Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. August 2006
Aktenzeichen: 10 W (pat) 13/06

(BPatG: Beschluss v. 24.08.2006, Az.: 10 W (pat) 13/06)

Tenor

Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der zunächst nicht anwaltlich vertretene Anmelder reichte im April 1997 beim Patentamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung " ...

" ein, wobei gleichzeitig durch formularmäßiges Ankreuzen sowohl der Prüfungsantrag als auch der Rechercheantrag gestellt wurden. Mit Beschluss vom 5. Januar 1998 gewährte das Patentamt antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren.

Im März 1998 stellte der Anmelder einen Antrag auf beschleunigte Prüfung. Im April 1998 wurde ihm das Aktenzeichen mitgeteilt, unter dem seine Anmeldung nunmehr im Prüfungsverfahren geführt werde. Als Betreff war in dieser Mitteilung angegeben: "Ihr Prüfungsantrag, wirksam gestellt am 5. Januar 1998". Im Juni 1998 erhielt der Anmelder einen Prüfungsbescheid, der ihn zu einem Antwortschreiben vom 15. Juli 1998 veranlasste.

Mit Schriftsatz vom 27. Juli 1998, eingegangen am 29. Juli 1998, erklärte der Antragsteller, dass er mit der Beiordnung als Patentanwalt im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe einverstanden sei. Im selben Schriftsatz teilte der Antragsteller außerdem mit, dass sich die Adresse des Anmelders geändert habe, gab die neue Adresse an und bat, diese in den Akten und in der EDV zu übernehmen. Mit Wirkung vom 29. Juli 1998 ordnete das Patentamt dem Anmelder antragsgemäß den Antragsteller als Vertreter bei.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 wurde der Antragsteller als Vertreter des Anmelders darauf aufmerksam gemacht, dass das gleichzeitige Stellen von Prüfungs- und Rechercheantrag unzweckmäßig sei, da eine isolierte Recherche hinsichtlich von Entgegenhaltungen dasselbe Ergebnis wie im Prüfungsverfahren ergeben würde, das letztgenannte hinsichtlich der inhaltlichen Wertungen der Entgegenhaltungen aber viel aussagekräftiger sei. Dementsprechend sei - so heißt es in dem Schreiben weiter - das Prüfungsverfahren begonnen, der Rechercheantrag hingegen als gegenstandslos betrachtet worden. Der guten Ordnung halber müsse der Verzicht auf den Rechercheantrag jedoch noch schriftlich zur Akte gegeben werden. Daraufhin teilte der Antragsteller am 6. November 1999 mit, dass auf den Rechercheantrag verzichtet werde.

Das Prüfungsverfahren, in dessen weiterem Verlauf der Antragsteller für den Anmelder zunächst mit Schreiben vom 25. Februar 1999 ein Fristverlängerungsgesuch und später verschiedene sachliche Eingaben gemacht hatte, führte schließlich zum Erteilungsbeschluss vom 28. April 2003.

Nachdem der Antragsteller im September 2003 die Vertretung niedergelegt hatte, reichte er im April 2004 eine Kostenrechung über insgesamt 879,04 € beim Patentamt ein. Darin enthalten war ein Betrag in Höhe von 468,- € als Gebühr für die "Anmeldung eines Patents oder im Verfahren nach § 42 PatG".

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Dezember 2005 setzte die Patentabteilung 1 des Deutschen Patent- und Markenamts die zu erstattenden Kosten auf 320,78 € fest. Zur Begründung ist - unter Bezugnahme auf einen vorangegangenen Zwischenbescheid - u. a. ausgeführt, dass die angegebenen 468,- € nicht erstattet werden könnten, weil der Antragsteller weder bei der Anmeldung noch bei der Offensichtlichkeitsprüfung mitgewirkt habe. Der Antragsteller sei erstmals mit Schreiben vom 25. Februar 1999, also erst im Prüfungsverfahren, tätig geworden.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er vorträgt, dass er bereits vor Wirksamwerden des Prüfungsantrags beigeordnet worden sei. Der Prüfungsantrag sei nämlich erst nach seiner Beiordnung als Vertreter wirksam gestellt worden. Dies ergebe sich daraus, dass der Anmelder auf dem Anmeldeformular sowohl den Prüfungs- als auch den Rechercheantrag gestellt habe. Da sich diese beiden Anträge gegenseitig ausschlössen, sei der Wille des Anmelders zunächst unklar gewesen. Erst durch den Prüferbescheid vom 27. Oktober 1999 und die daraufhin ausgesprochene Rücknahme des Rechercheantrags sei es möglich geworden festzustellen, dass der Prüfungsantrag wirksam gestellt worden sei, da erst zu diesem Zeitpunkt keine sich widersprechenden Anträge mehr vorgelegen hätten. Der Antragsteller ist seiner Meinung nach schon vor diesem Zeitpunkt für den Anmelder tätig gewesen, weil er mit Schreiben vom 27. Juli 1998 die neue Adresse des Anmelders mitgeteilt habe.

Der Antragsteller beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss im Umfang der Beschwer aufzuheben und ihm für das Anmelde- und Offensichtlichkeitsverfahren gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstG eine 13/10 Gebühr zuzusprechen, sowie die Beschwerdegebühr zu erstatten.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 7 Nr. 2 Vertretergebühren-Erstattungsgesetz (VertrGebErstG) i. V. m. § 62 Abs. 2 Satz 4, § 73 PatG zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Die 13/10 - Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstG steht dem Antragsteller nicht zu, weil er in der Zeit seiner Beiordnung - d. h. seit dem 29. Juli 1998 - nicht "für die Anmeldung eines Patents oder im Verfahren nach § 42 PatG" tätig geworden ist. Nach ständiger Rechtsprechung bezeichnet diese Formulierung das Anmeldeverfahren bis zum Beginn des Prüfungsverfahrens, das dann Gegenstand der Gebühren nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VertrGebErstG ist (vgl. BPatG BlPMZ 1996, 459). Der Vertreter erhält die Gebühr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstrG nicht, wenn er im Rahmen der Beiordnung erst nach Stellung des Prüfungsantrags tätig geworden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2002 - 10 W (pat) 32/02 - BlPMZ 2003, 242, 244.)

Der Anmelder kann sich nicht darauf berufen, dass der Prüfungsantrag erst durch die Rücknahme des Rechercheantrags wirksam geworden sei. Zwar beginnt das Prüfungsverfahren, wenn vor Stellung des Prüfungsantrags bereits ein Rechercheantrag gestellt war, erst nach dessen Erledigung (§ 44 Abs. 3 Satz 1 PatG). Im umgekehrten Fall, d. h. wenn der Prüfungsantrag vor dem Rechercheantrag gestellt wurde, ist letzterer unwirksam (§ 43 Abs. 4 Satz 1 PatG).

Im vorliegenden Fall sind der Prüfungs- und der Rechercheantrag jedoch gleichzeitig am Anmeldetag gestellt und gleichzeitig mit Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe am 5. Januar 1998 wirksam geworden. Letzteres ergibt sich daraus, dass der Rechercheantrag ebenso wie der Prüfungsantrag gemäß § 43 Abs. 2 Satz 4, § 44 Abs. 3 PatG in der bis 31. Dezember 2001 geltenden (und daher hier maßgeblichen) Fassung mit Zahlung der jeweiligen Gebühr wirksam wurden, wobei die Zahlung damals wie heute im Falle der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe durch deren Bewilligung ersetzt wurde bzw. wird (vgl. Benkard, PatG, 9. Aufl., § 130 Rn. 13; Busse, PatG, 6. Aufl., § 44 Rn. 37; Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2002, a. a. O.).

Für den Fall, dass die Anträge nach § 43 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 PatG gleichzeitig gestellt werden, findet sich im Gesetz keine Regelung. Demnach ist davon auszugehen, dass prinzipiell beide Anträge rechtlich wirksam sind. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Anmelder tatsächlich eine gesonderte Recherche durchführen lassen will oder ob er mit seinem "Rechercheantrag" ersichtlich nur die Ermittlung der Entgegenhaltungen im Prüfungsverfahren gemeint hat (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 43 Rn. 17).

Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Patentamt den Prüfungsantrag für wirksam gehalten und den Anmelder im April 1998 von der Einleitung des Prüfungsverfahrens unterrichtet hat. Dies gilt umso mehr, als der Anmelder zuvor noch um beschleunigte Prüfung gebeten hatte. Auch die Antwort vom 15. Juli 1998 auf den vorangegangenen Prüfungsbescheid zeigt, dass der Anmelder mit der Durchführung des Prüfungsverfahrens einverstanden war.

Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass der Prüfer von der Durchführung eines gesonderten Rechercheverfahrens abgesehen und statt dessen den Anmelder zur Rücknahme des Rechercheantrags veranlasst hat. Diese Vorgehensweise steht im Übrigen im Einklang mit der damals gültigen Recherchenrichtlinie vom 21. Februar 1990 (BlPMZ 1990, 137, 138 Nr. 1 (5)).

Die Wirksamkeit des Prüfungsantrags ist durch die Vorgehensweise des Prüfers bzgl. des Rechercheantrags jedenfalls nicht berührt worden. Der Prüfungsantrag ist - wie bereits erwähnt - mit Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe am 5. Januar 1998, und nicht erst mit dem am 6. November 1999 ausgesprochenen Verzicht auf den Rechercheantrag wirksam geworden. Damit steht fest, dass das Prüfungsverfahren schon vor dem ersten Tätigwerden des Antragstellers begonnen hatte. Dies gilt unabhängig davon, dass dieses erste Tätigwerden bereits am ersten Tag seiner Vertretertätigkeit, am 29. Juli 1998, stattgefunden hat, als der Antragsteller dem Patentamt die neue Adresse des Anmelders mitgeteilt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Mai 2002 im Verfahren 10 W (pat) 48/01).

Daraus folgt zugleich, dass der Antragsteller während der Zeit seiner Beiordnung nicht mehr im Anmeldeverfahren, sondern ausschließlich im Prüfungsverfahren tätig geworden ist, weshalb ihm für die Anmeldung des Patents keine Gebühr zusteht.

Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb auch kein Anlass für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 80 Abs. 3 PatG) besteht.






BPatG:
Beschluss v. 24.08.2006
Az: 10 W (pat) 13/06


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