Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 341/99

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2000, Az.: 29 W (pat) 341/99)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. September 1999 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren "Registrierkassen, Rechenmaschinen" versagt worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Softwaregilde"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; wissenschaftliche und industrielle Forschung, Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 16. September 1999 zurückgewiesen. Die angemeldete Marke sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig. Es handele sich bei der angemeldeten Wortzusammensetzung zwar um eine noch nicht lexikalisch nachweisbare Wortneuschöpfung, die aber sprach- und werbeüblich gebildet und als rein beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen verständlich sei. Das Markenwort stelle einen Hinweis auf eine lose organisierte Gruppe mit gleichen Interessen, die sich mit Software beschäftige, dar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der angemeldeten Marke könne nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da es sich um die im Sprachgebrauch noch nicht nachweisbare, sprachunübliche Zusammensetzung eines englischen Wortes mit einen nicht mehr gebräuchlichen Wort, das einen mittelalterlichen Ursprung habe, handele. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die deutsche Sprache sich in dieser Weise weiterentwickeln könnte. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehe darum auch kein Freihaltungsbedürfnis entgegen. Die Ergebnisse einer Internetrecherche des Senats hätten nichts Gegenteiliges ergeben. Bei der Erwähnung des Wortes in einem Zeitschriftenartikel handele es sich um eine Wortneuschöpfung. Andere Nachweise bezögen sich auf vom Anmelder geführte Unternehmen. Ähnliche Wortbildungen könnten mit der angemeldeten Marke nicht verglichen werden.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung des Anmelders, auf das Ergebnis einer Internetrecherche des Senats zur Bedeutung des Wortes "Softwaregilde", die dem Anmelder übersandt worden ist und die Amtsakte 398 29 367.8 Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch überwiegend keinen Erfolg. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke in Bezug auf alle Dienstleistungen die Waren mit Ausnahme von "Registrierkassen, Rechenmaschinen" zu Recht die Eintragung versagt, da für die Dienstleistungen ein Freihaltungsbedürfnis besteht und der Marke für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" sowie für die Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).

1.1 Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr diese Wortkombination als beschreibende, freihaltungsbedürftige Sachangabe für die angemeldeten Dienstleistungen benötigt. Die angemeldete Marke wird von den hier angesprochenen fachkundigen oder doch fachlich interessierten Verkehrskreisen ohne weiteres als unmittelbar beschreibender Hinweis auf die Art, Eigenschaften und Bestimmung der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen verstanden werden. Zwar wird der Begriff "Softwaregilde" auch in einem Firmennamen verwendet. Jedoch ergibt sich aus dem vom Senat ermittelten Artikel der "Computerwoche" Nr. 24 vom 14. Juni 1991, daß das Wort als eine Bezeichnung für die Softwarebranche oder für eine Gruppe von Menschen, die sich mit Software im weitesten Sinne beschäftigen, verwendet wird. Auf der Website "SKULT" wird unter der Überschrift "schafft apple die wende€" ebenfalls von "mancherlei Portierungsträumen der Softwaregilde" gesprochen. In diesem Zusammenhang wird "Softwaregilde" erkennbar als Bezeichnung für den Bereich der Hersteller von Software verwendet. Hierbei spielt es keine Rolle, daß der Verfasser des Artikels diesen Begriff neu gebildet hat, denn entscheidend ist, wie ein Wort vom Verkehr verstanden wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rn. 61, 62). Rückschlüsse auf die Verkehrsauffassung erlauben die tatsächliche Verwendung des Begriffs durch die angesprochenen Verkehrskreise und die Verwendung und Sprachüblichkeit ähnlicher Begriffsbildungen. Auch auf der Homepage der Firma "S... GmbH" wird auf die Organisation dieser Firma nach dem Gildenprinzip hingewiesen, was Kreativität, Kompetenz und Professionalität der angebotenen Leistungen gewährleisten solle, so daß das Wort "Softwaregilde" hier ebenfalls als beschreibender Hinweis auf die Art der Organisation wirkt und die Verwendung des Begriffs in einem Firmennamen nicht gegen das Vorliegen einer Sachangabe spricht. Hinzu kommt, daß analog gebildete rein beschreibend gebrauchte Ausdrücke wie "Netzwerkgilde" und "Computergilde" (oder "Kochgilde") - zum Teil sogar auf dem betreffenden Waren- und Dienstleistungsbereich - nachweisbar sind. Da diese Wortbildungen von unterschiedlichen Personen bzw. Schulen im Internet verwendet werden und die Verwendung im Text rein beschreibend für bestimmte Arbeitskreise oder Interessengemeinschaften erfolgt, die sich mit Internet und Computern beschäftigen, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß es sich um phantasievolle Wortkombinationen oder bei "Gilde" um einen veralteten Wortgebrauch handelt (vgl. auch Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1999, Stichwort "Gilde", wo z.B. als Anwendungsbeispiel die "Gilde der Rennfahrer" erwähnt wird). Die angemeldete Marke weist darum in sprach- und werbeüblicher Weise lediglich auf die Art und Eigenschaften der Dienstleistungen hin, nämlich, daß sie durch eine Softwaregilde, erbracht werden, dh durch Personen, die sich mit Software beschäftigen, wobei ein solches Teamwork von Spezialisten eine hohe Qualität und Kompetenz impliziert (vgl. auch 29 W (pat) 57/99 "Teamwork") oder daß die Dienstleistungen den hohen Anforderungen dieses Abnehmerkreises genügen und speziell für diese Zielgruppe konzipiert sind. Für die angemeldeten Dienstleistungen "Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; wissenschaftliche und industrielle Forschung, Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung" beschreibt der angemeldete Begriff somit lediglich, daß die Softwareentwicklung, die Beratung und Forschung in Bezug auf einschlägige Software, die Konzeption im Zuge der Unternehmensberatung im Hinblick auf IT- und Unternehmensstruktur, die Gestaltung und Umfragen computergestützter Werbung und Markstudien mit spezieller Software durch einen mehr oder minder lockeren Zusammenschluß von Personen, die auf dem Softwarebereich tätig sind, erfolgen oder aber daß die genannten Dienstleistungen speziell auf die bzw. eine "Softwaregilde" abgestimmt und für diese bestimmt sind.

1.2 Der angemeldeten Marke fehlt auch für sämtliche angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Registrierkassen, Rechenmaschinen" jegliche Unterscheidungskraft. Die angemeldete Marke nimmt auf eine konkrete vorteilhafte Eigenschaft der Dienstleistungen der angemeldeten Marke Bezug (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU") und beschreibt die Eigenschaften der Dienstleistungen unmittelbar oder kommt im Falle der zurückgewiesen Waren einer unmittelbar beschreibenden Angabe sehr nahe, weil ein enger sachlicher Bezug der Waren zu darauf abgestimmter Software besteht bzw. weil erwartet wird, daß eine "Softwaregilde" hohe Anforderungen an Computer und Datenverarbeitungsgeräte stellt. Wie oben festgestellt wurde, handelt es sich bei der angemeldeten Marke auch um einen den angesprochenen mehr oder weniger fachkundigen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlichen Begriff, der sich als schlagwortartig herausgestellte Eigenschaftsangabe mit einem deutlich anpreisenden Charakter anbietet, eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft herauszustellen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Registrierkassen, Rechenmaschinen" nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel auffassen, also nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES").

2. In Bezug auf die Dienstleistungen "Registrierkassen, Rechenmaschinen" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), denn die Marke stellt insoweit keinen hinreichend konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Waren zusammenhängende Eigenschaft dar. Zwar sind "Registrierkassen, Rechenmaschinen" mit einer einfachen Software ausgestattet. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß es für den Verkehr eine maßgebliche Rolle spielt, ob diese relativ einfachen, gängigen, keine Besonderheit aufweisenden, fest installierten Programme von einer Softwaregilde hergestellt oder daß die Geräte mit einem Hinweis auf die Art des Herstellers der integrierten Software versehen werden. Im Gegenteil erscheint ein solcher Hinweis in Anbetracht der recht einfachen, fest in die Geräte integrierten Software fernliegend. Auch kommt eine "Softwaregilde" als spezieller Abnehmerkreis, auf den die Waren abgestimmt sind, bei lebensnaher Betrachtungsweise nicht in Betracht.

Meinhardt Richter Dr. Vogel von Falckenstein ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.

Meinhardt Guth Cl






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Az: 29 W (pat) 341/99


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