Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 6. August 1999
Aktenzeichen: 6 U 34/98

(OLG Köln: Urteil v. 06.08.1999, Az.: 6 U 34/98)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.01.1998 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 43/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 100.000,00 DM und hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs 15.000,00 DM. Beiden Parteien wird gestattet, die jeweilige Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand

Die Klägerin ist nach ihrer Darstellung seit 1993 Herausgeberin eines Verzeichnisses, in das sich Rechtsanwälte mit ihren selbst angegebenen Tätigkeitsschwerpunkten und Qualifikationen gegen Zahlung eines Entgeltes eintragen lassen können. Dieses auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzte Verzeichnis ist, was die Beklagte allerdings bestreitet, 1996 in einem Europa erfassenden Verzeichnis "International Correspondence Lawyers" aufgegangen. Wegen des Aussehens und des Inhalts dieses Verzeichnisses wird auf die Original-Ausgaben für die Jahre 1997 und 1998 verwiesen, die die Beklagte mit ihrer Berufungserwiderung vom 01.09.1998 zu den Akten gereicht hat. Die in englischer Sprache ausgestalteten, die Länder Argentinien bis Zimbabwe umfassenden Verzeichnisse enthalten Informationen über Rechtsanwälte. Sie geben z.B. die genaue Namensbezeichnung des Anwalts und seiner Sozietät, seinen Sitz, seine Telefon- und Faxnummer, seine E-Mail und Homepage-Adresse, seine Interessenfelder, seine Korrespondenz-Sprachen etc. wieder. Mit ihren Verzeichnisangaben ist die Klägerin, was im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.06.1999 zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, auch im Internet vertreten.

Die Beklagte, die bis Oktober 1998 "Anwalt-Suchservice I. für anwaltliche Dienstleistungen GmbH" hieß und nunmehr als "Anwalt-Suchservice Verlag Dr. O.S. GmbH" firmiert, betreibt einen sog. Anwalt-Suchservice. Sie gibt Rechtsuchenden Daten von Anwälten mit Tätigkeitsschwerpunkten und Qualifikationen bekannt. Die Aufnahme in die von der Beklagten geführte Datenbank erfolgt gegen Zahlung eines entsprechenden Entgelts. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits wie auch des ihm vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahrens 81 O 861/95 LG Köln (= 6 U 69/96 OLG Köln) ist die Art und Weise, in der die Beklagte auf ihre "Kooperation" mit der Bundesrechtsanwaltskammer hinweist. Jedenfalls gegenüber Rechtsanwälten - ob das auch gegenüber Privatpersonen geschehen ist oder ob eine solche Handlung droht, ist zwischen den Parteien streitig - benutzte die Beklagte in Presse- und Informationsmitteilungen, Aufnahmebögen und Visitenkarten unmittelbar unter ihrer (damaligen) Firma den Zusatz

"in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer",

und zwar wie nachstehend wiedergegeben:

pp.

Der von der Klägerin als irreführend angegriffene Hinweis "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" geht auf einen Vertrag zurück, den die Bundesrechtsanwaltskammer und der Verlag Dr. O.S. KG am 27./28.04.1994 geschlossen und als "Kooperationsvertrag" bezeichnet haben. In diesem Vertrag, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 43 ff. d.A.), heißt es in der Präambel, der Anwalt-Suchservice sei eine Auskunftseinrichtung für Rechtsuchende, die über das Dienstleistungsangebot von Rechtsanwälten informiere. Rechtsanwälte, die Mitglieder der Beklagten seien, würden mit ihren Interessenschwerpunkten nach Selbsteinschätzung in einer Datenbank geführt, aus der schriftliche und telefonische Auskünfte an Rechtsuchende erteilt würden.

Die Angaben von Interessenschwerpunkten erfolgen anhand eines vom Anwalt-Suchservice vorgegebenen Katalogs von Tätigkeitsbereichen, von denen der Anwalt eine begrenzte Zahl angeben kann. Zusätzlich zu den Interessenschwerpunkten werden in der Datenbank auch weitere Angaben, z.B. besondere Qualifikationen wie "Fachanwalt", "Steuerberater" etc. sowie sonstige Fähigkeiten und Kenntnisse wie z.B. "Sprachkenntnisse", "technische Kenntnisse" usw. aufgenommen. Der Anwalt-Suchservice erteilt über eine bundesweite Service-Telefonnummer Auskunft aus diesem Verzeichnis. Diese ist - abgesehen von den Telefongebühren - für den Anrufenden kostenlos. Den Rechtsuchenden werden dabei auf Anfrage für ein bestimmtes Fachgebiet bzw. einen Interessenschwerpunkt in einer Stadt bzw. in Stadtteilen mehrere Rechtsanwälte, in der Regel drei Anwälte, nach der alphabetischen Reihenfolge benannt, sofern zu diesem Fachgebiet bzw. Interessenschwerpunkt mehrere Anwälte in der Datenbank verzeichnet sind.

Neben der Auskunftserteilung über das Dienstleistungsangebot inländischer Rechtsanwälte gibt der Anwalt-Suchservice auch Auskunft über das Dienstleistungsangebot ausländischer Rechtsanwälte. Bei dem Nachweis ausländischer Rechtsanwälte geht es nach dem Inhalt des vorgenannten Kooperationsvertrages vorrangig darum, Rechtsanwälten oder Sozietäten, wenn möglich mit entsprechendem Interessenschwerpunkt, zu benennen, mit denen in deutscher Sprache korrespondiert werden kann und die bereits mit einem deutschen Anwalt zusammenarbeiten. Dazu gehört auch der Nachweis von deutschen Rechtsanwälten bzw. Sozietäten, die im Ausland niedergelassen sind. Nach dem Inhalt des Vertrages ist beabsichtigt, das Dienstleistungsangebot des Anwalt-Suchservice nicht nur auf schriftliche und telefonische Auskünfte aus der Datenbank zu beschränken, sondern auch andere Informationsmöglichkeiten, z.B. durch elektronische Medien, für die Information über das Dienstleistungsangebot von Rechtsanwälten zu nutzen. Ausdrücklich heißt es dann, mit dem Abschluß des Kooperationsvertrages übernehme die Bundesrechtsanwaltskammer keine wirtschaftliche Verantwortung oder Mitverantwortung für den Anwalt-Suchservice bzw. die Beklagte. Der Kooperationsvertrag solle vielmehr sicherstellen, daß die Bundesrechtsanwaltskammer im Interesse der Anwaltschaft auf berufsrechtliche und berufspolitische Entscheidungen durch Beteiligung in den entsprechenden Gremien einwirken könne.

In dem ebenfalls am 17./28.04.1994 zwischen dem Verlag Dr. O.S. KG und der Bundesrechtsanwaltskammer vereinbarten "Statut für den Beirat und den Geschäftsführungs-Ausschuß" ist u.a. bestimmt, daß bei der Beklagten ein Beirat gebildet wird. Der Beirat besteht aus 9 Mitgliedern, die allesamt als Rechtsanwalt zugelassen sein müssen. 5 Beiratsmitglieder werden vom Präsidium der Bundesrechtsanwaltskammer, 4 Beiratsmitglieder durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten benannt und berufen. § 6 Abs. 1 des "Statuts" gewährt dem Beirat ein Anhörungsrecht in bestimmten Angelegenheiten. Nach § 6 Abs. 3 des Statuts ist der Beirat in allen grundsätzlichen berufsrechtlichen Fragen an die Auffassung des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer gebunden. Nach § 7 Abs. 1 des Statuts berät der Geschäftsführer-Ausschuß die Geschäftsführung der Beklagten und bereitet die Sitzungen des Beirates vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des vorgenannten Statuts wird auf Blatt 55 ff. d.A. verwiesen.

Die Klägerin, deren Prozeßführungsbefugnis/Aktivlegitimation von der Beklagten bestritten worden ist, hat die Auffassung vertreten, der Hinweis "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" verstoße in der konkreten Form, und zwar im unmittelbaren Zusammenhang mit der Firmenbezeichnung der Beklagten, gegen § 3 UWG, weil der Hinweis Verflechtungen auch wirtschaftlicher Art mit der Bundesrechtsanwaltskammer suggeriere. Die Informationsmappe mit dem streitgegenständlichen Kooperationshinweis sei nicht nur an Rechtsanwälte, sondern auch an Rechtsuchende verteilt worden. Sie - die Klägerin - gebe ihr Verzeichnis seit 1993 heraus, es sei 1996 in dem Verzeichnis "International Correspondence Lawyers" aufgegangen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr wie vorstehend wiedergegeben zu äußern, sie betreibe den Anwalt-Suchservice "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer".

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das weitere Erscheinen des sich ohnehin nur an Korrespondenzanwälte richtenden Verzeichnisses der Klägerin bestritten und Rechtsmißbrauch im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG eingewandt. In der Sache selbst hat sie eine Irreführung in Abrede gestellt und ausgeführt, unstreitig habe die Bundesrechtsanwaltskammer dem fraglichen Kooperationshinweis ausdrücklich zugestimmt. Im übrigen seien die institutionalisierten Mitwirkungsrechte der Bundesrechtsanwaltskammer sehr weitgehend. Sie rechtfertigten den Hinweis auf die Kooperation.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 200 ff. d.A.), hat das Landgericht die Beklagte dem Antrag der Klägerin folgend zur Unterlassung verurteilt. Es hat ausgeführt, die konkrete Art der Darstellung des Kooperationshinweises, nämlich im Zusammenhang mit der Firmenbezeichnung der Beklagten, erwecke den unzutreffenden Eindruck, zwischen ihr und der Bundesrechtsanwaltskammer bestünden auch Verflechtungen wirtschaftlicher Art. Im übrigen hat es zur Begründung im Wesentlichen auf das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.02.1996 in dem diesem Rechtsstreit vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O 861/95 LG Köln und das die Berufung gegen dieses Urteil zurückweisende Urteil des Senats vom 22.11.1996 (6 U 69/96) verwiesen.

Gegen das ihr am 02.02.1998 zugestellte Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 23.01.1998 - 81 O 43/97 - hat die Beklagte am 27.02.1998 Berufung eingelegt und diese nach mehrfacher Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zuletzt zum 29.06.1998 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, die Klägerin sei mit ihrem Verzeichnis "International Correspondence Lawyers" im deutschen Markt nicht vertreten. Nicht bestreiten könne sie allerdings die Internet-Präsenz der Klägerin. Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmißbräuchlich, weil es ihr nur darum gehe, sie - die Beklagte - zu schädigen. Die Angabe "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" sei in der konkreten Form auch nicht irreführend im Sinne des § 3 UWG. Die Ausführungen des Senats in seinem das vorauslaufende Verfügungsverfahren beendenden Urteil vom 22.11.1996 bedürften der Überprüfung und Änderung. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrags der Beklagten wird der Inhalt ihrer Berufungsbegründung vom 30.06.1998 und ihrer Schriftsätze vom 10. und 23.02.1999 (Blatt 246 ff., Blatt 380 ff. und Blatt 388 ff. d.A.) in Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Sie behauptet, sie habe ursprünglich ein rein deutsches Anwalts-Verzeichnis herausgegeben, dieses sei in dem unter der Bezeichnung "International Correspondence Lawyers" herausgegebenen internationalen Anwaltsverzeichnis aufgegangen. Dieses internationale Verzeichnis sei auch in den Jahren 1997, 1998 und auch 1999 erschienen. Alle Verzeichnisse verfügten über eine jährliche Auflagenstärke von 20000 Exemplaren. Die Verzeichnisse seien allerdings nicht im Buchhandel, sondern nur über ihren - der Klägerin - Verlag zu beziehen. Außerdem sei sie, was zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, seit 1998 unter der Adresse "www.d......de" im Internet vertreten. Bis einschließlich 1997 habe sie auch eine CD-ROM-Version des Verzeichnisses "International Correspondence Lawyers" vertrieben. Diese CD-ROM werde nur mit Rücksicht darauf nicht mehr angeboten, daß die Daten nunmehr im Internet abrufbar seien. Die Werbung der Beklagten mit dem Kooperationshinweis sei, so behauptet die Klägerin, nicht nur gegenüber Rechtsanwälten erfolgt und nur für diese bestimmt. Die Beklagte verspreche vielmehr unstreitig werblich eine "Gemeinschaftswerbung für alle dem Anwalt-Suchservice angeschlossenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in den Massenmedien". Der firmenmäßige Kooperationshinweis sei auf den Geschäftsbriefbögen der Beklagten enthalten, diese Briefe würden gegenüber jedermann, also auch Privatpersonen, verwendet. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrags der Klägerin wird auf den Inhalt ihrer Berufungserwiderung vom 01.09.1998 (Blatt 268 ff. d.A.) und ihrer Schriftsätze vom 28.01.1999 (Blatt 288 ff. d.A.) und 03.03.1999 (Blatt 400 ff. d.A.) verwiesen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen. Die Akte 6 U 69/96 OLG Köln lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 01.07.1999 (Blatt 457 ff. d.A.) hat vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Beklagten zu Recht die Verwendung des Hinweises "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" in der von der Klägerin konkret beanstandeten und im Tatbestand dieses Urteils in Schwarz-Weiß-Kopie wiedergegebenen Gestaltung untersagt, und zwar ohne daß es in tatsächlicher Hinsicht darauf ankäme, ob sich dieser werbliche Hinweis ausschließlich an Rechtsanwälte oder auch an Rechtsuchende richtet. Denn in Übereinstimmung mit dem Landgericht ist weiterhin davon auszugehen, daß die angegriffene Form der Verwendung des Hinweises "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" unzulässig ist, weil ein nicht unbeachtlicher Teil der davon angesprochenen Rechtsanwälte über die Art und den Umfang der Kooperation der Beklagten mit der Bundesrechtsanwaltskammer in wettbewerblich relevanter Weise irregeführt wird. Die Klägerin kann deshalb von der Beklagten gemäß § 3 UWG Unterlassung in der beantragten Form verlangen.

Auch nach nochmaliger Überprüfung hält der Senat an seinen Ausführungen in seinem das einstweilige Verfügungsverfahren abschließenden Urteil vom 22.11.1996 fest, daß die konkret angegriffene Form der Verwendung des Hinweises "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" irreführend und deshalb zu unterlassen ist. Allerdings kann im Gegensatz zum Verfügungsverfahren nach dem Berufungsvorbringen der Parteien nunmehr nicht mehr davon ausgegangen werden, die Beklagte verwende diesen Hinweis nicht nur gegenüber Anwälten, sondern auch gegenüber Rechtsuchenden. Denn die Klägerin hat für ihre Behauptung, einer ihrer Mitarbeiter, der allein wegen seines Alters und seines Aussehens nicht habe Anwalt sein können, habe sich am 15.12.1995 bei der Beklagten als Interessent aus dem kaufmännischen Bereich vorgestellt und daraufhin Informationsmaterial erhalten, das den Kooperationshinweis enthalten habe, Beweis nicht angetreten. Das schadet ihrem Klagebegehren jedoch nicht. Vielmehr hält der Senat an der von ihm seinerzeit vorgenommenen Beurteilung der Irreführungsgefahr auch für den Fall fest, daß sich die Werbung der Beklagten ausschließlich an Rechtsanwälte richten sollte. Das Wort "Kooperation" bedeutet "Zusammenarbeit". Welcher Art diese Zusammenarbeit ist, namentlich wie intensiv sie ist, welche Rechte den beteiligten Parteien zustehen und welche Bereiche von der Zusammenarbeit erfaßt werden, wird allein durch die Angabe "Kooperation" nicht vermittelt. Weder das Werbeschreiben noch die Visitenkarte der Beklagten enthalten eine ausdrückliche Erläuterung dazu, was dort jeweils unter "Kooperation" der Beklagten mit der Bundesrechtsanwaltskammer zu verstehen ist. Eine gesetzliche Definition dieses Begriffs gibt es unstreitig nicht. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten eines gemeinsamen Arbeitens liegt es auf der Hand, daß es für den Begriff der "Kooperation" auch keinen einheitlichen Sprachgebrauch geben kann. Vielmehr handelt es sich um eine mehrdeutige Angabe, bei der der Verkehr Begriffe wie "Gruppenarbeit", "Kollektivarbeit", "Teamwork", "Arbeitsteilung", "Gemeinschaftsarbeit", "Erfahrungsaustausch", "gemeinsames Arbeiten" und "gemeinsames Wirken" assoziiert. Als Verwenderin des Begriffs muß die Beklagte deshalb alle Vorstellungen gegen sich gelten lassen, die nicht unbeachtliche Teile der von ihr angesprochenen Verkehrskreise mit diesem Hinweis in dem angegriffenen Werbeschreiben sowie in der beanstandeten Visitenkarte verbinden.

Den Hinweis "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" in seiner konkreten Anordnung und Ausgestaltung versteht ein nicht unerheblicher Teil von Rechtsanwälten dahin, der in den Werbeschreiben und der Visitenkarte jeweils herausgestellte "Anwalt-Suchservice" werde von der Beklagten und der Bundesrechtsanwaltskammer gemeinsam getragen, man wirke und arbeite im Sinne von "Teamwork" arbeitsteilig zusammen. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der Senat in seinem Urteil vom 22.11.1996 ausgeführt hat - weiterhin davon ausgegangen werden müßte, daß die von der Beklagten angesprochenen Anwälte im Gegensatz zu einem in Rechtsangelegenheiten unerfahrenen Rechtsuchenden zwar nicht die Vorstellung haben, die Beklagte und die öffentlichrechtliche Bundesrechtsanwaltskammer seien wirtschaftlich miteinander verflochten, daß sie aber erwarten, daß der Bundesrechtsanwaltskammer in Bezug auf den "Anwalt-Suchservice" der Beklagten jedenfalls rechtlich eine maßgebliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Beklagte und deren Leistungsangebot eingeräumt ist. Denn auch dann, wenn ein Rechtsanwalt die mit dem Zusatz "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer" versehene Unternehmensbezeichnung der Beklagten in der konkreten Form nicht dahin verstünde, die Bundesrechtsanwaltskammer könne im vorbezeichneten Sinne rechtlich auf die Beklagte und deren Leistungsangebot einwirken, wird er in seinen Erwartungen dennoch enttäuscht. Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen und in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.1999 ausführlich diskutierten Frage, ob die Bundesrechtsanwaltskammer anders als ihre Mitglieder, die Regionalkammern, über keinerlei Daten von Anwälten verfügt, und ob selbst die Regionalkammern keine Kenntnisse und Daten über Tätigkeitsschwerpunkte und Interessengebiete von Anwälten vorhalten, wird ein beachtlicher Teil den Kooperationshinweis im Zusammenhang mit der Firmenbezeichnung der Beklagten nämlich dahin verstehen, die Dienstleistungseinrichtung "Anwalt-Suchservice" werde unter maßgeblicher tatsächlicher Beteiligung der Bundesrechtsanwaltskammer betrieben. Namentlich wird ein beachtlicher Teil der angesprochenen Rechtsanwälte davon ausgehen, der Kooperationsbeitrag der Bundesrechtsanwaltskammer bestehe in der Öffentlichkeitsarbeit und im Auf- und Ausbau des beworbenen Dienstleistungsangebots, u.a. durch die Lieferung von Datensätzen oder den Abgleich vorhandener Daten mit den Angaben der an dem Dienstleistungsangebot interessierten und aufnahmewilligen Rechtsanwälte. Jedenfalls erwartet der angesprochene Verkehr von einem in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer eingerichteten "Anwalt-Suchservice", daß die Bundesrechtsanwaltskammer bei der Einrichtung, Gestaltung und Durchführung der Anwaltssuche maßgebliche Mitwirkungsrechte hat, indem sie z.B. die Richtigkeit der Angaben des um Aufnahme nachsuchenden Rechtsanwalts überprüft und berechtigt, in der Lage und auch verpflichtet ist, standes- oder gar gesetzwidrige, auf den Angaben der aufnahmewilligen Rechtsanwälte beruhende Eintragungen zu unterbinden.

Hinter dieser Verkehrserwartung bleibt die Zusammenarbeit der Bundesrechtsanwaltskammer mit der Beklagten zurück. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesrechtsanwaltskammer besteht überhaupt nicht. Der zwischen dem Verlag Dr. O.S. KG und der Bundesrechtsanwaltskammer im April 1994 geschlossene Kooperationsvertrag beinhaltet keine entsprechenden Mitwirkungsrechte und -pflichten der Bundesrechtsanwaltskammer in Bezug auf den "Anwalt-Suchservice". Im Gegenteil: In der Präambel wird ausdrücklich festgestellt, daß die Bundesrechtsanwaltskammer mit dem Abschluß des Kooperationsvertrages "keine ... Mitverantwortung" für den Anwalt-Suchservice oder die Beklagte übernimmt und daß der Kooperationsvertrag lediglich sicherstellen soll, daß die Bundesrechtsanwaltskammer "im Interesse der Anwaltschaft auf berufsrechtliche und berufspolitische Entscheidungen durch Beteiligung in den entsprechenden Gremien" des Anwalt-Suchservice einwirken kann. § 2 des Kooperationsvertrages, in dem die Rechte und Pflichten der Vertragspartner pauschal beschrieben werden, bestätigt diese Zielrichtung des Vertrages und ist ebenso wie der Vertragsinhalt im übrigen nicht geeignet, den Schluß zu begründen, die Bundesrechtsanwaltskammer sei in Bezug auf den "Anwalt-Suchservice" gleichberechtigte Partnerin der Beklagten.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang, namentlich in ihrer Klageerwiderungsschrift vom 01.04.1997 (Blatt 20 ff. d.A.) und ihrer Berufungsbegründung vom 30.06.1998 (Blatt 246 ff. d.A.), eingewendet hat, es gebe zahlreiche Beispiele einer Kooperation eines Unternehmens mit einer nicht wirtschaftlich ausgerichteten Institution, ohne daß der Verkehr auf wirtschaftliche Verflechtungen von Unternehmen und Institution schließe, außerdem folge aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.01.1993 "Kooperationspartner" (GRUR 1993, 675) die Unbedenklichkeit eines Kooperationshinweises der vorliegenden Art, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn ungeachtet der Frage, ob die in der Klageerwiderungs- und Berufungsschrift der Beklagten genannten Beispiele von Kooperationshinweisen wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind oder nicht, sind die von der Beklagten zusammengefaßten Beispiele mit dem Streitfall schon deshalb nicht vergleichbar, weil es hier um eine Tätigkeit der Beklagten geht, die unmittelbar eine solche der Bundesrechtsanwaltskammer sein könnte und die fragliche Kooperation zudem "firmenmäßig" herausgestellt wird. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall "Kooperationspartner", bei dem es um einen entsprechenden Hinweis zweier Rechtsanwaltsspraxen ging, betrifft eine andere, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Fallkonstellation, wobei wiederum zu betonen ist, daß im Streitfall die Irreführung namentlich dadurch hervorgerufen wird, daß der Kooperationshinweis firmenmäßig herausgestellt ist.

Daß und warum das ebenfalls am 27./28.04.1994 zwischen der Verlag Dr. O.S. KG und der Bundesrechtsanwaltskammer vereinbarte "Statut für den Beirat und den Geschäftsführungs-Ausschuß" nichts daran ändert, daß der "Anwalt-Suchservice" eine allein von der Beklagten angebotene und zu verantwortende Dienstleistung bleibt, die nicht, wie es die beanstandete Wettbewerbshandlung der Beklagten suggeriert, mitverantwortlich auch von der Bundesrechtsanwaltskammer getragen wird, hat der Senat bereits im Einzelnen in seinem Urteil vom 22.11.1996 in dem Rechtsstreit 6 U 69/96 ausgeführt. Der Senat nimmt seine damaligen, fortgeltenden Ausführungen zu dieser Frage ebenso in Bezug wie diejenigen zur wettbewerbsrechtlichen Relevanz der Irreführungsgefahr. Der von der Werbung der Beklagten angesprochene Rechtsanwalt wird in der Erwartung, daß ihm bei einer Beteiligung am "Anwalt-Suchservice" der Beklagten die nicht immer einfache Frage abgenommen wird, mit welchen Angaben er "werben" darf, und in der Hoffnung, daß ein von der Bundesrechtsanwaltskammer verantwortlich mitgetragener "Anwalt-Suchservice" auf eine gesteigerte Resonanz bei den Rechtsuchenden stoßen wird, eher geneigt sein, sich für das Angebot der Beklagten und gegen dasjenige eines Konkurrenzunternehmens zu entscheiden.

Die Wirkung und Täuschungseignung der hier in Rede stehenden Angabe kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen, und zwar auch dann, wenn sich die Beklagte mit dem in der konkreten Verletzungsform angegriffenen Kooperationshinweis ausschließlich an Rechtsanwälte und nicht auch an den Rechtsuchenden wenden sollte. Das hindert den Senat nicht an der Beurteilung der vorstehenden Fragen aus eigener Kenntnis und Lebenserfahrung. Denn die Frage, wie der Kooperationshinweis von Rechtsanwälten verstanden wird, läßt sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung zuverlässig beurteilen, ohne daß dies von besonderem fachspezifischem Erfahrungswissen beeinflußt werden könnte. Namentlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß das angesprochene Fachpublikum, die Rechtsanwälte, den Kooperationshinweis auf Grund einer speziellen Sachkunde anders beurteilen könnten als die Mitglieder des Senats.

Die Klägerin ist auch berechtigt, den sich hiernach aus § 3 UWG ergebenden Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen, nachdem zwischen den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.06.1999 unstreitig geworden ist, daß die Klägerin ihre Dienstleistungen jedenfalls über das Internet in der Bundesrepublik Deutschland anbietet. Einer Prüfung der Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG bedarf es dabei nicht. Denn die Klägerin ist in Bezug auf die erörterte Irreführung des Verkehrs durch den beanstandeten Kooperationshinweis der Beklagten als unmittelbar Verletzte anzusehen. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG kommt es daher weder für die Frage der Antragsbefugnis noch für die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin an (vgl. hierzu die amtliche Begründung zum UWG-Änderungsgesetz vom 25.07.1994, abgedruckt in WRP 1994, 369, 376/377). Im übrigen bestünden aus Sicht des Senats auch keine Bedenken gegen die Annahme der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG. Namentlich wendet sich das Verzeichnis der Klägerin anders als das der Beklagten zwar in erster Linie an Anwälte, die auf der Suche nach Korrespondenzanwälten sind. Es ist aber auch verwendbar für Rechtsuchende, die in der Bundesrepublik Deutschland in einer bestimmten Stadt einen Anwalt mit bestimmten Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkten suchen.

Soweit sich die Beklagte gegenüber dem hiernach gegebenen Unterlassungsanspruch der Klägerin darauf beruft, diese handele rechtsmißbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr fehlt für die Annahme einer Schädigungsabsicht o.ä. jedweder konkrete Anhaltspunkt. Mit Rücksicht auf das Berufungsvorbringen der Beklagten ist im übrigen lediglich zu bemerken, daß ein Wettbewerber, der aus § 3 UWG einen Unterlassungsanspruch herleitet, nicht durch die beanstandete Irreführung geschädigt sein muß und daß es nicht darauf ankommen kann, ob ein Anwalt durch die beanstandete Werbung der Beklagten tatsächlich davon abgehalten wird, im Verzeichnis der Klägerin zu inserieren.

Erweist sich die Berufung der Beklagten demgemäß als unbegründet, war sie mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Der gemäß § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO festzusetzende Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 100.000,00 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 06.08.1999
Az: 6 U 34/98


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