Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 117/00

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2001, Az.: 30 W (pat) 117/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 397 40 023 folgende Markesiehe Abb. 1 am Endefür Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 37 und 42. Die Anmeldung ist am 21. August 1997 erfolgt.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren Marke 395 29 528 siehe Abb. 2 am Endedie unter anderem ebenfalls für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 37 und 42 eingetragen ist. Die Eintragung ist am 4. Januar 1996 erfolgt.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- (und Marken)amts hat in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Ausgehend von dem Grundsatz, daß bei Gegenüberstellung der Vergleichsmarken jeweils auf den Gesamteindruck abzustellen ist, käme eine Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn die Digits sowohl in der älteren als auch der jüngeren Marke eine selbständig kollisionsbegründende Stellung hätten. Ob dies bei der Widerspruchsmarke der Fall sei, könne dahingestellt bleiben, denn bei der jüngeren Marke würden die 3 x 3 angeordneten schwarzen Quadrate optisch kaum ins Gewicht fallen. Zudem orientiere sich der Verkehr in erster Linie an dem Wortbestandteil - hier TELBA -, was ebenfalls gegen eine prägende Stellung der Digits in der jüngeren Marke spreche. Ein gedankliches Inverbindungbringen beider Marken scheide schon deshalb aus, weil der aus den Digits bestehende graphische Bestandteil der Widerspruchsmarke (4 x 4 Digits) nicht wesensgleich in die jüngere Marke übernommen sei (dort 3 x 3 Digits).

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie trägt vor, die Digits seien der eigentlich kennzeichnende Teil der Widerspruchsmarke, der auf die Deutsche Telekom AG hinweise. Diese Digits hätten Bekanntheit und sogar Berühmtheit erreicht und kehrten in allen der Widersprechenden zustehenden Marken in Alleinstellung bzw in Kombination wieder. Aufgrund der überragenden Bekanntheit der Marken der Widersprechenden würde die Verwendung von Digits auch in nur ähnlicher Form - so wie in der jüngeren Marke geschehen - ausreichen, um für den Verkehr einen Hinweis auf die Widersprechende zu geben. Wegen der Verkehrsdurchsetzung bzw Berühmtheit dieser Digits sei bei der Feststellung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke von dem Grundsatz abzuweichen, daß bei Kombinationszeichen in der Regel der Wortbestandteil dominiere. Gerade weil "TELBA" auf "Telefon" hinweise - und damit zeichenrechtlich unbedeutend sei -, ließen die Digits den Gedanken an die Marken der Widersprechenden aufkommen, womit eine gedankliche Verwechslungsgefahr vorliege.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, die jüngere Marke zu löschen, sowie der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten aufzuerlegen.

Sie trägt vor, die Digits in ihrer Marke stellten das Piktogramm für ein Tastentelefon dar und seien damit nicht kennzeichnungskräftig. Derartige Markenbestandteile könnten eine Kombinationsmarke nicht prägen, so daß eine Verwechslungsgefahr schon aus diesem Grund ausscheide. Die von der Widersprechenden zur Bekanntheit ihrer Marke vorgelegte Umfrage vom April 1997 beziehe sich auf eine ganz andere Marke und belege nur, daß das magentafarbene "T" zusammen mit den durch die Mitte des Buchstabens laufenden grauen Digits Verkehrsgeltung genieße. Daß der Verkehr allein aus grauen Digits ohne irgendeinen Zusatz einen Hinweis auf die Widersprechende entnehme, werde in Abrede gestellt.

Ergänzend wird auf die patentamtlichen Beschlüsse sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist ohne Erfolg, denn zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Auch bei identischen Waren und Dienstleistungen haben die Marken genügend Abstand, um sowohl eine klangliche, bildliche oder gedankliche Verwechslungsgefahr hinreichend sicher auszuschließen.

Daß die Marken bei Benennungen klanglich nicht hinreichend sicher auseinandergehalten werden könnten, wird von der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren wohl nicht mehr behauptet. Es fehlt im übrigen an jeglichen Anhaltspunkten, daß die jüngere Marke anders als mit dem vollen Wortbestandteil "TELBA" benannt wird und daß dieser mit dem "T" in der älteren Marke verwechselt werden könnte. Unabhängig davon, ob den Digits jeweils (allein-)prägende Bedeutung zukommt, eignen sie sich jedenfalls nicht zur alleinigen Benennung.

Aber auch andere Arten der Verwechslungsgefahr sind ausgeschlossen. Bei der visuellen Gegenüberstellung der beiden Zeichen unterscheiden sie sich als Ganzes deutlich. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr käme nur dann in Betracht, wenn beide Marken durch ein und denselben Bestandteil nicht nur geprägt würden, sondern dieser auch optisch so hervorstechend wäre, daß ihm allein Hinweischarakter auf die Widersprechende zukommt. Dafür käme hier allein der Bildbestandteil, nämlich die 9 bzw 16 jeweils quadratisch angeordneten kleinen schwarzen bzw grauen Quadrate in Betracht. Dieses Digitquadrat, das in der jüngeren Marke möglicherweise ebenso wie das regelmäßiger anzutreffende Rechteck mit 4 x 3 Digits ein Piktogramm für ein Telefontastenfeld darstellt, befindet sich dort am Ende des Wortbestandteils "TELBA" und erreicht in seinen Ausmaßen noch nicht einmal die Größe eines einzelnen Buchstabens des vorausgehenden Wortes. Es ist also graphisch untergeordnet und zurückgesetzt. Voraussetzung für die selbständig kollisionsbegründende Stellung eines Markenbestandteils ist aber, daß dieser - entgegen dem Grundsatz, daß ein Zeichen von all seinen Bestandteilen bestimmt wird, - ausnahmsweise derart in den Vordergrund tritt, daß die weiteren Bestandteile für den Verkehr an Bedeutung verlieren und in den Hintergrund treten (stRspr zB BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Bei Wort-Bild-Marken liegt der Gedanke an die Alleinprägung des Bildbestandteils um so ferner, je unbedeutender, üblicher und beschreibender die zeichnerische Darstellung ist (vgl BGH GRUR 1996, 198 - springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 387 f, jeweils SABÉL/PUMA). Davon ist hier auszugehen. Soweit in dem Punktequadrat das Tastenfeld eine Telefons gesehen wird (als Darstellung der sich im Kernbereich befindlichen Zahlen 1 bis 9), ist dieser Bestandteil beschreibend und er wird deshalb weniger beachtet werden. Wenn der Betrachter nur das Digitquadrat an sich ohne Bezug zu einem Telefon wahrnimmt, so wird er an eine eher phantasielose graphische Gestaltung denken, die sich beim Betrachten der Gesamtkennzeichnung deutlich im Hintergrund hält. Es fehlt somit an jeglichen Anhaltspunkten dafür, daß der Gesamteindruck der Marke durch diesen untergeordneten Bildbestandteil geprägt wird.

An dieser Sichtweise ändert auch der Umstand nichts, daß die Widersprechende eine Vielzahl von Marken besitzt (von deren Benutzungsumfang im Übrigen nichts bekannt ist), die entweder allein aus Digits bestehen oder in denen Digits zusammen mit Buchstaben- oder Wortbestandteilen verwendet werden. Die Feststellung, ob der angesprochene Verkehr einem einzelnen Bestandteil der angegriffenen Marke prägende Wirkung beimißt, ist allein anhand der Gestaltung dieser Marke selbst zu treffen, auf die Frage, wie die Marken Dritter gestaltet sind, kommt es hierbei grundsätzlich nicht an (stRspr BGH aaO - springende Raubkatze; MarkenR aaO, - RAUSCH/ELFI RAUCH). Denn der Verkehr weiß beim Begegnen mit der jüngeren Marke nichts von der Prioritätslage der beiden Zeichen. Ob etwas anderes gilt, wenn sich der streitige Markenbestandteil bereits als Kennzeichnung für die ältere Marke durchgesetzt hat, kann hier dahinstehen, denn die Widersprechende hat noch nicht einmal behauptet, daß ein Bild von 16 quadratisch angeordnete Digits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke 1997 Verkehrsgeltung für die Widersprechende erlangt habe. Auch die Tatsache, daß nach dem Umfrageergebnis vom April 1997 71 % der Befragten eine andere Marke der Widersprechenden (ein magentafarbiges "T" mit mittig durchlaufenden 4 Digits) der Widersprechenden zurechneten, bedeutet nicht, daß die Widersprechende nunmehr Rechte gegen alle Kennzeichnungen im Telekommunikationsbereich zustünden, die Digits oder den Buchstaben "T" in jedweder Kombination mit anderen Bestandteilen verwenden. Das nämlich käme der Zuerkennung eines Elementenschutzes gleich, der dem Markenrecht aber grundsätzlich fremd ist.

Es besteht auch keine assoziative Verwechslungsgefahr. Deren Voraussetzungen (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl § 9 Rdn 211ff) liegen nicht vor. Wie sich aus den obigen Darlegungen ersehen lässt, ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Digits um einen Stammbestandteil handelt, der bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke Hinweischarakter auf die Widersprechende erlangt hatte. Die jeweils deutlich unterschiedlichen Erscheinungsformen der Digits in den von der Widersprechenden vorgelegten Marken sprechen eher gegen einen solchen Stammbestandteil, da sie möglicherweise eher als rein ausschmückendes Element angesehen werden, zumal solche Digits dem Publikum in vielfältigem Zusammenhang zB in Aufstellungen tagtäglich begegnen und sie deshalb allenfalls in einer irgendwie besonders auffälligen Zusammenstellung uU als charakteristisch hervorstechend angesehen werden mögen.

Die Digits sind auch nicht die Firmenkennzeichnung der Widersprechenden. Schließlich drängt auch der weitere Bestandteil TELBA in der angegriffenen Marke nicht den Schluß auf, den Digits komme HInweischarakter auf die Widersprechende zu. Denn TELBA mag zwar von Telefonbau abgeleitet sein, ist jedoch keine übliche Abkürzung für dieses Wort und daher nicht rein beschreibend.

Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich, denn es liegt weder eine neue Rechtsfrage vor, noch ist die Auslegung der Rechtsprechung zur Prägung eines Gesamtzeichens umstritten. Seit der oben genannten BGH-Entscheidung "RAUSCH/ELFI RAUCH" bzw BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA ist vielmehr umfassend festgelegt, unter welchen Umständen der Gesamteindruck einer Marke ausnahmsweise durch einen einzelnen Markenbestandteil geprägt wird.

Es liegen auch keine ausreichenden Gründe vor, einem der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Eine Abweichung von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG, wonach jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat, ist nur dann angezeigt, wenn das Verhalten eines Beteiligten dessen prozessualen Sorgfaltspflichten widerspricht. Das kann zB das Festhalten an einer Rechtsposition in einer (nahezu) aussichtslosen Situation sein. Seitens der obsiegenden Inhaberin der angegriffenen Marke ist derartiges ohnehin nicht erkennbar; seitens der Widersprechenden kann die Vielzahl der ihr zustehenden "T"...Marken sowie die Verkehrsbekanntheit zumindest einer dieser Marken als ein nachvollziehbarer Grund für das vollständige Durchführen des Widerspruchverfahrens gewertet werden.

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)117-00.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)117-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 12.02.2001
Az: 30 W (pat) 117/00


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