Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 249/00

(BPatG: Beschluss v. 05.06.2002, Az.: 28 W (pat) 249/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 17. Juni 1999 für Waren der Klassen 14 und 3, u.a. für

"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel"

eingetragene Wortmarke Web-Fashionist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 632 976 WEB die für die Waren "Seifen, ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer und Shampoos, Parfüms; Eau de Toilette, Aftershave-Lotionen, Deodorants; Zahnputzmittel" geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, trotz teilweiser Warenidentität hielten die Vergleichsmarken im Gesamteindruck einen ausreichenden Abstand, während sich eine isolierte Kollisionsprüfung der Bestandteile "web" als naheliegender Hinweis auf das "worldwideweb" aus Rechtsgründen verbiete, so daß auch insoweit eine Verwechslungsgefahr nicht in Betracht käme.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die eine beschreibende Bedeutung von "WEB" für den Bereich der Warenklasse 3 verneint; im Bestandteil "fashion" der jüngeren Marke hingegen einen bloßen warenbezogenen Hinweis auf einen Modetrend und Zeitgeist sieht, so dass im vorliegenden Fall allein die identischen Bestandteile als prägend einander gegenüberzustellen seien und damit Verwechslungsgefahr vorliege.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend und nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.

Nach Auffassung des Senats besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Die einander gegenüberstehenden Marken beanspruchen im Bereich der Warenklasse 3 unstreitig Schutz für identische bzw eng ähnliche Waren. Entgegen der Ansicht der Markenstelle geht der Senat nicht von einer entscheidungserheblichen Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, denn der Begriff "WEB" in Alleinstellung besitzt keine die Waren der Klasse 3 unmittelbar beschreibende Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund sind an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand eher strengere Anforderungen zu stellen, den die jüngere Marke vorliegend auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beide Marken zur Kennzeichnung von Waren des täglichen Bedarfs eingesetzt werden, die eher flüchtig erworben werden, noch einhält.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden prägt der in beiden Marken lediglich in unterschiedlicher Groß- bzw Kleinschreibung ("WEB" bzw "Web") enthaltene identische Bestandteil nicht die angegriffene Marke. Auszugehen ist dabei von dem für das Kennzeichnungsrecht maßgeblichen Grundsatz, daß zur Beurteilung der Ähnlichkeit wie der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der beiden gegenüberstehenden Bezeichnungen auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen ist. Eine zergliedernde Betrachtungsweise einheitlicher Begriffe ist nicht möglich, sofern keine Gründe vorliegen, einzelne Teile als selbständig aussagekräftig auszusondern. Der Schutz eines aus einem Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht fremd, so daß es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Zeichenkollision lediglich deshalb feststellen zu wollen, weil etwa - wie vorliegend - das Widerspruchszeichen buchstabengetreu in der angegriffenen Marke enthalten ist. Die Weglassung (oder Abspaltung) der Bestandteile von Zeichenwörtern ist - wenn überhaupt - allenfalls bei deutlich als beschreibend oder aus anderen Gründen abgehobenen Markenteile in eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar, wofür es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte gibt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der auf dem Sektor modischer Bekleidung gängige Begriff "fashion" auch auf dem Gebiet der Warenklasse 3 beschreibende Bedeutung besitzt oder auf dieses Warengebiet in anderer Weise ausstrahlt. Zwar ist der Widersprechenden insoweit zuzustimmen, dass zahlreiche Modeschöpfer und Designer neben einer Bekleidungskollektion häufig auch eine Kosmetiklinie mit ihrem Namen vermarkten. Dies führt jedoch nicht gleichzeitig dazu, dass das Wort "fashion" im Zusammenhang mit Kosmetik einen beschreibenden Aussagegehalt annimmt. Insbesondere der Vortrag der Widersprechenden, das Wort "fashion" sei in einem weiteren Sinne dem Begriff "Trend" gleichzustellen, mit der Folge, dass es auch für Kosmetik dementsprechend als beschreibend aufgefasst und verwendet werde, konnte durch die Ermittlungen des Senats nicht bestätigt werden. So ließ sich insbesondere keine Pflegelinie o.ä. feststellen, die mit dem Begriff "fashion" gekennzeichnet war. Folglich kann der Bestandteil "-fashion" in der jüngeren Marke nicht vernachlässigt werden, sondern bildet mit dem weiteren Wort "Web" einen Gesamtbegriff, so daß er der Widerspruchsmarke nicht isoliert gegenübergestellt werden kann. Dem Gesamteindruck nach sind die beiderseitigen Marken aber hinreichend unterschiedlich, so dass auch vor dem Hintergrund teilweiser identischer Marken eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausscheidet.

Auch die Gefahr, dass die Marken gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht nicht. Diese Art der Verwechslungsgefahr umfaßt ausgehend von der Gesetzesbegründung und nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung nicht jede mögliche gedankliche Verbindung, sondern insbesondere die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Verwechslungsgefahr und zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Deren Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Soweit die Vergleichszeichen übereinstimmend das Wort "Web" bzw "WEB" aufweisen, kommt diesem kein Hinweischarakter für die Betriebsstätte des rangbesseren Benutzers zu, zumal die Widersprechende - wie sie selbst eingeräumt hat - weder eine Zeichenserie mit diesem Bestandteil besitzt noch "WEB" als Firmenhinweis verwendet. Auch die Art der Zeichenbildung bei der jüngeren Marke veranlasst den Verkehr nicht etwa dazu, darin eine Abwandlung der Widerspruchsmarke zu sehen, wie das bei Wörtern wie "Sun", "Milk" oder "Creme" der Fall wäre, die bei Kosmetika eine bestimmte Darreichungsform oder einen Verwendungshinweis wiedergeben.

Im Ergebnis konnte die Beschwerde damit unter allen rechtlichen wie tatsächlichen Gesichtspunkten keinen Erfolg haben und war daher zurückzuweisen. Für die Auferlegung von Kosten bestand für den Senat allerdings keine Veranlassung (MarkenG § 71 Abs 1).

Stoppel Schwarz-Angele Martens Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.06.2002
Az: 28 W (pat) 249/00


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