Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juli 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 56/04

(BPatG: Beschluss v. 03.07.2006, Az.: 30 W (pat) 56/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung Mahn mal wieder für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42, u. a. für: "Magnetaufzeichnungsträger; Druckereierzeugnisse; Rechtsberatung und -vertretung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung teilweise, nämlich im oben genannten Umfang, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil sie vom Verkehr nur als Werbeslogan in dem lediglich werblich beschreibenden Sinn verstanden werde, dass die betreffende Produkte bzw. Dienstleistungen dazu dienten, eine Mahnung auszusprechen.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie meint mit näheren Ausführungen insbesondere, dass der vom üblichen Sprachgebrauch abweichenden Anmeldung bezüglich der versagten Waren und Dienstleistungen kein beschreibender Gehalt zukomme.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Die Bezeichnung Mahn mal wieder ist hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke in ihrer Gesamtheit durch einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 (Nr. 41) - Linde u. a.; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 50) - Henkel; MarkenR 2005, 391, 393 (Nr. 28, 29) - BioID).

Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung zwar vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; WRP 2004, 1173, 1174 m. w. N. - URLAUB DIREKT; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor).

Jedoch ist das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft nicht auf konkrete Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angaben beschränkt (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 19) - BIOMILD; BGH a. a. O. - Cityservice). So fehlt einer Wortmarke u. a. auch dann die Unterscheidungskraft, wenn sich ihr Aussagegehalt in einer bloßen Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art erschöpft (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 - Test it.; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Dies gilt in gleicher Weise für Wortmarken in Form von Slogans, wie die vorliegende Anmeldemarke einen darstellt. Wenngleich an die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Slogans keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an sonstige Arten von Zeichen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor; GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 32-35) - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2005, 417 ff., - BerlinCard; BGH a. a. O. - marktfrisch; BGH a. a. O. - Cityservice; BGH a. a. O. - Test it.; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2001 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BPatG BlPMZ 2001, 155 - HAPPINESS; EuG GRUR Int. 2003, 834, 835 f. (Nr. 29, 30) - BestBuy; GRUR Int. 2004, 944, 946 (Nr. 29-32) - Mehr für Ihr Geld). Als ein derartiger nicht unterscheidungskräftiger werblicher Slogan, dem die angesprochenen Verkehrskreise für die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen der Anmeldung lediglich eine im Vordergrund stehende anpreisende Aussage, nicht jedoch die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises zuordnen werden, ist die angemeldete Wortfolge zu bewerten.

Der allgemein verständlichen deutschsprachigen Wortfolge Mahn mal wieder beinhaltet wörtlich die Aufforderung, mal wieder mahnend tätig zu werden; "mahnen" bedeutet im Allgemeinen, einen Schuldner schriftlich zur Zahlung aufzufordern (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch S. 1043); die Wendung "mal wieder" wird in Slogans häufig verwendet, um zu einer bestimmten Handlung aufzufordern; insoweit wird auf die bereits von der Markenstelle übersandten Nachweise Bezug genommen (flirten Sie mal wieder! Schreib mal wieder; Gewinn mal wieder! Lies mal wieder). In Bezug auf "Magnetaufzeichnungsträger; Druckereierzeugnisse; Rechtsberatung und -vertretung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung", die für ein manuelles oder automatisiertes Mahnen bestimmt oder inhaltlichthematisch hierauf bezogen sein können, werden die angesprochenen Durchschnittsverbraucher der Anmeldung den lediglich werblich anpreisenden Sachhinweis entnehmen, dass Bestimmung/Gegenstand dieser Produkte/Dienstleistungen ist, zu mahnen und den Ablauf ausgesprochener Mahnungen zu verwalten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen der Markenstelle verwiesen.

Beachtliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs werden Mahn mal wieder deshalb nur als eine solche allgemeine Werbeanpreisung auffassen und dieser angemeldeten Marke keine individualisierende, die Unterscheidungskraft begründende Eigenart beimessen.

Der Annahme einer allgemein werblichen Anpreisung steht nicht entgegen, dass der Ausdruck Mahn mal wieder keine konkrete Aussage darüber enthält, wie im Einzelnen die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen beschaffen sind. Denn bereits in der Aussage als solcher liegt eine zwar allgemeine, gleichwohl aber klare und unmissverständliche Werbebotschaft (vgl. zur Frage der begrifflichen Bestimmtheit allgemein beschreibender Angaben i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH a. a. O. - Bücher für eine bessere Welt; vgl. auch BGH a. a. O. - Cityservice; BGH a. a. O. - marktfrisch).

Auch die verkürzte Wiedergabe "mahn" des Imperativs "mahne" machen die angemeldete Wortfolge nicht als Marke schutzfähig; das Weglassen des Endbuchstabens ist bei dieser grammatikalischen Form häufig anzutreffen (vgl. die oben genannten Beispiele "schreib, gewinn, lies"), so dass es fraglich erscheint, ob der Verkehr sie überhaupt noch wahrnimmt (vgl. BGH GRUR 2003, 882 - Lichtenstein). Zudem bedient sich die Werbung häufig neuer plakativer Wortzusammensetzungen und Slogans, die sich gerade nicht an grammatikalischen Regeln orientieren, aber doch erkennbar bloße Anpreisungen und keine Hinweise auf die Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb darstellen (vgl. auch BPatG 25 W (pat) 177/01 - Wir beraten Erfolg; 28 W (pat) 36/95 - LÄSST NICHT LOCKER; 24 W (pat) 53/04 - Es lebe billig, Zusammenfassungen jeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).

Ob der Eintragung der angemeldeten Kennzeichnung darüber hinaus der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.






BPatG:
Beschluss v. 03.07.2006
Az: 30 W (pat) 56/04


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