Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 22/05

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2005, Az.: 30 W (pat) 22/05)

Tenor

Das Wiedereinsetzungsgesuch der Inhaberin der angegriffenen Marke wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Die unter der Nummer 399 76 290 am 27. April 2000 in das Markenregister eingetragene Marke ist am 31. Mai 2000 veröffentlicht worden.

Widerspruch erhoben hat am 10. August 2000 die Inhaberin der am 15. Februar 1999 eingetragenen Marke 398 71 915 sowie am 21. August 2000 die Inhaberin der älteren IR-Marke 646 757.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 1. Dezember 2004, erlassen von einem Beamten des gehobenen Dienstes, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen der Gefahr von Verwechslungen mit den Widerspruchsmarken teilweise gelöscht.

Gegen diesen am 6. Dezember 2004 an die Inhaberin der angegriffenen Marke per Einschreiben abgesandten Beschluß richtet sich das mit "Einlegung des Rechtsmittels" bezeichnete, am 4. Januar 2005 beim Patentamt eingegangene Schreiben der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 3. Januar 2005. Im weiteren Inhalt ist auf die Einlegung und Begründung der "Beschwerde" Bezug genommen; am 23. Dezember 2004 ist ein Betrag von 200,- € auf das Konto der Bundeskasse für das Patentamt einbezahlt worden. Das Rechtsmittel ist am 18. Januar 2005 dem Bundespatentgericht als Beschwerde vorgelegt worden.

Der Senat hat, nach Hinweis mit Schreiben vom 16. Februar 2005, durch Beschluß vom 21. März 2005, der Inhaberin der angegriffenen Marke zugestellt am 7. April 2005, die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil dieses Rechtsmittel nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 165 Abs 4 MarkenG eingegangen sei. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2005, per Telefax eingegangen am selben Tag, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt. Sie meint, dass die Beschwerde rechtzeitig eingelegt worden sei; im Übrigen bezieht sie sich darauf, dass es wegen Erkrankung der zuständigen Mitarbeiterin nicht zur Einlegung der Beschwerde bis zum 31. Dezember 2004 gekommen sei.

Die Widersprechende 1 hält das Wiedereinsetzungsgesuch für unzulässig und meint weiter, dass ein fehlendes Verschulden an der Fristversäumung nicht dargelegt sei. Die Widersprechende 2 hat hierzu keine Erklärung abgegeben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist als unzulässig zu verwerfen.

Allerdings scheitert das Wiedereinsetzungsgesuch nicht schon daran, dass der Senat die Beschwerde bereits durch Beschluß vom 21. März 2005 als unzulässig verworfen hat; denn die Verwerfungsentscheidung wird durch eine spätere Wiedereinsetzung ohne weiteres beseitigt (vgl Münchner Kommentar ZPO Bd 1 § 233 Rdn 4; BGH NJW 1988, 2672).

Wiedereinsetzung kann aber nicht gewährt werden, weil der am 15. April 2005 eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde unzulässig ist. Die Wiedereinsetzung ist nicht innerhalb von von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses beantragt worden (§ 91 Abs 2 MarkenG).

Wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ist auf Antrag wieder in den vorigen Stand einzusetzen (§ 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG). Die Wiedereinsetzung muß jedoch innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses beantragt werden; der Antrag muß die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten die gleichzeitig oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen sind (§ 91 Abs 2, Abs 3 MarkenG). Das betrifft alle wesentlichen Umstände, die den Säumigen an der Einhaltung der Frist gehindert haben und ein Verschulden ausschließen; zu den anzugebenden Tatsachen gehören auch die Sachverhalte, aus denen sich die Wahrung der Antragsfrist ergibt (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 91 Rdn 31 mwN; BGHZ 5, 157, 160).

Die Antragstellerin hat die gem § 165 Abs 4 MarkenG am 31. Dezember 2004 endende Frist zur Einlegung der Beschwerde versäumt. Nach dieser Vorschrift kann nur im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 an Stelle der Erinnerung (§ 64 Abs 1 MarkenG) die Beschwerde beim Bundespatentgericht (§ 66 MarkenG) eingelegt werden. Das am 4. Januar 2005 beim Patentamt eingegangene "Rechtsmittel" ist als Beschwerde unzulässig: es ist nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 165 Abs 4 MarkenG eingegangen. Dies hatte zur Folge, dass die Beschwerde durch Beschluß des Senats vom 21. März 2005 als unzulässig verworfen worden ist. Allein diese Frist ist für Beschwerden nach § 165 Abs 4 MarkenG maßgeblich. Soweit in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf hingewiesen ist, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses einzulegen sei, bezieht sich dies eindeutig auf einen von der Ausschlussfrist des 31. Dezember 2004 nicht betroffenen Fristenlauf. Dass sich so für im Dezember 2004 zugestellte Beschlüsse die in § 66 Abs 2 MarkenG vorgesehene Monatsfrist zur Einlegung der Beschwerde verkürzt, hat der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 165 Abs 4 MarkenG festgelegt.

Die Antragsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG beginnt, sobald die bisherige Ursache der Verhinderung beseitigt oder ihr Fortbestehen nicht mehr unverschuldet ist; es kommt also darauf an, wann der Betroffene bzw sein Vertreter (vgl §§ 51 Abs 2, 85 Abs 2 ZPO), die Fristversäumung erkennt oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen muß (vgl Ströbele/Hacker aaO § 91 Rdn 28 mwN), also nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen.

Das der Einhaltung der Frist entgegenstehende Hindernis bestand hier nach den Ausführungen der Antragstellerin darin, dass die für die Bearbeitung zuständige Mitarbeiterin Frau G... Weihnachten erkrankte, deren Sekretärin im Urlaub war und so Frau G... erst am 3. Januar 2005 die Beschwerde zur Unter- schrift vorgelegt werden konnte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat damit die sachbearbeitende Mitarbeiterin der Antragstellerin erkannt, oder musste bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen, dass die Frist zur Einlegung der Beschwerde versäumt war. Damit war das der Vornahme der Handlung entgegenstehende Hindernis entfallen, so dass die Antragsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG danach begann. Die Kenntnis ihrer Vertreterin ist der Antragstellerin zuzurechnen. Erkennt ein bestellter Vertreter den Wegfall des Hindernisses, so beginnt die Zweimonatsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG auch für die Partei selbst, ohne dass diese erkannt haben müßte, dass die Frist versäumt ist (vgl Thomas-Putzo ZPO 26. Aufl § 234 Rdn 5; Ströbele/Hacker aaO § 91 Rdn 28; Schulte PatG 7. Aufl § 123 Rdn 26).

Soweit sich die Antragstellerin darauf bezieht, dass erst durch die am 17. Februar 2005 zugegangene Mitteilung des Bundespatentgerichts bekannt geworden sei, dass die Frist zur Einlegung der Beschwerde versäumt sein solle und damit erst zu diesem Zeitpunkt die Antragsfrist für die Wiedereinsetzung begonnen habe, ist dieser Sachvortrag nicht geeignet, die Feststellung zu erlauben, das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis sei erst zu diesem Zeitpunkt behoben worden. Wie oben bereits ausgeführt, kommt es darauf an, wann der Betroffene bzw sein Vertreter (vgl §§ 51 Abs 2, 85 Abs 2 ZPO) die Fristversäumung erkennt oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen muß. Das war hier spätestens bei Unterzeichnung der Beschwerde am 3. Januar 2005 der Fall. Frau G... hatte nach dem schriftsätzlichen Vorbringen die Rechtsbe- helfsbelehrung gelesen, dementsprechend als Frist für die Einlegung der Beschwerde den 31. Dezember 2004 vorgemerkt und am 23. Dezember die Beschwerdegebühr bezahlt. Von einer noch nicht abgelaufenen Frist zur Einlegung der Beschwerde konnte damit nicht unverschuldet ausgegangen werden. Die diesbezügliche Rechtsbehelfsbelehrung ist - wie oben und auch schon im Beschluß des Senats vom 21. März 2005 ausgeführt - eindeutig; demgemäß ist auch die Frist zur Einlegung der Beschwerde vorgemerkt worden. Die später erkläre Ansicht, dass die Frist zur Einlegung der Beschwerde dennoch einen (vollen) Monat beträgt, ist durch objektive Umstände nicht gedeckt und beseitigt nicht den Vorwurf, dass bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Fristversäumung erkennbar war. Unabhängig von der Frage, ob auf eine mündliche Auskunft mit von der schriftlichen Rechtsbehelfsbelehrung abweichendem Inhalt ohne Sorgfaltspflichtverletzung vertraut werden darf, ist im Übrigen auch nicht vorgetragen, dass die Antragstellerin vom Patentamt telefonisch eine gegenteilige Auskunft erhalten hat. Den Ausführungen der Antragstellerin ist schon nicht zu entnehmen, dass in dem dargelegten Telefongespräch über die Ausschlussfrist des 31. Dezember 2004 überhaupt gesprochen wurde. Jedenfalls hat Frau G... aber auch nach diesem dargelegten Gespräch die Frist zur Einlegung der Beschwerde zum 31. Dezember 2004 notiert und die Beschwerdegebühr auch schon am 23. Dezember 2004 einbezahlt.

Die Zweimonatsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG war damit bei Stellung des Wiedereinsetzungsantrages am 15. April 2005 abgelaufen. Der Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde ist daher unzulässig.

Unter diesen Umständen kommt es auf die fehlende Glaubhaftmachung des Tatsachenvortrags nicht an, die aber ebenfalls zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs führen müsste.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 18.07.2005
Az: 30 W (pat) 22/05


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