Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. Dezember 2011
Aktenzeichen: I-20 U 95/10

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.12.2011, Az.: I-20 U 95/10)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. Juni 2010 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass sich die in der Urteilsformel des landgerichtlichen Urteils aufgeführten Ansprüche nur auf Verletzungshandlungen beziehen, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,-- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Voll­streckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe

G r ü n d e

A.

Die Klägerin begehrt aufgrund mehrerer Marken mit dem Wortbestandteil „Flip Flop“ von den Beklagten Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „fitflop“ für Schuhe. Grundlage der Klage sind die folgenden Marken der Klägerin, und zwar in einem Hilfsverhältnis in der nachstehend aufgeführten Reihenfolge:

1. Deutsche Wortmarke … „Flip-Flop“, eingetragen am 10.12.1997 für

Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit in Klasse 17 enthalten; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate), Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall); Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck.

2. Deutsche Wort-/Bildmarke …, eingetragen am 26.11.1999:

eingetragen für

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

3. Gemeinschaftsbildmarke … mit zu 2. identischem Erscheinungsbild, allerdings ohne ®, angemeldet am 17.8.2004, eingetragen am 14.5.2008 für eine Vielzahl von Waren, unter anderem

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

Die Klägerin wendet sich, gestützt auf diese Marken gegen die Verwendung des folgenden Zeichens durch die Beklagten:

Es ist in dieser Form Gegenstand der Gemeinschaftsbildmarke … der F. Limited, London, angemeldet am 21.12.2007. Die Beklagte zu 1. ist die deutsche Vertriebspartnerin der F. Limited. Außerdem greift die Klägerin die Verwendung der Bezeichnungen „FitFlop“ und „FITFLOP“ ohne bildliche Gestaltung an. Die Beklagten zu 2. und 3. sind die Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Die Klägerin begehrt Unterlassung für die Europäische Union, Auskunft über Vertriebswege und Umsätze, Vernichtung, Feststellung der Schadensersatzpflicht gegenüber sämtlichen Beklagten und Ersatz von Abmahnkosten durch die Beklagte zu 1. Die Beklagten haben Widerklage erhoben mit dem Ziel, die Klage-Gemeinschaftsmarke der Klägerin hinsichtlich Schuhwaren für verfallen zu erklären und die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der beiden deutschen Klagemarken hinsichtlich Schuhwaren einzuwilligen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 189 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen richten sich die Berufungen sämtlicher Beklagter, mit denen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihre erstinstanzlichen Klageabweisungs- und Widerklageanträge weiter verfolgen. Sie sind insbesondere weiter der Ansicht, die Klagemarken seien gemäß Artikel 51 Abs. 1 b) GMVO bzw. § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG löschungsreif, weil sich die Bezeichnung „Flip-Flop“ nach Eintragung der Marken zu einem rein beschreibenden Begriff für eine Sandale ohne verschließbaren Riemen entwickelt habe. Dies beruhe auch auf der Untätigkeit der Klägerin bei der Verfolgung ihrer markenrechtlichen Ansprüche in der Vergangenheit. Außerdem sei die Gemeinschaftsmarke auch nichtig gemäß Artikel 52 Abs. 1 a) i. V. m. Artikel 7 Abs. 1 c) GMV. Im Übrigen bestehe mangels Begehungsgefahr ohnehin kein Unterlassungsanspruch. Zudem sei die angegriffene mit der Schutz beanspruchenden Bezeichnung nicht verwechslungsfähig. Außerdem sei der Beklagten zu 1. mit Blick auf den beschreibenden Gehalt der angegriffenen Bezeichnung deren Verwendung auch gemäß Artikel 12 b) GMVO bzw. § 23 Nr. 2 MarkenG gestattet. Gegenüber den deutschen Klagemarken erheben die Beklagten weiter die Einrede der Nichtbenutzung, § 25 MarkenG. Die Beklagten vertreten die Ansicht, die Widerklage müsse mit Blick auf die bereits genannten Löschungsgründe sämtlicher Klagemarken Erfolg haben.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Klage abzuweisen,

2. die Gemeinschaftsmarke Nr. … - flip*flop gemäß Artikel 51 Abs. 1 lit. b), 100 Abs. 1 GMV für verfallen zu erklären, insoweit sie für Schuhwaren eingetragen ist,

3. die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der deutschen Wortmarke Nr. … - Flip-Flop für Schuhwaren einzuwilligen,

4. die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der deutschen Wort-/Bildmarke Nr. … - flip*flop für Schuhwaren einzuwilligen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint weiter, die von den Beklagten angeführten Verfallsgründe seien schon deshalb nicht gegeben, weil die Bezeichnung „Flip-Flop“ nicht rein beschreibend für eine bestimmte Art von Sandalen sei. Jedenfalls habe sie ihre Markenrechte in der Vergangenheit stets verteidigt und sei nicht untätig geblieben. Weiterhin bestehe eine Begehungsgefahr für Schuhe aller Art, wie vom Landgericht tenoriert. Die Verwechslungsgefahr sei zu bejahen. Die deutschen Marken seien rechtserhaltend benutzt worden.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat - abgesehen von der in der Urteilsformel wiedergegebenen Maßgabe - in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen zu Recht stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

I.

Der Klägerin stehen die mit der Klage verfolgten Ansprüche zu.

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Zeichens „fitflop“ mit den in der Formel des angefochtenen Urteils unter 1. wiedergegebenen Schreibweisen bzw. mit der dortigen graphischen Gestaltung aus § 14 Abs. 5 Satz 1 MarkenG wegen einer Verletzung der deutschen Wortmarke … „Flip-Flop“. Der Schadensersatzanspruch einschließlich des ihn vorbereitenden Auskunftsanspruchs folgt aus § 14 Abs. 6 MarkenG, § 242 BGB, der Auskunftsanspruch im Übrigen aus § 19 MarkenG und der Vernichtungsanspruch aus § 18 MarkenG. Diese Ansprüche sind allerdings auf Handlungen in Deutschland beschränkt. Die genannten Vorschriften des deutschen Rechts können - entgegen dem Klageantrag - ein europaweites Verbot nicht begründen. Der Senat sieht sich in diesem Zusammenhang an die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgegebene Reihenfolge der Prüfung der Klagemarken gebunden. Danach stützt die Klägerin die markenrechtlichen Ansprüche auf die drei geltend gemachten Marken in der Reihenfolge, in der sie in der Klageschrift und - ihr folgend - im vorstehenden Tatbestand dargestellt werden, jeweils in einem Hilfsverhältnis. Daraus folgt, dass an erster Stelle die deutsche Wortmarke … „Flip-Flop“ zu prüfen ist, deren Verletzung nur für Deutschland Rechtsfolgen auslösen kann. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gegen die Beklagte zu 1. beruht schließlich auf den §§ 683, 670 BGB.

a) Diese auf die Verletzung der deutschen Wortmarke … „Flip-Flop“ gestützten Ansprüche sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits deshalb zu verneinen, weil diese Marke gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - wie von den Beklagten mit Blick auf § 55 Abs. 1 MarkenG mit der Widerklage erstrebt - wegen Verfalls zu löschen wäre, was die Beklagten im Verletzungsprozess einredeweise geltend machen können (vgl. nur BGH GRUR 2011, 1043 - TÜV II). Nach dieser Vorschrift wird eine Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist. Die Voraussetzungen dieses Verfallsgrundes liegen nicht vor.

Zunächst kommt die Umwandlung der Marke in eine gebräuchliche Bezeichnung einer Ware ohnehin auch nach dem Vortrag der Beklagten allenfalls für einen Teil der Waren in Betracht. Die Beklagten machen einen Verfall für sämtliche Schuhwaren geltend, während die Beispiele beschreibender Verwendungen der Bezeichnung „flipflop“ nur einen Ausschnitt hieraus, nämlich nur eine bestimmte Art von Sandalen (Zehengreifersandalen) betreffen.

Aber auch unabhängig von diesen Gesichtspunkten ist eine Entwicklung hin zu einem beschreibenden Gehalt des Wortbestandteils der Gemeinschaftsmarke nicht zu erkennen. Eine Umwandlung in eine Beschaffenheitsangabe kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Widerklage festzustellen ist, dass nur noch ein völlig unbeachtlicher Teil des Verkehrs mit dem Zeichen Herkunftsvorstellungen bezüglich eines bestimmten Unternehmens verbindet (vgl. nur Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010 § 49 Rn. 34 m. Nachw.). Dies hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat sich anschließt und auf die er Bezug nimmt, verneint. Lediglich ergänzend kann das Folgende ausgeführt werden.

Es mag - wie von den Beklagten vorgetragen - zutreffen, dass inzwischen von einem Teil des Verkehrs die Bezeichnung „flipflop“ als Beschreibung der von den Parteien erörterten Zehengreifersandalen verstanden wird, ohne dass hiermit Herkunftsvorstellungen verbunden werden. Die Beklagten haben hierzu Beispiele vorgelegt (etwa in Anlage MBP 21). Das allein genügt indes angesichts der strengen Anforderungen, die - wie vom Landgericht näher dargelegt - an die Umwandlung einer eingetragenen Marke in einen beschreibenden Begriff gestellt werden müssen, nicht. Allein der Umstand, dass sich mit einer gewissen Häufigkeit auch eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „flipflop“ findet, rechtfertigt nicht die Annahme, die Marke habe sich zu einer gebräuchlichen Bezeichnung entwickelt (vgl. BGH, TÜV II, a.a.O.). Wie bereits erwähnt, kann ein rechtlich relevanter Wandel des Verständnisses der Marke vielmehr nur dann angenommen werden, wenn nur noch ein völlig unbeachtlicher Teil des Verkehrs mit dem Zeichen Herkunftsvorstellungen bezüglich eines bestimmten Unternehmens verbindet. Davon kann schon deshalb keine Rede sein, weil die von der Klägerin aufgeführten, bundesweit tätigen, bedeutenden Einzelhändler in der Werbung die Klagemarke zur Bezeichnung angebotener Sandalen vermeiden, wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Werbeveröffentlichungen etwa von N., G., K., G. K., A., K. S. und S. (Anlage BE 1) ergibt. Dort werden die entsprechenden Sandalen als solche oder als „Zehentrenner“, „Zehenstegsandale“, „Pantolette“ o. ä. bezeichnet. Zum Teil, etwa bei G., werden innerhalb eines Angebots einer Vielzahl verschiedener Modelle diese Sandalen überwiegend mit derartigen Bezeichnungen (Zehentrenner, Sandalette), zum Teil aber auch mit der Bezeichnung „flip flop“ versehen. Bei letzteren handelt es sich - soweit aus der Werbung ersichtlich - um die Modelle der Klägerin, die der Händler damit klar in der Bezeichnung von denjenigen anderer Hersteller abgrenzt, ohne unterschiedslos sämtliche angebotenen Sandalen mit einem Zehensteg als „flipflops“ zu bezeichnen. So belegen die von der Klägerin vorgelegten Werbeveröffentlichungen, dass im Verständnis der genannten Händler die Bezeichnung „flipflop“ auf den Hersteller hinweist und nicht nur eine bestimmte Art von Sandalen beschreibt. Diese Unternehmen, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen, können zweifellos nicht als ein völlig unbedeutender Teil des Verkehrs angesehen werden.

Aber auch bezogen auf Verbraucher ist nicht ersichtlich, dass nurmehr ein völlig unbedeutender Teil von ihnen mit dem Wortbestandteil der Gemeinschaftsmarke Herkunftsvorstellungen verbinden würde. Der oben beschriebene, gezielt herkunftshinweisend anzutreffende Gebrauch der Bezeichnung „flipflop“ in der Werbung teilt sich auch den mit der Werbung angesprochenen Verbrauchern mit und prägt so auch deren Verständnis. Die Beklagten beziehen sich im Übrigen zur Begründung ihres gegenteiligen Standpunkts in erster Linie auf die „Repräsentative Verkehrsumfrage zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen“ der I. GmbH von Oktober 2009. Hierzu hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass sich dieses Gutachten nur auf einen Teil des angesprochenen Verkehrs, nämlich schon seinem Titel nach nur auf die Verbraucher, bezieht. Angesprochen durch die Verwendung der Gemeinschaftsmarke zur Bezeichnung von Schuhen sind aber - wie bereits erwähnt - jedenfalls auch die Händler, die derartige Schuhe vertreiben. Auch die Beklagten vertreten ausdrücklich die Ansicht, dass mit der Klagemarke die „allgemeinen Verkehrskreise“ angesprochen werden, ohne allerdings näher darzulegen, wer dazu gehören soll. Es liegt aber auf der Hand, dass es sich dabei nicht nur um Endverbraucher handeln kann, denn zumindest auch die vorhergehenden Stufen der Lieferkette, also Einzel-, Großhändler und Hersteller von Schuhen sind Adressaten von Bezeichnungen, mit denen die Schuhe, die Gegenstand ihres Geschäftsbetriebs sind, versehen werden. Aber auch dann, wenn man auf die Ergebnisse (allein) des Gutachtens abstellen wollte, ergäbe sich hieraus nicht die Umwandlung der Klagegemeinschaftsmarke zu einer beschreibenden Bezeichnung. Die Befragung hat nämlich ergeben, dass lediglich 51,1 %, also kaum mehr als die Hälfte der befragten Personen die Bezeichnung „flipflop“ mit Sandalen bzw. Schuhen verbinden. Immerhin 40,8 % der Befragten kennt die Bezeichnung überhaupt nicht. Es liegt nahe, dass diese Personen dann, wenn sie das ihnen bis dahin unbekannte Zeichen erstmals im Zusammenhang mit Schuhen, vor allem auf ihnen angebracht, sehen, dies nicht als Beschreibung für einen bestimmten Typ Sandale verstehen, sondern dazu neigen werden, hiermit Herkunftsvorstellungen zu verbinden. Damit kann auch nach dem Ergebnis des Gutachtens keine Rede davon sein, dass nur ein völlig unbeachtlicher Teil des Verkehrs mit dem Zeichen Herkunftsvorstellungen bezüglich eines bestimmten Unternehmens verbindet.

Weiter verweisen die Beklagten auf die Bescheide des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) vom 14. Oktober 2009 (Anlage MBP 7) und vom 11. Januar 2010 (Anlage MBP 15). Darin wird die Eintragung der Wortmarke „Flip-Flop“ wegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG verneint. Unabhängig davon, dass im vorliegenden Zusammenhang nicht die Eintragungsvoraussetzungen einer Wortmarke, insbesondere nicht ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu prüfen sind, sind der sehr kurzen Begründung des DPMA keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die die vorstehenden Erwägungen in Frage stellen können. Das DPMA verweist lediglich auf Wörterbücher zur englischen Sprache, ohne indes weitere Ermittlungen zu den Verkehrsvorstellungen vorzunehmen. Gerade das von den Beklagten vorgelegte Gutachten spricht - wie ausgeführt - gegen ein überwiegend beschreibendes Verständnis des fraglichen Zeichens. Entsprechendes gilt auch für die Ausführungen des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) im Bescheid vom 16. Februar 2010 (Anlage MBP 20).

Es kommt vor diesem Hintergrund nicht mehr darauf an, ob eine - unterstellte - Umwandlung der Marke in eine gebräuchliche Bezeichnung Folge des Verhaltens oder der Untätigkeit der Klägerin als der Markeninhaberin war, wie dies § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als Voraussetzung des Verfalls vorsieht. Es sei deshalb nur am Rande darauf verwiesen, dass dies angesichts der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen mit entsprechenden Unterlassungserklärungen von ihr abgemahnter Unternehmen (Anlage K 43 ff.) nicht nahe liegt.

Einen Verfall gemäß § 49 Abs. 1 MarkenG machen die Beklagten nicht geltend. Die angebliche Nichtbenutzung wenden sie nur einredeweise im Rahmen des § 25 MarkenG ein.

b) Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 5 und 6 MarkenG sowie der bereits erwähnten Annexansprüche auf Auskunft und Vernichtung liegen vor, wie das Landgericht bereits zutreffend näher ausgeführt hat.

Die Berufung wendet sich hiergegen ohne Erfolg mit der Auffassung, es fehle für den Unterlassungsanspruch in Bezug auf Schuhe aller Art an einer Begehungsgefahr. Letztere ist vielmehr in der Form der Wiederholungsgefahr gegeben. Die Beklagten haben die angegriffene Bezeichnung für Schuhe aller Art und nicht nur für bestimmte Arten von Schuhen oder Sandalen benutzen. Unabhängig von dem Auftritt der Beklagten auf der internationalen Schuhmesse G. im März 2009 in Düsseldorf, den das Landgericht erwähnt und zu dem sich die Berufungsbegründung verhält, haben die Beklagten dies erstinstanzlich selbst bereits in der Klageerwiderung eingeräumt. Dort ist (S. 3, Bl. 28 GA) ausdrücklich ausgeführt, dass die Beklagte zu 1. im Bereich des Vertriebs von „Schuhwaren aller Art“ tätig sei. Zum Beleg haben die Beklagten Auszüge aus ihrer Internetpräsentation (Anlage MBP 1) vorgelegt, aus denen sich die einschränkungslose Verwendung der Bezeichnung FitFlop für Schuhe ergibt. Zusätzlich belegt wird dies durch die Werbung der Beklagten in einem Prospekt, wie er aus der Anlage K 13 ersichtlich ist.

Ohne Erfolg macht die Berufung weiter geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr angenommen. Es stehen sich die Wortmarke „Flip-Flop“ der Klägerin und die Bezeichnungen „fitflop“, „FitFlop“ und „FITFLOP“ der Beklagten entgegen, von denen erstere vor einem runden, graphisch unter Verwendung roter Farbe gestalteten Hintergrund erscheint. Dabei ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke auszugehen, wie das Landgericht bereits ausgeführt hat. Die Kennzeichnungskraft ist nicht durch Verwendungen der geschützten Bezeichnung als Beschreibung für eine bestimmte Art von Sandalen geschwächt. Abgesehen davon, dass dies nicht jede Art von Schuhwerk betrifft, ist der Kreis der Personen, die die Bezeichnung als eine derartige Beschreibung kennen und so überhaupt erst bestimmten Sandalen, nicht deren Hersteller zuordnen können, wie bereits ausgeführt, nicht derart ausgeprägt, dass eine Schwächung der Kennzeichnungskraft angenommen werden könnte. Vor diesem Hintergrund und bei der vorhandenen Warenidentität ist eine Verwechslungsgefahr nicht zu verneinen, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Senat nimmt auf die dortigen Ausführungen Bezug. Die Berufung wendet sich hiergegen ohne Erfolg mit der Auffassung, beide Zeichen seien wegen der hervorgehobenen Bedeutung des Wortanfangs deutlich unterschieden. Das trifft nicht zu. Zwar finden sich die einzigen Abweichungen, die die angegriffene gegenüber der Schutz beanspruchenden Bezeichnung aufweist, in der ersten Silbe („flip“ gegenüber „fit“), während die zweite Silbe („flop“) identisch ist. Die Unterschiede sind indes nur geringfügig und fallen sowohl im Schriftbild als auch in der Aussprache kaum ins Gewicht. Dabei kommt - wie bereits vom Landgericht hervorgehoben - dem identischen, Klang und Schriftbild maßgeblich bestimmenden Vokal „i“ ein besonderes Gewicht zu, der in beiden Silben identisch ist. Beide Worte beginnen zudem mit demselben Buchstaben „f“. Schließlich kann die zweite Silbe nicht völlig außer Betracht gelassen werden, die in beiden Bezeichnungen identisch ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat ausgeschlossen, eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Zeichen zu verneinen.

c) Die Beklagten berufen sich ohne Erfolg auf die Einrede des § 23 Nr. 2 MarkenG. Danach hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen zu benutzen. Dass das Zeichen „fitflop“ in dem genannten Sinne beschreibend für Schuhe oder einen Ausschnitt hiervon, nämlich bestimmte Arten von Sandalen, sein könnte und in diesem Sinne verwendet werde, behaupten die Beklagten selbst nicht. Ihre Ausführungen zu einem angeblich beschreibenden Gehalt beziehen sich auf die geschützte Bezeichnung „flipflop“, nicht auf die Verwendung von „fitflop“, zumal letzteres Zeichen in der graphische gestalteten Variante mit dem Zusatz „TM“ gekennzeichnet ist, was eine beschreibende Verwendung im Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise kaum nahe legt.

d) Die Beklagten wenden ohne Erfolg auch eine Nichtbenutzung der Klagemarke für Schuhe im Sinne des § 25 Abs. 1 MarkenG ein. Danach kann der Inhaber einer eingetragenen Marke gegen Dritte Ansprüche nicht geltend machen, wenn die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Das Landgericht hat eine derartige Benutzung der Marke zutreffend und mit eingehender Begründung, die auf die von der Klägerin vorgelegten Anlagen Bezug nehmen, dargelegt. Dem schließt der Senat sich an. Die Berufung wendet sich hiergegen nur mit der allgemeinen Begründung, die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergäben eine ernsthafte Benutzung nicht, insbesondere genüge die Benutzung von Marken in Katalogen nicht. Das ist in dieser allgemeinen Form als Angriff gegen die Erwägungen des Landgerichts nicht nachzuvollziehen, zumal die in Bezug genommen Anlagen nicht nur Katalogdarstellungen wiedergeben.

2. Über Ansprüche der Klägerin aus der deutschen Wort-/Bildmarke … ist danach nicht mehr zu entscheiden, weil sie nur hilfsweise gegenüber der unter 1. behandelten deutschen Wortmarke geltend gemacht ist.

3. Dagegen kommt es auf Ansprüche der Klägerin aufgrund der an dritter Stelle angeführten Gemeinschaftsbildmarke … noch insoweit an, als die Klägerin über Deutschland hinausreichende Ansprüche mit europaweiter Wirkung geltend macht, die das Landgericht auch zugesprochen hat. Indes bestehen derartige auf das gesamte Gebiet der Gemeinschaft zu erstreckende Ansprüche nicht. Das folgt für den aus Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b), Artikel 9 Abs. 2, Artikel 102 GMVO hergeleiteten Unterlassungsanspruch daraus, dass für Handlungen außerhalb Deutschlands keine Begehungsgefahr besteht. Die Beklagte zu 1. ist nach den bereits vom Landgericht getroffenen Feststellungen die exklusive Distributeurin der englischen Muttergesellschaft für Deutschland. Ihre Geschäftstätigkeit besteht deshalb ausschließlich darin, die in England von der F. Ltd. produzierten und vertriebenen Schuhe in Deutschland über ein bundesweites Händlernetz und im Internet zu vermarkten. Hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2011 angesprochen, hat die Klägerin schriftsätzlich im Wesentlichen allgemeine Erwägungen zum gemeinschaftsweiten Schutz von Gemeinschaftsmarken angestellt. Sie treffen sicher zu. So begründet die Verletzung eines Schutzrechts in einem Mitgliedsstaat in der Regel die Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union (vgl. nur BGH GRUR 2010, 718 - Verlängerte Limousinen, zum Gemeinschafts­ge­schmacksmuster, für das nichts anderes gelten kann). Allerdings ist die territoriale Reichweite des Verbots zu begrenzen, wenn Verletzungshandlungen nur für Teile der Europäischen Union oder für einen Mitgliedsstaat drohen (EuGH GRUR 2011, 518, Rn. 48). Ein solcher Fall ist hier ausnahmsweise anzunehmen, weil sich die Tätigkeit der Beklagten zu 1. und der an ihr beteiligten bzw. für sie handelnden Beklagten zu 2. und 3. auf Deutschland beschränkt. Die Gefahr grenzüberschreitender Marktverwirrung, auf die die Klägerin weiter abstellt, mag dann bestehen, wenn Ausländer in Deutschland erworbene Ware ins Ausland mitnehmen. Das ändert aber nichts daran, dass Verletzungshandlungen durch die Beklagten nur hier in Deutschland drohen. Die von der Klägerin weiter angeführte Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1., die die Anwendung deutschen Rechts und die Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstands vorsieht, belegt lediglich, dass in dem Regelwerk auch Tätigkeiten mit irgendeinem Auslandsbezug mit berücksichtigt werden sollten. Was das für die tatsächliche Geschäftstätigkeit der Beklagten bedeutet, bleibt indes im Dunkeln. So ist diese AGB-Bestimmung für sich nicht geeignet, eine Verletzungsgefahr auch außerhalb Deutschlands zu begründen.

Auch ein Schadensersatzanspruch für Verletzungshandlungen der Vergangenheit außerhalb Deutschlands besteht nicht. Er ist in der Gemeinschaftsmarkenverordnung nicht geregelt, sondern folgt bei Verletzung einer Gemeinschaftsmarke aus Artikel 102 Abs. 2 GMV i. V. m. § 125b Nr. 2 mit § 14 Abs. 4 MarkenG. Letzteres regelt als Teil des deutschen Rechts indes Ansprüche nur für Deutschland, also bezogen auf Verletzungshandlungen im Inland. Für einen schlechthin europaweit bestehenden Schadensersatzanspruch auch nach den in sämtlichen anderen Mitgliedsstaaten jeweils anwendbaren Vorschriften aufgrund dort erfolgter Verletzungshandlungen ergibt der Vortrag der Klägerin keinen Anhalt. Die Beklagte zu 1. ist - wie ausgeführt - der alleinige Distributeur für Deutschland; Handlungen ihrerseits oder seitens der für sie handelnden Beklagten zu 2. und 3. in anderen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft sind nicht ersichtlich. Danach bestehen auch keine über Deutschland hinausreichenden Ansprüche auf Auskunft und Vernichtung.

II.

Die Berufung der Beklagten hat auch hinsichtlich der Widerklageanträge in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Aus den vorstehenden Ausführungen unter I. folgt, dass die deutschen Marken nicht - wie geltend gemacht - gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfallen sind. Dasselbe gilt für die Gemeinschaftsmarke. Sie ist nicht gemäß Artikel 51 Abs. 1 Buchstabe b) GMVO für verfallen zu erklären. Danach wird die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder einer Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, geworden ist. Die Voraussetzungen dieses Verfallsgrundes liegen ebenfalls nicht vor.

Wie den Parteien bereits mit Hinweisbeschluss des Senats vom 5. April 2011 mitgeteilt, genügt es zwar, wenn die Umwandlung der Gemeinschaftsmarke zur gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware in einem der Mitgliedsstaaten stattgefunden hat, weil dies der Situation bei der Eintragung einer Marke entspricht (Eisenführ, in: Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung, 3. Aufl. 2010, Artikel 51 Rn. 26). Es ist dem Vortrag der Beklagten trotz dieses Hinweises indes nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen hinsichtlich der Klagegemeinschaftsmarke vorlägen. Die Gemeinschaftsmarke ist am 14. Mai 2008 eingetragen worden. Sie müsste sich also zumindest in einem Mitgliedsstaat in der nachfolgenden Zeit bis heute, also in den letzten drei Jahren, zur gebräuchlichen Bezeichnung der Sandalen umgewandelt haben. Die Beklagten beziehen sich vor allem auf die in Anlage MBP 11 vorgelegte Verkehrsbefragung im Vereinigten Königreich von November 2009. Selbst wenn dieser Befragung zu entnehmen sein sollte, dass zu diesem Zeitpunkt die Bezeichnung „flipflop“ im Vereinigten Königreich in relevantem Umfang beschreibend verstanden wird, wären die Voraussetzungen des Verfalls nicht dargetan. Die Beklagten tragen nämlich außerdem ausdrücklich vor, dass der Begriff „flipflop“ bereits seit 1970 im Vereinigten Königreich als glatt beschreibende Gattungsbezeichnung benutzt werde (S. 15 der Klageerwiderung, Bl. 40 GA). Dann ist ein - unterstelltes - heutiges Verständnis der fraglichen Bezeichnung als beschreibend aber nicht Folge einer Entwicklung nach Eintragung der Marke und beruht erst recht nicht auf einem Verhalten oder einer Untätigkeit des Markeninhabers. Diese beiden Voraussetzungen des Verfalls liegen damit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht vor. Die Beklagten argumentieren im Gegenteil ausdrücklich mit der Nichtigkeit der Markeneintragung gemäß Artikel 7 Abs. 1 c) GMV und hatten dies zwischenzeitlich mit Blick auf Artikel 52 Abs. 1 a) GMV auch zur Grundlage ihrer Widerklage gemacht. Auch wenn sie hiervon in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wieder Abstand genommen und trotz eines ausdrücklichen Hinweises einen entsprechenden, auf Nichtigerklärung abzielenden Widerklageantrag nicht gestellt haben, bleibt es hinsichtlich der Verfallsvoraussetzungen bei dem widersprüchlichen Sachvortrag der Beklagten, die mit Nichtigkeit argumentieren, im Widerklageantrag indes ausdrücklich nur den Verfall festgestellt wissen möchten. Der Senat hat auf diesen unzureichenden Vortrag der Beklagten mit Beschluss vom 5. April 2011 und zusätzlich im Termin vom 18. Oktober 2011 (Bl. 419 GA) hingewiesen, ohne dass die Beklagten ihren Vortrag entsprechend diesen Hinweisen ergänzt hätten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Ohne Erfolg bleibt die Klage lediglich wegen der über Deutschland hinausreichenden Ansprüche, die indes angesichts der auf Deutschland beschränkten Tätigkeit der Beklagten für die Klägerin keinen ins Gewicht fallenden wirtschaftlichen Gehalt haben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 140.000,-- €, folgend der Festsetzung des Landgerichts.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.12.2011
Az: I-20 U 95/10


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