Bundespatentgericht:
Urteil vom 14. Februar 2006
Aktenzeichen: 4 Ni 12/05

(BPatG: Urteil v. 14.02.2006, Az.: 4 Ni 12/05)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 464 335 (Streitpatent), das am 2. Mai 1991 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Patents DE 40 19 760 vom 21. Juni 1990 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 591 02 714 geführt. Es betrifft ein Schnellwechselfutter mit Längenausgleichsvorrichtung und achszentraler Kühlmittelzuführung und umfasst insgesamt 4 Ansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 2 vollständig angegriffen sind und Anspruch 4 insoweit, als er auf die Ansprüche 1 und 2 zurückbezogen ist. Ansprüche 1, 2 und 4 lauten in der erteilten Fassung wie folgt:

1. Schnellwechselfutter mit einem achszentralen Kühlmittelkanal und einer Längenausgleichsvorrichtung, bei der der Futterkörper (2) gegen die Wirkung einer Rückholfeder (19) gegenüber dem Futterschaft (1) ausziehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Kühlmittelkanal ein mit dem Futterkörper (2) fest verbundenes, am inneren Ende (11) verschlossenes Kühlmittelrohr (10) enthält, das im Futterschaft (1) gleitend verschiebbar gelagert ist und zwischen zwei beabstandeten Gleit-Dichtungen (16, 17) mit einer seitlichen Kühlmitteleintrittsöffnung (18) versehen ist.

2. Schnellwechselfutter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gleit-Dichtungen (16, 17) z. B. O-Ringe sind, die an beiden Enden einer das Kühlmittelrohr (10) mit Spiel umgebenden Bohrung (15) der mit dem Futterschaft (1) verbundenen Kühlmittelzuführungsbuchse (33) angeordnet sind.

4. Schnellwechselfutter nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit einer Rastkugelkupplung zwischen dem Einsatz und dem Futterkörper (2), bei der Querbohrungen der Einsatzhülse durchsetzende Rastkugeln (27) sich an einem, die Einsatzhülse (3) umgebenden Arretier-Ring (28) abstützen und durch axiale Relativverschiebung von Einsatzhülse und Arretier-Ring radial nach außen in Freigabetaschen des Arretier-Rings ausweichen können, dadurch gekennzeichnet, dass der Arretier-Ring (28) mit Futterkörper (2) gegenüber Futterschaft (1) ein getrenntes Bauteil ist, wobei der Futterkörper unabhängig vom Kühlmitteldruck um den Längenausgleichsweg nach hinten und vorne verschiebbar ist.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch erfinderisch. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik sei zum Prioritätszeitpunkt ein Schnellwechselfutter mit den Merkmalen des Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen. Hierzu beruft sie sich auf folgende Unterlagen und Druckschriften:

DE 39 02 559 A1 (Anlage 3) mit kolorierter Fig. 1 und 2 (Anlage 4)

DE 40 19 760 A1 (Anlage 5)

DE 40 19 760 C2 (Anlage 6)

Prüfungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Erwiderung (Anlage 7)

US 4 080 090 (Anlage 8) mit kolorierter Fig. 1 (Anlage 9)

DE 90 02 487 U1 (Anlage 10) mit kolorierter Fig. 1 (Anlage 11)

DE 35 23 285 A1 (Anlage 12) mit kolorierter Fig. 1 (Anlage 13)

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 464 335 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 und 2 insgesamt und im Umfang des Anspruchs 4, soweit dieser auf die Ansprüche 1 und 2 zurückbezogen ist, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

1. Schnellwechselfutter mita) einem achszentralen Kühlmittelkanal undb) einer Längenausgleichsvorrichtung, bei der der Futterkörper (2) gegen die Wirkung einer Rückholfeder (19) gegenüber dem Futterschaft (1) ausziehbar ist, c) wobei der Kühlmittelkanal ein Kühlmittelrohr (10) enthält, dasc1) mit dem Futterkörper (2) fest verbunden ist, c2) am inneren Ende (11) verschlossen ist, c3) im Futterschaft (1) gleitend verschiebbar gelagert ist undc4) zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen (16, 17) mit einer seitlichen Kühlmitteleintrittsöffnung (18) versehen ist, d) wobei sich ein geschlossenes unveränderliches Volumen des gesamten Kühlmittelkanals im Innern des Schnellwechselfutters ergibt, unabhängig von der Verschiebung des Futterkörpers (2) gegenüber dem Futterschaft (1).

Die Beklagte ist der Ansicht, im Umfang dieses neuen Patentanspruchs 1 und der Patentansprüche 2 und 4 in der erteilten Fassung sei sowohl die Neuheit gegenüber dem Stand der Technik als auch die erfinderische Tätigkeit gegeben.

Hilfsweise beantragt sie die Abweisung der Klage, soweit sie über die mit Schriftsatz vom 9. Februar 2006 als Anlage B2 eingereichten neuen Patentansprüche 1 (Hilfsantrag 1) beziehungsweise die als Anlage B3 eingereichten neuen Patentansprüche 1 bis 5 (Hilfsantrag 2) hinausgeht. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 9. Februar 2006 Bezug genommen.

Die Klägerin sieht darin eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des Streitpatents.

Gründe

Die zulässige Klage, die sich gegen die Patentansprüche 1, 2 und 4 richtet, ist nicht begründet, denn das Ergebnis der Verhandlung hat zu keiner eindeutigen Feststellung im Sinne des Vorbringens der Klägerin geführt. Nachdem das Patent ordnungsgemäß erteilt worden ist, kann der Patentinhaberin die dadurch erlangte Rechtsstellung nur dann genommen werden, wenn zweifelfrei feststeht, dass sie diese zu Unrecht erlangt hat (vgl. BGH GRUR 1991, 522, 523 m. w. N.).

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht patentfähig ist. Dies geht zu Lasten der Klägerin. Die auf den Patentanspruch 1 unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 und 4 haben mit jenem Bestand; sie werden durch ihre Rückbeziehungen mitgetragen, ohne dass es weiterer Feststellungen bedürfte (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl. § 84 Rnr. 42 m. w. N.).

I 1. Das Streitpatent betrifft - soweit es angegriffen ist - ein Schnellwechselfutter, bei dem ein achszentraler Kühlmittelkanal und eine Längenausgleichsvorrichtung vorgesehen ist, bei der der Futterkörper gegen die Wirkung einer Rückholfeder gegenüber dem Futterschaft ausziehbar ist. Des weiteren enthält der Kühlmittelkanal ein Kühlmittelrohr, das mit dem Futterkörper fest verbunden, am inneren Ende verschlossen, im Futterschaft gleitend verschiebbar gelagert und zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen mit einer seitlichen Kühlmitteleintrittsöffnung versehen ist. Gemäß der Lehre des Patentanspruchs 1 soll nunmehr sich dadurch ein geschlossenes unveränderliches Volumen des gesamten Kühlmittelkanals im Inneren des Schnellwechselfutters ergeben, das unabhängig von der Verschiebung des Futterkörpers gegenüber dem Futterschaft ist.

2. Vor diesem Hintergrund war es Aufgabe der Erfindung (Spalte 1, Zeilen 23 bis 29 der EP 0 464 335 B1), ein Schnellwechselfutter so auszugestalten, dass bei einfachem störunanfälligem Aufbau selbst bei extrem hohen Drücken die Gefahr des Hängenbleibens des Futterkörpers aufgrund des Kühlmitteldruckeinflusses sicher vermieden ist.

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung ein Schnellwechselfutter mit folgenden Merkmalen vor:

1. Schnellwechselfutter mit 1.1 einem Futterschaft (1), 1.2 einem Futterkörper (2), 1.3 einer Längenausgleichsvorrichtung, bei der 1.3.1 der Futterkörper (2) gegen die Wirkung einer Rückholfeder (19) gegenüber dem Futterschaft (1) ausziehbar ist, 1.4 einem achszentralen Kühlmittelkanal, der 1.4.1 ein Kühlmittelrohr (10) enthält, das 1.4.2 mit dem Futterkörper (2) fest verbunden ist, 1.4.3 am inneren Ende (11) fest verschlossen ist 1.4.4 im Futterschaft (1) gleitend verschiebbar gelagert ist und 1.4.5 zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen (16, 17) mit einer seitlichen Kühlmitteleintrittsöffnung (18) versehen ist, wobei 1.5 sich ein geschlossenes unveränderliches Volumen des gesamten Kühlmittelkanals im Inneren des Schnellwechselfutters ergibt, unabhängig von der Verschiebung des Futterkörpers (2) gegenüber dem Futterschaft (1).

4. Der mit Eingabe vom 30. September 2005 eingereichte Patentanspruch 1 ist zulässig.

Der verteidigte Patentanspruch 1 enthält die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 (Merkmale 1; a) bis c); c1) bis c4) der Anlage B1 vom 30. September 2005) unter Hinzunahme des Merkmals d) gemäß der Anlage B1. Dieses Merkmal ist der Spalte 1, Zeilen 39 bis 43 der EP 0 564 335 A2 zu entnehmen bzw ist es auf Seite 2, Zeilen 5 bis 8 der ursprünglich eingereichten Unterlagen enthalten. Der Beschreibung ist auch zu entnehmen, was unter dem konstanten Volumen zu verstehen ist, so dass das Merkmal nicht nur beschränkend wirkt, sondern auch eine eindeutige Lehre zum technischen Handeln ergibt. Das Merkmal d) ist, wie ausgeführt, in der Beschreibung enthalten und nicht nur der Zeichnung zu entnehmen, so dass der auf § 34 Rnr. 327, Schulte 7. Auflage, bezogene Hinweis der Klägerin ins Leere geht. Der geltende Patentanspruch 1 ist somit zulässig.

Die weiter angegriffenen Patentansprüche 2 und 4 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 2 und 4.

5. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Erfindung des Streitpatents als nicht neu gilt.

Das Kühlmittelrohr nach der DE 39 02 559 A1 und nach der DE 90 02 487 ist an seinem unteren Ende nicht fest verschlossen. Beim Schnellwechselfutter nach der US 4 080 090 und der DE 35 23 285 A1 weist der Kühlmittelkanal kein Kühlmittelrohr auf.

6. Die Klägerin vermochte den Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die DE 39 02 559A1 weist einen älteren Zeitrang auf. Sie ist jedoch nicht vorveröffentlicht und kann daher nur zur Beurteilung der Neuheit herangezogen werden PatG § 4 Satz 2).

Bei einem Schnellwechselfutter, das einen achszentralen Kühlmittelkanal und eine Längenausgleichsvorrichtung aufweist, ist der Futterkörper gegen die Wirkung einer Druckfeder ausziehbar und eindrückbar. Bei einem derartigen Schnellwechselfutter ergibt sich die Schwierigkeit, dass sich durch die Längenausgleichsvorrichtung eine Volumenänderung des Kühlmittel-Hydraulikraums ergibt, denn ist die Längenausgleichsvorrichtung ausgezogen, liegt ein erhöhtes inneres Volumen für das Kühlmittel vor. In diesem Fall genügt häufig die Kraft der Druckfeder nicht mehr, das ausgezogene Teil gegen den Druck der Kühlflüssigkeit im Hydraulikraum zurückzuholen. Um dieses Problem zu lösen weist der Kühlmittelkanal des Schnellwechselfutters nach dem Streitgegenstand ein Kühlmittelrohr auf, das mit dem Futterkörper fest verbunden ist und am inneren Ende verschlossen ist. Zudem ist das Kühlmittelrohr im Futterschaft gleitend verschiebbar gelagert, wobei zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen mit einer seitlichen Kühlmitteleintrittsöffnung versehen ist. Durch diese Maßnahmen wird ein geschlossenes unveränderliches Volumen des gesamten Kühlmittelkanals im Innern des Schnellwechselfutters erzielt und zwar unabhängig von der Verschiebung des Futterkörpers gegenüber dem Futterschaft.

Für diese Maßnahmen erhält der Durchschnittsfachmann - ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit vertieften Kenntnissen auf dem Gebiet der Konstruktion von Schnellwechselfuttern - keine Anregungen.

In der US 4 080 090 ist ein Spannzange beschrieben, die einen achszentralen Kühlmittelkanal (35) und eine Längenausgleichsvorrichtung (27) aufweist und bei der ein Futterkörper (21) gegen die Wirkung einer Rückholfeder (54) gegenüber dem Futterschaft (18) ausziehbar ist (vgl. Spalte 2, Zeilen 35 bis 43 und Spalte 3, Zeilen 38 bis 51). Der Kühlmittelkanal (35) ist bei US 4 080 090 als zentrale Bohrung innerhalb des Futterkörpers (21) und einer anschließenden Dichtung (36) ausgebildet und ist mit dem zentralen Kühlmittelkanal des Werkzeugs (14) gekoppelt. Seitlich schräg nach unten durch den Futterkörper (21) verlaufende Querbohrungen (34) münden innen in den zentralen Kühlmittelkanal (35) und außen zwischen zwei Gleitdichtungen (32, 33) in eine axiale rohrförmige Kammer oder Ringkammer (31). In die Ringkammer (31) mündet von außen ein Kühlmittelzuführkanal (30), der außen als "bypass" an der Längenausgleichsvorrichtung und einem Teil des Futterkörpers vorbei längs durch den Futterschaft (18) verläuft. Die Strömungsverbindung zwischen den Querbohrungen (34) im Futterkörper (21) und der Ringkammer (31) in der Buchse besteht gemäß Sp. 2, letzter Absatz, bei jeder axialen Position zwischen Futterkörper (21) und Futterschaft (17).

Eine solche integrierte Ausbildung eines Kühlmittelkanals als Bohrung in dem Futterkörper ist aber kein separates Kühlmittelrohr, das mit dem Futterkörper fest verbunden ist. Ferner ist der Futterkörper (21) mit dem achszentralen Kühlmittelkanal (35) bei der US 4 080 090 nicht in dem Futterschaft (18) gleitend verschieblich gelagert, sondern axial vor dem Futterschaft (18) in der gesonderten, an der Vorderseite des Futterschaftes (18) mit Schrauben (20) abnehmbar befestigten Buchse (19). Die Lehre dieser Druckschrift betrifft nicht nur kein Schnellwechselfutter, sondern es liegt ein vollständig anderer Aufbau des Futters vor, da es für eine gleitende Lagerung eines solchen mit dem Futterkörper verbundenen Kühlmittelrohres in dem Futterschaft (18) in der US 4 080 090 schon konstruktiv keine Möglichkeit gibt. Der Innenraum des Futterschaftes (18) ist vollständig mit anderen Komponenten, nämlich der Längenausgleichsvorrichtung (27) belegt, die auch das Wesentliche des Gegenstandes dieser Anmeldung ist.

Das Schnellwechselfutter nach der DE 90 02 487 U1 liegt deutlich weiter vom Patentgegenstand entfernt als die beiden Druckschriften DE 39 02 559 A1 und US 4 080 090. In ihr wird wohl ein Schnellwechselfutter (vgl. Anspruch 1) mit einem achszentralen Kühlmittelkanal (17), der als Kühlmittelrohr ausgebildet und mit dem Futterkörper (11) an dessen Boden (16) fest verbunden ist, beschrieben. Die Rohrleitung (17) verläuft jedoch innerhalb des Futterkörpers als innerer Kanal. In DE 90 02 487 U1 ist aber weder das Verschließen des Kühlmittelrohrs am inneren Ende oder dessen gleitend verschiebbare Lagerung im Futterschaft noch eine Kühlmitteleintrittsöffnung zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen zu entnehmen. Einen Hinweis auf das neue Merkmal d) im Patentanspruch 1 (Anlage B1) oder das korrespondierende Merkmal im Patentanspruch 4, wonach der Futterkörper unabhängig vom Kühlmitteldruck und dem Längenausgleichsweg nach hinten und vorne verschiebbar ist, kann der Fachmann der DE 90 02 487 U1 ebenfalls nicht entnehmen.

Die Lehre der DE 90 02 487 U1 zielt in Richtung der Ausbildung einer Dichtung zwischen dem Boden des Wechseleinsatzes und der Einsatzaufnahme eines Schnellwechselfutters. Die Dichtung soll das beim Wechseln auftretende axiale Spiel kompensieren und hat dazu spezielle Merkmale wie einen U-förmigen Querschnitt und speziell gestalteten Schenkeln (vgl. Aufgabenstellung und Lösung Seite 4, unten bis Seite 5 oben). Die DE 90 02 487 U1 hat somit von ihrer Zielsetzung her nichts mit dem Klagepatent zu tun, bei dem es um die Abhängigkeit des Längenausgleichs von dem Kühlmitteldruck geht. Der Fachmann würde die Lehre der DE 90 02 487 U1 allenfalls zur Verbesserung der Dichtung in der Schnellwechseleinrichtung (14) in DE 35 23 285 A1 in Betracht ziehen.

Das Bohrfutter nach der DE 35 23 285 A1 offenbart einerseits die als Stand der Technik bezeichneten Ausführungsformen gemäß FIG. 5 und FIG. 6 und der zugehörigen Figurenbeschreibung Seite 5, Zeile 23 bis Seite 11, Zeile 12, und andererseits Ausführungsbeispiel gemäß der in Anlage 12 beanspruchten Erfindung in den Ansprüchen, dem allgemeinen Beschreibungsteil und der Figurenbeschreibung zu den FIG. 1 bis 4 von Seite 11, Zeile 14 bis Seite 20, Zeile 27.

FIG. 5 der DE 35 23 285 A1 zeigt ein Werkzeugfutter mit seitlicher oder radialer Kühlmittelzuführung über seitliche Kanäle (29) und FIG. 6 eine axiale Kühlmittelzuführung über die Spindel und einen zentralen Kühlmittelkanal (36, 37).

FIG. 1 und FIG. 2 beschreiben ein Ausführungsbeispiel mit seitlicher Kühlmittelzuführung. FIG. 3 zeigt eine axiale Kühlmittelzuführung über die Spindel und einen Zuführkanal 52, der sich in zwei Umgehungskanäle 53 verzweigt, über die dann über einen seitlichen Kanal 45 das Öl zu dem Futterkörper geführt wird.

Die Futter gemäß FIG. 1 bis 3 und FIG. 5 und Anspruch 1 der DE 35 23 285 A1 weisen jeweils einen Futterschaft (1, 3 in FIG. 5, 41 in FIG. 1 bis 3) und einen darin über Führungskugeln (8 in FIG. 2) in Führungsnuten (6, 7 in FIG. 2) axial verschieblich und mitdrehend oder drehmomentgekoppelt (Seite 5, Zeile 30, bis Seite 6, Zeile 7) gelagerten Futterkörper (anzutreibender Schaft 5 in FIG. 5 und 44 in FIG. 1 bis 3) auf. Ebenfalls vorgesehen ist eine Längenausgleichsvorrichtung, bei der der Futterkörper (5, 44) gegen die Wirkung einer Rückholfeder (13 in FIG. 5 und 43 in FIG. 1 bis 3) gegenüber dem Futterschaft (3, 41) ausziehbar ist (vgl. Anspruch 1 und Seite 6, Zeilen 15 bis 29).

Dieses Futter weist einen achszentralen Kühlmittelkanal (32 in FIG. 5, 46 in FIG. 1 bis 3) auf, über den Öl in das Werkzeug (15) geliefert wird. An der zylindrischen Außenseite des Futterkörpers (5, 44) sind an gegenüberliegenden Seiten zwei voneinander getrennte (siehe FIG. 1 und 2) in ihrer radialen Ausdehnung schmale Ausnehmungen gebildet, die als Verbindungsdurchgänge (31 in FIG. 5, 48 in FIG. 1) bezeichnet sind und sich axial geringfügig erstrecken (vgl. Seite 9, Zeilen 10 bis 18, Seite 14, Zeilen 1 bis 5). Diese axial verlaufenden Verbindungsdurchgänge (31, 48) in dem Futterkörper (5, 44) sind über radiale Verbindungskanäle (49 in FIG. 1) im Futterkörper (5, 44) nach innen mit dem achszentralen Kühlmittelkanal (32, 46) verbunden. Radial von außen münden seitliche Öldurchgänge (45 in FIG. 1, 29 in FIG. 5) im Futterschaft (1) in die Verbindungsdurchgänge (31, 48).

Im Unterschied zu den Merkmalen 1.4.1 und 1.4.2 des Patentanspruchs 1 ist der zentrale Kühlmittelkanal in der Ausführungsform gemäß FIG. 1 bis 3 der DE 35 23 285 A1 als Bohrung (hohler Abschnitt 46) im Futterkörper (44) ausgebildet und nicht als Kühlmittelrohr, das mit dem Futterkörper fest verbunden ist.

In der Ausführungsform gemäß FIG. 5 der DE 35 23 285 A1 ist der Kühlmittelkanal als Bohrung (Durchgang 32) in einem Aufspannschaft (9) ausgebildet, der mittels einer Schraube fest am Futterschaft (3) befestigt und über den Federhaltering (10) und den flanschartigen Endbereich gegenüber dem Futterkörper (5) verschieblich gelagert ist. Der Durchgang (32) ist über radiale seitliche Durchgänge in dem Aufspannschaft (9) mit dem hohlzylindrischen Zwischenraum zwischen Aufspannschaft und Futterkörper und dieser wiederum über radiale Durchgänge im Futterkörper mit den axialen Verbindungsdurchgängen (31) des Futterkörpers 5) verbunden.

Selbst wenn man den vorderen Teil des Aufspannschaftes (9) mit dem Durchgang (32) als Kühlmittelrohr auffassen würde, so ist es gerade nicht mit dem Futterkörper fest verbunden und im Futterschaft gleitend verschiebbar gelagert, sondern gerade umgekehrt, so dass zumindest Merkmal 1.4.4, die gleitende Lagerung, des Patentanspruchs 1 nicht verwirklicht ist. Die radialen Durchgänge im Aufspannschaft (9) sind auch im Unterschied zu Merkmal 1.4.5 des Patentanspruchs 1 nicht zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen vorgesehen.

Im Ausführungsbeispiel gemäß FIG. 5 ändert sich das Volumen des gesamten Kühlmittelkanals im Futter bei der axialen Bewegung des Futterkörpers (5), da das Volumen des hinteren Hohlraums hinter der hinteren Stirnfläche (5a) des Futterkörpers (5) und dem Futterschaft (3) sich abhängig von der axialen Stellung des Futterkörpers (5) ändert. Somit ist in dieser Ausführungsform gemäß FIG. 5 auch Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 nicht beschrieben.

Auch in der Ausführungsform gemäß FIG. 1 bis 3 sind die seitlichen Kühlmitteleintrittsdurchgänge (48) im Futterkörper (44) nicht zwischen zwei beabstandeten Gleitdichtungen angeordnet.

Die Ausführung der DE 35 23 285 A1 gemäß FIG. 1 bis 3 offenbart somit nicht die Merkmale 1.4.1, 1.4.2 und 1.4.5 des Patentanspruchs 1 und die Ausführung gemäß FIG. 5 weist zusätzlich dazu noch das Merkmal 1.4.4 des Patentanspruchs 1 nicht auf, so dass diese Druckschrift sowohl bezüglich der Offenbarung in FIG. 1 bis 3 als auch in FIG. 5 keinen Hinweis auf den Streitgegenstand geben kann.

Nachdem der Patentanspruch 1 bestandsfähig ist, sind die angegriffenen Patentansprüche 2 und 4 ebenfalls bestandsfähig. Es handelt sich hierbei um Unteransprüche, die durch ihre Rückbeziehung auf den Patentanspruch 1 von ihm getragen sind.

Die weiteren noch im Verfahren befindlichen Druckschriften sind von den Parteien nicht mehr aufgegriffen worden. Sie liegen auch weiter ab, wie der Senat überprüft hat.

Bei dieser Sachlage können die Hilfsanträge auf sich beruhen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 14.02.2006
Az: 4 Ni 12/05


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