Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 31. Mai 2000
Aktenzeichen: 2 W 90/00

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 24. Februar 2000 gegen den Beschluß der 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Januar 2000 - 32 T 191/99 - wird als unzulässig verworfen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.

Gründe

Das Rechtsmittel des Schuldners gegen den ihm am 10. Februar 2000 zugestellten Beschluß des Landgerichts, das - per Telefax - am 24. Februar 2000 bei dem Landgericht Köln eingegangen und dem Oberlandesgericht Köln mit den Akten des Vollstreckungsverfahrens am 12. April 2000 vorgelegt worden ist, ist unzulässig.

Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist die weitere Beschwerde gemäß den §§ 568 Abs. 2 Satz 2, 793 Abs. 2 ZPO nur gegeben, wenn durch den mit ihr angefochtenen Beschluß ein "neuer selbständiger Beschwerdegrund" gesetzt worden ist. Voraussetzung dafür ist es, daß das Amtsgericht und das Landgericht ungeachtet der Fassung der jeweiligen Beschlußgründe im Ergebnis von einander abweichend entschieden haben. Darüber hinaus kommt ein neuer selbständiger Beschwerdegrund nur noch dann in Betracht, wenn das Verfahren des Landgerichts bei der Entscheidung über die Erstbeschwerde an einem wesentlichen Mangel leidet und der angefochtene Beschluß auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. Senat, NJW-RR 1990, 511; Senat, ZIP 1995, 1832 [1833]; Senat, ZIP 1995, 1835; Senat, Rpfleger 1996, 79 [80]; Senat, NJW-RR 1996, 1022; Senat, InVo 1997, 139; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 568, Rdn. 6 ff, 16 ff).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Entscheidungen der Vorinstanzen stimmen im Ergebnis überein, so daß es an einer neuen Beschwer des Schuldners durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts vom 27. Januar 2000 fehlt. Das Landgericht hat durch diesen Beschluß vielmehr die Erstbeschwerde des Schuldners als unbegründet zurückgewiesen und damit den von ihm angegriffenen Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bergheim vom 12. November 1999 im Ergebnis bestätigt.

Ein Verfahrensfehler ist dem Landgericht nicht unterlaufen. Den Anspruch des Schuldners auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Landgericht entgegen der - im Schriftsatz vom 24. Februar 2000 erhobenen - Rüge des Schuldners nicht verletzt. Die im Verfahren vor dem Amtsgericht und mit der Erstbeschwerde vom 1. Dezember 1999 erhobenen Einwendungen des Schuldners gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung hat das Landgericht zur Kenntnis genommen, aber - wie in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts ausgeführt wird - aus den Gründen der Entscheidung der Rechtspflegerin vom 12. November 1999 nicht als durchgreifend angesehen. Daß das Landgericht zur Begründung auch seiner Entscheidung - in entsprechender Anwendung von § 543 Abs. 1 ZPO - auf die von ihm geteilten Gründe der Entscheidung der Vorinstanz Bezug genommen hat, ist nicht zu beanstanden. Darauf, daß die Einwendungen des Schuldners in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts nicht ausführlicher und nicht mit eigenen Worten erörtert worden sind, kann die weitere Beschwerde nicht gestützt werden (vgl. OLG Hamm, OLGR 1995, 117 [118]; KG NJW-RR 1987, 446; Zöller/Gummer, a.a.O., § 568, Rdn. 21). Es ist kein Verfahrensfehler sich kurz zu fassen. Neue Einwendungen gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung, auf die das Landgericht hätte eingehen müssen, hatte der Schuldner mit der Erstbeschwerde nicht erhoben. Die angekündigte Stellungnahme zu einem Protokoll des Gerichtsvollziehers hatte er nicht zu den Akten gereicht.

Dem Schuldner ist ausreichend Gelegenheit gegeben worden, die Erstbeschwerde weiter zu begründen. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht des Gerichts, bei Ankündigung einer - ggfls. weiteren - schriftlichen Begründung eines Rechtsmittels eine Frist zur Vorlage dieser Begründung zu setzen. Vielmehr ist das Rechtsmittelgericht dann, wenn dem Rechtsmittelführer nicht mitgeteilt wird, daß er die angekündigte (weitere) Begründung des Rechtsmittels innerhalb einer bestimmten Frist zu den Akten reichen solle, lediglich verpflichtet, vor dem Erlaß der Entscheidung über das Rechtsmittel eine angemessene Zeit abzuwarten, und zwar im Regelfall zwei bis drei Wochen (vgl. BVerfG ZIP 1986, 1336 mit Anm. Schneider; Senat, MDR 1984, 1033 f; Senat, NJW-RR 1986, 1124 [1125]; OLG Oldenburg, MDR 1990, 1125; Zöller/Gummer, a.a.O., § 573, Rdn. 10). Diese Frist war hier bei Erlaß des Beschlusses der Beschwerdekammer vom 27. Januar 2000 verstrichen: Das Landgericht hat erst rund acht Wochen nach dem Eingang der Ankündigung in der Beschwerdeschrift des Schuldners vom 1. Dezember 1999, ergänzend Stellung nehmen zu wollen, entschieden, so daß der Schuldner ausreichend Gelegenheit gegeben war, dies zu tun. Darin, daß der Schuldner von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, liegt kein Verfahrensfehler des Landgerichts.

Die Rüge der weiteren Beschwerde, das Landgericht habe den Antrag des Schuldners im Verfahren der Erstbeschwerde, ihm Akteneinsicht zu gewähren, "schlicht ignoriert und übergangen", ist nicht berechtigt, wie sich aus dem Inhalt der Vollstreckungsakte ergibt, die ein Mitglied des Vorstandes des Schuldners, Herr T., am 26. Mai 2000 auf der Geschäftsstelle des Senats eingesehen hat. Vielmehr hat das Landgericht dem Schuldner mit Verfügung vom 10. Dezember 1999 mitgeteilt, daß die Akten auf der Geschäftsstelle der 32. Zivilkammer während der Geschäftszeiten - nach vorheriger fernmündlicher Absprache mit der Geschäftsstellenverwalterin - eingesehen werden könnten. Davon hat der Schuldner keinen Gebrauch gemacht. Allerdings ist die Verfügung vom 10. Dezember 1999 zunächst nicht an die Anschrift I.straße , sondern an die Anschrift E.weg in P. abgesandt worden. Letzteres beruht darauf, daß der Schuldner, obwohl nach den Angaben in seinem Schriftsatz vom 26. Mai 2000 jedenfalls seit dem 8. November 1999 seine Geschäftsräume nicht im Hause E.weg in P. unterhält, im Kopf aller seiner seit jenem Tage zu den Akten gereichten Schriftsätze, darunter auch in der genannten Eingabe vom 1. Dezember 1999 und noch im Schriftsatz vom 26. Mai 2000, die Adresse "E.weg, P." genannt hat, mithin durchweg in seinen Eingaben an die Gerichte eine seiner eigenen späteren Darstellung zufolge unzutreffende Anschrift angegeben hat und weiterhin angibt. Hieran ist die Übermittlung der Verfügung vom 10. Dezember 1999 indes nicht gescheitert. Vielmehr ist diese Verfügung, nachdem die Post dem Landgericht als neue Anschrift des Schuldners die Adresse "I.-straße P." angegeben hatte, die Verfügung vom 10. Dezember 1999 am 21. Dezember 1999 erneut an den Schuldner abgesandt und nicht erneut als unzustellbar zurückgekommen, hat den Schuldner also mutmaßlich erreicht. Auch wenn die Verfügung vom 10. Dezember 1999 dem Schuldner somit erst Ende Dezember 1999 zugegangen sein sollte, ist danach noch ausreichend Zeit und Gelegenheit verblieben, die Akten einzusehen und eine ergänzende Begründung der Erstbeschwerde zu fertigen, ehe das Landgericht - durch Beschluß vom 27. Januar 2000 - über dieses Rechtsmittel entschieden hat.

Aber selbst wenn die mit dem Vorbringen im Schriftsatz des Schuldners vom 24. Januar 2000, das Landgericht habe seinen im Verfahren der Erstbeschwerde gestellten Antrag auf Akteneinsicht "übergangen", der Sache nach aufgestellte Behauptung zutrifft, ihn habe die Verfügung vom 10. Dezember 1999 nicht erreicht, liegt darin kein Mangel des Verfahrens der Beschwerdekammer. Dem Schuldner ist die Akteneinsicht nicht versagt worden. Ausdrücklich schriftlich bescheiden mußte das Landgericht den Antrag vom 1. Dezember 1999 auf Gewährung von Akteneinsicht nicht, so daß auch dann, wenn den Schuldner die somit nicht erforderliche Verfügung vom 10. Dezember 1999 nicht erreicht hat, das Verfahren des Landgerichts nicht zu beanstanden ist. Nach § 299 Abs. 1 ZPO haben die Verfahrensbeteiligten kraft Gesetzes das Recht, die Akten des Verfahrens einzusehen. Ein Antrag eines Beteiligten, "Akteneinsicht zu gewähren", ist daher für sich allein bedeutungslos. Es steht nicht im Ermessen des Gerichts, einem Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht zu gewähren oder zu versagen. Ein schriftlich gestellter Antrag auf "Gewährung von Akteneinsicht" braucht deshalb vom Gericht nicht beschieden zu werden (vgl. Senat, NJW-RR 1986, 1124 [1125]). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beteiligte weiß, daß die Akten eingesehen werden können und was zu diesem Zweck zu geschehen hat. Das war hier der Fall. Der gesetzliche Vertreter des Schuldners, der die Eingabe vom 1. Dezember 1999 unterzeichnet hat, ist Steuerberater. Ihm ist aufgrund seiner forensischen Erfahrung bekannt, daß die Verfahrensbeteiligten die Akten dort einsehen können, wo sie sich befinden, nämlich bei Gericht, und daß es hierzu geboten und zweckmäßig ist, sich zur Gerichtsstelle zu begeben, um die erwünschte Einsicht in die Akten nehmen zu können. Entsprechende Anstalten haben die gesetzlichen Vertreter des Schuldners im Verfahren vor dem Landgericht indes nicht gemacht. Es war dem gerichtserfahrenen Unterzeichner des Schriftsatzes vom 1. Dezember 1999 auch ohne weiteres möglich und zuzumuten, wenn er Akteneinsicht nehmen wollte, sich gegebenenfalls telefonisch zu erkundigen, ob sich die Akten noch bei dem Amtsgericht oder bereits bei dem Landgericht befanden und wo sie eingesehen werden konnten.

Mit den Einwendungen seines Schriftsatzes vom 26. Mai 2000 wendet sich der Schuldner nicht gegen das Verfahren des Landgerichts bei der Entscheidung über die Erstbeschwerde, sondern - mit der Rüge, die Vorinstanzen hätten die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung zu Unrecht bejaht, - gegen den Inhalt und die Begründung dieser Beschwerdeentscheidung. Beides kann der Senat indes nur dann überprüfen, wenn - anders als im Streitfall - durch einen Mangel des Beschwerdeverfahrens oder durch eine Abweichung der Entscheidung des Landgerichts von dem Ergebnis der Entscheidung der Vorinstanz ein neuer selbständiger Beschwerdegrund im Sinne von § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzt worden ist.

Da es hieran fehlt, ist es dem Senat verwehrt, auf die Sache selbst einzugehen. Die weitere Beschwerde des Schuldners muß vielmehr mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden.

Der Senat weist den Schuldner vorsorglich darauf hin, daß gegen die vorliegende Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel gegeben ist, § 567 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

Beschwerdewert : DM 3.000,-- (§ 57 Abs. 2 Nr. 4 BRAGO in entsprechender

Anwendung)






OLG Köln:
Beschluss v. 31.05.2000
Az: 2 W 90/00


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