Finanzgericht Köln:
Urteil vom 18. März 2010
Aktenzeichen: 11 K 2225/09

(FG Köln: Urteil v. 18.03.2010, Az.: 11 K 2225/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Fahrtkosten zur Arbeitsstätte als Reisekosten oder nach der Pendlerpauschale zu berücksichtigen sind.

Der Beklagte veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 01.04.2009 erklärungsgemäß. Gegen diesen Bescheid wurde Einspruch erhoben. Die Kläger beantragten nunmehr statt der Pendlerpauschale die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Reisekosten des Klägers für seine Fahrten von der Wohnung in N zur Arbeitsstätte in H (Entfernung 62 km) anzusetzen. Die Fahrtkosten ermittelten die Kläger wie folgt:

1.12.2008 bis 31.12.2008: 18 Fahrten * 62 km * 2 * 0,30 € = 669,60 €

zzgl. Verpflegungspauschbeträge 18 Tage * 6 € = 108,00 €

Reisekosten = 777,60 €

Zur Begründung trugen sie vor, dass dem Kläger, der Beamter bei der Deutschen Telekom AG im Jahr 2008 war, mit Wirkung vom 1.12.2008 bis 30.06.2010 vorübergehend als vorläufige Maßnahme gemäß § 29 Abs. 3 und 4 PostPersG (Postpersonalrechtsgesetz) i.V.m. § 69 Abs. 5 BPersVG (Bundespersonalvertretungsgesetz) i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 PostPersG eine Tätigkeit im Unternehmen R GmbH zugewiesen wurde. Der Kläger sollte dort mit seiner bisherigen Tätigkeit Sachbearbeiter Projektierung Voice an seinem bisherigen Dienstort in H beschäftigt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der K AG vom 24.11.1008 und 27.02.2009 verwiesen.

Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass die Fahrten nur mit der Pendlerpauschale zu berücksichtigen seien, da der Ort der regelmäßigen Tätigkeit sich nicht verändert habe. Es sei lediglich eine Ausgliederung in einen anderen Zweig des Unternehmens durchgeführt worden. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.6.2009 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren fort. Zur Begründung wird ausgeführt:

Der Kläger sei ein Bundesbeamter, der infolge der Postreform II vom 1.1.1995 auf die Deutsche Telekom AG als eines der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost übergeleitet worden sei. Die Dienstherreneigenschaft für die Beamten des Bereichs Telekom liege seither bei Deutschen Telekom AG. Der Kläger sei als Sachbearbeiter Projektierung Voice beschäftigt. Mit Schreiben vom 24.11.2008 sei ihm im Unternehmen R GmbH eine Tätigkeit zugewiesen worden. Bei dem Unternehmen R GmbH handele es sich um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Diese sei gegründet worden, um einen Beschäftigungsbereich, in dem er beschäftigt gewesen sei, aus der Deutschen Telekom AG auszulagern. Beide Unternehmen befänden sich am gleichen Standort. Durch die dienstrechtliche Zuweisungsmaßnahme sei seine Rechtsstellung als Beamter nicht berührt worden.

Bei den geltend gemachten Kosten handele es sich entgegen der Ansicht des Beklagten um Reisekosten aus beruflich veranlasster Auswärtstätigkeit im Sinne der R 9.4. Abs. 1 LStR 2008. Eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit liege dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und an keiner seiner regelmäßigen Arbeitsstätten beruflich tätig werde. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben.

Nach Auffassung des BFH und den überwiegenden Vertretern in der Literatur liege eine regelmäßige Arbeitsstätte aber nur bei einer dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers vor. Die regelmäßige Arbeitsstätte zeichne sich insbesondere durch ihre Verantwortung für das arbeitsrechtliche Verhältnis, zu dem die Dispositionsbefugnis, die Fürsorgepflicht und auch das Disziplinarrecht zählen, aus. Das Merkmal der regelmäßigen Arbeitsstätte enthalte folglich drei Aspekte: Zum einen einen örtlichen Bezug zur Tätigkeit, zum anderen müsse eine Einrichtung des Arbeitgebers vorliegen; schließlich müsse der Arbeitgeber die dienstrechtlichen Verantwortlichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer weiterhin tragen. Diese Voraussetzungen erfülle die Arbeitsstätte der zugewiesenen Tätigkeit des Klägers nicht.

Bei dem zugewiesenen Unternehmen in H handele es sich nicht um eine Einrichtung des Arbeitgebers. Das Mutterunternehmen Deutsche Telekom AG und die R GmbH seien verbundene Unternehmen i.S. des § 15 AktG. Sie seien rechtlich selbständige Unternehmen, die sich wie "fremde Dritte" gegenüberstehen. Daher könne auch die Dienstherreneigenschaft der Mutter nicht auf die Tochter ausgeweitet werden mit der Folge, dass keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers vorliege (Gödtel DStR 2007, 843, 845, Niermann/Plenker DB 2008, 1885). Zudem sei die Zuweisung, als Unterfall der Abordnung, nur vorübergehend. Aufgrund der Befristung sei es dem Kläger entgegen der Auffassung des Finanzamtes auch gerade nicht möglich, sich dauerhaft und nachhaltig auf seinen Weg zur Arbeitsstätte einzustellen.

Für den Fall, dass die Tochtergesellschaft R GmbH aus einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise heraus als Einrichtung des Arbeitgebers anzusehen sei, sei jedenfalls aufgrund ihrer rechtlichen Selbständigkeit im Verhältnis zum Mutterunternehmen von einer anderen betrieblichen Einrichtung auszugehen. Für die nur vorübergehende Tätigkeit in dieser Einrichtung gelte dann wiederum R 9.4 Abs. 3 Satz 5 LStR, so dass nicht von einer regelmäßigen Arbeitsstätte in der anderen betrieblichen Einrichtung ausgegangen werden könne.

Soweit der Beklagte hypothetische Überlegungen zum weiteren Verlauf der Tätigkeit des Klägers anstelle, seien diese irrelevant.

Mittlerweile sei der Kläger mit Ablauf des Monats Oktober 2009 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 1.4.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.06.2009 dahingehend zu ändern, dass die für den Zeitraum vom 1.12.2008 bis zum 31.12.2008 geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 670 € für Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und der vorübergehenden Arbeitsstätte sowie ein Verpflegungspauschbetrag von 108 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger sei im Streitjahr in der gleichen betrieblichen Einrichtung wie vor der Zuweisung tätig geworden. Vor der Zuweisung einer Tätigkeit im Unternehmen einer Tochtergesellschaft Deutschen Telekom AG hätten die betroffenen Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung ihres Arbeitgebers, der Deutschen Telekom AG gehabt, da sie diese Einrichtung nachhaltig und immer wieder aufgesucht hätten (R 9.4 Abs. 3 Satz 2 LStR 2008). Daran habe die Zuweisung nichts geändert. Der Kläger übe weiterhin seine bisherige Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz, den er weiterhin nachhaltig aufsuche, aus.

Die Ausführungen des Klägervertreters, dass für eine rechtliche Beurteilung, ob eine Auswärtstätigkeit vorliege, "der Wechsel des Arbeitgebers" maßgebend sei, sei nicht nachvollziehbar.

Zudem bestünden Zweifel, ob die Tätigkeit bei der R GmbH nur vorübergehend sei. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 24.11.2008 mitgeteilt worden, dass sein Beschäftigungsbereich im Rahmen des Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB ausgegründet und auf die R GmbH verlagert worden sei. In diesem Schreiben werde weiterhin ausgeführt, dass die Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit nur noch in der R GmbH möglich sei. Es sei daher davon auszugehen, dass das Ziel der Zuweisung einer "vorübergehenden" Tätigkeit die dauerhafte Tätigkeit bei der R GmbH gewesen sei. Dafür spreche auch, dass die Deutsche Telekom AG in anderen Fällen bei ihr ebenfalls beschäftigte Beamte der GmbH zugewiesen habe. Dabei sei folgendes mitgeteilt worden:

"Da der Deutschen Telekom AG die Beschäftigungspflicht für ihre Beamten obliegt und eine Beurlaubung zur R GmbH noch nicht möglich ist, stellt das Personaleinsatzinstrument Zuweisung kurzfristig und einheitlich die Weiterbeschäftigung der Beamten auf den bisherigen Arbeitsplätzen zu gleichen Konditionen sicher."

Hieraus sei zu schließen, dass die Deutsche Telekom AG den betroffenen Beamten zu gegebener Zeit auch die Beurlaubung anbieten werde, damit sie ein (dauerhaftes) Arbeitsverhältnis mit der R GmbH eingehen können. Beamten, die dieses Angebot nicht annähmen, könne die Deutsche Telekom auch eine dauerhafte Tätigkeit der R zuweisen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 Postpersonalrechtsgesetz). Hiervon mache die Deutsche Telekom auch Gebrauch.

Im Übrigen verweist der Beklagte auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht nur die Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG angesetzt und keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Zur Abgeltung der Aufwendungen ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Demgegenüber unterliegen sonstige beruflich veranlasste Fahrtkosten keinerlei Abzugsbeschränkungen, so dass nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sind. Dabei kann ein pauschaler Kilometersatz von 0,30 € je Fahrtkilometer angesetzt werden.

Verpflegungsmehraufwendungen können als Werbungskosten nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG nur Steuerpflichtige geltend machen, die vorübergehend von ihrer Wohnung und dem Mittelpunkt ihrer dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG). Der Begriff des Tätigkeitsmittelpunkts i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG entspricht dem Begriff der (regelmäßigen) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (BFH-Urteil vom 22.10.2009 III R 101/07 nv juris mwN).

Es kommt demnach maßgebend darauf an, ob die jeweiligen Fahrtziele als Arbeitsstätten anzusehen sind. Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur die regelmäßige Arbeitsstätte (BFH-Urteile vom 10.10.1994 VI R 2/92, BFHE 175, 553, BStBl II 1995, 137; vom 22.07.2003 VI R 190/97, BFHE 203, 111, BStBl II 2004, 886). Regelmäßige Arbeitsstätte ist nach der neueren BFH-Rechtsprechung jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder, aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb (BFH-Urteile vom 09.07.2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822 mwN; VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806). Diese Rechtsprechung des BFH bedeutet aber nach Ansicht des Senats nicht, dass damit alle nichtarbeitgebereigenen Einrichtungen keine regelmäßigen Arbeitsstätten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sein können. Denn der BFH führt lediglich in seinen Urteilen aus, dass es sich bei einer regelmäßigen Arbeitsstätte in der Regel um einen Betrieb oder eine ortsfeste Betriebsstätte des Arbeitgebers handelt. Es verbleiben daher vom Regelfall abweichende Fallkonstellationen übrig. Eine solche liegt nach Auffassung des Senats im vorliegenden Sachverhalt vor. Vielmehr stellt seine Tätigkeitsstätte bei der R GmbH eine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

Der berufliche Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers ist seit Jahren die Arbeitsstätte in H. Allein die Gründung einer Tochtergesellschaft, der R GmbH, hat unstreitig nichts an der Tätigkeitsstätte des Klägers geändert. Diese bleibt auch nach der Ausgliederung eine regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers. Für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeitsstätte (Betriebsgebäude- oder gelände) im wirtschaftlichen oder rechtlichen Eigentum oder Besitz des Arbeitgebers steht. Entscheidend ist lediglich, dass die Tätigkeitsstätte dem Arbeitgeber wirtschaftlich zugerechnet werden kann (Fissenewert DB 2009, Beilage 6 zum Heft 39, 32, 37; Bergkemper in Kommentar zum EStG und KStG, § 9 EStG Anm. 287). Das ist nicht der Fall, wenn es sich um eine betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers handelt (BFH-Urteile vom 09.07.2009 aaO). Etwas anderes gilt jedoch bei ausgelagerten Teilbereichen, die innerhalb des bisherigen Betriebsgeländes von einer Tochtergesellschaft fortgeführt werden. Auch in einem solchen Fall ist die Einschränkung des objektiven Nettoprinzips durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG gerechtfertigt. Der Kläger konnte sich auch im Streitfall auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken.

Auch die lediglich gemäß § 4 Abs. 4 PostPersG erfolgte "vorläufige" bzw. "vorübergehende" Zuweisung an die Tochtergesellschaft ändert an der Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte nichts. Die Zuweisung war nach der Privatisierung und Ausgliederungen von Beschäftigungsbereichen erforderlich geworden, da auch Beamte bei der Deutschen Telekom AG als Postnachfolgeunternehmen sowie deren Tochter- oder Enkelunternehmen einen Anspruch auf Übertragung sowohl eines abstraktfunktionellen Amtes als auch eines konkretfunktionellen Amtes haben, welche im Regelfall ihrem statusrechtlichen Amt entsprechen (Art. 143b Abs. 3 GG) (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.06.2006 2 C 26/05, BVerwGE 126, 182). Soll der Beschäftigungsanspruch wie hier durch eine Zuweisung zu einem Tochterunternehmen gemäß § 4 Abs. 4 PostPersG erfüllt werden, müssen die strengen Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sein. Mit § 4 Abs. 4 PostPersG ist ein Instrument geschaffen worden, das es den PostAGn ermöglicht hat, die im Zusammenhang mit ihrer Konzernbildung sich ergebenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen. "Die Gründung und der Erwerb von Tochter-, Enkel- und Beteiligungsgesellschaften und damit einhergehende Verschlankung der Muttergesellschaft machen zwingend erforderlich, die personelle Flexibilität der Post -AGn zu erhöhen" (BT-Drucks. 15/3404, S. 8f.). Mit der im PostPersG geregelten Zuweisung kann erreicht werden, der umgewandelten bzw. privatisierten Einrichtung mit dem bisher schon tätigen Beamten eine qualifizierte Arbeitskraft für die übertragene Aufgabe weiterhin zur Verfügung zu stellen und so die Fortführung der vormals öffentlichen Tätigkeiten für die weitere Zukunft und damit auf Dauer zu gewährleisten. Die Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs durch eine vorläufige oder vorübergehende Zuweisung muss aber keinen Einfluss auf die bisherige Tätigkeitsstätte des Beamten haben, wie sich im vorliegenden Fall gerade zeigt. Die Zuweisung diente vielmehr auch der Beibehaltung des bisher ausgeübten Tätigkeitsfeldes und beließ dem Kläger seine konkreten Aufgaben am bisherigen Dienstort. Mit der Zuweisung wurde somit auch erreicht, dass der Anspruch des beamteten Klägers auf ein dem jeweiligen Statusamt entsprechendes konkretfunktionelles wie abstraktfunktionelles Amt gewahrt blieb.

Die "vorübergehende" bzw. "vorläufige" Zuweisung kann daher auch nicht gleichgesetzt werden mit einer "vorübergehenden Auswärtstätigkeit". Eine vorübergehende Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer voraussichtlich an die regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird. Im Streitfall hat der Kläger aber seine bisherige Arbeitsstätte durch die vorübergehende Zuweisung nicht verlassen und nicht verloren. Faktisch ist sie nach der Zuweisung dieselbe geblieben.

Insoweit ändert auch die sog. "ex ante" Betrachtung des BFH (Urteil vom 09.07.2009 VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806) nichts daran, dass vorliegend eine regelmäßige Arbeitsstätte bei der Tochtergesellschaft anzunehmen ist. Hiernach hat die Beurteilung, ob sich ein Arbeitnehmer auf eine bestimmte Tätigkeitsstätte einstellen kann, stets aus der Sicht zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit ("ex ante") zu erfolgen. Im Streitfall ist aber als Zeitpunkt nicht der Beginn der Tätigkeit nach der Zuweisung anzusetzen. Vielmehr übte der Kläger die "jeweilige" Tätigkeit schon seit Jahren an der selben Tätigkeitsstätte aus.

Zusammenfassend vertritt der Senat daher die Ansicht, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls in den Fällen eines wie hier vorliegenden unternehmensinternen Outsourcings (Ausgründung in ein eigenes Unternehmen) seine regelmäßige Arbeitsstätte behält, wenn sich an Ort und Gegenstand der Tätigkeit nichts ändert (vgl. auch BMF-Schreiben vom 21.12.2009 IV C 5 - S 2353/08/10010, 2009/0829172). Das gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - der Arbeitgeber bei Beamten wegen der dienstherrenrechtlichen Rückbindung der Postnachfolgeunternehmen (Art. 143b Abs. 3 Sätze 1 und 2 GG) nicht ohne weiteres ausgewechselt werden kann. Insoweit liegt ein Ausnahmefall von der Regel der erforderlichen betrieblichen Einrichtung für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte vor. Würde man hingegen auch in den vorliegenden Fällen eine betriebliche im rechtlichen Eigentum des Arbeitgebers stehende Einrichtung fordern, so würde dies zu nicht mehr zu vermittelnden Unterscheidungen bei einzelnen Arbeitnehmern führen. Es fehlt eine Rechtfertigung, wenn "geschlossene betriebliche Aufgabenbereiche auf selbständige Unternehmen verlagert und von diesen dann dauerhaft und langfristig auf demselben (für sie fremden) Betriebsgelände weiter wahrgenommen werden", und sich dann "der outgesourcte Arbeitnehmer allein dadurch gegenüber seinen ehemaligen Kollegen auf einer (steuerbegünstigten) Auswärtstätigkeit befände" (Fissenewert, aaO).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.






FG Köln:
Urteil v. 18.03.2010
Az: 11 K 2225/09


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