Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2010
Aktenzeichen: 7 W (pat) 24/09

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2010, Az.: 7 W (pat) 24/09)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der Gerichtsentscheidung geht es um eine Patentanmeldung für ein Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug. Die Patentanmeldung wurde zunächst vom Deutschen Patent- und Markenamt zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Prüfungsstelle stützte sich dabei auf verschiedene Patentdokumente, die den Stand der Technik darstellen.

Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Beschluss eine Beschwerde eingelegt und neue Patentansprüche eingereicht. Die Patentansprüche sollen die ursprünglich eingereichten Ansprüche ersetzen. Die Patentansprüche beziehen sich auf ein Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug mit einem Antriebsmotor und einem Getriebe, wobei die Auswahl der Getriebeübersetzung verschiedenartig erfolgen kann und das Geräuscherzeugungssystem den Fahrzeuginsassen ein dem Fahrzeug-Betriebszustand entsprechendes Geräusch vermitteln kann.

Das Gericht erklärt, dass der Gegenstand des Patents keine patentfähige Erfindung im Sinne des PatG darstellt. Als Fachmann wird ein erfahrener Ingenieur des Maschinenbaus angesehen. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig und gehen auf die ursprünglichen Patentansprüche zurück. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs mag neu sein, jedoch beruht er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Gericht stellt fest, dass der Stand der Technik bereits ein ähnliches Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug offenbart. Dieses System vermittelt den Fahrzeuginsassen ein dem Fahrzeug-Betriebszustand entsprechendes Geräusch. Die Auswahl der Getriebeübersetzung kann ebenfalls verschiedenartig erfolgen. Es lag daher nahe, die Art der Geräuscherzeugung zusätzlich in Abhängigkeit vom gewählten Schaltmodus vorzunehmen, um dem Fahrerwunsch zu entsprechen. Die weiteren rückbezogenen Patentansprüche lassen ebenfalls keine erfinderische Bedeutung erkennen.

Aufgrund dieser Sachlage wird die Beschwerde zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 27.01.2010, Az: 7 W (pat) 24/09


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die Patentanmeldung 196 43 030.5-42 mit der Bezeichnung "Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug" ist am 18. Oktober 1996 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangen.

Nach Prüfung der Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 4. August 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des seinerzeit geltenden Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Zum Stand der Technik nennt die Prüfungsstelle die Patentdokumente DE 44 46 080 A1 (D1) DE 44 19 212 A1 (D2).

In den Anmeldungsunterlagen wird darüber hinaus auf die Druckschrift EP 0 469 023 B1 (nachfolgend als D0 bezeichnet)

hingewiesen.

Der Zurückweisungsbeschluss, dem die ursprünglich eingereichten Patentansprüche zugrunde liegen, ist auf die Dokumente D1 und D2 gestützt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentanmelderin vom 6. Oktober 2005.

Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 24. März 2009 neue Patentansprüche 1 bis 4 eingereicht, die die ursprünglich eingereichten Patentansprüche ersetzen sollen. Auf den Hinweis des Senats auf verschiedene Mängel in den geltenden Anmeldungsunterlagen hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 25. Januar 2010 mitgeteilt, dass sie an der für den 27. Januar 2010 terminierten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen wird.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patentund Markenamtes vom 4. August 2005 aufzuheben und die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 196 43 030.5-42 mit den Patentansprüchen 1 bis 4 vom 24. März 2009 zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug mit einem Antriebsmotor, dessen Drehmoment über ein verschiedene Übersetzungen bereitstellendes Getriebe an die Fahrzeugantriebsräder gegeben wird, wobei die Auswahl der jeweiligen Getriebeübersetzung verschiedenartig erfolgen und das Geräuscherzeugungssystem den Fahrzeuginsassen ein dem jeweiligen Fahrzeug-Betriebszustand entsprechendes Geräusch vermitteln oder durch aktive Schallunterdrückung natürliche Geräusche dämpfen kann, dadurch gekennzeichnet, dass die Art der Geräuscherzeugung zusätzlich abhängig ist von der Auswahlart für die Getriebeübersetzung, wobei das Getriebe wahlweise manuell oder automatisch schaltbar ist und die Geräuscherzeugung abhängig davon ist, ob aktuell im Handschallmodus oder im Automatikmodus gefahren wird.

Mit dem Anmeldungsgegenstand sollen bekannte Geräuscherzeugungssysteme, die zwar grundsätzlich befriedigend arbeiteten, weiter verbessert werden (Offenlegungsschrift, Sp. 1, Z. 57 -60, bzw. Ursprungsunterlagen, S. 3, 1. Absatz).

Die geltenden, auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen die Vorrichtung des Anspruchs 1 weiter ausgebildet werden soll.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Gegenstand des Patents stellt in der geltenden Fassung keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

2.

Als Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Geräuscherzeugungssystemen für Fahrzeuge und deren akustischen Auslegung anzusehen.

3.

Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Sein Gegenstand geht auf die Patentansprüche 1 und 2 sowie auf die Angaben auf der Beschreibungsseite 4 der Ursprungsunterlagen zurück.

4.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 mag neu sein, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die in den Anmeldungsunterlagen zum Stand der Technik genannte EP 0 469 023 B1 (D0) offenbart ein Geräuscherzeugungssystem für ein Kraftfahrzeug mit einem Antriebsmotor, dessen Drehmoment über ein verschiedene Übersetzungen bereitstellendes Getriebe an die Fahrzeugantriebsräder gegeben wird und das Geräuscherzeugungssystem den Insassen ein dem jeweiligen Fahrzeug-Betriebszustand entsprechendes Geräusch vermitteln oder durch aktive Schallunterdrückung natürliche Geräusche dämpfen kann (vergl. dort Patentansprüche 1 und 7). Das bekannte Geräuscherzeugungssystem ist nicht an die Existenz eines bestimmten manuell oder automatisch schaltbaren Getriebes gebunden und bietet lt. Sp. 1, Z. 43 die Möglichkeit, die gewünschten zum Betrieb des Fahrzeugs angepassten Geräusche in Abhängigkeit von einem im Zusammenhang mit dem Fahrzeugbetrieb stehenden Steuersignal abzurufen (s. auch Sp. 3, Z. 16 -24). Dieser Stand der Technik ist im Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 ebenso berücksichtigt, wie das Merkmal, das zum Zeitpunkt der Anmeldung bekannt war, dass die Auswahl der jeweiligen Getriebeübersetzung verschiedenartig erfolgen kann. In den Anmeldungsunterlagen wird unter Hinweis auf den Oberbegriff des Patentanspruchs 1 in Hinblick auf die Getriebe, bei denen die Auswahl der jeweiligen Getriebeübersetzung verschiedenartig erfolgen kann, dargelegt, dass auch diejenigen automatischen Getriebe darunter zu verstehen sind, welche sich durch manuellen Eingriff mit dem Charakter einer Handschaltung fahren lassen (Sp. 2, Z. 26 -34 der OS bzw. Beschreibung S. 4, 1. Absatz der Ursprungsunterlagen).

Die im Kennzeichenteil des geltenden Patentanspruchs 1 dargelegten Merkmale, wonach die Art der Geräuscherzeugung zusätzlich abhängig ist von der Auswahlart für die Getriebeübersetzung, wobei das Getriebe wahlweise manuell oder automatisch schaltbar ist und die Geräuscherzeugung abhängig davon ist, ob aktuell im Handschallmodus oder im Automatikmodus gefahren wird, setzt lediglich die bekannten von den unterschiedlichen Schaltmodi jeweils begleiteten Erwartungshaltungen in eine dazu passende Art der Geräuscherzeugung um.

Nach Sp. 2, Z. 3 -25 der OS bzw. Beschreibung S. 3, letzter Absatz der Ursprungsunterlagen wurde nämlich schon vor dem Anmeldetag versucht, durch eine gezielte Einflussnahme auf die Innenraumgeräusche der Erwartungshaltung des Fahrers bzw. der Fahrzeuginsassen gerecht zu werden. Dabei hätte sich gezeigt, dass die Erwartungshaltung des Fahrers abhängig vom Fahrzeugtyp sei, wobei für das Fahrerlebnis des Fahrzeuginsassen insbesondere auch entscheidend ist, ob das Fahrzeug mit einem automatischen Getriebe oder mit einem Getriebe mit Handschaltung ausgerüstet ist. Erfahrungsgemäß seien Fahrer von Kraftfahrzeugen mit Automatikgetrieben mehr komfortorientiert als solche von von Hand geschalteten Fahrzeugen, welche gewöhnlich mehr fahraktiv sind und sich von der Innenakustik ein ausgeprägtes Fahrerwunsch-Folgeverhalten wünschten. Üblicherweise würde dieser Tatsache durch entsprechende akustische Auslegung des Fahrzeugs Rechnung getragen. Dies bedeutet, dass eine vom Schaltmodus und damit fahreraktivitätsabhängige Einflussnahme auf die Innenraumgeräusche in Abhängigkeit und Übereinstimmung mit der Erwartungshaltung des Fahrers im Prinzip bekannt war.

Deshalb hat es nahe gelegen, die im Prinzip aus der D0 bekannte Geräuscherzeugung (oder Schallunterdrückung) so arbeiten zu lassen, dass sie der Erwartungshaltung des Fahrers folgt. Wenn sich die Erwartungshaltung an das zu den Fahrzeuginsassen gelangende Geräusch durch den von einem bestimmten Fahrertypus bevorzugten Schaltmodus zeigt -was bekannt war -, und das Getriebe des Fahrzeugs wahlweise manuell oder automatisch schaltbar ist, dann erfordert es vom zuständigen Fachmann keinerlei erfinderische Tätigkeit, die Art der Geräuscherzeugung zusätzlich in Abhängigkeit vom aktuell gewählten Schaltmodus vorzunehmen, um damit dem Fahrerwunsch zu folgen. Eine darüber hinaus gehende Lehre ist dem geltenden Patentanspruch 1 nicht zu entnehmen.

5.

Die auf den geltenden Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 lassen keine Merkmale erkennen, die für sich oder in Verbindung mit den Merkmalen des Hauptanspruchs eine erfinderische Bedeutung begründen. Entsprechendes ist von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht worden.

6.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

Frühauf Harrer Schwarz Hilber Hu






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Beschluss v. 27.01.2010
Az: 7 W (pat) 24/09


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