Landgericht Potsdam:
Urteil vom 20. September 2007
Aktenzeichen: 51 O 66/07

(LG Potsdam: Urteil v. 20.09.2007, Az.: 51 O 66/07)

Tenor

I.1. Die Beklagte wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten untersagt, im Wettbewerb handelnd

a) in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung blickfangmäßig hervorgehobene Preisvergünstigungen, z. B. Rabatte, auf die Waren des Sortiments anzukündigen mit dem Hinweis, dass diese Vergünstigungen nicht für in anderen Anzeigen und Prospekten beworbene oder bereits reduzierte Artikel gelten, sofern der Hinweis nicht in unmittelbarer Nähe erfolgt und sofern nicht ausdrücklich klargestellt wird, welche Prospekte, Anzeigen damit gemeint sind, insbesondere wie dies in der Zeitungsanzeigenbeilage zur€S. Z.€ vom 14. Februar 2007 erfolgt ist

und/oder

b) in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung blickfangmäßig hervorgehoben mit einem zinsfreien Kredit zu werben, sofern nicht in unmittelbarer Nähe dieses Werbehinweises mitgeteilt wird, dass für die Inanspruchnahme des zinslosen Kredits eine Mindestkaufsumme erreicht sein muss, insbesondere wie dies in der Zeitungsanzeigenbeilage zur €S. Z.€ vom 14. Februar 2007 erfolgt ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,00 € nebst 5 Prozent punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.04.2007 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 12,5 % und die Beklagte 87,5 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 24.500,00 €. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung einer seiner Auffassung nach wettbewerbswidrigen Werbung. Die Beklagte ist Inhaberin eines Möbelhauses. Am 14. Februar 2007 warb sie in einer Beilage zur €S. Z.€ sowie am 21. März 2007 in einer Beilage zur €B.€ mit Rabatten für Möbelkauf. Die Beklagte kündigte auf der Frontseite der Beilage an:

€Jubiläums Rabatt 50 % auf Küchen***€ €Jubiläums Rabatt mindestens 25 % auf alle Möbel, Teppiche und Matratzen**€ sowie €Jubiläums- Finanzierung zinsfrei**** Laufzeit 4 Jahre€. bzw. €Jubiläums Rabatt mindestens 25 % auf alle Möbel, Teppiche und Matratzen**€, €Jubiläums-Finanzierung zinsfrei*** Laufzeit 4 Jahre€.Die Erläuterung durch sogenannte Sternchenhinweise erfolgten auf Seite 10 des Prospektes (bei der Beilage der B. auf Seite 14) in kleiner Schrift am linken Seitenrand, und zwar in der Weise, dass der mit zwei Sternchen versehene Rabatt von mindestens 25 % auf alle Möbel, Teppiche und Matratzen nicht gilt für in €anderen Prospekten und Anzeigen beworbene sowie bereits reduzierte Artikel€. Unter den vier Sternchen erfolgte der Hinweis, dass der zinsfreie Kredit nur gewährt wird, wenn der Kaufpreis mindestens € 800,00 beträgt. Wegen der weiteren Einzelheiten der streitgegenständlichen Werbebeilage wird auf Bl. 12 - 14 d. A. verwiesen.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Februar 2007 vergeblich ab.

Der Kläger hält die streitgegenständliche Werbung gemäß §§ 3, 4 Nr. 4, 5 UWG für wettbewerbswidrig. Entgegen § 4 Nr. 4 UWG erfolge keine klare und eindeutige Angabe der Bedingungen für Inanspruchnahme der Preisnachlässe, da die Erläuterungen der in dem Blickfang gestellten Werbung auf der Titelseite des Werbeprospektes durch sogenannte Sternchenhinweise erst am Ende der Werbebeilage in kleiner Schriftgröße erfolge. Darüber hinaus sei der Hinweis selbst deshalb unklar, weil offen bleibe, welche Waren erfasst seien. Denn es sei nicht ersichtlich, auf welche Prospekte und Anzeigen mit der Formulierung Bezug genommen werde und welche Waren überhaupt mit den bereits reduzierten Artikeln gemeint seien. Offen bleibe dabei insbesondere auch, ob damit diejenigen Artikel gemeint seien, die im Preis reduziert ausgestellt seien.

Damit sei der Verbraucher nicht in der Lage zweifelsfrei festzustellen, ob die ihn interessierenden Waren in dem Preisnachlass einbezogen seien oder nicht.

Dies gelte gleichermaßen für die auf der Frontseite beworbene zinsfreie Finanzierung, die durch den Sternchenhinweis am Ende des Prospektes dahingehend beschränkt werde, dass ein zinsfreier Kredit erst ab einem Kaufpreis von 800,00 € gewährt werde. Die von ihm geltend gemachte Abmahnpauschale von 189,00 € entspreche den durchschnittlich anfallenden Personal- und Sachkosten, und sei allgemein anerkannt.

Der Kläger beantragt,

1. der Beklagten wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung vom Gericht festgesetzten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten untersagt, im Wettbewerb handelnd

a) in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung blickfangmäßig hervorgehobene Preisvergünstigungen, z. B. Rabatte, auf die Waren des Sortiments anzukündigen mit dem Hinweis, dass diese Vergünstigungen nicht für in anderen Anzeigen und Prospekten beworbene oder bereits reduzierte Artikel gelten, sofern nicht in unmittelbarer Nähe des Werbehinweises ausdrücklich klargestellt wird, welche Prospekte, Anzeigen damit gemeint sind oder in welcher Form die Artikel bereits reduziert sind, insbesondere wie dies in der Zeitungsanzeigenbeilage zur €S. Z.€ vom 14. Februar 2007 erfolgt ist und/oder

b) in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung blickfangmäßig hervorgehoben mit einem zinsfreien Kredit zu werben, sofern nicht in unmittelbarer Nähe dieses Werbehinweises mitgeteilt wird, dass für die Inanspruchnahme des zinslosen Kredits eine Mindestkaufsumme erreicht sein muss, insbesondere wie dies in der Zeitungsanzeigenbeilage zur €S. Z.€ vom 14. Februar 2007 erfolgt ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 189,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (20.04.2007) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Auffassung des Klägers entgegen und hält die vorgenommenen Sternchenhinweise für völlig ausreichend. Diese Sternchenhinweise seien allgemein üblich und es werde deutlich aufgeklärt, dass die angekündigten Vergünstigungen nur für einen bestimmten Bereich gelte, d. h. gewissen Einschränkungen unterlegen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers lasse sich klar und deutlich erkennen, welche Waren von der Preisherabsetzung erfasst seien. Aufgrund der Vielzahl von Preisreduzierungen sei es völlig unmöglich, im Rahmen einer Werbung jede einzelne reduzierte Ware in einer Zeitungsanzeige aufzulisten, was auch gar nicht vom Verbraucher erwartet werde. Vielmehr sei für den Verbraucher ausreichend deutlich, dass die bereits herabgesetzten Waren nicht mehr zusätzlich reduziert werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Dem Kläger steht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3, 4 UWG ein Unterlassungsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein zur Förderung des gewerblichen Interesse im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die von dem Kläger beanstandete Werbung der Beklagten in der Werbebeilage der €S. Z.€ vom 14. Februar 2007 bzw. in der €B.€ vom 21. März 2007 verstößt gegen das Transparenzgebot bei Verkaufsförderungsmaßnahmen im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG.

Unstreitig handelt es sich bei den vorliegenden beworbenen Rabatten um Preisnachlässe bei Verkaufsförderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG, bei denen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben sind. Das bezieht sich auf Form und Inhalt der Angaben. Die Angaben müssen ausreichend wahrnehmbar und verständlich sein und sie dürfen den Angesprochenen nicht im Zweifel lassen, welche Bedingungen im einzelnen gelten (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG-Komm., 25. Aufl., § 4 UWG, Rn. 4.13). Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch für § 4 Nr. 4 UWG zu fordern, dass die Bedingungen für den Preisnachlass dessen Bewerbung räumlich zugeordnet sind, insbesondere wenn dieser - wie hier - blickfangmäßig beworben wird (vgl. OLG Hamburg, OLGR 2007, 195ff).

22Hier werden von der Beklagten die Bedingungen der Preisnachlässe nicht in unmittelbarer Nähe der blickfangmäßigen Bewerbung d.h. nicht auf derselben Seite des Textes erläutert, sondern erst mehrere Seiten später auf Seite 14 bzw. Seite 10 der Werbebeilage. Eine informierte Entscheidung des Kunden im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG kann aber nur dann gegeben sein, wenn die Information unmittelbar, und zwar auch räumlich unmittelbar zugänglich ist, und zwar auf derselben Seite. Nach Auffassung der Kammer genügt der hier vorgenommene Sternchenverweis auf die Bedingungen der Preisnachlässe mehrere Seiten später damit nicht dem Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG.

Darüberhinaus beanstandet der Kläger zu Recht, dass - im Rahmen der Sternchenauflösung - €in Prospekten und Anzeigen beworbene Waren€ von der Reduzierung wieder ausgenommen werden. Bezüglich des Umfangs der Rabattgewährung verbleibt sie nämlich unklar. Denn der Kunde kann nicht erkennen, in welchem Umfang von der Beklagten Möbel, Teppiche und Matratzen in Prospekten und Anzeigen beworben worden sind, damit bleibt auch der Umfang der tatsächlichen Preisreduzierung unklar. Diese Unklarheit kann auch nicht erst im Ladenlokal selbst beseitigt werden, wenn sich also der Kunde bereits zum Erscheinen im Geschäftslokal hat anlocken lassen. Eine solche Aufklärung kommt zu spät (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16.11.2006, Az.: 4 U 143/06; LG Karlsruhe WRP 2007, 847f).

Dagegen ist nicht zu beanstanden die Einschränkung € ausgenommen bereits reduzierte Artikel€ (vgl. auch OLG Köln GRUR-RR 2006, 196ff). Diese gilt für alle in Betracht kommenden Verbraucherkreise im Sinne der Vorschrift klar und eindeutig, welche von der Beklagten angebotenen Waren zu dem betreffenden reduzierten Preis angeboten werden. Durch das Wort €bereits€ wird deutlich, dass die Beklagte solche Waren von der Preisreduzierung ausnehmen will, die Gegenstand anderer schon vor der streitgegenständlichen Werbung vorgenommener Preisreduzierung waren. Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch für den Kunden hinreichend deutlich, um welche Waren es sich dabei handelt. Die Verbraucher erfahren nämlich aus dem streitgegenständlichen Zusatz, dass solche Teppiche etc., die bereits Gegenstand früherer Preisreduzierungen waren, nicht erneut im Preis reduziert worden sind. Damit sind die Anforderungen an das Transparenzgebot erfüllt. Die Vorschrift verlangt nämlich nicht, dass hinsichtlich jedes einzelnen Stücks der konkrete Preisnachlass bereits in der Werbung angegeben werden muss.

Durch die unzulässige Werbung ist eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs gegeben, denn die beanstandeten Sternchenhinweise sind geeignet beim Kunden eine falsche Einschätzung des Angebots zu fördern, ihn in die Geschäftslokale der Beklagten zu locken und dort zu Vertragsabschlüssen zu veranlassen, zu welchen es bei lauterem Vorgehen nicht gekommen wäre.

Danach war die Beklagte zur Untersagung der gerügten Werbung entsprechend dem Tenor zu verurteilen.

Der Kläger hat des weiteren Anspruch auf Zahlung seiner Abmahnkosten in Höhe von 189,00 € gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die verlangte Pauschale ist in der geltend gemachten Höhe berechtigt (vgl. Hefermehl/Köhler, Bornkamm, § 12 UWG, Rn. 1.98) und sie ist von der Beklagten auch in voller Höhe zu zahlen, obwohl die Abmahnung zum Teil nicht berechtigt war (vgl. hierzu OLG Frankfurt WRP 1991, 326).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 20.189,00 €.






LG Potsdam:
Urteil v. 20.09.2007
Az: 51 O 66/07


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