Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 85/01

(BPatG: Beschluss v. 24.09.2002, Az.: 14 W (pat) 85/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 5. Oktober 2001 hat die Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 37 20 143 mit der Bezeichnung

"Färbemittel für menschliche Keratinfasern in Form eines Schaumes auf der Grundlage von 5,6-Dihydroxyindol"

widerrufen.

Dem Beschluß liegen der mit Schriftsatz vom 9. November 2000 eingereichte Anspruch 1 sowie die mit Schriftsatz vom 1. September 1999 eingegangenen Ansprüche 2 bis 13 zugrunde. Die Ansprüche 1 und 11 lauten wie folgt:

"1. Verwendung von 0,1 bis 5 Gew.-% 5,6 Dihydroxyindol und 0,1 bis 55 Gew.-% eines Schaumbildners, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des unter Druck zu setzenden Mittels, in einem kosmetisch annehmbaren wässerigen Medium als Färbeschaum für menschliche Keratinfasern und insbesondere für Haare, wobei der Färbeschaum unter Druck in Gegenwart eines Treibmittels in einer Aerosolvorrichtung so konditioniert ist, daß er bei Verlassen der genannten Vorrichtung einen Färbeschaum mit einer Volumenmasse von weniger oder gleich 0,4 g/cm3 bildet.

11. Färbeverfahren für menschliche Keratinfasern, insbesondere für Haare, dadurch gekennzeichnet, daß man auf die genannten Fasern einen Färbeschaum gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10 aufbringt."

Wegen der Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 13 wird auf die Akten verwiesen.

Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, der Verwendung gemäß Anspruch 1 ermangele es in Hinblick auf die Entgegenhaltungen

(1) US 31 94 734

(2) US 45 29 404

(3) DE-OS 22 06 274 in Verbindung mit dem Wissen des Fachmannes an der erfinderischen Tätigkeit.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie ihr Patent gemäß Hauptantrag mit den dem angefochtenen Beschluß zugrunde liegenden, mit Schriftsatz vom 23. Juli 2002 erneut vorgelegten, Patentansprüchen 1 bis 13 sowie gemäß Hilfsantrag mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 10 weiterverfolgt.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, daß nach "Verwendung von 0,1 bis 5 Gew.-% 5,6-Dihydroxyindol" der Passus "als einziges Färbemittel" eingefügt wurde. Die Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag entsprechen den Ansprüchen 2 bis 10 nach Hauptantrag.

Die Patentinhaberin macht im wesentlichen geltend, daß aus (1) zwar unbestritten die Verwendung von 5,6-Dihydroxyindol in wässeriger Lösung oder als Bestandteil einer Creme zum Färben von Haaren bekannt sei. Diese Formulierungen führten aber zu wenig kräftigen Farbergebnissen, erforderten zu lange Einwirkungszeiten und würden weißes Haar uneben färben. Ferner führe (1) zu Färbungen, die durch Dauerwellenbehandlungen stark beeinträchtigt werden würden. Von diesem Stand der Technik ausgehend sei die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe formuliert worden. Nun die mit (3) vermittelte Lehre zur Lösung dieser Aufgabe, dh zur Erzielung von Verbesserungen in der Anwendung von 5,6-Dihydroxyindol, in Erwägung zu ziehen, läge dem Fachmann jedoch nicht nahe. Dieses Dokument nenne zwar das Färben von Haaren, vorrangig aber Festiger für die Haarkosmetik, wie im übrigen auch anhand der zugrunde liegenden Aufgabe zu ersehen sei, die darin liege, die Nachteile der bekannten flüssigen Haarfestiger auszuschalten. Auch würden nach (3) offensichtlich nur die zu einer gänzlich anderen Farbstoffklasse gehörenden direktziehenden Farbstoffe eingesetzt. An keiner Stelle des Dokumentes sei nämlich - wie bei Oxidationsfarbstoffen, zu denen auch 5,6-Dihydroxyindol zähle, ansonsten üblich - eine durch den Luftsauerstoff erfolgende Autoxidation erwähnt. Dies sei als klares Indiz dafür zu werten, daß sich (3) nicht mit dieser Farbstoffklasse beschäftige, weshalb der Fachmann Oxidationsfarbstoffe in diesem Dokument auch nicht mitlese. Ferner enthielte (3) zwar gleichfalls Aussagen über die Anwendung eines Schaumes. Diese erfolgten aber nur in allgemeiner Form. Bezugnehmend auf die im Laufe des Verfahrens vorgelegten Vergleichsversuche vertritt die Patentinhaberin im weiteren die Auffassung, daß diese sehr wohl die erfinderische Tätigkeit belegten. Bei den beiden Stoffen - 5,6-Dihydroxyindol und 1,2,4-Trihydroxybenzol -, die hier miteinander verglichen würden, handle es sich um Oxidationsfarbstoffe, die aber zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führten. Die generelle Aussage von (3) sei daher nicht für Oxidationsfarbstoff zutreffend und die mit dem Streitpatent erzielten Ergebnisse seien somit nicht zu erwarten gewesen. Daher liege es auch unter Berücksichtigung der mit (3) vermittelten Lehre nicht nahe, für 5,6-Dihydroxyindol eine Verwendung in Form eines Schaumes in Erwägung zu ziehen. Als ein weiteres Anzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit führt die Patentinhaberin darüber hinaus die im jeweiligen Anspruch 1 angegebene Volumenmasse an, die erforderlich sei, um die Ergebnisse nach dem Streitpatent zu erzielen. Hinsichtlich dieses Parameters gäbe (3) aber gleichfalls keine Anregung. Vielmehr sei dazu die Heranziehung einer weiteren Druckschrift, nämlich der

(5) DE 27 17 538 A1, und somit die Nennung dreier Dokumente erforderlich, um die angeblich mangelnde erfinderische Tätigkeit für ein Mittel zu begründen, das zu besseren Färbeergebnissen führe und mit dem es gelinge, weiße Haare gleichmäßig einzufärben.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 13 vom 23. Juli 2002, hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 24. September 2002, jeweils mit der Beschreibung in der erteilten Fassung.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Patentinhaberin entgegen und ist der Auffassung, daß (3) sehr wohl das Färben von Haaren beträfe und damit einen klaren Hinweis gäbe, Färbemittel in Form eines Schaumes einzusetzen. Dagegen sei ihr aber nicht zu entnehmen, daß zur Bereitstellung des dort genannten Schaumfarbfestigers Oxidationsfarbstoffe wie das 5,6-Dihydroxyindol nicht gleichfalls betroffen seien oder die Farbstoffklasse bei der Verwendung eines Färbeschaumes überhaupt eine Rolle spiele. So heiße es dort auf Seite 4 Abs 1 zwar, daß neuzeitliche Farbstoffe aufgrund ihrer guten Affinität noch schneller und intensiver reagierten, über diese Affinität zu Haaren müßten jedoch alle Farbstoffe verfügen, da sie ansonsten sofort wieder ausgespült werden würden. Im übrigen werde in dieser Entgegenhaltung ausdrücklich auf die verbesserte Wirkung der dort angegebenen Formulierung bedingt durch die vergrößerte Oberfläche des Schaumes hingewiesen. Wegen der damit verbundenen besseren Zutrittsmöglichkeit für den Sauerstoff fände die Oxidation des Farbstoffes beschleunigt und damit besser statt, wie der damit befaßte Chemiker wisse. Nachdem dem Fachmann somit (3) die Vorteile lehre, die mit der Applikation eines Färbemittels in Form eines Schaumes verbunden seien, habe er, wenn er (3) zur Lösung der gestellten Aufgabe in Erwägung ziehe, eine positive Erwartungshaltung und Anlaß genug, die Formulierung als Schaum in Betracht zu ziehen. Damit käme er sodann zwangsläufig zu den beschriebenen Ergebnissen. Im übrigen habe zur Durchführung der vorgelegten Vergleichsversuche kein Anlaß bestanden und sie könnten abgesehen davon auch nicht überzeugen. Aus (1) wisse der Fachmann nämlich, daß er 5,6-Dihydroxyindol zum Färben von Haaren verwenden könne und aus (3) kenne er die Vorteile, die mit der Anwendung in Form eines Schaumes verbunden seien. Darüber hinaus sei das zum Vergleich ausgewählte 1,2,4-Trihydroxybenzol als nicht besonders guter Farbstoff bekannt und ergäbe gemäß (2) sogar nur helle Farbtöne. Hinsichtlich der Entgegenhaltung (5), die kosmetische Schäume, ua auch Färbeschäume, mit hoher Volumenmasse bzw dichter Textur nenne, führt sie ferner aus, daß der obere Grenzwert für die nach Anspruch 1 erforderlichen Volumenmassen weit höher sei als Werte, die in diesem unter gutachterlichem Aspekt genannten Dokument angegebenen seien. Er stelle daher keine Einschränkung gegenüber dem Stand der Technik dar. Im übrigen verweist sie darauf, daß sich die von der Patentinhaberin ausgehend von (1) gestellte Aufgabe so nicht in den vorliegenden Ansprüchen widerspiegele. Diese seien nämlich ganz allgemein formuliert und würden nicht nur für weiße, sondern für alle Haare gelten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (§ 73 PatG); sie ist jedoch nicht begründet, weil die mit dem Anspruch 1 des jeweiligen Antrages beanspruchte Verwendung auch nach Auffassung des Senates keinesfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Bezüglich der ausreichenden Offenbarung der Ansprüche 1 bis 13 gemäß Hauptantrag und der Ansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag bestehen keine Bedenken. Sie wurde von der Einsprechenden ebenso wenig bestritten wie die Neuheit der mit den Ansprüchen 1 der jeweiligen Anträge beanspruchten Verwendung.

Die Anwendung des Farbstoffes 5,6-Dihydroxyindol als Bestandteil von Haarfärbemitteln in wässeriger Lösung ist ua aus der von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung als nächstliegender Stand der Technik angesehenen (1) bekannt (vgl (1) Sp 1 Z 13 bis 17 iVm den Beispielen 1 bis 10 insbes Sp 5 Z 54 bis 58). Diese Form der Applikation führt aber entweder zu wenig kräftigen Farbnuancen oder ergibt zwar kräftige Farbnuancen, erfordert dann jedoch eine lange Einwirkungszeit. Auch besteht im Zusammenhang mit dieser Anwendungsform die Notwendigkeit, das Färbeverfahren in mehreren Schritten durchzuführen oder - falls ein einstufiges Färbeverfahren in Erwägung gezogen wird - die sodann direkt vor der Anwendung zu mischenden Komponenten in mehreren getrennten Behältern aufbewahren zu müssen (vgl Streitpatentschrift S 2 Z 8 bis 27). Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein einfaches und schnelles Verfahren zum Färben von Haaren bereitzustellen, mit dem das Haar auch mit einem Färbemittel auf der Grundlage von 5,6-Dihydroxyindol in einem Schritt unter Verwendung einer einzigen Konditionier-Einrichtung gefärbt und gleichzeitig ein einheitlicheres und verbessertes Deckvermögen von weißen Haaren erzielt werden kann (vgl Schriftsatz vom 23. Juli 2002 S 4 Abs 6 und S 5 Abs 1).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Verwendung von 5,6-Dihydroxyindol zusammen mit einem Schaumbildner in einem annehmbaren wässerigen Medium als Färbeschaum für menschliche Keratinfasern in Gegenwart eines Treibmittels in einer Aerosolvorrichtung gemäß geltendem Anspruch 1 des jeweiligen Antrages.

Die Verwendung von Färbeschäumen anstelle von entsprechenden flüssigen Formulierungen ist aus der Entgegenhaltung (3) bekannt. Dieses Dokument beschreibt Schaumfarbfestiger, die den Farbstoff, dessen Konzentration von der gewünschten Farbtiefe abhängt, in wässeriger bzw wässerigeralkoholischer Lösung zusammen mit einem Treibgasgemisch sowie nichtionischen oberflächenaktiven Substanzen und 1 - 4 Gew.-% quaternärem Polyvinylpyrrolidon enthalten sowie in einem Aerosolbehälter abgepackt und angewandt werden (vgl Ansprüche 1 und 2 iVm Beschreibung S 1 Abs 1, S 3 Abs 1 und 2 sowie S 4/5 übergreifender Absatz). Bei der Anwendung wird zunächst ein stabiler Schaum erhalten, der nach dem Auftrag auf das Haar allmählich bricht und sich daher leicht und gleichmäßig verteilen läßt. Da die im Schaum in sehr fein verteiltem Zustand enthaltenen Wirkstoffe auf diese Weise am einzelnen Haar haften bleiben, werden die färbenden Bestandteile darüber hinaus von der Kopfhaut fern gehalten (vgl Beschreibung S 3 Abs 2). Die mit der Bildung des Schaumes verbundene Bildung einer immens vergrößerten Oberfläche führt ferner zu optimalen Ergebnissen durch die verwendeten Wirkstoffe. So verbinden sich zB neuzeitliche Farben, noch schneller und intensiver mit dem Haar, weil deren gute Affinität zum Menschenhaar aufgrund der durch die Schaumbildung stark vergrößerten Oberfläche weiter um ein Vielfaches gesteigert wird (vgl Beschreibung S 3 Abs 2 und S 4 Abs 1).

Somit nennt (3) für die Anwendung eines Färbeschaumes statt einer flüssigen Zubereitung bereits jene Vorteile, die auch gemäß Streitpatent beschrieben werden (vgl Streitpatentschrift S 2 Z 32 bis 45). Denn diese Entgegenhaltung lehrt nicht nur, daß Färbemittel als Schaum in einer Aerosolvorrichtung in einem Schritt und damit einfach und schnell angewendet werden können, darüber hinaus auf diese Weise auch eine Kontaktierung der Kopfhaut mit dem Färbemittel vermieden werden kann, sie vermittelt vor allem den Hinweis, daß die Applikation in Form eines Schaumes mit einer Optimierung des Farbauftrages verbunden ist. Die Patentinhaberin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ua vorgetragen, die Färbeschäume gemäß (3) seien nur auf direktziehende Farbstoffe anwendbar. Angaben, die spezielle Farbstoffklassen bzw Einschränkungen der Anwendbarkeit von Applikationen in Form eines Schaumes auf direktziehende Farbstoffe beträfen, sind dieser Entgegenhaltung jedoch nicht zu entnehmen. Somit sind keine Vorbehalte erkennbar, die den Fachmann davon hätten abhalten können, die mit (3) vermittelte Lehre zur Lösung der gegebenen Aufgabenstellung auch im Zusammenhang mit Färbemitteln, die den Oxidationsfarbstoff 5,6-Dihydroxyindol enthalten, in Betracht zu ziehen. Ein erfinderisches Zutun zur Erzielung der beschriebenen Ergebnisse ist bei der vorliegenden Sachlage daher nicht mehr erforderlich gewesen, diese sind vielmehr in Kenntnis von (3) zu erwarten gewesen.

Da die in den jeweiligen Ansprüchen genannten Konzentrationsbereiche, sowohl für 5,6-Dihydroxyindol als auch für die Schaumbildner, die nichtionische, anionische kationische oder amphotere oberflächenaktive Mittel darstellen (vgl jeweilige Ansprüche 3 iVm Streitpatentschrift S 3 Z 22 bis 25), die Vorgaben des Standes der Technik einschließen, kann aus diesen Angaben ebenfalls kein erfindungsbegründender Schritt abgeleitet werden (vgl (1) Beispiele 1 bis 10 sowie (3) Anspruch 2 iVm Beschreibung S 4/5 übergreifender Absatz).

Auch die im geltenden Anspruch 1 für den Färbeschaum angegebene Volumenmasse von weniger oder gleich 0,4 g/cm3 kann keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Zum einen kann der Argumentation der Patentinhaberin nicht gefolgt werden, es handle sich hierbei um einen für das Farbergebnis bedeutenden Parameter, da weder anhand der vorliegenden Beschreibung noch anhand der vorliegenden Beispiele erkennbar ist, inwieweit eine bestimmte Volumenmasse von weniger oder gleich 0,4 g/cm3 überhaupt einen in Hinsicht auf (3) nicht zu erwartenden Einfluß auf die erzielten Ergebnisse ausübt. Zum anderen ist diese Angabe nicht dazu geeignet, den im geltenden Anspruch 1 genannten Schaum näher zu charakterisieren. Sie umfaßt nämlich eine sehr große Bandbreite, in der sich aber die Volumina von Schäumen, die im kosmetischen Bereich Anwendung finden, im allgemeinen bewegen. Abgesehen davon stellt der obere Grenzwert von 0,4 g/cm3 nach Auffassung des Senates eine mit einer üblichen Aerosolvorrichtung unter den geltenden Bedingungen kaum realisierbare Dichte dar. Bestätigung findet diese Auffassung durch die in der Entgegenhaltung (5) genannten kosmetischen Schäume, die auch zur Färbung Verwendung finden können und eine relativ hohe voluminöse Masse in der Größenordnung von 0,05 bis 0,15 g/cm3 haben, womit sie bereits eine sehr dichte Textur aufweisen (vgl Beschreibung S 9 Abs 1 und 2). Auch die Schaumvolumina gemäß (3) bewegen sich im übrigen bei Zugrundelegung der im Anspruch 2 angegebenen Zusammensetzung unterhalb des in Rede stehenden oberen Grenzwertes, nachdem der dort ausgebrachte Schaum aus 10 cm3 Emulsion hergestellt ein Volumen von 120 bis 200 cm3 besitzt (vgl Beschreibung S 4 Abs 1).

Die von der Patentinhaberin in Verbindung mit den vorgelegten Vergleichsversuchen geltend gemachten überraschenden Ergebnisse, sind gleichfalls nicht dazu geeignet, zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit zu gelangen. Die Erzielung besserer Farbergebnisse für den Fall, daß statt der flüssigen Zubereitung eine Zubereitung in Form eines Schaumes auf die Haare aufgetragen wird (vgl Vergleichsversuche A1 und A2), ist - wie vorstehend dargelegt - in Kenntnis von (3) zu erwarten gewesen. Die Patentinhaberin begründet die Patentfähigkeit aber nun auch damit, daß die Lehre nach (3), wie zB die Versuche mit 1,2,4-Trihydroxybenzol zeigten, nicht auf alle Oxidationsfarbstoffe gleichermaßen anwendbar sei. Daher sei nicht von vornherein mit den erzielten Ergebnissen zu rechnen gewesen, weshalb der Fachmann (3) zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe nicht in Erwägung ziehe. Bei dieser Argumentation läßt die Patentinhaberin aber außer Betracht, daß die beiden in Rede stehenden Farbstoffe nicht unmittelbar miteinander vergleichbar sind, wie alleine schon ihr Färbeverhalten belegt. Während nämlich 5,6-Dihydroxyindol einen Farbstoff darstellt, der zu dunkler, dh schwarzer oder dunkelbrauner Farbe führt (vgl (1) Sp 1 Z 33 bis 36 und 43 bis 50), werden mit 1,2,4-Trihydroxybenzol lediglich leichte Farbtöne erzielt (vgl (2) Sp 1 Z 19 bis 25). Unter gleichzeitiger Berücksichtigung der sich voneinander unterscheidenden chemischen Strukturen der in Rede stehenden Farbstoffe, ist in Verbindung mit diesem Verhalten ersichtlich, daß es sich bei den vorgelegten Versuchen nicht um einen Vergleich von Wirkstoffen handelt, die - wie zu Vergleichsversuchen erforderlich - eine größtmögliche Übereinstimmung zeigen. Diese stellt aber eine Voraussetzung für die Bewertung der mit Vergleichsversuchen erhaltenen Ergebnisse dar, da zum einen die Eigenschaften chemischer Stoffe strukturabhängig sind und zum anderen unvorherzusehende Überlegenheiten nur gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nachgewiesen werden können (vgl Benkard 9. Aufl § 4 Rdn 38). Die von der Patentinhaberin mit den Schriftsätzen vom 1. September 1999 und 23. Juli 2002 vorgelegten Vergleichsversuche weisen daher nicht die Voraussetzungen auf, die erforderlich sind, wenn sie als Beweisanzeichen zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht gezogen werden sollen.

Die Verwendung des mit dem Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag angegebenen Färbeschaumes muß daher als naheliegend angesehen werden. Der nach dem jeweiligen Antrag geltende Anspruch 1 ist daher nicht rechtsbeständig.

Da über jeden Antrag der Patentinhaberin nur insgesamt entschieden werden kann, fallen damit auch die geltenden Ansprüche 2 bis 13 gemäß Hauptantrag und 2 bis 10 gemäß Hilfsantrag.

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BPatG:
Beschluss v. 24.09.2002
Az: 14 W (pat) 85/01


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