Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Februar 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 116/00

(BPatG: Beschluss v. 01.02.2001, Az.: 25 W (pat) 116/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat eine Beschwerde einer Anmelderin gegen die Zurückweisung ihrer Markenanmeldung abgewiesen. Die angemeldete Wortfolge "Tibet Rhodiola Tee" wurde für die Klassen "Arzneimittel, Tee, Lebensmittel" angemeldet. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die Markenstelle argumentierte, dass die Wortfolge freihaltebedürftig sei und nur eine Sachinformation über die Art und geographische Herkunft der Waren enthalte. Die Beschwerdekammer stimmte dieser Entscheidung zu und führte aus, dass die angemeldete Wortfolge ausschließlich Angaben enthielt, die der Bezeichnung der Art und geographischen Herkunft der Waren dienen könnten und daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sind. Die Anmelderin argumentierte, dass eine Überstrapazierung des Freihaltebedürfnisses vermieden werden solle, da die Fachbezeichnung nur einem kleinen Fachkreis bekannt sei. Das Gericht hielt jedoch fest, dass das Freihaltebedürfnis auf mehreren gleichwertigen beschreibenden Angaben basiere und nicht von der Bekanntheit der Bezeichnung abhängig sei. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Beschwerde keinen Erfolg haben könne.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 01.02.2001, Az: 25 W (pat) 116/00


Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortfolge Tibet Rhodiola Teeist am 16. Januar 1998 für "Arzneimittel, Tee, Lebensmittel" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen.

Der Erstprüfer hat dazu ausgeführt, die angemeldete Wortfolge sei freihaltebedürftig, weil sie im Verkehr zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit sowie der geographischen Herkunft der Waren dienen könne. Sie bezeichne Tee aus der Pflanze Rhodiola aus Tibet. Tibet komme als Herkunftsland für Rhodiola Tee auch ernsthaft in Betracht, da die Pflanze Rhodiola dort wachse und verschiedene Hersteller Rhodiola bzw Rhodiola Tee aus Tibet anböten. Im übrigen sei die Wortfolge auch nicht unterscheidungskräftig. Sie erschöpfe sich in der Beschreibung Art, Beschaffenheit und geographischen Herkunft der so gekennzeichneten Waren und enthalte keine darüber hinausgehende individualsierende Eigenart.

Diese Entscheidung hat die Erinnerungsprüferin bestätigt. Der angemeldeten Wortfolge fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, da sie lediglich eine Sachinformation über die Art der Ware verbunden mit einer geographischen Angabe enthalte. Der Verkehr sei daran gewöhnt, solche warenbezogenen Angaben werbemäßig in komprimierter Form auch mit mehr oder weniger einprägsamen Wortfolgen vermittelt zu bekommen. Die Wortfolge weise nicht das erforderliche Mindestmaß an phantasievoller Eigenart auf. Im übrigen bestehe auch ein Freihaltebedürfnis.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im Verfahren keinen konkreten Antrag gestellt hat und auch in der Sache nichts vorgetragen hat. Vor der Markenstelle hatte sie ausgeführt, daß der "Tibet Rhodiola Tee" aus dem tibetanischen Gebirge komme und seinen Ursprung in der tibetanischen Volksmedizin habe. In Höhen von 5000 Metern würden nur sehr widerstandsfähige Pflanzen wachsen, wie der "Tibet Rhodiola Tee". Die Pflanze werde speziell für die Anmelderin ausgesucht. In der angemeldeten Wortfolge liege zwar eine Beschreibung der Warenart sowie der geographischen Herkunft, dennoch dürfe ein eventuell zugrundeliegendes Freihaltebedürfnis nicht überspannt werden. Zum einen sei die Fachbezeichnung nur einem zahlenmäßig geringen Fachkreis bekannt. Zum anderen stünden den Mitbewerbern sinnverwandte Ausdrücke zur Verfügung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Prüfungsstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache konnte die Beschwerde jedoch keinen Erfolg haben, weil das Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG einer Eintragung der angemeldeten Marke entgegensteht.

Die angemeldete Wortfolge "Tibet Rhodiola Tee" enthält lediglich die geographische Herkunftsangabe "Tibet" verknüpft mit der Bezeichnung der Art oder der Beschaffenheit der Waren. "Rhodiola" ist die botanische Bezeichnung für die Pflanze "Rosenwurz" (vgl dazu ua Botanica, Das ABC der Pflanzen, 10.000 Arten in Text und Bild, 1998). Die Bezeichnung "Rhodiola Tee" liegt auf der Linie vergleichbarer Angaben wie etwa Kamillentee, Pfefferminztee, Fencheltee usw. Mit der Wortfolge wird demzufolge primär eine Teesorte beschrieben, die aus Tibet kommt und aus der "Rhodiola"-Pflanze gewonnen wird.

Für die beanspruchte Ware "Tee" bezeichnen die Markenwörter "Rhodiola Tee" die Art und die Beschaffenheit der Ware, das Wort "Tibet" bezeichnet die geographische Herkunft. Für die weiteren Waren "Lebensmittel" und "Arzneimittel" stellt sich die Wortfolge als eine Beschaffenheitsangabe verbunden mit der Angabe über die geographische Herkunft dar. Es erscheint nämlich ohne weiteres möglich, dass "Arzneimittel" oder auch "Lebensmittel" etwa als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, die Bestandteile oder auch Wirkstoffe der Rhodiola-Pflanze bzw der "Rhodiola-Teeblätter" enthalten, zumal es sich bei dieser Pflanze um eine Heilpflanze in der tibetanischen Volksmedizin handelt, wie die Anmelderin selbst ausführt. Als Beispiel für solche aus Heilpflanzen gewonnenen Erzeugnisse können etwa die Knoblauch oder Ginseng enthaltenden Produkte genannt werden.

Die angemeldete Wortfolge besteht damit für alle beanspruchten Waren ausschließlich aus Angaben, die der Bezeichnung der Art bzw Beschaffenheit und geographischen Herkunft der Waren dienen können und sie ist deshalb gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Der Umstand, dass die geographische Herkunftsangabe als Substantiv vorangestellt ist, führt nicht von einem rein warenbeschreibenden Verständnis weg. Bezeichnungen wie "tibetanischer Rhodiola Tee" oder "Rhodiola Tee aus Tibet" mögen grammatikalisch richtiger und sprachlich "schöner" sein als die bloße Aneinanderreihung der geographischen Herkunftsangabe und der Beschaffenheitsangabe. Gleichwohl entsteht durch die Abfolge der Angaben keine phantasievolle neue Bezeichnung. Vielmehr bleibt die rein beschreibende Gesamtsachaussage als solche ausschließlich im Vordergrund.

Die Anmelderin räumt selbst ein, dass es sich bei der von ihr angemeldeten Bezeichnung um eine warenbeschreibende Angabe handelt. Soweit sie ausführt, dass ein eventuell zugrundeliegendes Freihaltebedürfnis nicht überspannt werden dürfe, sei nur folgendes angemerkt: Für die Anwendung von Art 3 Abs 1 Buchstabe c der Markenrichtlinie und demzufolge auch die richtlinienkonforme Anwendung von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG reicht es, dass die zu beurteilende Bezeichnung geeignet ist, die Waren nach den in der gesetzlichen Vorschrift aufgeführten Merkmalen zu beschreiben, wenn nur eine entsprechende beschreibende Verwendung in Zukunft vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl EuGH- Chiemsee GRUR 1999, 723, 726 Tz 24 ff, 31, 35). Auch wenn die Anmelderin möglicherweise derzeit der einzige Anbieter von "Rhodiola Tee aus Tibet" ist, erscheint es durchaus möglich oder sogar wahrscheinlich, dass künftig auch andere Anbieter solche Waren im Inland vertreiben wollen. Demzufolge kann ein Bedürfnis an der freien Verwendung der Sachbezeichnung nicht verneint werden.

Der Umstand, dass den Mitbewerbern sinnverwandte Ausdrücke zur Verfügung stehen, um "Tibet Rhodiola Tee" zu beschreiben, führt zu keiner anderen Beurteilung und lässt das Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entfallen. Das Freihaltebedürfnis an warenbeschreibenden Angaben beschränkt sich nämlich nicht auf für die Warenbeschreibung unersetzliche Zeichen und Angaben, für die es keine Alternative gibt. Vielmehr muß den Mitbewerbern die freie Auswahl zwischen mehreren in gleicher Weise unmittelbar warenbeschreibenden Angaben erhalten bleiben (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 94 mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen; vgl auch die Entscheidung BPatG GRUR 1997, 832 reSp vorletzter Absatz "Bücher für eine bessere Welt", die inzwischen vom BGH bestätigt worden ist; vgl GRUR 2000, 882). Der Umstand, dass die Fachbezeichnung "Tibet Rhodiola Tee" nur einem zahlenmäßig geringen Fachkreis bekannt ist, kann bei der Schutzfähigkeitsbeurteilung nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG keine Rolle spielen, weil es hier um das Interesse und den Schutz der Mitbewerber an der freien Verwendbarkeit einer beschreibenden Angabe geht, das nicht von der Bekanntheit der Bezeichnung in den allgemeinen Verkehrskreisen abhängt.

Im Hinblick auf das bestehende Freihaltebedürfnis kann dahinstehen, ob der angemeldeten Wortfolge auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Nach alledem konnte die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg haben.

Kliems Brandt Knoll Ko






BPatG:
Beschluss v. 01.02.2001
Az: 25 W (pat) 116/00


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