Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 161/04

(BPatG: Beschluss v. 14.11.2006, Az.: 33 W (pat) 161/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2003 und vom 27. April 2004 mit der Maßgabe teilweise aufgehoben, dass die Marke 300 66 287 wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 48 767 für folgende Dienstleistungen gelöscht wird:

"Technische Beratung zur Implementierung und Weiterentwicklung von Systemen der Informations- und Kommunikations-Technologie;

Beratung in technischer Hinsicht zur Beschaffung von Hard- und Software, die eine Lieferanten und Produktauswahl beinhaltet".

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 300 66 287 Grafikfür Klasse 35: Unternehmensverwaltung;

Klasse 36: Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen;

Klasse 42: Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; technische, organisatorische und finanzielle Beratung zur Implementierung und Weiterentwicklung von Systemen der Informations- und Kommunikations-Technologie; Beratung in technischer, organisatorischer und finanzieller Hinsicht zur Beschaffung von Hard- und Software, die eine Lieferanten- und Produktauswahl beinhaltet.

(Dienstleistungsverzeichnis nach dem mit Schriftsatz vom 8. November 2006 erklärten (Teil-)Verzicht auf die Dienstleistung "Telekommunikation")

ist Widerspruch erhoben worden aus der Buchstaben-/Bildmarke 398 48 767 Grafikfür Druckschriften, Zeitschriften, Bücher, Vordrucke; technische und betriebswirtschaftliche Beratung; Dienstleistungen von Patent- und Rechtsanwälten, insbesondere Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten, Recherchen technischer und rechtlicher Art, technische und rechtliche Beratung sowie gutachterliche Tätigkeit, Übersetzungen, Dolmetschen, Verwaltung fremder Sachen und Rechte, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten, Ausarbeitung von Verträgen, insbesondere von Lizenzverträgen, Vertretung in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes, Anfertigung von technischen Zeichnungen, insbesondere von Patentzeichnungen, Empfang und Übermittlung von Informationen in Online-Diensten sowie im Internet; Ausführung von Schreibarbeiten für Dritte.

Der Widerspruch ist zunächst unbeschränkt erhoben worden. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2001 haben die Widersprechenden beantragt, "die angefochtene Anmeldemarke für alle (verbliebenen) Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 zu löschen". Mit weiterem Schriftsatz vom 7. November 2006 haben die Widersprechenden erklärt, dass der Widerspruch hinsichtlich der Klasse 36 zurückgenommen wird.

Mit Beschlüssen vom 24. September 2003 und 27. April 2004, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den beiderseitigen Marken keine Gefahr von Verwechslungen. Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen lägen teilweise im mittleren Ähnlichkeitsbereich. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei demnach von der angegriffenen Marke ein durchschnittlicher Abstand zur Widerspruchsmarke zu fordern. Dieser werde von der jüngeren Marke eingehalten. Der Wortbestandteil "RESOURCE BROKERS" finde in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung, so dass die Marken in ihrer Gesamtheit weder klangliche noch schriftbildliche Ähnlichkeit zueinander aufwiesen.

Zwar könne eine Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck auch dann festgestellt werden, wenn ein übereinstimmender Bestandteil der Marken in diesen eine selbstständig kennzeichnende Stellung besitze. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass das kreisumrandete "R" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke präge. Vielmehr sprächen die räumliche Anordnung und die Nähe der einzelnen Bestandteile innerhalb der angegriffenen Marke dafür, dass der Verkehr darin einen Gesamtbegriff erkenne. Zudem bereite die isolierte Benennung einer grafischen Gestaltung in der Zeichenmitte dem Verkehr Schwierigkeiten. Denn das umrandete "R" verfüge im Gegensatz zum @-Symbol weder über einen Sinngehalt noch sei es eindeutig lautsprachlich erfassbar. Daher richte der Verkehr sein Augenmerk auf die zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wortbestandteile "RESOURCE" und "BROKERS". Bei diesen Wörtern handele es sich nicht um glatt beschreibende Angaben. Vielmehr lasse sich die Wortzusammensetzung "RESOURCE BROKERS" mit "Makler in Gelddingen" bzw. "Vermittler von Geldmitteln" übersetzen. Selbst wenn man von einer Kennzeichnungsschwäche dieses Bestandteils ausginge, dürfe er nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben. Damit seien die Zeichen in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen, so dass klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Verwechslungen angesichts der zusätzlichen Wortbestandteile der angegriffenen Marke ausschieden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen. Entgegen der Auffassung der Markenstelle präge der grafisch ausgestaltete Buchstabe "R" den Gesamteindruck der jüngeren Marke. Denn bei dem weiteren (Wort-)Bestandteil "RESOURCE BROKERS" handele es sich um den Firmennamen der Anmelderin, der erfahrungsgemäß als Unternehmenskennzeichen gegenüber den weiteren Bestandteilen zurücktrete. Selbst wenn dieser Firmenname nicht bekannt sein sollte, so entstehe beim Verkehr aufgrund des Begriffs "BROKER" dennoch der Eindruck eines Unternehmenskennzeichens. Auch habe das Wort Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Daher sei davon auszugehen sei, dass der Wortbestandteil der jüngeren Marke einen beschreibenden Anklang aufweise. Der Verkehr werde die Marke somit nicht mit "RESOURCE BROKERS" benennen. Vielmehr sei von einer Prägung der jüngeren Marke durch das an ein @-Symbol angelehnte Zeichen "R" auszugehen. Dieser Markenbestandteil befinde sich in der Mitte des Zeichens und überwiege den weiteren Bestandteil erheblich. Die räumliche Anordnung führe nicht dazu, die Marke als Gesamtbegriff anzusehen, sondern vielmehr zu einer Trennung zwischen der Unternehmenskennzeichnung und dem Bestandteil "R". Zudem präge sich der Bestandteil "R im nicht geschlossenen Kreis" besonders gut beim Verkehrsteilnehmer ein, denn es handle sich um eine ungewöhnliche Abwandlung des bekannten Zeichens "@", die schon allein deswegen hervortreten und in Erinnerung bleiben werde. Wegen seiner Kennzeichnungsstärke, der Stellung im Zentrum des Zeichens sowie seiner Originalität und Größe präge der Bestandteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke, so dass die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen bestehe.

Zudem bestehe die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Auch außerhalb des Bestehens einer Zeichenserie könne eine solche assoziative Verwechslungsgefahr bei Übereinstimmungen in Teilbereichen oder aus anderen Gründen vorliegen. Vorliegend erweckten beide Marken den Eindruck, es handele sich um Marken desselben Unternehmens. Der zusätzliche Bestandteil "RESOURCE BROKERS" der jüngeren Marke vermittle den Eindruck, die Widersprechende bezeichne ihre Dienstleistungen je nach Bereich einmal mit der (Basis-)Marke "R im nicht geschlossenen Kreis" und ein weiteres Mal mit der um den Bestandteil "RESOURCE BROKERS" ergänzten Marke "RESOURCE R BROKERS".

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle vom 24. September 2003 und vom 27. April 2004 aufzuheben und die Marke 300 66 287 wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 48 767 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke bittet um Entscheidung nach Lage der Akten. Von einer inhaltlichen Erwiderung auf die Beschwerde hat sie abgesehen. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie daraufhingewiesen, dass die Widerspruchsmarke lediglich für Dienstleistungen von Patent- und Rechtsanwälten geschützt sei. Damit sei nicht ersichtlich, inwiefern zwischen den jeweiligen Dienstleistungen Berührungspunkte bestünden. Auch fehle es an einer Ähnlichkeit der Marken. Die Wortfolge "RESOURCE BROKERS" sei hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen nicht beschreibend. Vielmehr handele es sich um eine fantasievolle Angabe, die einer Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten zugänglich sei. Soweit die Übersetzung "Makeln bzw. Vermittlung von Geldmitteln bzw. Dienstleistungen" zu Grunde zu legen sei, würden solche Dienstleistungen von der jüngeren Marke nicht beansprucht. Zudem werde die angegriffene Marke nicht als Marke aufgefasst, bei der dem Verkehr ein bekannter Firmenname unter Hinzufügung einer weiteren Kennzeichnung gegenübertrete, die eine besondere Ware oder Dienstleistung des Unternehmens bezeichne. Die Inhaberin der angegriffenen Marke biete gerade keine Dienstleistungen an, die mit dem Element "R im Kreis" gekennzeichnet seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr sich zur Benennung der angegriffenen Marke allein des Bestandteils "R im Kreis" bedienen und die ebenfalls kennzeichnungskräftigen Bestandteile "RESOURCE BROKERS" vernachlässigen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle und der Inhaberin der angegriffenen Marke besteht hinsichtlich der in Ziffer 1. des Entscheidungsausspruchs genannten Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH Mitt. 06, 512 - LIFE/THOMSON m. w. N.).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Zwar muss die grafische Ausgestaltung eines Buchstabens nach Art des @-Symbols inzwischen auch dann als werbeüblich angesehen werden, wenn es sich bei dem so ausgestalteten Buchstaben nicht um ein "a" handelt (vgl. z. B. 29. Senat des Bundespatentgerichts vom 20. Juni 2002 (29 W (pat) 57/01) - "Computer" (mit "t" als Klammeraffe, veröffentlicht in Mitt. 2002, 28) und vom 22. Oktober 2003 (29 W (pat) 194/01) - "K" (als Klammeraffe). In diesen Entscheidungen ist ausgeführt worden, dass solche Ausgestaltungen einzelner Buchstaben nach Art des @-Symbols (etwa "t" innerhalb von "Computer" und "K" als Anfangsbuchstabe von "Kommunikation") lediglich einen Bezug zum Internet und sonstigen Kommunikations- und Datennetzen andeuten, wobei ein aktueller Trend im Sinne der Nutzung elektronischer Möglichkeiten zum Ausdruck gebracht wird.

Allerdings kann hier nicht festgestellt werden, dass dem in der Widerspruchsmarke verkörperten Einzelbuchstaben "R" auf dem hier relevanten Dienstleistungsgebiet eine Kennzeichnungsschwäche zukommt. Ein etwaiger beschreibender Bedeutungsgehalt ist von den Beteiligten nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Auch aus dem Buchstabencharakter als solchem folgt keine Kennzeichnungsschwäche Einzelbuchstaben sind seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes grundsätzlich schutzfähig (BGH GRUR 2001, 161 - K; GRUR 03, 343 - Z). Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass Buchstabenmarken nicht per se eine verminderte Kennzeichnungskraft zukommt (BGH GRUR 02, 626 - IMS; GRUR 02, 1067 - DKV/OKV).

b) Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen liegen im Umfang der von der Löschungsanordnung betroffenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Identitätsbereich. Die für die jüngere Marke eingetragene Dienstleistung "technische Beratung zur Implementierung und Weiterentwicklung von Systemen der Informations- und Kommunikations-Technologie" ist in der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "technische Beratung" als Unterbegriff vollständig enthalten. Gleiches gilt für die Dienstleistung "Beratung in technischer Hinsicht zur Beschaffung von Hard- und Software, die eine Lieferanten- und Produktauswahl beinhaltet", da es sich hierbei ebenfalls um einen Ausschnitt von technischer Beratung handelt.

c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Zwar unterscheiden sich die beiderseitigen Marken schon durch die unüberhör- und unübersehbaren Wortbestandteile "RECOURCE" und "BROKERS" der jüngeren Marke so deutlich voneinander, dass jegliche klangliche, bildliche und begriffliche Ähnlichkeit ausgeschlossen ist. Jedoch sind Marken nicht stets in allen jeweiligen Merkmalen zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9, Rdn. 232, 235 m. w. N.).

Für eine solche Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke durch das grafisch ausgestalteten "R" spricht zunächst dessen größenmäßige Herausstellung. Allein der Buchstabe "R" hat etwa die dreifache Größe der Buchstaben der Wortbestandteile, ragt nach oben über die Wortbestandteile hinaus und muss schon deshalb auf den ersten Blick als zentraler Blickfang wahrgenommen werden. Dieser Effekt wird durch die umrahmende Ausgestaltung als @-Symbol noch verstärkt. Zudem stellt das grafisch herausgestellte "R" eine Wiederholung des ersten Buchstabens der Wortgruppe "RESOURCE BROKERS" dar, so dass er sich auch als repräsentierender Kenn- und Merkbuchstabe hierfür anbietet.

Andererseits wird sich der Verkehr regelmäßig an den Wortbestandteilen einer Kombinationsmarke orientieren, da diese in der Regel die präzisierte Benennung der Gesamtmarke gewährleisten. Hier allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Wortkombination "Resource Brokers" für die von der Löschungsanordnung erfassten EDV-orientierten technischen Beratungsdienstleistungen offensichtlich um einen Fachbegriff aus der Netzwerktechnik handelt. Mit der - später aufgehobenen - Ladung vom 22. September 2006 zur mündlichen Verhandlung hat der Senat den Beteiligten verschiedene Internetausdrucke mitgeteilt, aus denen die Bedeutung von "resource broker" als beschreibender Fachbegriff hervorgeht, etwa:

www.francetelecom.com/en/group/rd/news/thematique/dossier_mois/...:

"Glossary ... Resourcebroker: In a computer grid, the service that provides the bridge between resource demands and available resources.";

www.cis.uab.edu/ccl/papers/ResourceBroker/RoleOfTheResourceBroker.html:

"...This paper describes a resource broker with it main function being to match the available resources to the users requests ...".

Damit muss damit gerechnet werden, dass die Wortgruppe "RESOURCE BROKERS" von maßgeblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um Fachleute auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung handelt, als vorrangig beschreibender Hinweis auf den Schwerpunkt der technischen Beratungsdienstleistungen aufgefasst wird. Die Wortbestandteile treten daher nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Kennzeichnungskraft deutlich hinter den normal kennzeichnungskräftigen (s. o. a)) und optisch ohnehin bereits dominierenden grafisch ausgestalteten Buchstaben "R" zurück. Unter diesen Umständen muss davon ausgegangen werden, dass dieser Buchstabenbestandteil innerhalb der angegriffenen Marke eine den Gesamteindruck prägende, selbständig kennzeichnende Stellung hat. Wegen der Identität dieses Bestandteils mit der Widerspruchsmarke muss nach alledem eine (teilweise) Gefahr von Verwechslungen festgestellt werden, so dass die jüngere Marke teilweise zu löschen ist.

2. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Hinsichtlich der für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistung "Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung" kann eine Verwechslungsgefahr schon deshalb nicht festgestellt werden, weil es insoweit an jeglicher Dienstleistungsähnlichkeit fehlt. So ist nicht erkennbar, welche wirtschaftlichen Berührungspunkte zu den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke bestehen sollen. Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen ist eine spezielle EDV-technische Dienstleistung, die üblicherweise von Programmierern erbracht wird. Diese erbringen wiederum keine Dienstleistungen, die für die Widersprechende geschützt sind.

Auch hinsichtlich der für die jüngere Marke eingetragenen betrieblichorganisatorischen und finanziellen Dienstleistungen, nämlich "Unternehmensverwaltung" und "organisatorische und finanzielle Beratung zur Implementierung und ..."; "Beratung in organisatorischer und finanzieller Hinsicht zur Beschaffung von ..." kann eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden. Zwar besteht insoweit eine Ähnlichkeit zu den für die Widersprechende geschützten Dienstleistungen "betriebswirtschaftliche Beratung", jedoch fehlt es an der erforderlichen Ähnlichkeit der Marken, da die jüngere Marke bei diesen Dienstleistungen nicht allein vom grafisch ausgestalteten "R" geprägt wird. Denn für betrieblichorganisatorische und finanzielle Dienstleistungen kann ein im Vordergrund stehender beschreibender Charakter der abweichenden Bestandteile "RESOURCE BROKERS" nicht festgestellt werden, so dass sie nicht - wie bei rein technischen EDV-Dienstleistungen (s. o.) - wegen ihrer mangelnden Kennzeichnungskraft hinter das grafisch ausgestaltete "R" zurücktreten. Zwar mag auch hier die Angabe RESOUR-CE BROKERS i. S. eines Fachbegriffs aus der Netzwerktechnik als Angabe über den (technischen) Gegenstand in Betracht kommen, auf den sich etwa die organisatorischen und finanziellen Beratungsdienstleistungen beziehen können. Zugleich wird für solche nichttechnischen Dienstleistungen aber genauso gut auch die direkte Wortbedeutung als Makler bzw. Vermittler von Ressourcen in Betracht kommen. Mit dieser Bedeutung wirkt die Bezeichnung "RESOURSE BROKERS" allerdings vage und unpräzis, da ein "Ressourcenmakler" o. Ä. nicht bekannt ist und ohne weitere Erläuterung nicht klar wird, was mit dieser Wortfolge eigentlich bezeichnet werden soll. Insbesondere ergänzt sich die mögliche Bedeutung eines wirtschaftlichfinanziellen "Ressourcenmaklers" in keiner Weise sinnvoll mit der bereits o. g. Bedeutung als Fachbegriff aus der Netzwerktechnik, worin sich der vorliegende Fall von den im Fall EuGH GRUR 2004, 146 - Doublemint behandelten Bedeutungsmöglichkeiten unterscheidet.

Nach alledem muss der Wortkombination "RESOURC BROKERS" für Unternehmensverwaltung und die organisatorischen und finanziellen Beratungsdienstleistungen eine noch so große Kennzeichnungskraft attestiert werden, dass sie in ihrer Bedeutung für den Gesamteindruck der jüngeren Marke nicht hinter das grafisch ausgestaltete "R" zurücktritt, so dass dieser Bestandteil für diese Dienstleistungen nicht den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägt.

Auch kann ihr keine selbständig kennzeichnende Stellung i. S. d. Entscheidung EuGH GRUR 2005, 1042 - Thomson Life zugestanden werden. So gibt es im Gegensatz zur Auffassung der Widersprechenden keine ausreichenden Hinweise darauf, dass der Verkehr im Wortbestandteil "RESOURCE BROKERS" einen Unternehmenshinweis sieht, was für die selbständig kennzeichnende Stellung des "R"-Logos sprechen könnte. Die Wortfolge ist nicht als Unternehmenshinweis bekannt und stellt im Gegensatz etwa zu "Broker House" auch keinen typischen Unternehmenshinweis dar. Vom Verkehr kann im Übrigen auch nicht die Kenntnis der Firma der Markeninhaberin erwartet werden. Insgesamt sind damit für die nichttechnischen Dienstleistungen keine ausreichenden Hinweise auf eine selbständig kennzeichnende Stellung vorhanden, die zur Vermeidung eines Elementenschutzes auch nur zurückhaltend angenommen werden darf.

Aus ähnlichen Gründen kann insoweit auch keine assoziative Verwechslungsgefahr angenommen werden. Für einen Hinweischarakter des "R"-Logos finden sich hier keine zureichenden Anhaltspunkte. Weder besteht eine "R"-Logo-Zeichenserie der Widersprechenden noch sprechen der Aufbau der jüngeren Marke mit dem "R"-Logo innerhalb eines aus zwei Wörtern bestehenden Wortbestandteils für eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens. Hiergegen spricht im Übrigen auch, dass die Widerspruchsmarke ausschließlich aus dem fraglichen Stammbestandteil besteht.

Damit kann für die Unternehmensverwaltung und die nichttechnischen Beratungsdienstleistungen der jüngeren Marke keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden so dass die Beschwerde teilweise zurückzuweisen war.

3. Zur Klarstellung sei angemerkt, dass für die Dienstleistungen der Klasse 36 (Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen) keine Entscheidung erforderlich war, weil sich der Widerspruch hierauf nicht (mehr) erstreckt. Nachdem der Widerspruch zunächst unbegrenzt erhoben worden ist, haben die Widersprechenden mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2001 beantragt, "die angefochtene Anmeldemarke für alle (verbliebenen) Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42 zu löschen" und damit sinngemäß eine Teilrücknahme des Widerspruchs erklärt. Diese kann später nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 42, Rdn. 35 m. w. N.), so dass spätere, auf die gesamte Löschung der angegriffenen Marke lautende Anträge der Widersprechenden insoweit unbeachtlich sind. Mit Schriftsatz vom 7. November 2006 haben die Widersprechenden dann auch klargestellt, dass der Widerspruch hinsichtlich der Klasse 36 zurückgenommen worden ist.

Nachdem die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 8. November 2006 auch auf die Dienstleistung "Telekommunikation" verzichtet hat, bedurfte es im Übrigen auch insoweit keiner Entscheidung mehr.






BPatG:
Beschluss v. 14.11.2006
Az: 33 W (pat) 161/04


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