Landgericht Arnsberg:
Urteil vom 24. Februar 2005
Aktenzeichen: 8 O 219/04

(LG Arnsberg: Urteil v. 24.02.2005, Az.: 8 O 219/04)

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 16.12.2004 wird aufrechterhalten

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit ausgesetzt werden.

Tatbestand

Die Parteien handeln mit Kraftfahrzeugen.

Die Verfügungsklägerin ist Vertragshändlerin der Firma U. Sie wird in deren Händlerverzeichnis geführt.

Die Verfügungsklägerin erhielt am 28.09.04 ein E-Mail-Kfz-Angebot der Verfügungsbeklagten.

Die Verfügungsbeklagte betrieb bis nach Erlaß der unten erwähnten einstweiligen Verfügungen im Internet eine Homepage ohne Angabe ihrer Vertretungsverhältnisse, Umsatzsteuernummer und Handelsregisternummer nebst Registergericht.

Die Verfügungsklägerin meint mit näheren Ausführungen, die Zusendung der E-Mail und der Betrieb der Homepage ohne die genannten Angaben sei wettbewerbswidrig.

Sie hat die Verfügungsbeklagte unter dem 06.10.2004 mit Frist zum 20.10.2004 vergeblich abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Ob das Schreiben vom 06.10.2004 der Verfügungsbeklagten zugegangen ist, ist streitig.

Das Gericht hat der Verfügungsbeklagten auf Antrag der Verfügungsklägerin unter dem 26.10.2004 durch einstweilige Verfügung untersagt;

unaufgefordert und ohne Einwilligung im geschäftlichen Verkehr per E-Mail Werbung an Gewerbetreibende zu versenden, und zwar jeder Art, gleichgültig, ob es sich um An- oder Verkaufsgesuche handelt, ihre Internet-Homepage "www....B....de" ohne vollständiges Impressum, insbesondere ohne Angabe der Handelsregister-Nr., Umsatzsteuernummer und Angaben der Vertretungsverhältnisse weiter zu betreiben.

Die Verfügungsbeklagte hat ihre Homepage danach um die fehlenden Angaben ergänzt. Sie hat weiter gegen die einstweilige Verfügung zu 1. Widerspruch eingelegt und beantragt der Verfügungsklägerin die Kosten für das einstweilige Verfügungsverfahren insgesamt aufzuerlegen.

In der mündlichen Verhandlung am 16.12.2004 ist die Verfügungsbeklagte säumig geblieben. Das Gericht hat daraufhin antragsgemäß durch Versäumnisurteil wie folgt erkannt:

Die einstweilige Verfügung vom 26.10.2004 wird zum Urteilsausspruch zu Ziffer 1. aufrecht erhalten.

Zu Ziff. 2 des Ausspruch hat sich der Rechtsstreit erledigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verfügungsbeklagte hat gegen das Versäumnisurteil rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin macht vertiefende Ausführungen zur Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten E-Mail und unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung dazu, dass sie den Zugang ihrer strafbewehrten Abmahnung vom 06.10.2004 bei der Verfügungsbeklagten nicht zu beweisen hat.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 16.12.2004 aufrecht zuhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Versäumnisurteil bezüglich Ziff. 1 der einstweiligen Verfügung aufzuheben und die Verfügungsklage insoweit abzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte macht geltend, die Verfügungsklägerin habe zumindest mutmaßlich in die Zusendung der E-Mail eingewilligt. Die Verfügungsbeklagte behauptet dazu, sie habe im Rahmen ihres automatischen E-Mail Versendungsverfahrens der Verfügungsklägerin seit Jahren Werbe-E-Mails geschickt, ohne dass jene das jemals beanstandet habe. Im Übrigen habe sie, die Verfügungsbeklagte, die E-Mail Anschrift der Verfügungsklägerin im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen der Marke U über den Anschluss der Verfügungsklägerin an das U-Netz im Rahmen einer "Kundenbeziehung" erhalten. In einer solchen Beziehung sei die Zusendung von E-Mails zulässig bis der Adressat widerspreche (sogenannte Opt-Out-Regelung).

Schließlich habe die Verfügungsklägerin, sie, die Verfügungsbeklagte, nicht abgemahnt. Das Schreiben vom 06.10.2004 sei Ihr jedenfalls nicht zugegangen. Die Verfügungsklägerin müsse deshalb auch bezüglich der Untersagung zu Ziff. 2 in der einstweiligen Verfügung die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst überreichten Anlagen verwiesen.

Gründe

Das Versäumnisurteil war zu bestätigen.

Die Verfügungsklägerin kann von der Verfügungsbeklagten die Unterlassung der beanstandeten E-Mail-Werbung verlangen, §§ 8 Abs. 1 und 2 Ziff. 1, 7 Abs. 1 und 2 Ziff. 3, 3, 1 UWG.

Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Kfz-Markt. Die Verfügungsbeklagte wirbt mit der beanstandeten E-Mail unlauter, weil sie sie der Verfügungsklägerin ohne deren mutmaßliche Einwilligung zugesandt hat. Die Verfügungsbeklagte verschafft sich außerdem durch diese Art der Werbung einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern, die mit E-Mails nur bei entsprechender Einwilligung des Adressaten werben.

Die Verfügungsklägerin hat unter den gegebenen Umständen nicht mutmaßlich in die Zusendung der streitigen E-Mail eingewilligt.

Das ist auch nicht dadurch geschehen, dass sie sich als Vertragshändlerin der Firma U in deren Händlerliste hat führen lassen. Solche Händlerlisten eines Kfz-Herstellers sollen Kunden und potentiellen Kunden über die Darstellung des Händlernetzes den Zugang zu der jeweiligen Kfz-Marke erleichtern, nicht aber Mitbewerbern der Händler die Werbung für den Verkauf ihrer Fahrzeuge. Ferner besagt eine Händlerliste zu einer etwaigen Einwilligung der dort gelisteten Händler in die Zusendung an sie gerichteter Werbe-E-Mails nichts erhebliches.

Die Verfügungsklägerin hat auch nicht durch protestlose langjährige Hinnahme von E-Mails der Beklagten in die Zusendung der streitigen E-Mail eingewilligt.

Der Vortrag und Beweisantritt der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Verfügungsbeklagten zur früheren Absendung von E-Mails an die Verfügungsklägerin ergibt schon nicht sicheres dafür, dass die früheren E-Mails die Verfügungsklägerin auch erreicht haben, das heißt von ihr überhaupt zur Kenntnis genommen worden sind oder werden mussten.

Es ist nicht ungewöhnlich - die Verfügungsklägerin bedient sich auch dieser Technik -, dass E-Mail-Empfangseinrichtungen mit sogenannten SPAM-Blockern ausgerüstet sind, um unerwünschte E-Mails abzufangen und den Adressaten so von unnötigen Kenntnisnahmen zu entlasten. Danach müsste die Verfügungsbeklagte für die für ihre Argumentation entscheidende Kenntnisnahme der früheren E-Mails durch die Verfügungsklägerin eine entsprechende Bestätigung vortragen und unter Beweis stellen. Das ist nicht geschehen und der Verfügungsbeklagten, wie die Erörterungen im Termin gezeigt haben ,auch nicht möglich.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 91 a ZPO.

Die Verfügungsbeklagte muss die Kosten auch insoweit tragen, wie sie auf das Verbot zu Ziff. 2 der einstweiligen Verfügung zurückgehen.

Die Sache hat sich zwar insoweit dadurch erledigt, dass die Verfügungsbeklagte nach Erlass der Verfügung ihre Homepage um die als fehlend beanstandeten Angaben ergänzt hat. Das Verbot wäre aber mit entsprechender Kostenüberbürdung aufrechtzuhalten gewesen, wenn die Verfügungsbeklagte dem nicht mit der zur Erledigung führenden Ergänzung ihrer Homepage zuvor gekommen wäre. Die Verfügungsbeklagte kann dagegen auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Verfügungsklägerin sie nicht abgemahnt habe, konkret dass ihr deren Schreiben vom 06.12.04 nicht zugegangen sei. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, das in Fällen der vorliegenden Art der Abmahnende den Zugang der Abmahnung nicht beweisen muss.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 ff. ZPO.

I K






LG Arnsberg:
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