. Möglicherweise liege auch auf Teilen der Fläche kleingärtnerische Nutzung oder eine Nutzung als (Kinder-)Spielplatz zu Erholungszwecken vor. Jedenfalls sei keine landwirtschaftliche Nutzung indiziert. Seinem Ansinnen würde der Landkreis H auch katasterrechtlich entsprechen, wenn 142,80 € Gebühren für eine Prüfung angezahlt würden. Nach seiner Einschätzung sei jedoch vorrangig auf den Pachtvertrag, der eine landwirtschaftliche Nutzung ausschließe, abzustellen und erforderlichenfalls die Pächterin einzuvernehmen.

Er beabsichtige, die Brachfläche zu bebauen. Die Beklagte wolle die beantragte Löschung erst herbeiführen, wenn er eine positiv beschiedene Bauvoranfrage vorlege. In Brandenburg sei jedoch eine Baugenehmigung nicht erforderlich, wenn ein Bebauungsplan vorliege. Dieser stehe für die streitige Fläche kurz bevor und entspreche den Festsetzungen des seit Jahren rechtskräftigen Flächennutzungsplanes.

Unter dem Gesichtspunkt der Datenvermeidung nach § 3 a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei für die Liegenschaft, die dauerhaft nicht landwirtschaftlich genutzt werde, eine Vorratsdatenspeicherung zweifelhaft.

Des Weiteren werde auf die Richtlinie 95 /46/EG sowie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) C - 468/10 und C - 469/10 vom 24. November 2011 verwiesen. Er vertrete die Auffassung, dass die Rechtsgrundlage, auf die die Beklagte sich berufe, europarechtswidrig sei.

Vorsorglich werde um eine inzidente Prüfung des Gerichts gebeten werden, ob die Monopolstellung der Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nicht europarechtswidrig sei. Der Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Chemnitz vom 31. August 2011 (L 6 U 51/09) überzeuge in Anbetracht von versicherungsrechtlichen Alternativen als Verstoß gegen Europäisches Wettbewerbsrecht nicht.

Der Kläger hat einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt N betreffend Straßen-/Wegebezeichnung, Grundstücks-/Hausnummer (bisherige Bezeichnung: Dstraße, neue Bezeichnung: R Straße) vom 03. Dezember 2009 sowie eine Kostenschätzung des Landkreises H zur Feststellung der tatsächlichen Nutzungsart Erholungsfläche (Feldvergleich erforderlich) anstatt der im Katasternachweis geführten Nutzungsart Landwirtschaftsfläche Grünland R Straße vom 28. Oktober 2011 vorgelegt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01. Dezember 2011 hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten erklärt, dass er nicht beabsichtige, das im Streit befangene Grundstück später irgendwann einmal einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2006, soweit darin die Auskunftspflicht nach § 198 SGB VII festgestellt worden ist, und den Bescheid vom 11. Januar 2007 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die bei ihr zur Person des Klägers als Eigentümer des Flurstückes 146, Flur 16, Gemarkung K, N (Dstraße bzw. jetzt R Str.) gespeicherten Daten zu löschen,

hilfsweise,

die Daten zum Eigentümer dieses Grundstücks zu anonymisieren.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie dürfe die Daten speichern, so lange eine Nutzung der Fläche zur landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung tatsächlich und auch rechtlich möglich sei. Auch unter Berücksichtigung der neuen Ausführungen des Klägers (insbesondere der erschlossene Zustand, eine mögliche Änderung der Katasterangaben, die Zuteilung einer Hausnummer) ergebe sich nicht, dass eine landwirtschaftliche Nutzung aus Rechtsgründen dauerhaft ausgeschlossen sei.

Hinsichtlich der bezweifelten Vereinbarkeit der Monopolstellung der Beklagten mit dem europäischen Recht werde auf das Urteil des EuGH vom 05. März 2009 C-350/07 verwiesen. Der EuGH habe festgestellt, dass das Monopol der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen für die Versicherung gegen Arbeitunfälle und Berufskrankheiten mit dem Europarecht vereinbar sei. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung seien demnach keine Unternehmen im Sinne von Artikel 81 und 82 EG-Vertrag (EGVtr). Daher verstoße die Pflichtmitgliedschaft bei den Berufsgenossenschaften weder gegen die Rechtsnormen des Binnenmarktes noch gegen Wettbewerbsbestimmungen.

Auch die vermeintliche Verlegung des Betriebssitzes des forstwirtschaftlichen Unternehmens des Klägers zum 01. Januar 2010 begründe keinen Anspruch auf Löschung der Daten. Die streitgegenständliche Fläche liege in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich, so dass regelmäßig zu prüfen sei, ob dort ein landwirtschaftliches Unternehmen und von wem betrieben werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

Soweit der Kläger - mit seinem im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht am 01. Dezember 2011 reduzierten Klageantrag - sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 nur noch insoweit wendet, als darin seine Auskunftspflicht nach § 198 SGB VII festgestellt worden sei, ist die Klage unzulässig. Wie bereits das SG zutreffend dargelegt hat, fehlt es diesbezüglich an einer konkreten Regelung durch die Beklagte und damit an einem anfechtbaren Verfügungssatz i. S. v. § 31 SGB X. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den Ausführungen des SG hierzu im Gerichtsbescheid vom 03. Dezember 2009 (Seite 6 dritter Absatz) an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Beklagte hat es in ihrem Bescheid vom 11. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 auch zu Recht abgelehnt, die bei ihr zur Person des Klägers als Eigentümer des Flurstückes 146, Flur 16, Gemarkung K, N (Dstr. bzw. jetzt R Str.) gespeicherten Daten zu löschen. Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Löschung, hilfsweise auf Anonymisierung der Daten nach § 84 Abs. 2 SGB X und deren Nichterfüllung durch den Kläger verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 03. Dezember 2009 (Seite 6 f), denen er sich nach eigener Überprüfung vollinhaltlich anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch aus dem Berufungsvorbringen des Klägers ergibt sich kein Anspruch auf Löschung oder Anonymisierung der zu seiner Person als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstückes gespeicherten Daten nach § 84 Abs. 2 SGB X, da deren Erhebung und/oder Speicherung durch die Beklagte zulässig ist. Die Beklagte ist zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben, insbesondere zur Gewährung von Versicherungsschutz und Erbringung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, aber auch zur Erhebung der hierfür erforderlichen Beiträge, berechtigt und verpflichtet, für landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen Sozialdaten zu erheben und speichern.

Die Berechtigung der Beklagten für landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen Sozialdaten zu erheben und speichern, ergibt sich aus § 199 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 SGB VII, der durch die in § 198 SGB VII normierte Auskunftspflicht des Grundstückseigentümers, Name, Anschrift, Größe und Lage des Grundstücks mitzuteilen, sowie durch die allgemeinen Regelungen zur Erhebung, Verarbeitung, Nutzung und Speicherung von Sozialdaten (§§ 67 a Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 2 a, 67 c Abs. 1 SGX) ergänzt wird. Die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten beginnt nicht erst dann, wenn feststeht, dass eine Fläche tatsächlich landwirtschaftlich genutzt/bewirtschaftet wird, sondern bereits dann, wenn sie ihrer Art nach landwirtschaftlich genutzt werden kann. Denn die Erfassung der diesbezüglichen Daten dient der Sicherstellung des gesetzlichen Auftrages der Beklagten zur frühzeitigen Gewährleistung von Unfallverhütungsmaßnahmen und von Leistungen bei Eintritt des Versicherungsfalls. Dazu muss die Beklagte über den Grundstückseigentümer jederzeit den landwirtschaftlichen Unternehmer (§ 123 SGB VII) ermitteln können, zumal ein Unternehmen bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen (hier: für die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche) beginnt (siehe § 136 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Bei dem streitgegenständlichen Grundstück des Klägers hat, wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat, sogar eine landwirtschaftliche Nutzung bei Erhebung und Speicherung der Daten vorgelegen. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob - wie der Kläger vorträgt - das Grundstück Fundamentreste aufweist, die ein Pflügen ausschließen würden. Ein landwirtschaftlich nutzbares Grundstück liegt nicht nur dann vor, wenn es dem Ackerbau dient, sondern auch dann, wenn es z. B. wie hier als Weide oder auch nur als Auslauf für Pferde oder andere Nutztiere (z. Bsp. Kühe, Ziegen, Schafe, Schweine) genutzt wird bzw. nach wie vor tatsächlich genutzt werden kann. Ebenso ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, ob der Kläger oder die Pächterin landwirtschaftliche Prämienrechte oder andere Subventionen in Anspruch genommen haben. Es kommt für die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten auch nicht entscheidend darauf an, dass § 5 Abs. 4 des Pachtvertrages vom 27. Mai 2008 mit Frau K eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks ausschließt. Zwar nutzt die Pächterin das Grundstück nach den Angaben des Klägers derzeit als Stellplatz, jedoch vermögen zivilrechtliche Vereinbarungen es nicht auszuschließen, dass eine landwirtschaftliche Nutzung von der Art des Grundstücks her trotzdem nach wie vor möglich ist. Abgesehen davon, kann der zweckgebundene Pachtvertrag jährlich gekündigt werden. Die vom Kläger angeregte Vernehmung der Pächterin Frau K als Zeugin war daher entbehrlich.

Die Berechtigung der Beklagten, für landwirtschaftliche Flächen Sozialdaten zu erheben und speichern, wäre allerdings dann nicht (mehr) gegeben, wenn eine landwirtschaftliche Nutzung aus Rechts- oder tatsächlichen Gründen, wie z. Bsp. bei einer Bebauung für Wohn- oder industrielle Zwecke, dauerhaft ausgeschlossen wäre. Dies ist jedoch bei dem Grundstück des Klägers, das nach wie vor im amtlichen Liegenschaftskataster als €Landwirtschaftsfläche, Grünland€ registriert ist, nicht der Fall, und zwar unabhängig davon, dass das Grundstück seit dem 03. Dezember 2009 mit einer Hausnummer belegt ist und der Kläger sich gegen die aktuelle Klassifizierung ausgesprochen und um Feststellung der Nutzungsart €Erholungsfläche€ gebeten hat. Eine katasterrechtliche Umwidmung ist bisher nicht erfolgt, der Landkreis H ist noch nicht einmal in eine Prüfung der begehrten Umwidmung eingetreten.

Soweit der Kläger vorträgt, er beabsichtige das Grundstück zu bebauen, gibt es nach wie vor keinen Anhalt, dass bauliche oder sonstige Veränderungen tatsächlich vorgenommen worden sind, die einer landwirtschaftlichen Nutzung entgegenstehen würden. Der Kläger hat bis jetzt keine Baugenehmigung, er hat auch noch keine Bauvoranfrage gestellt. Er gibt selbst an, dass ein Bebauungsplan noch nicht vorliege, auch wenn er angeblich kurz bevorstehen und den Festsetzungen des seit Jahren rechtskräftigen Flächennutzungsplanes entsprechen solle. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten Bescheid des Bürgermeisters der Stadt N vom 03. Dezember 2009 betreffend Straßen-/Wegebezeichnung, Grundstücks-/Hausnummer (bisherige Bezeichnung: Dstraße, neue Bezeichnung: R Straße) sowie der Kostenschätzung des Landkreises Havelland zur Feststellung der tatsächlichen Nutzungsart €Erholungsfläche€ anstatt der im Katasternachweis geführten Nutzungsart €Landwirtschaftsfläche Grünland€ vom 28. Oktober 2011. Hierin wird keine anderweitige Nutzung festgestellt, sondern bei Letzterem handelt es sich allenfalls um Vorbereitungsmaßnahmen zur Prüfung der Voraussetzungen für eine Änderung der bisher registrierten Nutzungsart €Landwirtschaftsfläche, Grünland€ zu der vom Kläger gewünschte Registrierung als €Erholungsfläche€. Eine tatsächliche dauerhaft geänderte Nutzung des Grundstücks, die eine landwirtschaftliche Nutzung auch zukünftig ausschließen würde, ist damit nicht belegt.

Für den Senat weder tatsächlich noch in seiner rechtlichen Relevanz für das vorliegende Verfahren nachvollziehbar ist der Vortrag des Klägers, es habe sich bei der € unbebauten - Liegenschaft ursprünglich um den Betriebssitz seines forstwirtschaftlichen Unternehmens gehandelt, den er per 01. Januar 2010 nach Nordrhein-Westfalen verlegt und dies auch angezeigt habe. Das streitgegenständlichen Grundstück, welches weder eine Forstfläche ist noch mit Wirtschafts- oder Wohngebäuden bebaut ist und auf dem sich der Kläger nach seinem Vorbringen nie aufgehalten, sondern die Nutzung anderen Personen (Pächtern) überlassen hat, erfüllt offensichtlich keines der Kriterien für den Sitz eines forstwirtschaftlichen Unternehmens (vgl. hierzu auch § 130 Abs. 1, 2 und 5 SGB VII).

Aus der vom Kläger zur Untermauerung seiner Auffassung, die Datenerhebung und -speicherung durch die Beklagte sei unzulässig, in Bezug genommenen Vorschrift § 3a BDSG ergibt sich zwar die Normierung der Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit. Es handelt sich bei § 3a BDSG um eine übergreifende Vorschrift, die allgemein vorschreibt, dass Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen sich an dem Ziel auszurichten haben, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen, und dass, wenn möglich, von den Möglichkeiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung Gebrauch zu machen sei. Derartige Datenschutzbestimmungen schränken den Regelungsgehalt der hier einschlägigen Vorschriften über die Berechtigung und Verpflichtung der Beklagten, für landwirtschaftliche Flächen Sozialdaten zu erheben und speichern (§ 199 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 SGB VII), und die in § 198 SGB VII gesetzlich normierte Auskunftspflicht des Grundstückseigentümers jedoch nicht ein. Dies folgt aus der Vorschrift des § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG, der zufolge andere Rechtsvorschriften des Bundes, die auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriften des BDSG vorgehen.

Schließlich geht auch der Verweis auf Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (EU-Datenschutz-Richtlinie; ABl. L 281, S. 31) und auf das zitierte Urteil des EuGH vom 24. November 2011 (C-468/10 und C-469/10) fehl. Abgesehen davon, dass die angeführte EU-Datenschutz-Richtlinie vorliegend nicht anwendbar ist, weil sie nur an die Mitgliedsstaaten gerichtet ist (vgl. deren Art 34) und dementsprechend kein im nationalen Rechtsverkehr unmittelbar anwendbares Recht beinhaltet, betraf die Entscheidung des EuGH - wie sich aus dem Tenor ausdrücklich ergibt - die Auslegung von Art. 7 Buchst. f der EU-Datenschutz-Richtlinie. Art. 7 Buchst. f regelt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erfolgen darf, nämlich u. a. dann, wenn die Verarbeitung erforderlich zur Verwirklichung des berechtigten Interesses ist, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gem. Art. 1 Abs. 1 geschützt sind, überwiegen. Diese Alternative der EU-Datenschutz-Richtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, die Verarbeitung personenbezogener Daten auch auf der Basis einer Abwägung der berührten Interessen zu erlauben. Hiermit sind private - möglicherweise kollidierende - Interessen gemeint, denn die Datenverarbeitung zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, wie sie hier vorliegt, ist in Art. 7 Buchst. e der EU-Datenschutz-Richtlinie geregelt.

Nach Art. 7 Buchst. e der EU-Datenschutz-Richtlinie darf die Verarbeitung erfolgen, wenn diese erforderlich ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde. Hierbei ist unerheblich, ob der Verantwortliche eine Behörde oder eine Organisation des privaten Rechts ist. Diese Alternative hat jedoch die öffentlichen Aufgaben im Blick. An der Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe besteht unter Berücksichtigung des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung mit seiner Pflichtmitgliedschaft, seinem sozialen Zweck und der Unterwerfung unter die staatliche Aufsicht kein Zweifel (vgl. hierzu bereits EuGH vom 22. Januar 2002 - C-218/00 €, in Juris). Damit ist zugleich gesagt, dass eine Abwägung der berührten Interessen, wie sie in Art. 7 Buchst. f normiert ist, bei der Datenerhebung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht zu erfolgen hat und auch keine Einwilligung des Grundstückeigentümers zur Erhebung und Verarbeitung seiner Daten erforderlich ist.

Die vom Kläger, ohne dies im Einzelnen zu begründen, geäußerten Zweifel an der Europarechtskonformität der Monopolstellung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII vermag der Senat im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteil vom 20. März 2007 € B 2 U 9/06 R -, in Juris) sowie des EuGH (Urteile vom 05. März 2009 € C-350/07 € und 22. Januar 2002 € C-218/00 - ; jeweils in Juris) nicht zu teilen (so bereits LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. März 2010 € L 2 U 33 /09 € und letztlich auch Sächsisches LSG, Urteil vom 31. August 2011 € L 6 U 51/09 -; jeweils in Juris). Danach gehören die Berufsgenossenschaften als öffentlich-rechtlich organisierte Körperschaften nicht zu den vom Monopolverbot der Art. 81, 82 EGVtr (früher: Art. 85, 86 EG-Vertrag) erfassten (Wirtschafts-) Unternehmen. Ob schon deshalb die Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 49, 50 EGVtr nicht berührt ist (so BSG im Urteil vom 20. März 200, a. a. O.), kann letztlich dahinstehen. Nach dem Urteil des EuGH vom 05. März 2009 (a. a. O.) ist jedenfalls die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entspricht, geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinaus geht, was zu Erreichung des Ziels erforderlich ist. Insbesondere eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts eines Systems der sozialen Sicherheit stellt nach der Rechtsprechung des EuGH einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar. Eine solche erhebliche Gefährdung ist mit dem EuGH in der Auslese guter Risiken, wie sie z. Bsp. mit einem renditeorientierten Privatversicherungssystem verbunden ist (vgl. hierzu auch das im Urteil des Sächsischen LSG vom 31. August 2011, a. a. O., zitierte Sachverständigengutachten vom 30. November 2010), zu sehen. Für die so genannten schlechten Risiken ist es dann nicht mehr möglich, eine finanzierbare Unfallversicherung zur Verfügung zu stellen, was zweifellos eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts eines der traditionellen Zweige der deutschen Sozialversicherung darstellt.

Die Berufung war hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war zuzulassen, weil der Senat der Frage, unter welchen Voraussetzungen und für welchen Zeitraum bei aufgegebener ursprünglicher, die Zuständigkeit eines bestimmten Unfallversicherungsträgers begründenden Nutzung eines Grundstückes durch den Eigentümer die Datenerhebung und Speicherung durch den betreffenden Unfallversicherungsträger zulässig ist, grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG beimisst.

Der Streitwert war gem. § 197 a Abs. 1 S. 1 i. V. m. §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) für die mit der Berufung weiterverfolgten Klagen gegen den Bescheid vom 28. November 2006 und den Bescheid vom 11. Januar 2007, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, in Höhe des zweifachen Auffangstreitwertes von 5.000 Euro, d. h. auf 10.000 Euro, festzusetzen, da sich die Bescheide in ihrem Inhalt nicht überschneiden und für keinen der Streitgegenstände ein konkretes wirtschaftliches Interesse des Klägers ermittelt werden konnte, das eine geringere Streitwertfestsetzung zulassen würde.






LSG der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil v. 01.12.2011
Az: L 3 U 7/10


Link zum Urteil:
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