Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. August 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 113/04

(BPatG: Beschluss v. 08.08.2006, Az.: 27 W (pat) 113/04)

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. September 2001 und vom 15. März 2004 aufgehoben.

II. Die Marke 399 36 491 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 101 857 für "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" gelöscht.

Gründe

I Gegen die am 24. Juni 1999 angemeldete und am 6. September 1999 für

"Polstermöbel, Polsterkissen, Bettzeug (soweit in Klasse 20 enthalten); Polsterfüllstoffe (nicht aus Kautschuk oder Kunststoffen); Bettdecken, Bettwäsche, Ober- und Unterbetten und Überzüge hierfür, Steppdecken und wattierte Decken, Bettüberwürfe"

eingetragene (am 7. Oktober 1999 veröffentlichte) Wort-/Bildmarke 399 36 491 Grafikhat die Widersprechende am 7. Dezember 1999 aus ihrer am 30. März 1992 angemeldeten Wort-/Bildmarke 2 101 857 Grafikdie seit 27. November 1996 für

"Bekleidungsstücke für Damen, Kleider, Röcke, Blusen, Hosen, Jacken, Mäntel, Kostüme, gestrickte Bekleidungsstücke, Leder- und Kunstleder-Bekleidungsstücke; Bekleidungsstücke für Herren, Anzüge, Jacken, Sakkos, Blousons, Hosen, Mäntel, Hemden, gestrickte Bekleidungsstücke, Bekleidungsstücke für Kinder, Kleider, Jacken, Blusen, Röcke, Hosen, Mäntel, Hemden, gestrickte Bekleidungsstücke, wie Pullover; Lederwaren, nämlich Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse, sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Koffer, Aktentaschen, Handtaschen, Herren- und Damenschuhe; echte und unechte Schmuckwaren, mechanische, elektrische und elektronische Uhren, Stand-, Wand- und Tischuhren, Kleinuhren, Armbanduhren, Schmuckwaren"

eingetragen ist (veröffentlicht am 28. Februar 1997), Widerspruch - zuletzt noch aufrechterhalten hinsichtlich "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" - eingelegt.

Zur Glaubhaftmachung der vom Inhaber des angegriffenen Zeichens bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende durch eidesstattliche Versicherungen Umsätze von 169 Mio. DM bis 309 Mio. DM in den Jahren von 1991 bis 2002 belegt sowie in der mündlichen Verhandlung einen Werbeetat von jährlich mehr als 10.000.000 € und eine Auflagenhöhe des Katalogs von mehr als 2.000.000 Stück angegeben.

Die Markenstelle hat den Widerspruch mit Beschluss vom 19. September 2001 und die dagegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden mit Beschluss vom 15. März 2004 zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, die Vergleichswaren seien sich nicht ähnlich. Die zu vergleichenden Produkte wiesen zwar eine gemeinsame stoffliche Beschaffenheit auf. Ihre Art, ihr regelmäßiger Verwendungszweck und ihre regelmäßige Nutzung seien jedoch unterschiedlich. Auf Grund der unterschiedlichen Verwendungsweise und Nutzung bestehe keine Warenähnlichkeit.

Die Widersprechende hat am 7. April 2004 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, der hohe Umsatz führe zu einer hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Jeder noch so geringe Grad an Warenähnlichkeit reiche deshalb bei den in phonetischer Hinsicht weitestgehend identischen Marken aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle vom 19. September 2001 und vom 15. März 2004 aufzuheben, die Marke 399 36 491 für die angegriffenen Waren zu löschen unddem Beschwerdegegner die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Der Inhaber des angegriffenen Zeichens, der an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, ist der Auffassung, eine Benutzung der Widerspruchsmarke sei nicht glaubhaft gemacht; der Umsatz sei nicht genügend aufgeschlüsselt.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II 1) Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken hinsichtlich der noch angegriffenen Waren eine klangliche Verwechslungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

2) Der Inhaber des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässigerweise bestritten, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit deren Eintragung am 27. November 1996 zu laufen begonnen hatte, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens (7. Oktober 1999) zwar noch nicht aber bis zum Tag der Entscheidung abgelaufen war. Damit obliegt es der Widersprechenden, glaubhaft zu machen, dass ihre Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Dies ist ihr bezüglich Bekleidung in dem entscheidungserheblichen Zeitraum vom August 2001 bis August 2006 durch die eidesstattlichen Versicherungen mit den Umsatzzahlen und die weiteren Unterlagen gelungen. Die eidesstattliche Versicherung vom 11. April 2003, die ausdrücklich Bezug auf die eingereichten Verwendungsmuster nimmt, belegt einen ausreichenden Umfang der Benutzung für die im Warenverzeichnis ohne zwingende Beschränkung enthaltenen Bekleidungsstücke. Die Benutzungshandlung erstreckt sich nach den in der eidesstattlichen Versicherung gemachten Angaben über mehr als ein Jahrzehnt bei ständig steigenden Umsatzzahlen. Diese bewegen sich zudem in einer solchen Höhe, dass auch unter Berücksichtigung eines unspezifizierten Vortrags hinsichtlich einzelner Kleidungsstücke der Umsatz ausreichend erscheint.

3) Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. sowie Kennzeichnungskraft der älteren Marke, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Marken einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Waren ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2005, 326 - IL PATRONE / PORTONE).

a) Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke von wesentlicher Bedeutung, sei es als Kennzeichnungskraft von Haus aus, sei es als eine kraft Benutzung erworbene (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, Rn. 24 - SABéL / PUMA, BGH GRUR 2004, 594, 597 - FERRARI-PFERD).

Für Bekleidung ist auf Grund intensiver Benutzung eine jedenfalls seit 1999 gesteigerte Verkehrsgeltung feststellbar. Damit wäre sogar eine Minderung der Kennzeichnungskraft entsprechend der bislang wohl herrschenden Anschauung, dass weibliche Vornamen auf dem Modesektor kennzeichnungsschwach sind (vgl. Beschluss des Senats vom 13. November 2001, Az.: 27 W (pat) 163/00 - MONA CUERO / MONA; BGH GRUR 1991, 760 - JENNY / JENNIFER), überwunden, so dass für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr jedenfalls von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen ist.

b) Bildlich unterscheiden sich die Marken aufgrund der graphischen Gestaltung des angegriffenen Zeichens deutlich.

Ein Markenabstand, der eine Verwechslungsgefahr ausschließt, ist aber klanglich nicht gewahrt. Allein dies reicht für die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus. Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken hängt nämlich von der Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in Bedeutung bzw. Sinn ab, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Interessenten jeweils separat in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 Rn. 23 - SABéL / PUMA; BGH GRUR 1999, 241 - LIONS).

Mangels einer Kennzeichenschwäche der Wörter "Moona" und "Mona" ist die Kennzeichnungskraft der Marken auch nicht auf die jeweilige Graphik beschränkt. Enthält eine Wort-/Bildmarke aussprechbare Buchstaben, so kommt eine Verwechslungsgefahr wegen klanglicher Zeichenähnlichkeit - anders als bei Marken, die nur aus einer Graphik bestehen (BGH GRUR 2006, 60, III.4.e - COCCODRILLO) oder bei denen nur diese schutzfähig ist (vgl. BPatG Mitt. 2004, 315, II.3.b - FRISH), in Betracht.

Klanglich stehen sich somit in entscheidungserheblichem Umfang weitgehend identische Benennungen der Marken gegenüber.

Der Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit von Wörtern sind nämlich alle dem Sprachgefühl entsprechenden und im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegenden Aussprachemöglichkeiten zugrunde zu legen. Es mag zwar sein, dass die Widersprechende ihre Waren unter Verwendung einer englischen Aussprache des Markenwortes "Moona" bewirbt. Dies kann der Senat im Widerspruchsverfahren nach § 9 MarkenG aber nicht berücksichtigen; im Widerspruchsverfahren ist allein auf die Gestaltung der Marken in der eingetragenen Form abzustellen (vgl. BGH GRUR 1996, 775, 777 - SALI TOFT). Außerdem spricht dagegen die in dem Zeichen enthaltene deutsche Angabe "Bettwaren", die als Warenangabe bei verbaler Wiedergabe der Marke vernachlässigt wird.

Da "Moona" kein existierender Begriff des englischen Grundwortschatzes oder der englischen (Werbe-)Sprache ist, kann sogar verstärkt von einer buchstabengetreuen "deutschen" Aussprache mit langem o [mo:na] ausgegangen werden. Allein die bildliche Darstellung eines Mondes führt nicht zu einer allein entscheidungserheblichen Aussprache entsprechend dem englischen Wort für Mond (moon).

Selbst [mu:na] und [mo:na] stimmen aber in den das Gesamtklangbild beherrschenden Lauten überein.

Damit beschränken sich die klanglichen Unterschiede auf die Länge des Vokals O in der Wortmitte oder auf die Vokale O bzw. U. Diese Unterschiede treten bei den gegebenen Übereinstimmungen in der Silbengliederung und im Sprechrhythmus im Gesamtklangbild nicht deutlich hervor.

c) Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände lässt sich trotz eines beträchtlichen Warenabstandes eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn nicht ausschließen.

Die Bekleidungsstücke der Widerspruchsmarke sind den noch angegriffenen Waren "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" angesichts der übereinstimmenden stofflichen Beschaffenheit jedenfalls nicht unähnlich. Warenähnlichkeit ist anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, z. B. Art, Beschaffenheit, regelmäßige Herstellungsstätten und Vertriebswege, Verwendungszweck, Nutzung, wirtschaftliche Bedeutung, Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte, so enge Berührungspunkte vorliegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken von - unterstellt - höchster Kennzeichnungskraft versehen sind (st. Rspr.; vgl. z. B. BGH GRUR 1999, 731 - CANON II; EuGH GRUR 1998, 922 - CANON).

Die Vergleichswaren können aus denselben Stoffen gefertigt sein. Dies gilt für Bettwäsche und ihr gleichzusetzende Überzüge (für Ober- und Unterbetten), die jeweils Muster und stoffliche Beschaffenheiten aufweisen können, die auch bei Bekleidungsstücken zu finden sind, aber auch für Bettüberwürfe, die ebenso aus denselben Stoffen - etwa Baumwolle - gefertigt sein können. Da die Zweckbestimmung dieser Waren allerdings jeweils eine deutlich andere ist, ist der Warenabstand nicht unbeträchtlich. Dies vermag sich aber vorliegend angesichts der weitgehenden klanglichen Übereinstimmung und zumindest durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht so auszuwirken, dass eine Verwechslungsgefahr verneint werden könnte.

4) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG). Dies gilt auch für die Kosten der mündlichen Verhandlung, zumal eine Ladung erfolgt ist, obwohl nur die Widersprechende hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt hatte und der Verfahrensausgang durchaus offen war.






BPatG:
Beschluss v. 08.08.2006
Az: 27 W (pat) 113/04


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