Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Juli 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 41/03

(BPatG: Beschluss v. 31.07.2003, Az.: 24 W (pat) 41/03)

Tenor

I. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

II. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Die Marke VST ist unter der Nummer 398 47 185 für Waren der Klassen 9 und 11 in das Register eingetragen.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der Marke 397 37 357 VST die ua ebenfalls für Waren der Klasse 11 registriert ist.

Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bejaht und die Löschung der Marke 398 47 185 angeordnet. Der Beschluß vom 10. Dezember 2002 wurde der Markeninhaberin mit eingeschriebenem Brief zugestellt, der am 16. Dezember 2002 zur Post gegeben worden war.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt, die am 10. Januar 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist. Die im Wege einer Banküberweisung entrichtete Beschwerdegebühr ist dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamts jedoch erst am 21. Januar 2003 gutgeschrieben worden.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2003 hat der Rechtspfleger des Bundespatentgerichts die Markeninhaberin darauf hingewiesen, daß die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht gezahlt worden sei und deshalb auszusprechen sein werde, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gelte. Der genannte Bescheid wurde dem Vertreter der Markeninhaberin mit Empfangsbekenntnis zugestellt, das am 27. Mai 2003 zwar unterschrieben, jedoch ohne Angabe des Empfangsdatums zur Gerichtsakte zurückgelangt ist.

Die Markeninhaberin beantragt, ihr hinsichtlich der versäumten Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Begründung trägt sie vor, daß zugleich mit der rechtzeitig beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Beschwerde auch die Zahlungsanweisung an die eigene Buchhaltung weitergeleitet worden sei. Dort sei es jedoch wegen des Jahresabschlusses und der infolge der Weihnachtsferien angestauten Vorgänge zu einer Verzögerung gekommen. Das Bankinstitut habe aus diesem Grund die Zahlung verspätet ausgeführt.

II.

Im Hinblick auf die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 2 PatKostG festzustellen, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.

1. Nach § 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 1 Satz 1 PatKostG iVm § 66 Abs 2 MarkenG war die Beschwerdegebühr innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle zu bezahlen. Der mit eingeschriebenem Brief zugestellte, am 16. Dezember 2002 zur Post gegebene Beschluß galt gemäß § 94 Abs 1 MarkenG iVm § 4 Abs 1 VwZG als am 19. Dezember 2002 zugestellt. Da das reguläre Fristende (19. Januar 2003) auf einen Sonntag fiel, endete die Beschwerdefrist und die Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr am Montag, den 20. Januar 2003 (§ 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 222 Abs 2 ZPO). Die Beschwerdegebühr wurde durch Banküberweisung entrichtet, so daß es für die Einhaltung der Frist auf den Tag ankam, an dem der Betrag auf dem Konto der Zahlstelle des Deutschen Patent- und Markenamts gutgeschrieben wurde (§ 2 Nr 2 PatKostZV). Die Gutschrift erfolgte am 21. Januar 2003, somit verspätet.

2. Der zulässige Wiedereinsetzungsantrag der Markeninhaberin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die Markeninhaberin nicht ohne Verschulden gehindert war, die genannte Frist einzuhalten (§ 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG).

Nach den Ausführungen der Markeninhaberin im Schriftsatz vom 5. Juni 2003 beruhte die Fristversäumung darauf, daß es in ihrer Buchhaltung infolge des Jahresabschlusses und wegen der in den vorangegangenen Weihnachtsferien aufgestauten Vorgänge zu Verzögerungen gekommen war. Die genannten Umstände (Weihnachtsferien, Jahresabschluß) treten in einem Unternehmen wie dem der Markeninhaberin regelmäßig am Jahresende auf. In diesem Fall muß durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dafür getroffen werden, daß trotz der dadurch bedingten Engpässe gesetzliche Fristen eingehalten werden. Dem Vorbringen der Markeninhaberin läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß dies geschehen ist. Demnach war die Fristversäumung ausschließlich durch interne Organisationsmängel bedingt. Dies stellt keine ausreichende Entschuldigung dar (vgl zum Verschulden bei unzureichender Abhilfe gegenüber voraussehbaren Engpässen BGH NJW 1996, 997, 998; allgemein zum Organisationsverschulden Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 5. Aufl, § 123 Rn 34).

Über den Wiedereinsetzungsantrag konnte entschieden werden, da sich die Markeninhaberin auf etwaige andere Entschuldigungsgründe nicht mehr berufen kann. Nach § 91 Abs 2 MarkenG muß die Wiedereinsetzung - wie im vorliegenden Fall geschehen - innerhalb einer Frist von zwei Monaten beantragt werden. Innerhalb derselben Frist sind die den Antrag begründenden Tatsachen vorzutragen (vgl § 91 Abs 3 Satz 1 MarkenG). Ein späteres Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist ausgeschlossen (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 91 Rn 31; von Pentz NJW 2003, 858, 861 mwN). Die Frist von zwei Monaten beginnt nach § 91 Abs 2 MarkenG mit dem Wegfall des Hindernisses, hier also mit der Kenntnis von der Fristversäumung, welche die Markeninhaberin durch den Bescheid des Rechtspflegers vom 22. Mai 2003 erlangte. Zwar ist im Hinblick auf das fehlende Empfangsdatum auf dem Empfangsbekenntnis zweifelhaft, ob dieser Bescheid ordnungsgemäß zugestellt worden ist (vgl hierzu Ströbele/Hacker, aaO, § 94 Rn 27). Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil es für den Beginn der Zweimonatsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG nicht auf die wirksame Zustellung des Bescheides vom 22. Mai 2003 als solche, sondern auf die tatsächliche Kenntnis von der Fristversäumung ankommt. Diese Kenntnis hatte die Markeninhaberin spätestens an dem Tag, an dem das Empfangsbekenntnis unterschrieben zur Gerichtsakte zurückgelangt ist, dh am 27. Mai 2003. Da das reguläre Fristende (27. Juli 2003) auf einen Sonntag fiel, endete die Frist am Montag, den 28. Juli 2003. Bis dahin sind von der Markeninhaberin keine weiteren Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht worden.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen, da für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet ist (Ströbele/Hacker, aaO, § 64a Rn 26 und § 66 Rn 80).

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Az: 24 W (pat) 41/03


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